1072/A XXVII. GP

Eingebracht am 20.11.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANTRAG

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Ing. Reinhold Einwallner, Mag. Hannes Amesbauer, BA,

Kolleginnen und Kollegen,

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation, Aufgaben und Befugnisse des polizeilichen Staatsschutzes (Polizeiliches Staatsschutzgesetz – PStSG) geändert wird (Bundesgesetz zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation, Aufgaben und Befugnisse des polizeilichen Staatsschutzes (Polizeiliches Staatsschutzgesetz – PStSG) geändert wird (Bundesgesetz zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Inhaltsverzeichnis

Art.      Gegenstand / Bezeichnung

1       Polizeiliches Staatsschutzgesetz (PStSG)

 

Artikel 1 Änderung des Polizeilichen Staatsschutzgesetzes (PStSG)

Das Bundesgesetz über die Organisation, Aufgaben und Befugnisse des polizeilichen Staatsschutzes (Polizeiliches Staatsschutzgesetz – PStSG) StF: BGBl. I Nr. 5/2016 zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 102/2020, wird wie folgt geändert:

1.  § 17 lautet:

„§17. Das Bundesamt hat unter Einbeziehung der Tätigkeiten der für Verfassungsschutz zuständigen Organisationseinheiten der Landespolizeidirektionen jährlich einen Bericht zu erstellen, mit dem die Öffentlichkeit, unter Einhaltung von gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten, über aktuelle und mögliche staatsschutzrelevante Entwicklungen umfassend informiert wird. In dem Bericht sind die Budgetmittel des Bundeshaushaltes an das Bundesamt sowie die jeweilige Gesamtzahl seiner Bediensteten anzugeben.

2.  Das bisherige 5. Hauptstück erhält die Nummerierung „6. Hauptstück“. Nach dem 4. Hauptstück wird folgendes neues 5. Hauptstück samt Titel eingefügt:

 

5. Hauptstück

Sonderbestimmungen über die Kontrolltätigkeit des Ständigen Unterausschusses des Ausschusses für innere Angelegenheiten des Nationalrates

 

Kontrollrahmen

„§17a. (1) Zur Kontrolle von Maßnahmen zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit und nachrichtendienstlichen Maßnahmen im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Inneres ist gemäß Art 52a. B-VG der ständige Unterausschusses des Ausschusses für innere Angelegenheiten des Nationalrates berufen.

(2) Bestimmungen über die Arbeitsweise, Zusammensetzung und Rechte des Ausschusses und seiner Mitglieder trifft das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975).

Pflicht zur Unterrichtung des Ausschusses

§17b. (1) Der Bundesminister für Inneres hat den ständigen Unterausschuss umfassend über die allgemeine Tätigkeit des Bundesamtes und über Vorgänge von besonderer Bedeutung sowie von nachrichtendienstlichen Maßnahmen in seinem Wirkungsbereich zu unterrichten. Der Direktor des Bundesamtes oder einer seiner Stellvertreter hat an den Sitzungen des Ausschusses teilzunehmen. Vorgänge von besonderer Bedeutung sind insbesondere

1.wesentliche Änderungen im Lagebild der inneren Sicherheit,

2.behördeninterne Vorgänge mit erheblichen Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung,

3. Einzelvorkommnisse, die Gegenstand politischer Diskussionen oder öffentlicher Berichterstattung sind.

Auf Verlangen des Ausschusses hat der Bundesminister auch über sonstige Vorgänge zu berichten.

(2) Über die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Bundesgesetz gem § 17b sowie über die Information Betroffener nach § 16 hat der Bundesminister für Inneres dem ständigen Unterausschuss des Ausschusses für innere Angelegenheiten zur Überprüfung von Maßnahmen zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit jedenfalls halbjährlich zu berichten.

(3) Den Bericht des Rechtsschutzbeauftragten gemäß § 15 Abs. 4 hat der Bundesminister für Inneres dem ständigen Unterausschuss des Ausschusses für innere Angelegenheiten zur Kontrolle von Maßnahmen zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit zu übermitteln.

(4) Der Rechtsschutzbeauftragte hat dem ständigen Unterausschuss des Ausschusses für innere Angelegenheiten zur Überprüfung von Maßnahmen zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit für Auskünfte über wesentliche Entwicklungen zur Verfügung zu stehen; zudem steht es dem Rechtsschutzbeauftragten frei, in solchen Angelegenheiten jederzeit von sich aus an den ständigen Unterausschuss heranzutreten. In einem solchen Fall hat er seine Absicht dem Vorsitzenden des ständigen Unterausschusses mitzuteilen, der für eine umgehende Einberufung sorgt.

