800/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 09.07.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten Mag. Christian Drobits,

Genossinnen und Genossen

betreffend Verbesserung der Regelungen für Homeoffice/Telearbeit

 

 

Die Corona-Krise hat die Arbeitswelt der ÖsterreicherInnen massiv verändert: angesichts der Empfehlung der österreichischen Bundesregierung, so viele Beschäftigte wie möglich von zu Hause aus arbeiten zu lassen, um das Risiko einer Ansteckung mit COVID-19 am betrieblichen Arbeitsplatz zu reduzieren, stieg der Anteil der Beschäftigten im Homeoffice stark an. Eine im Auftrag der Arbeiterkammer Wien durchgeführte Befragung im April 2020 kommt in diesem Zeitraum auf einen Anteil von 42 %. Der deutliche Anstieg zeigt sich im Vergleich mit einer Erhebung von Eurostat. Demzufolge arbeiteten im Jahr 2018 rund 5,2% der Beschäftigten in Europa üblicherweise im Homeoffice; für Österreich weist diese Erhebung einen Anteil von 10% aus. Der Anteil jener, die manchmal von zuhause aus arbeiten stieg in der EU von 5,8% 2008 auf 8,3% im Jahr 2018.

 

Umfragen und Medienberichten zufolge hat sich ein hoher Anteil der ArbeitnehmerInnen mit dem unerwarteten Homeoffice gut arrangiert und könnte sich auch für die Zukunft eine Mischung aus Arbeitszeit im Büro und zu Hause vorstellen. Eine Studie von IFES im Auftrag der Arbeiterkammer Wien vom Frühjahr 2020 untermauert diesen Befund. Eine Umfrage von karriere.at (Quelle Kurier vom 18.6.2020) ergibt, dass 72 % der Arbeitnehmer nicht jeden Tag im Homeoffice sein wollen, aber zumindest hin und wieder wählen können wollen.

 

Homeoffice heißt jedoch nicht, dass man sich an keine Regeln halten muss, auch im Homeoffice oder bei der Telearbeit gilt das Arbeitsrecht. Jedoch zeigt der Befund der Corona-Krise, dass es im österreichische Arbeitsrecht einen Präzisierungsbedarf gibt, wonach auch am heimischen Schreibtisch ebenso wie im Büro die Arbeitnehmerschutzrechte berücksichtigt werden müssen. Sowohl die physische als auch die psychische Gesundheit der ArbeitnehmerInnen muss erhalten werden. Das ist nicht nur im Sinne der Betroffenen, sondern auch der ArbeitgeberInnen und des Gesundheitssystems.

 

Die Arbeitsbedingungen müssen menschengerecht sein, die Vorteile des Homeoffice sollen genutzt werden, um durch mehr Autonomie auch mehr Zufriedenheit auszulösen. Damit das funktionieren kann, bedarf es grundlegender Schutznormen, auch zum Schutz vor Selbstausbeutung. Die Arbeitszeitregeln aus AZG und Kollektivverträgen oder auch die technische Arbeitssicherheit und der Datenschutz müssen im Interesse aller auch im Homeoffice tatsächlich zur Anwendung kommen.

 

Die Spielregeln und die Umstände, unter denen im Homeoffice gearbeitet wird, müssen denen im Betrieb entsprechen und zu den wechselseitigen Bedürfnissen passen. Daher sind branchenspezifische und betriebsangepasste Lösungen in Kollektivverträgen und Betriebsvereinbarungen richtig und wichtig, um die Spielregeln zu definieren und den Arbeitsvertragsparteien Rechtssicherheit zu geben. Immerhin gab mehr als die Hälfte der von IFES befragten ArbeitnehmerInnen (Quelle AK, 2020) an, dass Homeoffice bei ihrer Arbeit grundsätzlich gar nicht möglich sei, weil die Arbeit nicht aus dem Homeoffice erledigt werden könne. Bei der Einführung von Homeoffice über die Krisensituation hinaus muss auch die betriebliche Kultur so gestaltet werden, dass sie gesundes Arbeiten bis zur Pension ermöglicht. Themen wie Kommunikation, Karriereplanung, Gesundheit, klare Abgrenzung von Privatleben und Beruf sowie Schutz vor Selbstausbeutung müssen deutlich kommuniziert und gelebt werden. Homeoffice und die gleichzeitige Betreuung von Kindern funktionieren schlecht – auch das ist eine Lehre aus der Corona-Krise.

