824/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 14.09.2020
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Magnitsky Act für Hongkong und Belarus

 

"If you are neutral in situations of injustice, you have chosen the side of the oppressor." (Desmond Tutu, südafrikanischer Friedensnobelpreisträger)

Die Europäische Union sieht sich als Friedens-, Freiheits- und Menschenrechtsprojekt. Sehr oft aber stechen politisches Kalkül und Handelsüberlegungen diese Grundwerte aus. Die europäische Reaktion auf Chinas Verletzung internationaler Verträge – und chinesischer Versprechen – betreffend den bis 2047 garantierten Autonomiestatus der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong ist dementsprechend zurückhaltend. Und in Belarus setzt der seit 26 Jahren regierende "letzte Diktator Europas" nach klarer Wahlmanipulation ebenfalls auf Gewalt und Repression.

Gegenüber China beschränkt sich Europas Reaktion mit Bezug auf die Menschenrechtsverletzungen und den Bruch des internationalen Abkommens über Hongkongs Autonomiestatus auf Ausfuhrbeschränkungen, hauptsächlich von Technologien, die direkt zur Unterdrückung von Protesten verwendet werden können. Um die Zivilbevölkerung Hongkongs zu unterstützen, hat die EU kein Maßnahmenpaket geschnürt, sondern will weiter prüfen und beobachten. Befürworter von Hongkongs Demokratie und Autonomie werden aber bereits jetzt verhaftet, und drakonische Urteile sind nach den vor Kurzem von Peking durchgepeitschten Gesetzesänderungen zu erwarten.

Die USA, in den letzten Jahren von Europa gerne wegen ihrer moralfreien Politik kritisiert, haben nach der gewaltsamen Unterdrückung der Demokratieproteste und der Verletzung der internationalen Abkommen hinsichtlich Hongkongs Sonderstatus schneller und entschlossener reagiert. In Washington wurden bereits Gesetze verabschiedet, die es erlauben, Besitz von chinesischen Regierungsverantwortlichen, die für die Verletzung der Rechte von Hongkongern verantwortlich sind, einzufrieren und ihnen die Einreise zu verwehren. Auch können Banken, die durch ihre Geschäftsgebarungen die Autonomierechte Hongkongs verletzen, unter Wirtschaftssanktionen gestellt werden. Weiters wurde Hongkongs spezieller Wirtschafts- und diplomatischer Status aberkannt.

Gleichzeitig ist sich Europa – wie auch Österreich – der immer aggressiver werdenden chinesischen Außen- und internationalen Wirtschaftspolitik bewusst. Europas Strategie, Peking zu Zugeständnissen aufzufordern, ohne selbst Stärke zu zeigen, wird in asiatischer Kultur als Schwäche betrachtet.

In Belarus wurden in den Tagen unmittelbar nach den manipulierten Wahlen zumindest 7.000 Menschen verhaftet und viele in Haft misshandelt. Auch Moskau reagiert auf Schwäche. Europa fürchtet vermehrte Einflussnahme Russlands im Falle von scharfen europäischen Sanktionen gegen Minsk. Allerdings interveniert Russland bereits in der Ukraine, Syrien, Libyen, am Balkan, in Sozialen Medien und in westeuropäischen und U.S. Wahlen. Es ist keine Korrelation zwischen russischer Einflussnahme und westlichen Sanktionen zu erkennen. Nun stellt Russlands Präsident Vladimir Putin die Entsendung von Einheiten nach Belarus zur Unterstützung der Unterdrückung der Proteste in Aussicht, ebenfalls ungeachtet der EU Position. Und letztendlich wurde Oppositionspolitiker Alexander Nawalny auf einem Flughafen mit einem militärischen Kampfstoff vergiftet.

Bestrebungen, europäisches Recht zu stärken, das es erlauben würde, Menschenrechtsverletzer zu sanktionieren, sind am Laufen. Im März 2019 beschloss das Europäische Parlament eine Resolution für die Einführung EU-weiter Sanktionen zur Bestrafung staatlicher und nichtstaatlicher Akteure, die für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind. Im Dezember 2019 entschieden sich die EU-Außenminister_innen, ein neues EU-Sanktionsregime zum Schutz der Menschenrechte weltweit zu erarbeiten. Die EU soll künftig auf Menschenrechtsverletzungen mit Reisebeschränkungen und dem Einfrieren von Vermögenswerten natürlicher und juristischer Personen reagieren können. Medienberichten zufolge begrüßte Außenminister Alexander Schallenberg die anstehende Debatte über den neuen Sanktionsmechanismus (https://orf.at/stories/3147007/).

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, wird aufgefordert:

1.    Personen, die in Hongkong, China, Belarus und Russland aufgrund von friedlichen politischen Aktivitäten verfolgt werden, in beschleunigten Verfahren temporären Schutz zu gewähren.

2.    Sich in Anlehnung an die USA, mit besonderer Beachtung des Magnitsky Acts, auf europäischer Ebene für ein neues EU-Sanktionsregime zum Schutz der Menschenrechte einzusetzen, das Einreiseverbote gegen Personen, die an der Unterdrückung friedlicher Proteste und der Verletzung internationaler Abkommen beteiligt sind, erlauben.

3.    Sich auf europäischer Ebene für Einreiseverbote gegen Personen, die in China und Hongkong an der Unterdrückung friedlicher Proteste und der Verletzung des durch internationale Abkommen festgelegten Autonomiestatuts beteiligt sind, einzusetzen.

4.    Sich auf europäischer Ebene für Einreiseverbote gegen Personen, die in Belarus an der Unterdrückung friedlicher Proteste und an Wahlmanipulation beteiligt sind, einzusetzen. 

5.    In der EU darauf hinzuwirken, dass die in Europa befindlichen Vermögen von Personen, die an diesen Akten der Unterdrückung in Hongkong oder Belarus beteiligt sind, eingefroren werden können.

6.    In der Europäischen Union ein Regulativ vorzuschlagen, das es ermöglicht, chinesische Betriebe, allen voran Staatsbetriebe oder staatsnahe Betriebe, in Europa zu sanktionieren, wenn sie sich an den Bemühungen der chinesischen Regierung und der Kommunistischen Partei Chinas beteiligen, das international anerkannte Autonomiestatut Hongkongs zu unterwandern. Das europäische Regulativ möge sich am U.S.-amerikanischen Magnitsky Act, allerdings mit einer restriktiven Auslegung von global jurisdiction, orientieren.

7.    In der Europäischen Union ein Regulativ vorzuschlagen, das es ermöglicht, Betriebe, die unter beherrschendem Einfluss von Personen stehen, die an der Unterdrückung der Demokratiebewegung in Belarus beteiligt sind, zu sanktionieren."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss vorgeschlagen.