1005/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 17.11.2020
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Vorschlag für ein Gesamtkonzept für Wirtschaftshilfen

Die aktuelle Wirtschaftskrise als Folge der schweren COVID-19-Epidemie stellt Unternehmen vor zahlreichen Herausforderungen. Unternehmer_innen brauchen schnelle und unbürokratische Hilfe sowie Verlässlichkeit die über die Dauer des aktuellen Lockdowns weit hinausgeht. Die Maßnahmen der Bundesregierung erfolgen mitunter stark verspätet, ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen inklusive allfälliger zukünftiger Entwicklungen fehlt komplett.

Folgende Punkte sollen jedenfalls Teil eines Gesamtpaket sein:

1.    EU-Rahmen voll ausschöpfen: aktuelles EU-Beihilfenrecht ermöglicht eine Hilfe basierend auf drei Säulen, um Unternehmen zu stützen. Zwei Säulen können jederzeit zur Verfügung stehen, eine Säule könnte zur Verstärkung aufgestellt werden, falls es wie aktuell zu einem Lockdown kommt.

a.    Es gilt daher, so rasch wie möglich das gesamte Beihilfenrecht auszunutzen und einen Fixkostenzuschuss (FKZ) auch nach 107(2)(b) für den Fall des Lockdowns umzusetzen - Unternehmen, die behördlich geschlossen werden, wissen, dass sie für diese Zeit mit einem Verlustausgleich rechnen können. Weitere Lockdowns sollen unbedingt verhindert werden - trotzdem sollen in rechtzeitigen Gesprächen mit der Europäischen Kommission Hilfen vorbereitet werden, um bei Schließung schnell wirken zu können.

b.    Durch den FKZ II wissen Unternehmen, wie stark ihre Verluste kompensiert werden. Das ist ein essenzielles Vertrauenssignal. Die Zeit drängt, weil es mit einem 31.12. einen neuen Bilanzstichtag gibt und man keinen unsicheren Anspruch auf den FKZ in der Bilanz einstellen kann.

2.    Rasche Hilfe: Es ist entscheidend, den Fixkostenzuschuss Phase 2 nachhaltig und rasch aufzusetzen. Bis zum Jahresende sollte klar sein, wie mit Verlusten und Schließungen umgegangen wird. Unternehmen brauchen aber auch Klarheit, wie die Verluste seit dem ersten Lockdown cash-wirksam kompensiert werden, wenn ihnen Aufträge weggebrochen sind. Der Fixkostenzuschuss soll sowohl für den Lockdown-Fall als auch für den Nicht-Lockdown-Fall wirken. Es werden sich zwar je nach Lockdown die beihilfenrechtlichen Möglichkeiten ändern, aber es darf sich für Unternehmen der Behördenweg und das Instrument nicht ändern.

3.    Vorsorgen für den Ausfall der Wintersaison: Zusagen für die Zeit bis 31.12. sollten rasch erfolgen, mit einer klaren Perspektive bis Juni 2021 verlängert zu werden. Da sich ein (nahezu) kompletter Ausfall des heurigen Wintertourismus' abzeichnet, bräuchte es ein effektives Moratorium, um eine große Pleitewelle zu vermeiden. Als Indikatoren sollten die Entwicklung der Infektionszahlen (samt Prognosen), aufrechte Reisebeschränkungen bzw. Quarantäneauflagen innerhalb der EU-MS sowie die Entwicklung der Buchungslage herangezogen werden.