Umfang der Unterrichtungspflicht, Verweigerung der Unterrichtung

§17c. (1) Die Verpflichtung des Bundesministers für Inneres erstreckt sich nur auf Informationen und Gegenstände, die der Verfügungsberechtigung des Ministers unterliegen. Soweit diese nicht besteht, informiert der Bundesminister den Ausschuss. Auf Verlangen des Ausschusses ergreift der Bundesminister geeignete Maßnahmen, um den Ausschuss über diese Informationen und Gegenstände unterrichten zu dürfen.

(2) Soweit die Sicherheit von Personen gefährdet ist, kann der Bundesminister sowohl die Unterrichtung, als auch die Erfüllung von Verlangen verweigern. Macht der Bundesminister von diesen Rechten Gebrauch, so hat er dies dem Ausschuss zu begründen.

3.  Dem § 21 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Die §§xxxxxx in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2020 treten mit 1. Jänner 2021 in Kraft.“

 

 

 

 

Begründung:

 

Im Allgemeinen

 

Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) sowie die militärischen Nachrichtendienste leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Wahrung der Sicherheit der Republik Österreich. Dabei ist in einer parlamentarischen, rechtsstaatlichen Demokratie die Einrichtung besonderer Kontrollmechanismen für deren Arbeit wegen der verdeckten Sammlung von Informationen und des Einsatzes nachrichtendienstlicher Mittel, die erheblich in die Grundrechte der Betroffenen eingreifen können, ebenfalls unabdingbar.

 

Wie alle anderen Organe der vollziehenden Gewalt unterliegen auch die Aktivitäten des BVT sowie der militärischen Nachrichtendienste (HNA und AbwA) der Kontrolle durch das Parlament. Im besonderen Fall nachrichtendienstlicher Aktivitäten, die naturgemäß auf besondere Geheimhaltung angewiesen sind, ist diese Aufgabe primär dem Ständigen Unterausschuss des Innenausschusses sowie dem Ständigen Unterausschuss des Landesverteidigungsausschusses zugewiesen, deren Beratungen geheim erfolgen. Die Einrichtung dieser Ausschüsse, die auch verfassungsrechtlich in Artikel 52a B-VG institutionell abgesichert ist, geht auf entsprechende Empfehlungen des Lucona- und des Noricum-Untersuchungsausschusses zurück.[1] Die Konzeption ständiger Kontrollausschüsse im Parlament hat sich grundsätzlich bewährt jedoch zeigen sich in der parlamentarischen Praxis sowie im Lichte jüngster Erfahrungen die parlamentarischen Kontrollmittel als teilweise zu wenig effektiv.

 

Parlamentarische Kontrolle setzt voraus, dass die Kontrollierenden auch jene Informationen über den Kontrollierten zur Verfügung stehen, die es ihnen ermöglicht, die Kontrolle auch tatsächlich auszuüben. Nur wer über gewisse Grundinformationen verfügt, kann auch gezielt Fragen stellen. So gesehen stellte sich das Auskunftsrecht, im Sinne des Ziels einer effektiven Kontrolle, als ungenügend heraus.

 

Das erhebliche Informationsbedürfnis der Abgeordneten steht in der Praxis nämlich einem enormen Wissensvorsprung der Exekutive gegenüber. Oftmals erfahren Abgeordnete von bestimmten Vorgängen erst, wenn medial darüber berichtet wird oder ihnen aus dem Behördenapparat gezielt Informationen zugespielt werden. Dieser Zustand ist weder für die Abgeordneten noch für die zuständigen Bundesminister befriedigend.

 

So hätte der Unterausschuss des Innenausschusses in mehreren Fällen frühzeitiger und umfassender unterrichtet werden müssen. Zudem ist deutlich geworden, dass es sinnvoll ist, die Selbstinformationsrechte, Sachaufklärungsmöglichkeiten und Befugnisse des Gremiums weiter zu stärken.

 

Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs ist es, die parlamentarischen Rechte zur Kontrolle der nachrichtendienstlichen Tätigkeit des Bundes behutsam und systemkonform zu stärken. Damit soll der herausragenden Bedeutung der parlamentarischen Kontrolle, vor allem auch zur Wahrung der Freiheitsrechte der Bürger, nachhaltig Rechnung getragen, gleichzeitig aber auch Rücksicht auf die Bedürfnisse und Besonderheiten der staatspolizeilichen bzw. nachrichtendienstlichen Tätigkeit genommen werden. Die parlamentarische Kontrolle des BVT soll professioneller und kontinuierlicher werden, um letztlich auch die Akzeptanz und das Vertrauen der Bürger in die Tätigkeit des Bundesamtes zu verbessern.

