901/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 23.09.2020
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Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Claudia Plakolm, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend Initiativen der Bundesregierung auf EU-Ebene zur Erhöhung des niedrigen Strafmündigkeitsalters in zahlreichen Staaten außerhalb Europas

 

Laut einer kürzlich veröffentlichten globalen Studie über Kinder in Unfreiheit sind weltweit mehr als 7 Millionen Kinder ihrer persönlichen Freiheit beraubt: in Straf-, Untersuchungs-, Polizei- oder Schubhaft befinden sich Kinder in Unfreiheit.

 

Die UN-Kinderrechtskonvention lässt den Freiheitsentzug bei Kindern nur als letztes Mittel zu, wenn alle Alternativen ausgeschöpft sind. Laut Artikel 37 darf „Festnahme, Freiheitsentziehung oder Freiheitsstrafe [...] bei einem Kind im Einklang mit dem Gesetz nur als letztes Mittel und für die kürzeste angemessene Zeit angewendet werden“.

 

Die Mitgliedstaaten der UN-Kinderrechtskonvention verpflichten sich außerdem unter Artikel 40 Paragraf 3, eigene spezifisch für Kinder eingerichtete Verfahren und Einrichtungen zu schaffen sowie ein Mindestalter festzulegen, „das ein Kind erreicht haben muss, um als strafmündig angesehen zu werden“.

 

In der Allgemeinen Anmerkung Nr. 24, eine Auslegung der UN-Kinderrechtskonvention, gab der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes die Empfehlung an die Mitgliedsstaaten ab, als Mindestalter für die Strafmündigkeit eine nicht unter dem vollendeten 14. Lebensjahr liegende Altersgrenze festzulegen.[1]

 

Eine niedrigere Altersgrenze ist nach Auffassung des Ausschusses nicht vertretbar. Hingegen werden Staaten dazu ermutigt, eine Altersgrenze festzulegen, die höher als 14 Jahre ist. Obwohl 196 Staaten weltweit die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert haben, liegt das Strafmündigkeitsalter in vielen Staaten immer noch deutlich unter dem international vertretbaren Alter von 14 Jahren, wie etwa in Kuwait, Thailand oder Nigeria.

 

Im Rahmen seiner Initiativen im VN-Menschenrechtsrat und der VN-Generalversammlung tritt Österreich für die Stärkung der Menschenrechte im Bereich der Justiz und des Strafvollzugs ein. Österreich hat sein Engagement im Rahmen der überregionalen Zusammenarbeit als Mitglied des VN-Menschenrechtsrates 2019 bis 2021 weiter verstärkt. In den Verhandlungen über die von Österreich eingebrachten Resolutionsinitiativen wird auch regelmäßig die Problematik des Strafmündigkeitsalters thematisiert. Österreich wird seine diesbezüglichen Bemühungen auch bei der 75. VN-Generalversammlung im Herbst 2020 fortsetzen.

 

Angesichts der Tatsache, dass das niedrige Strafmündigkeitsalter in zahlreichen Staaten trotz Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention deutlich unter der aus menschenrechtlicher Sicht vertretbaren Altersgrenze liegt, sind konkrete Schritte gefordert.

 

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz und der Bundesminister für Europäische und internationale Angelegenheiten, werden ersucht, die Problematik des menschenrechtswidrigen Strafmündigkeitsalters in zahlreichen Staaten der Welt zu thematisieren und sich auf internationaler Ebene weiter für eine Erhöhung des Strafmündigkeitsalters einzusetzen.  Insbesondere auf Ebene des zuständigen Rates der Europäischen Union „Justiz und Inneres“ soll dies angesprochen werden, mit dem Ziel, ein gemeinsames Einwirken der Europäischen Union auf die betreffenden Staaten zu erreichen.

 

 

 

Zuweisungsvorschlag:   Ausschuss für Menschenrechte



[1] GENERAL COMMENT No. 10 (2007) - Children’s rights in juvenile justice, COMMITTEE ON THE RIGHTS OF THE CHILD, 15 January-2 February 2007 / CRC/C/GC/10.