 

Damit Homeoffice/Teleworking zu einer wirklichen Alternative für die Zukunft wird und zu guten Arbeitsbedingungen führt, sind einige Rahmenbedingungen nötig:

 

-        Generell muss geregelt werden, welche Fragestellungen und Regelungen in Betriebsvereinbarung festgelegt werden sollen, um den rechtlichen und sozialen Herausforderungen der Arbeit im Homeoffice passend zur Betriebskultur und den Bedürfnissen der AN gerecht zu werden – die Schaffung eines eigenen Betriebsvereinbarungstatbestands in § 97 Abs. 1 Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) wird angestrebt, der einer Schlichtung gem. Abs. 2 zugänglich sein soll, sofern sie nicht Angelegenheiten der §§ 96 und 96a ArbVG  betreffen

 

-        Um Arbeitnehmerschutz auch bei Homeoffice-Arbeitsplätze sicher zu stellen, soll eine verpflichtende Belehrung durch den Dienstgeber stattfinden müssen, vergleichbar mit der Belehrungspflicht bei der Arbeit mit gefährlichen Stoffen.

 

-        Es bedarf eines Gleichbehandlungsgebots zwischen ArbeitnehmerInnen, sodass es einen gleichen Zugang zu Homeoffice/Telearbeit gibt. Insbesondere soll dies auch hinsichtlich des Entgelts, der Aufstiegsmöglichkeiten, der betrieblichen Weiterbildung und der gleitenden Arbeitszeit. Im Streitfall soll der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin beweisen müssen, dass eine Benachteiligung nicht wegen der Ausübung der Arbeitstätigkeit an einer auswärtigen Arbeitsstelle erfolgte.

 

-        Die gesetzliche Regelung des § 1157 Abs. 1 ABGB (Fürsorgepflicht des Dienstgebers) ist derzeit abdingbar. Die Regelung soll explizit für Arbeitsverhältnisse gelten und unabdingbar werden.  Auch regelmäßige Beiträge für die Infrastruktur wie z.B. Mietkosten, Strom, Internetkosten müssen vom Betrieb ersetzt werden. Pauschale Abgeltungen oder genauere Festlegungen sollen mit Betriebsvereinbarung festgelegt werden können.

 

-        Die bis 31.12.2020 befristete Klarstellung des Unfallversicherungsschutzes (derzeit § 175 Abs. 1a und 1b ASVG) für die Arbeit im Homeoffice/in Telearbeit sollte unbefristet verlängert werden.

 

Auch hinsichtlich Datensicherheit im Homeoffice sind einige Fragen zu präzisieren. Datensicherheit ist für alle Parteien im Arbeitsverhältnis gefordert, die technische Absicherung muss die Arbeitgeberin organisieren. Datensicherheit darf aber nicht als Feigenblatt dienen, um in eine Leistungs- und Verhaltenskontrolle der ArbeitnehmerInnen auszuarten. Die Privatsphäre der AN im Homeoffice, also in ihren privaten Räumlichkeiten, muss sichergestellt sein.

 

-        Klargestellt muss werden, dass die ArbeitgeberIn alle Betriebsmittel wie z.B. Diensthandy, Computer, VPN-Netzwerke stellt und auch für die technische Datensicherheit sorgen muss.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Entschließungsantrag

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend, die Bundesministerin für Justiz und der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz werden aufgefordert, die Regelungen für Homeoffice/Telearbeit zu evaluieren und dem Nationalrat bis spätestens 31.12.2020 eine Regierungsvorlage zu übermitteln, die insbesondere folgende Regelungen enthalten soll:

 

•        Schaffung eines eigenen Betriebsvereinbarungstatbestands in § 97 Abs. 1 Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG), der einer Schlichtung gem. Abs. 2 zugänglich sein soll, sofern sie nicht Angelegenheiten der §§ 96 und 96a ArbVG betreffen.

•        Einführung einer verpflichtenden Belehrung nach ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG)

•        Gleichbehandlungsgebot zwischen ArbeitnehmerInnen, insbesondere hinsichtlich Zugang zu Homeoffice/Telearbeit, des Entgelts, der Aufstiegsmöglichkeiten, der betrieblichen Weiterbildung und der gleitenden Arbeitszeit.

•        Unfallversicherungsschutz (§ 175 Abs. 1a und 1b ASVG) für die Arbeit im Homeoffice/in Telearbeit im Dauerrecht

•        Klarstellung, dass alle Betriebsmittel wie z.B. Diensthandy, Computer, VPN-Netzwerke von Arbeitgeberseite zur Verfügung gestellt werden und dieser auch für die technische Datensicherheit sorgen muss.“

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales