866/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 23.09.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Mag. Amesbauer, Dr. Belakowitsch

und weiterer Abgeordneter

betreffend Transparenzbericht über sämtliche Eingriffe in die Grund- und Freiheitsrechte

 

 

In immer kürzeren Abständen kommt es unter dem Deckmantel „Corona-Maßnahmen“ zur Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten.

 

Die Zeitung „Die Presse" vom 24.08.2020 veröffentlichte dazu einen treffenden Artikel zu den neu geplanten Maßnahmen der Bundesregierung von Gudula Walterskirchen:

„Wir dürfen eine "rechtmäßige" Freiheitsberaubung nicht tolerieren


Ohne großes Aufsehen und eine Debatte soll das Covid-19-Gesetz geändert werden, damit wir alle künftig legal unter Hausarrest gestellt werden können.

Wie würden Sie ein Land bezeichnen, in dem eine Person allein, ohne Befassung des Parlaments oder der Gerichte, unter nicht klar definierten Voraussetzungen auf unbestimmte Zeit ein ganzes Volk unter Hausarrest stellen kann? In dem jederzeit Staatsvertreter Nachschau halten dürfen, ob man als unbescholtener Bürger schön brav zu Hause ist? Wo der Staat immer weiß, wo man mit wem war, und in dem Vernadern zum System zählt? Würden Sie so ein Land als freie Demokratie bezeichnen? Würden Sie in so einem Land leben wollen? Wohl eher nicht!

Sie werden aber sehr bald in so einem Land leben, ohne Ihren Wohnort gewechselt zu haben. Der Gesundheitsminister plant nämlich eine Gesetzesänderung, durch die all dies möglich wird. Künftig sollen die Grundrechte aller Bürger massiv eingeschränkt werden. Der Minister hat den Entwurf mitten in der Ferienzeit und mit einer Frist von nur 14 Tagen in Begutachtung geschickt. Das machen Politiker, wenn sie bei einer heiklen Materie möglichst wenig Aufsehen und Diskussion wollen. Am 28. August, läuft die Frist ab. Der Minister hat die Kühnheit, dies damit zu rechtfertigen, dass man die bisherigen Coronagesetze gar nicht in Begutachtung geschickt habe.


Der Text des Entwurfs ist heftig. Da ist die Rede von "rechtmäßiger Freiheitsbeschränkung", bei deren Überprüfung man die "Gerichte entlasten" will. Was soll das heißen? Weiters ist ein "generelles Betretungsverbot öffentlicher Räume" per bloßer Verordnung vorgesehen. Die Ausgangssperre kann im ganzen Staatsgebiet oder auch regional verordnet werden. Dass der Gesundheitsminister mit treuherzigem Augenaufschlag beteuert, ein genereller Lockdown sei "nicht angedacht", beruhigt wenig, im Gegenteil!


Besorgt macht auch, dass keine klaren Voraussetzungen genannt werden, unter denen wir unserer Freiheit beraubt werden sollen. Ab wie vielen Toten pro Tag, wie vielen belegten Intensivbetten? Es lässt Schlimmes befürchten, wenn in einer Phase wie jetzt, in der es kaum Covid-positive Intensivpatienten und noch weniger Verstorbene gibt, die Regierung bereits "besorgt" ist. Es wird also, im Falle dass der Gesundheitsminister besorgt ist, ein Hausarrest verordnet werden. Für die Gesunden, wohlgemerkt, nicht nur für die Erkrankten! Dennoch muss laut Entwurf keine Instanz, keine Institution zuvor klären, ob seine Maßnahmen angemessen und zielführend sind.


Die Verhöhnung der Bürger gipfelt darin, dass Minister Anschober die geplante Ermächtigung zur Ausgangssperre damit begründet, dass er "unverzüglich auf das Erkenntnis des Höchstgerichts reagieren" wolle. Der Verfassungsgerichtshof hatte nämlich das im Frühjahr verhängte generelle Betretungsverbot des öffentlichen Raumes als rechtswidrig erkannt.


Der Minister hat da offenbar etwas missverstanden: Es geht nicht nur darum, dass der generelle Hausarrest gesetzlich nicht gedeckt war. Es geht uns Bürgern auch darum, dass eine Ausgangssperre ein massiver Eingriff in die Grundrechte ist. Im März und April wusste man tatsächlich noch nichts Genaues über die wahre Gefahr des neuen Virus und seine Ansteckungswege. Jetzt gilt dieses Argument nicht mehr. Die Sinnhaftigkeit derartiger Maßnahmen wird längst angezweifelt. Und just in jenen Ländern, die ihre Bürger am längsten einsperrten, wie Italien und Spanien, stiegen die Todeszahlen ungebremst weiter an.