 

Kernanliegen der Reform ist es, die Informations- und Handlungsmöglichkeiten der Ausschüsse in den Bereichen zu verbessern, in denen dies ohne Relativierung des Geheimnisschutzes möglich ist. Weiter soll der Charakter der Mitwirkungspflichten der zuständigen Minister als echte Rechtspflichten noch einmal deutlicher akzentuiert werden.

 

Folgende Einzelmaßnahmen sind vorgesehen:

 

·         Etablierung einer Unterrichtungspflicht (nicht bloß Fragerecht) der zuständigen Bundesminister über die allgemeine Tätigkeit sowie über Vorgänge von besonderer Bedeutung.

·         Einführung eines Minderheitenrechts eines Viertels der Mitglieder des jeweiligen Ausschusses auf Einsicht in einschlägige Unterlagen.

·         Einführung eines Berichtswesens an das Plenum des Nationalrates über die Kontrolltätigkeit des jeweiligen Ausschusses.

·         Präzisierung der Gründe unter denen eine Auskunft vom zuständigen Regierungsmitglied verweigert werden kann und Normierung einer Begründungspflicht für eine solche Auskunftsverweigerung.

·         Präzisierung des Protokollwesens der ständigen Unterausschüsse.

·         Neustrukturierung der einschlägigen Paragrafen zur Berichtspflicht in den §§ 17ff PStSG

·         Einführung eines gesonderten Hauptstückes im PStSG mit dem die Kontrolltätigkeit des ständigen Unterausschuss des Ausschusses für innere Angelegenheiten im PStSG präzisiert wird.

 

Der Gesetzentwurf erweitert die materiellen Informationsbefugnisse des Ständigen Unterausschuss des Innenausschusses, betont deren Durchsetzbarkeit, dehnt die Bewertungsmöglichkeiten des Gremiums moderat aus, verbessert die Arbeitsfähigkeit und Kontinuität der Arbeit des Ausschusses.

 

Das Gesetz will das gegenwärtige System der Parlamentskontrolle effektiver gestalten, ohne einen grundlegenden Bruch zu bewirken.

 

Im Zentrum der Kontrolltätigkeit stehen die einzelnen Abgeordneten. Die Öffentlichkeit bleibt wie bisher von der Kontrolltätigkeit weitgehend ausgeschlossen, so dass der Bundesminister keine Informationen aus dem Gesichtspunkt der Vertraulichkeit dem Ausschuss gegenüber zurückhalten darf.

 

Zur Sicherstellung einer nachhaltigen und wirksamen Umsetzung dieser Zielvorgaben bedarf es einer moderaten Umgestaltung und Ergänzung der bisherigen Regelungen im Bundesverfassungsgesetz (B-VG) und dem Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates (GOG-NR). Zur Verbesserung der Übersichtlichkeit und Kohärenz des Gesetzestextes ist eine Neustrukturierung des PStSG angezeigt.

 

Im Besonderen:

 

Wie einleitend festgehalten wurde, ist ein bloßes Fragerecht der Abgeordneten derzeit wenig geeignet eine umfassende parlamentarische Kontrolle der jeweiligen Behörden sicherzustellen. Die Abgeordneten sind bei der Fragestellung von Informationen abhängig, die ihnen zuvor entweder medial oder direkt aus dem Behördenapparat meist unter Verletzung des Amtsgeheimnisses zugespielt werden. Dies ist sowohl für die Abgeordneten selbst als auch für die zuständigen Bundesminister_innen unbefriedigend.

 

Mit der Neuformulierung sollen zwei Unterrichtungsverpflichtungen der jeweiligen Bundesminister_innen über die „allgemeine Tätigkeit“ und über „Vorgänge von besonderer Bedeutung“ der Behörden begründet werden, die mit dem entsprechenden Unterrichtungsanspruch der Ausschüsse korrespondieren. Außerdem wird eine Unterrichtungspflicht auf Verlangen über „sonstige Vorgänge“ als Auffangtatbestand eingeführt.

 

Die Norm bezweckt eine möglichst umfassende Inpflichtnahme der jeweiligen Regierungsmitglieder.