4.    Kapitalstrategie auf den Tisch: Das Jahr 2020 wird sicher "kein Geschäft" für österreichische Unternehmen sein. Wir brauchen sehr rasch wirksame Kapitalinstrumente für kleinere und mittlere Unternehmen zur Erhaltung der nötigen Liquidität sowie frische Impulse für die Entstehung neuer Jobs. Dies könnte u.a. durch eine zeitlich befristete Senkung der Lohnnebenkosten für Unternehmen, die neue Mitarbeiter anstellen (langfristige Senkung der Abgabenlast - siehe unten), die Einführung eines KMU Equity Fund (vgl. NEOS Anträge) oder eines branchenspezifischen KMU- Beteiligungsfonds über die ÖHT erreicht werden

5.    Konkrete Maßnahmen für eine rechtliche Neugestaltung von Home Office: Maßnahmen zur Reduktion sozialer Kontakte im Arbeitsumfeld. Die COVID-Krise hat gezeigt, dass Home Office in Österreich zu weiten Teilen noch nicht geregelt ist und daher in der Praxis zahlreiche Fragen offen sind. Hier braucht jetzt Maßnahmen und nicht erst im März 2021. Folgende Punkte müssen überarbeitet werden:

a.    Reform des Arbeitsrechts, um eine flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit zu ermöglichen 

b.    Das Steuerrecht ist ebenfalls nicht auf der Höhe der Zeit. Auch sind die Aufwendungen für ein Arbeitszimmer im Wohnungsverband nur unter besonderen Bedingungen steuerlich relevant. Auch Einrichtungsgegenstände des Arbeitszimmers, wie etwa Regale, können nicht steuerlich geltend gemacht werden.

c.    Arbeitsinspektion virtuell ermöglichen, um eine Evaluierung der Arbeitsstätte via Videokonferenz möglich zu machen.

d.    Betriebsvereinbarungen stärken: Das Abschließen von Betriebsvereinbarungen ist leider nicht die österreichische Norm und verhindert daher häufig maßgeschneiderte Lösungen. 

e.    Sozialversicherungsrechtliche Fragen für Grenzgänger klären.

6.    Sanieren statt Schließen – zweite Chance für Unternehmen durch neues Insolvenzrecht: Aufgrund der Förderstruktur des österreichischen Insolvenzrechts sowie der mangelnden Mentalität der Unternehmer_innenkultur steht uns eine Insolvenzwelle bevor, die auch vieles vernichten wird, das nach der Krise wieder gebraucht wird. Sanierungsverfahren werden oft zu spät begonnen. Jeder Tod eines Unternehmens vernichtet Vermögen, Know-How und schafft Arbeitslose. Es braucht daher eine Attraktivierung des Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung (keine Mindestquote, Debt Equity Swaps, etc.) und rasche Umsetzung der RL 2019/1023 (RL über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren).

7.    Reformpaket - mit Turbo aus der Krise: langfristige Senkung der Abgabenlast, Einführung einer GmbH Zero, umfassender Dialog über eine dringende Reform der Gewerbeordnung mit allen Stakeholdern (Unternehmen, Verbände und Parteien), Einrichtung eines One-Stop-Shop, Reform der Lehre sowie deutlich höhere Investitionen in digitale Präsenz v.a. von KMU.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, einen umfassenden Maßnahmenkatalog vorzulegen, der jedenfalls folgende Kriterien im Sinne des Begründungstextes erfüllt:

1.    EU-Rahmen voll ausschöpfend;

2.    Fixkostenzuschuss Phase 2 nachhaltig und rasch aufzusetzen: d.h.: der Fixkostenzuschuss Phase 2 muss für den Lockdown-Fall, als auch für den Nicht-Lockdown-Fall Wirksamkeit entfalten;

3.    Bereitstellung eines Schutzschirms im Falle des Ausfalls der Wintersaison;

4.    Einführung eines KMU Equity Fonds;

5.    ein effektives Moratorium bzw. Verlängerung der Maßnahmen über Abgabenrückstände und Kreditrückzahlungen bis Ende 2021;

6.    Reform des Insolvenzrechts;

7.    Rechtliche Neugestaltung von Home Office;

8.    Erstellung eines Reformpakets zur Senkung der Verwaltungslast für Unternehmen und zur Förderung von Wachstum

 

sowie klar festlegt, welche Unternehmen, in welchem Umfang, mit welcher Dauer und mit welcher Begründung entschädigt werden."

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen.