890/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 23.09.2020
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Entschließungsantrag
des Abgeordneten Erwin Angerer
und weiterer Abgeordneter
betreffend Altlastenbeitragsbefreiung für mehr Flächenrecycling
In den letzten 50 Jahren führten in Österreich zahlreiche strukturelle Veränderungen zum Entstehen von Industrie- und Gewerbebrachflächen. Ganze Industriezweige sind verschwunden, Unternehmen wurden fusioniert und höhere Produktionskapazitäten auf kleinerer Fläche eingerichtet. Ein Großteil dieser Brachflächen befindet sich jedoch in gut erschlossenen Lagen. Solche Standorte wären für neue Nutzungen prädestiniert, dennoch ziehen viele Investoren die Grünflächen außerhalb von verbauten Gebieten diesen Brachflächen vor. Daraus ergeben sich unerwünschte Begleiterscheinungen, wie hohe Kosten für Bau und Erhaltung von Infrastruktur, Zersiedelung und Verlust an Urbanität.
Zusammengefasst sprechen aus Sicht des Österreichischen Vereins für Altlastenmanagement daher 10 Gründe für Flächenrecycling1:
1. Reduktion des Flächenneuverbrauchs:
Täglich werden in Österreich 20 ha Grünfläche verbaut. Brachflächenrecycling nützt bereits verbaute bzw. versiegelte Flächen und stoppt den Flächenneuverbrauch.
2. Nutzung vorhandener Infrastruktur:
Durch Brachflächenrecycling können bereits angelegte Straßen und andere Verkehrsverbindungen, Wasser- und Stromleitungen sowie Abwasserentsorgungssysteme genutzt werden, was Aufschließungskosten spart.
3. Standorte für Betriebsansiedelungen:
Durch Brachflächenrecycling können neue Betriebe in gewachsene Betriebsanlagenstrukturen und –areale eingebettet werden und diese sind dann von Gewerbegebiet umschlossen.
4. Keine Umwidmung erforderlich:
Der zeitliche, kostenintensive und bürokratische Aufwand, der mit Umwidmungen verbunden ist, entfällt.
5. Ortsbildgestaltung/Wiederbelebung:
Wiederbelebung vorhandener Industriebrachen und Industrieruinen und damit
verbunden eine Revitalisierung von „Industriedenkmälern“.
Historische Substanz kann genutzt werden.
1. www.altlastenmanagement.at/home/2012/11/04/10-gruende/
6. Kommunale Einnahmen:
Durch Betriebsansiedelungen für die aufgrund vorhandener Einrichtungen geringe kommunale Leistungen erbracht werden müssen (siehe 2.), können höhere Kommunaleinnahmen lukriert werden.
7. Wirtschaftsbelebung/Arbeitsmarkt:
Im Zuge struktureller Maßnahmen kann die regionale Wirtschaft durch
Betriebsansiedelungen insgesamt profitieren und die Arbeitsmarktsituation wird
verbessert.
8. Verbesserung des Umweltzustandes:
Bei verunreinigten Flächen bringt die Revitalisierung gewachsener Strukturen eine Verbesserung des Umweltstandards.
9. Imageverbesserung:
Das Brachflächenrecycling kann werbewirksam vermarktet werden (z. B.
Vorbildwirkung, verbesserter Umweltschutz), etwa bei
Bodenbündnisgemeinden. Aus alt mach neu – von einer Betriebsruine
zur innovativen Nachnutzung.
10. Erhaltung vorhandener Grünräume:
Die Wiedernutzung ehemaliger Standorte liefert einen Beitrag zur Erhaltung zusammenhängender Grünräume.
Auf vielen der recyclebaren Flächen mit alten Bausubstanzen kann eine Rekultivierung aber nur dann erfolgen, wenn unnutzbare Bauwerke entfernt werden. Bei deren Abbruch entstehen jedoch Kosten durch den Altlastenbeitrag gemäß Altlastensanierungsgesetz, wodurch ein Neubau auf einem unbebautem Grundstück meist wesentlich günstiger ist. Eine umfassende Dokumentation, eine sogenannte Schad- und Störstofferkundung und weitere Pflichten verursachen zudem finanzielle Mehrbelastungen, die häufig abschreckend wirken. Gegenwärtig führt das zu einer Situation, welche die Bebauung von unbelasteten Grundstücken weitaus attraktiver macht als aktives Flächenrecycling.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird zur Attraktivierung von Rekultivierungsmaßnahmen bebauter Flächen aufgefordert eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit welcher Abfälle, die im Zusammenhang mit Flächenrecycling entstehen, vom Altlastenbeitrag ausgenommen werden.“
In formeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Umweltausschuss ersucht.