 

Da die besondere Art der Arbeit der Nachrichtendienste zu erheblichen Informationsvorsprung der Exekutive führt, bedarf es zu aller erst der Informationen über die zu kontrollierenden Tätigkeit. Deshalb ist die kontinuierliche allgemeine Unterrichtung durch die zuständigen Minister_innen die Basis der Informationserhebung durch die Ausschüsse und letztlich Voraussetzung jedweder wirksamen Kontrolle. Dies ist von besonderer Bedeutung gerade im hier ist spezifischen Verhältnis von Parlament zur Regierung. Denn die Kontrolle durch die Ausschüsse reicht bei jeder Kontrolle maximal soweit wie die Informationen der kontrollierenden Instanz.

 

Die Neufassung von Art. 52a sieht drei eigenständige Unterrichtungspflichten vor. Im Gegensatz zu den „sonstigen Vorgängen“ besteht hinsichtlich der „allgemeinen Tätigkeit“ und der „Vorgänge von besonderer Bedeutung“ eine Form von Bringschuld der zuständigen Bundesminister. D.h. sie müssen von sich aus berichten, ohne dass die Ausschüsse dies zuvor verlangt haben.

 

Die Unterrichtung hat unverzüglich zu erfolgen, d.h. ohne schuldhaftes Zögern.

 

Die zuständigen Regierungsmitglieder sind auch dann zur Information verpflichtet, wenn durch die Erweiterung des Kreises der Wissensträgern die abstrakte Gefährdung der Information steigt. Das liegt in der Natur der Kontrolle.

 

„Allgemeine Tätigkeit“:

 

„Allgemeine Tätigkeiten“ der Behörden bezeichnet generalisierend deren Wirken in den ihnen zugewiesenen Aufgabenbereichen, somit das „Routinegeschäft“. Dies sind vor allem die Schwerpunktsetzungen bei der Erledigung der Aufgaben, ebenso die Schwerpunkte der gewonnenen Erkenntnisse. Die regelmäßigen, typischen Abläufe und Arbeitsergebnisse fallen hierunter, ohne deren Kenntnis eine sinnvolle Kontrolle nicht möglich wäre. Hinzu kommen die allgemeine Unterrichtung über die Zugangslage der Nachrichtendienste sowie absehbare Veränderungen, die Einrichtung von digitalen Dateisystemen, der Erlass von internen Verwaltungsvorschriften, jedoch nicht bloße Verwaltungsalltätigkeiten.

 

Die zuständigen Bundesminister haben über die allgemeine Tätigkeit ihrer Behörden so zu berichten, dass eine parlamentarische Kontrolle effektiv eingesetzt werden kann.

 

Vorgänge von besonderer Bedeutung:

 

Als Vorgang von besonderer Bedeutung lässt sich alles erfassen, was die Fähigkeit zur Auftragserfüllung der Behörde betrifft und was außerhalb des Ausschusses öffentliche Wirkung haben könnte. So fallen Vorgänge hierunter, über die die Presse berichtet oder aller politischen Voraussicht nach noch berichten wird. So ist ein Bericht nicht nur in Fällen angezeigt, in denen er schon in der Öffentlichkeit diskutiert wird, sondern auch gerade dann, wenn eine solche Debatte zu erwarten ist.

 

Also Geschehnisse oder Geschehensabläufe, die vom Routinegeschäft der Nachrichtendienste abweichen und - deren Kenntnis für eine effektive Kontrolle durch die Ausschüsse nach der Bewertung im Einzelfall unerlässlich ist, - wobei es unerheblich ist, ob die Geschehnisse oder Geschehensabläufe von einer Behörde selbst initiiert oder ausgelöst wurden.

 

„Vorgänge von besonderer Bedeutung“ sind insbesondere in drei Fallgruppen denkbar: Lageentwicklung, dienstinterne Entwicklungen oder Vorfälle sowie öffentliche Berichterstattung:

 

1)       Lageentwicklung:

a.        Wesentliche Änderungen im Lagebild, die die äußere oder innere Sicherheit der Republik Österreich beeinträchtigen können oder von grundlegender Bedeutung für die Außen- oder Sicherheitspolitik der Republik sind, insbesondere - sich abzeichnende terroristische, militärische oder kriminelle Entwicklungen von erheblicher Bedeutung, die eine Bedrohung für die Republik, ihre Bevölkerung, ihre Institutionen und ihre kritischen Infrastrukturen sind oder werden könnten,

b.       Anhaltspunkte für die Entstehung oder Verfestigung verfassungsfeindlicher Zusammenschlüsse und Netzwerke

c.        sowie sonstiger relevanter Tendenzen in den Bereichen des Links-, Rechts-und Ausländerterrorismus,

d.       Aktivitäten ausländischer Behörden oder Organisationen in oder gegen Österreich und mit den dazu eingeleiteten Maßnahmen.

