881/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 23.09.2020
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Kai Jan
Krainer, Petra Wimmer
Genossinnen und Genossen
betreffend dringend notwendige Reparatur des unsozialen ÖVP-Familienbonus
Begründung
Trotz zahlreicher Warnungen der SPÖ hat die ÖVP/FPÖ-Koalition im Jahr 2018 das von der Steuerleistung abhängige und deswegen ungerechte Modell des Familienbonus beschlossen. Für die ÖVP ist nicht jedes Kind gleich viel wert, sonst würden alle Eltern unabhängig vom Einkommen 1.500 € / Kind und Jahr als Familienbonus bekommen. Die SPÖ hat anlässlich der ersten Beschlussfassung der ÖVP/FPÖ-Regierung im Juni 2018 einen Antrag eingebracht, die Familienbeihilfe im Wege einer Erhöhung des Kinderabsetzbetrages pauschal für alle Kinder um diese 1.500 € zu erhöhen, dieser wurde aber von der ÖVP abgelehnt. Für die konservative ÖVP sind nur die Kinder von Eltern, die auch Einkommensteuern zahlen, förderungswürdig. Und das rächt sich jetzt in der Krise.
Der von Schwarz-Blau eingeführte und von Schwarz-Grün beibehaltene Familienbonus ist eine direkte Steuergutschrift. Pro Kind können so von der jährlich anfallenden Lohnsteuer 1500€ abgezogen werden. Wie ungerecht der Familienbonus ist, zeigt sich jetzt in der Krise:
Wer so wenig Lohn- und Einkommensteuern zahlt, dass der Familienbonus nicht in voller Höhe ausbezahlt werden kann, hat nichts von der Steuerreform;
Für Menschen, die in der Krise arbeitslos geworden sind oder in Kurzarbeit gehen müssen, kann sich der Familienbonus reduzieren, da sie weniger Lohn- und Einkommensteuern zahlen.
Steuerreform: Die geplante Steuerreform, die die Steuer
für den Einkommensbereich von 11.000-18.000 Euro von 25% auf 20% senkt,
bringt bei maximaler Ausschöpfung - also bei allen Einkommen von monatlich
ca. 1.810 Euro aufwärts – 350 € weniger Lohnsteuer im Jahr.
Der Familienbonus für zB zwei Kinder ließ sich bislang erst bei
einem Monatseinkommen von über 2.600 € voll ausnützen. Da die
Lohnsteuer bei Einkommen unter dieser Grenze aber schon auf Null reduziert
wurde, haben Eltern mit Kindern in diesem Einkommensbereich nichts von der
Steuersenkung.
(Rechenbeispiel) Eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern und einem
Monatseinkommen von 2.100 nimmt den Familienbonus für beide Kinder
in Anspruch. Theoretisch stünden ihr 3000 € zu, sie bekommt
aber nur die von ihr bezahlte Lohnsteuer zurückgezahlt (2.605 €).
Die Wirkung der Steuersenkung ist für sie Null, da sie durch den
Familienbonus keine Lohn- und Einkommensteuer zahlt.* Ihr Jahresnetto
beträgt 23.943 €, sowohl vor der Steuerreform im Jahr 2019 als auch
im Jahr 2020 nach der Steuerreform:
|
Lohnsteuer (lfd) |
Familienbonus |
Jahresnetto*** |
Jahr 2019: |
-2.605 € |
+2.605 € |
23.943 |
Jahr 2020 inkls. Steuerreform: |
- 2.255 € |
+ 2.255 € |
23.943 |
Summe |
+350 € |
- 350 € |
+/- 0 |
Kurzarbeit: Anhand eines konkreten (anonymisierten) Beispielfalles wird offensichtlich, wie ungerecht dieser Familienbonus der Regierung im Falle von Kurzarbeit ist. Eine alleinerziehende Mutter mit drei Kindern musste bedingt durch die COVID-Krise in Kurzarbeit gehen. Schon bisher konnte sie den vollen Familienbonus für drei Kinder von 1.500 € x 3 (4.500) nicht nutzen, da die Lohnsteuerzahlungen von Ihrem 2.480 € Monatsbruttogehalt niedriger war. Aber immerhin waren es 305,77 € monatlich Familienbonus. Mit der Kurzarbeit reduzierte sich ihre Lohnsteuerzahlung, die monatliche Familienbonusgutschrift sinkt auf 276,60 € und auch die Auszahlungsbeträge für die Monate April-Juni 2020 müssen reduziert werden.
Sie verliert fast 500 € oder ¼ eines Monatsgehaltes.
Arbeitslosigkeit (Rechenbeispiel): Alleinerziehende Eltern, die durch
die COVID-Krise arbeitslos werden, haben ebenfalls finanzielle Nachteile durch
die aktuelle Rechtslage zum Familienbonus. Bei durchgehender Beschäftigung
könnten sie mit einem Monatseinkommen von rund 2.500 € bei einem
Kind den vollen Familienbonus über 1.500 €, bei zwei Kindern den
vollen Familienbonus über 3.000 € in Anspruch nehmen, bei drei
Kindern aber nur mehr
3.630 €, da sie ja zu wenig Lohnsteuer zahlen (volle Höhe wären
4.500 € für drei Kinder unter 18 Lebensjahren). Werden sie ab April
arbeitslos, erhalten sie zwar das Arbeitslosengeld und den Familienzuschuss,
dennoch ergibt sich ein sattes Minus von bis zu einem Monatsbezug.
Eine Reparatur des ungerechten ÖVP-Familienbonus ist dringend notwendig: Der ÖVP „Familienbonus plus“ wird in der Krise zum echten „Familienmalus“. Er kann aber ganz einfach repariert werden, in dem er durch eine sogenannte Negativsteuer allen Familien in vollem Umfang zur Verfügung stehen. Dadurch haben alle Familien etwas von der Steuerreform und der Familienbonus wird zu einem Instrument gegen Kinderarmut, anstatt die Kluft zwischen den Familien noch weiter auseinanderdriften zu lassen.
Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, umgehend eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit der der Familienbonus sozial gerecht repariert wird, und Eltern einkommensunabhängig, und insbesondere unabhängig davon, ob sie von der Steuerreform kaum profitieren, in Kurzarbeit gehen müssen oder arbeitslos werden, den Bonus für jedes Kind in voller Höhe (negativsteuerfähig) erhalten und monatlich gutgeschrieben bekommen.“
Zuweisungsvorschlag: Finanzausschuss
* F: Beim Brutto-Netto-Rechner des BMF wird aber 2.942€ angezeigt? A: weil das BMF eine irreführende Darstellung gewählt hat, der Verkehrsabsetzbetrag (400 €) und der Alleinverdienerabsetzbetrag (669 €) zählen nicht zum Familienbonus, sondern stehen ohnedies zu, ohne diese 1.069 € stünde beim Familienbonus wiederum nur 1.873 €.
** Brutto/Netto-Rechner, www.bmf.gv.at, Anm.: für 2019 ohne Familienbonus 2.223 € (185 € monatliche Lohnsteuer)