1068/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 20.11.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Harald Troch und GenossInnen

betreffend die dramatische menschenrechtliche Situation für Armenier infolge des bewaffneten Konfliktes um Bergkarabach

Seit 1994 gab es eine brüchige Waffenruhe zwischen Armenien und Aserbaidschan im Zusammenhang mit dem von Armeniern bewohnten Bergkarabach. Im September 2020 sind die Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien wieder dramatisch aufgeflammt, wobei die aserbaidschanischen Truppen massiv vom türkischen Präsidenten Erdogan unterstützt wurden, der nach Berichten seriöser europäischer Medien zahlreiche syrische Söldner für Unterstützung der aserbaidschanischen Truppen einsetzte (siehe Der Spiegel Nr. 42/2020). Vor allem der massive Einsatz modernster Drohnen in diesem kriegerischen Konflikt führte schließlich zu einer militärischen Überlegenheit Aserbaidschans, welche nach einem von Russland vermittelten Waffenstillstand nunmehr einen wesentlichen Teil Bergkarabachs besetzen konnten.

Etwa 100.000 Menschen sind aus Bergkarabach geflohen und fanden in Armenien Unterkunft in Häusern der Regierung, in Hotels und privat bei Freunden und Verwandten. Der außerordentlich hohen Solidarität der Armenier gegenüber ihren Landsleuten ist es zu verdanken, dass sich die sozialen Folgen dieser hohen Flüchtlingszahlen noch in Grenzen halten. Auch die Spenden aus der Diaspora im Ausland spielen eine wichtige Rolle.

Vor dem Hintergrund der Lage in Bergkarabach hat der Weltkirchenrat die Solidarität mit den armenischen Gemeinschaften betont, die sich neuerlich von Völkermord bedroht fühlen. Man trauere mit den Opfern und Betroffenen der sechswöchigen Gefechte, die nicht nur „schreckliche Verluste erlitten haben, sondern auch in der langen Geschichte des Kampfes um Selbstbestimmung in der Region“, heißt es laut Kathpress in einer Erklärung, (siehe APA 0169AA vom 16.11.2020)

In dieser APA Meldung heißt es weiter: „Scharfe Kritik übt der Weltkirchenrat am türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, der im Hinblick auf den Bergkarabach-Konfiikt erklärt hatte, die Türken müssten jetzt jene Aufgaben vollenden, ,die die Vorfahren jahrhundertelang in der Kaukasusregion erfüllt haben.‘ Diese Bezugnahme auf den Völkermord an den Armeniern in den letzten Jahren des Osmanischen Reiches im frühen 20. Jahrhundert hatte in der armenischen Diaspora und in aller Welt tiefe Empörung ausgelöst. Der Weltkirchenrat verurteilte alle solchen ,expliziten und impliziten‘ Drohungen.“

Die Europäische Union bzw. die OSZE haben bisher in diesem Konflikt kaum eine Rolle gespielt. Es ist hoch an der Zeit, dass sich dies im Interesse eines dauerhaften Friedens und der Menschenrechtssituation ändert. So wird von rund 100 armenischen kulturellen, politischen und religiösen Organisationen aus ganz Europa in einem Schreiben vom 14.11.2020 die Neuverhandlung der Waffenstillstandsvereinbarung in einem offenen Brief gefordert. Die Co-Vorsitzenden der OSZE-Minsk Gruppe - bestehend aus Frankreich, Russland und den USA - sollen gemeinsam an einem neuen Waffenstillstand arbeiten (siehe APA0180AA vom 14.11.2020).

Das Schreiben kritisiert auch, dass das Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung in der umkämpften Region Bergkarabach in der jetzigen Waffenruhe nicht angemessen berücksichtigt werde. Dies verstoße „gegen ihre Menschenrechte und lässt viel Raum für eine aserbaidschanische Aggression“, mahnen die armenischen Organisationen. Zudem würden sich die armenischen Binnenvertriebenen „inmitten einer globalen Pandemie einer humanitären Krise“ befinden.

Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg besprach in einem Telefongespräch mit dem russischen Außenminister Lawrow die Notwendigkeit humanitäre Probleme bei diesem Konflikt anzugehen und die Notwendigkeit des Schutzes des religiösen und kulturellen Erbes in der Region. Beide Minister seien sich - laut ORF.at vom 17. November 2020 - dabei einig gewesen, dass internationale Organisationen, darunter UNHCR, UNESCO und IKRK, aktiv einbezogen werden müssten.

Bundesminister Schallenberg sprach laut Außenministerium auch mit Vertretern der armenisch-apostolischen Kirchengemeinde. Dabei habe er humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung in Bergkarabach zugesichert.

Österreich sollte sich im Sinne der von der EU vertretenen Grundwerte im Rahmen der Europäischen Union und der OSZE für einen dauerhaften Frieden und für die Durchsetzung der Menschenrechte in dieser Region einsetzen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die österreichische Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten werden aufgefordert:

-  Sich in der Europäischen Union und in der OSZE dafür einzusetzen, dass es zu einem dauerhaften Frieden und zur Durchsetzung der Menschenrechte in der Region Bergkarabach kommt.

-    Sich dafür einzusetzen, dass die Co-Vorsitzenden der OSZE-Minsk Gruppe - bestehend aus Frankreich, Russland und den USA - an einer Neuverhandlung des Waffenstillstandes mit dem Ziel eines dauerhaften Friedens arbeiten.

-    Sich dafür einzusetzen, dass internationale Organisationen, darunter UNHCR, UNESCO und IKRK aktiv einbezogen werden.

-    Sich dafür einzusetzen, dass durch die Europäischen Union und durch Österreich ausreichend humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge aus Bergkarabach geleistet werde und auf den Schutz des religiösen und kulturellen Erbes in der Region zu drängen.

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Menschenrechte