In einem freien Land akzeptieren unbescholtene Bürger nur freiwillig Eingriffe in ihre Grundrechte. Freiheitseinschränkungen sind ein massiver Eingriff, ebenso jene in die Privatsphäre. Die geplanten Vollmachten mit Ausschaltung aller Institutionen sind jedenfalls gefährlich und abzulehnen. Als freie Bürger dürfen wir es uns nicht gefallen lassen, dass überfallsartig in der Ferienzeit, ohne öffentliche Debatte, ohne ausreichend Zeit zur Überprüfung, ein derart weitreichendes Gesetz durchgedrückt wird!

 

Einige Maßnahmen unter Bundesminister Nehammer sorgten für Wirbel und Unverständnis wie zum Beispiel:

„Politkontroverse um Schulsperre nach Coronavirus-Verdacht

Dass das Unterrichtsministerium eine Schule wegen des Verdachts einer Covid-19-Erkrankung von der Polizei abriegeln ließ, sorgt für Zwist

Wien – Beunruhigte Schüler, ratlose Anrainer, fotografierende Schaulustige, Uniformierte vor einem Absperrband: Die Szenerie Mittwochvormittag an der Kreuzung Albertgasse / Josefstädter Straße in Wien-Josefstadt erinnert an einen Katastrophenfilm. Der Grund der Aufregung: Eine Lehrerin des BGRG Albertgasse hatte nach einem Italienaufenthalt Symptome entwickelt, die den Verdacht auf eine Covid-19-Erkrankung aufkommen ließen. Am Nachmittag dann die Entwarnung: Der Test der Pädagogin war negativ, was positiv ist. Der Polizeieinsatz – die Albertgasse wurde von der Exekutive abgesperrt, die Kinder rund vier Stunden in der Schule kaserniert – sorgt für politischen Wirbel. (…)“, so „Der Standard“ online am 26. Februar 2020.

 

Ergänzend sei noch dieser Kommentar aus der "kleinezeitung.at" vom 05.04.2020 angefügt:

„Kommentar zu den Corona-Maßnahmen: Hätten wir das Herbert Kickl durchgehen lassen?

Das Regieren im Ausnahmefall darf nicht zur Regel werden. Denn sonst droht mehr zu zerbrechen, als das Gesundheitssystem.

(…) Aber wer garantiert, dass eine der Lehren aus der Krise nicht die unreflektierte Akzeptanz von Eingriffen in Grundrechte ist, wie man sie in der Zweiten Republik noch nie gesehen hat? Gesetze werden wenige Stunden vor ihrem Inkraftreten kundgemacht, zum Durchlesen bleibt mündigen Bürgern kaum Zeit, zum Durchdenken schon gar nicht. In ihrer Ausgestaltung sind die überschießend – oder wie nennt man das sonst, wenn aus dem im Gesetz vorgesehenen Betretungsverbot für „bestimmte Orte“ in der Verordnung dann das Betreten „aller (!) öffentlichen Orte“ verboten wird? Sie ermächtigen dem Staat wieder im Privaten zu stöbern, dort, wo er schon Mitte des 19. Jahrhunderts ausgesperrt wurde, wo er nur im Extremfall Nachschau halten dürfte – und das auch erst nach dem Überwinden rechtsstaatlicher Barrieren wie einer richterlichen Kontrolle von Maßnahmen. Jetzt wollte man festschreiben, mit wem man den Osterschinken teilen darf.

Ersetzen Sie Anschober durch Beate Hartinger-Klein und machen sie Herbert Kickl gedanklich wieder zum Chef der Polizei. Würden Sie dieses Maßnahmenpaket diesen Leuten auch durchgehen lassen? (…)“

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert bis 1. Jänner 2021 einen Transparenzbericht über sämtliche Eingriffe der Organe des öffentlichen Sicher-heitsdienstes in die Grund- und Freiheitsrechte im Zusammenhang mit COVID-19 von März bis September 2020, mitsamt einer Evaluierung der gesetzlich normierten Befugnisrechte, vorzulegen.“

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten ersucht.