867/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 23.09.2020
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Entschließungsantrag

 

des Abgeordneten Mag. Gerald Hauser

und weiterer Abgeordneter

betreffend Eigenkapitalstärkung zur Wiederbelebung der Tourismuswirtschaft

 

In den letzten Monaten haben sich viele Betriebe und Unternehmen in Folge von COVID-19 massiv verschuldet und befinden sich nach wie vor, wenn auch mit branchenabhängigen Unterschieden, in einer wirtschaftlich äußerst schwierigen Lage.

 

Äußerst prekär ist insbesondere die Situation im Gastronomie- und Tourismusbereich: „Wir werden in vielen Unternehmen als Konsequenz der Krise mehr Schulden bei geringeren Umsätzen und Erträgen haben - das ist sicher kein Erfolgsmodell“, bringt ÖHT-Generaldirektor Wolfgang Kleemann die Lage im Tourismus auf den Punkt.

Eine Besserung der Situation ist nicht in Sicht:

„Branchenauswertungen zufolge gingen in Österreichs Beherbergungsbetrieben bis Ende August um zwei Drittel weniger Reservierungen für den Winter ein als in normalen Jahren. Die Nervosität in der Branche ist hoch, die Prognose der Prodinger Tourismusberatung düster“, schreibt der Kurier in seiner Ausgabe vom 17. September 2020.

Der Winter ist in den meisten Betrieben zu zwei Dritteln für das Betriebsergebnis verantwortlich", sagt Thomas Reisenzahn vom Tourismusberater Prodinger. Er geht davon aus, dass ein Drittel der Betriebe sich nach diesem Winter neu aufstellen muss. „Wir rechnen damit, dass zehn Prozent der Betriebe wegfallen werden.“ Die Rede ist damit von rund 1.650 Betrieben.

 

Als eine Maßnahme zur Abfederung der ökonomischen Schwierigkeiten bzw. zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen der heimischen Unternehmen wurden seitens des Bundes Staatshaftungen in der Höhe von 90 bzw. 100 % für Überbrückungskredite übernommen.

Laut Vorlage 31/BA des Bundesministeriums für Finanzen betreffend den Monatserfolg Juli 2020 sowie die COVID-19 Berichterstattung vom 31. August 2020 belaufen sich die in diesem Zusammenhang übernommenen Haftungen derzeit auf rund 6,3 Mrd Euro.

Immanuel Gerstner, Wien-Chef der Anwaltskanzlei SCWP, stellt in diesem Zusammenhang im „Profil“ vom 1. September 2020 fest, dass die Überbrückung von Liquiditätsengpässen zwar wichtig sei, „tiefergehende wirtschaftliche Probleme“ könne man damit aber nicht lösen.

„In manchen Situationen würden die Hilfen lediglich zu einer "Periodenverschiebung" führen,“ bringt Gerstner die Problematik auf den Punkt.

Besonders problematisch wird die Situation in Gastronomie und Tourismus, wo die Eigenkapitalquote entsprechend niedrig, der Verschuldungsgrad sehr hoch ist, und demzufolge Rückzahlungen von Überbrückungskrediten für die Unternehmen eine enorme Belastung darstellen werden. „An der Befürchtung, dass viele Unternehmen die Überbrückungskredite am Ende des Tages aus eigener Kraft nicht zurückzahlen können, sei schon was dran,“ meint beispielsweise ÖHT-Generaldirektor Kleemann im Profil vom 1. September 2020.

 

Wenn hier nun nicht raschest von Seiten der Bundesregierung gegensteuert wird, ist in den nächsten Monaten von einer Insolvenzwelle, die viele Unternehmen und insbesondere Gastronomie- und Tourismusbetriebe in den finanziellen Ruin treiben und tausende Arbeitsplätze gefährden wird, auszugehen.

 

Mit einer Pleitewelle rechnen auch die heimischen Gläubigerschutzverbände, die durch die staatlichen Corona-Hilfen mit Verzögerung kommen wird.

„Die sogenannte Pleitewelle wird sich ins Jahr 2021 verschieben", so Alexander Klikovits, Insolvenzexperte des Gläubigerschutzverbandes KSV 1870 gegenüber der Wiener Zeitung vom 15. August 2020.

„Auch Gläubigerschützer anderer Verbände sehen diese Entwicklung kritisch. Viele Unternehmen befinden sich in der Krise und hoffen, durch gesetzliche Erleichterungen und Rettungsfonds darüber hinwegzukommen, erläutert Cornelia Wesenauer vom Alpenländischen Kreditorenverband (AKV). Auch die Stundungen der Abgabensteuern für Finanz und Gesundheitskassen wurden bis 15. Jänner verlängert. Diese Stundungen zögern die Forderung weiter hinaus, stellen aber keinen Erlass dar.“ (Wiener Zeitung, 15.08.2020)

„Im Herbst drohe eine Pleitewelle, weil die Klein- und Mittelunternehmen in Österreich im Schnitt eine zu geringe Eigenkapitalausstattung hätten und weil dann diverse Stundungen aus der Coronazeit, etwa für Finanz- und Sozialabgaben, auslaufen, sagte vor wenigen Tagen der Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo), Christoph Badelt.“ Oberösterreichische Nachrichten, 18. Juli 2020.

 

„Im internationalen Vergleich würden kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei der Eigenkapitalquote hinterherhinken. 22 Prozent der österreichischen KMU sind überschuldet“, heißt es dazu kürzlich in der Aussendung von Finanzminister Blümel. Zudem erschwere die starke Fremdfinanzierung den Handlungsspielraum und die Kreditaufnahme in Krisenzeiten. Schon jetzt finanzierten Kleinstbetriebe 39 Prozent ihres Vermögens durch Bankkredite. Bei Großbetrieben seien es acht Prozent. Zum Vergleich: In der Schweiz finanzierten sich fast zwei Drittel der Unternehmen ausschließlich über Eigenkapital.“ (Oberösterreichische Nachrichten, 18.07.2020)

 

„Das Problem der geringen Eigenkapitalquote wird sich durch die Covid-19 Krise nochmals deutlich verschärfen. Bei den Überbrückungsfinanzierungen war diese Problematik bei der Beurteilung der Anträge schon jetzt eine große Herausforderung. Hier schlagen wir eine befristete Übergangsregelung bis 31.12.2022 vor, wonach das Vermögen begünstigt mit dem Viertel-Steuersatz aufgewertet werden kann und die Bilanzen das echte Eigenkapital aufweisen. Dadurch wird die Bonität gestärkt und langfristig die Abschreibungsbasis erhöht", erläutert Dr. Manfred Schekulin von Prodinger-Tourismusberatung.

Darüber hinaus sollte eine steuerrechtliche Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapital insofern erfolgen, dass neben Fremdkapitalzinsen auch fiktive Eigenkapitalzinsen steuerlich abzugsfähig werden.

 

 

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der dargelegten Fakten und im Sinne der raschen und echten Unterstützung der massiv belasteten heimischen Gastronomie- und Hotelleriebetriebe stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden 
 
Entschließungsantrag
 
Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der eine dringend notwendige Stärkung des Eigenkapitals und damit der Bonität der Unternehmen unter anderem durch eine bis 31.12.2022 befristete Ermöglichung der Aufwertung des Vermögens sowie durch die Ermöglichung eines Steuerabzugs für fiktive Eigenkapitalzinsen im Sinne der steuerrechtlichen Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapital umgesetzt werden.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht ersuchen die unterfertigten Abgeordneten um Zuweisung dieses Antrages an den Tourismusausschuss.