 

 

2)       Behördeninterne Entwicklungen oder Vorfälle

a.        Entscheidungen, die zu grundlegenden Veränderungen behördeninterner Abläufe führen, insbesondere

                                                               i.      Einrichtung neuer oder Auflösung bisheriger Abteilungen,

                                                             ii.      Vereinbarungen über neue Kooperationen von grundlegender Bedeutung,

                                                           iii.      Errichtung gemeinsamer Dienststellen,

                                                           iv.      Einführung neuartiger Methoden und Instrumente von grundsätzlicher Bedeutung im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit,

                                                             v.      Straftaten an und von Mitarbeitern der Behörden, wenn sie in Ausübung des Dienstes begangen wurden oder - außerdienstlich begangen - geeignet sind, die Dienstausübung ernsthaft zu beeinträchtigen oder das Ansehen des Dienstes ernsthaft berühren,

                                                           vi.      sonstige interne Vorgänge, die geeignet sind, die Arbeitsweise, die Aufgabenerfüllung oder die Befugnisnutzung der Dienste zu beeinträchtigen.

 

3)       Einzelvorkommnisse, die Gegenstand politischer Diskussionen oder öffentlicher Berichterstattung sind

a.        Bekanntwerden von nicht für die Öffentlichkeit bestimmten relevanten Tatsachen über die Dienste oder dienstliche Sachverhalte oder relevante Einzelheiten über Art und Umfang der Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden, Organisationen und Einzelpersonen,

b.       Veröffentlichungen, die die Arbeit oder das Ansehen der Dienste beeinträchtigen können.

 

Sonstige Vorgänge:

 

Die zuständigen Bundesminister haben auf Verlangen eines Viertels der Mitglieder auch über sonstige Vorgänge zu berichten. Insofern muss keine besondere Bedeutung gegeben sein. Dabei ist das Auskunftsverlangen zu spezifizieren, denn die zuständigen Bundesminister müssen erfahren, worüber sie Auskunft geben sollen.

 

Weil der Träger des Frage- und Informationsrechts der/die einzelne Abgeordnete ist, aber bei öffentlichen parlamentarischen Anfragen zu nachrichtendienstlichen Tätigkeit der Behörden in der Regel auf den zuständigen Unterausschuss verwiesen wird, soll zumindest jedes Mitglied des Ausschusses das Recht haben, einen Bericht des jeweiligen Ministers zu einem konkreten Auskunftsverlangen zu initiieren. Insofern soll die Ablehnung eines solchen Verlangens im Gremium unzulässig sein. Die jeweiligen Minister haben zu mindestens im Ausschuss auch die Fragen der Opposition zu beantworten und die Ausschuss Mehrheit darf dies nicht konterkarieren.

 

Der weitgefasste Begriff der „sonstigen Vorgänge“ dient der Vermeidung von Kontrolllücken unterhalb der Schwelle zur „besonderen Bedeutung“.

 

Die Mitglieder des Ausschusses können defacto erst zu einem Vorgang Fragen stellen, wenn sie von seiner Existenz wissen oder zu mindestens eine entsprechende Vermutung haben. Dies setzt Vorkenntnisse voraus, die auf berichtenswerte Vorgänge schließen lassen, denn „Wer nichts weiß, kann auch nichts fragen!“ Dazu müssen zuvor aus den Nachrichtendiensten Informationen herausgelangt sein, entweder über informelle Kanäle aus der Regierung, Behörden oder Parteien an die Mitglieder selbst oder an die Medien.

 

In der Praxis sind regelmäßig Presseberichte Anlass für Berichtsanforderungen. Faktisch führt diese Situation zu einer sehr selektiven Kontrolle. Denn die Kontrolle der Nachrichtendienste durch die Presse ist einzelfallbezogen. Durch gezielte Indiskretionen über sich letztlich als irrelevant oder harmlos herausstellende Sachverhalte kann der Ausschuss außerdem intensiv beschäftigt werden, was seine Kapazitäten bindet und eine effektive Kontrolle verhindert. Häufig entsteht zudem das Gefühl für Abgeordnete, im Ausschuss kaum mehr zu erfahren als das, was bereits in der Presse stand.

 

Die Ausschüsse können dem nur durch eine strukturelle Kontrolle entgegenwirken, d.h. in dem bestimmte Tätigkeiten der Nachrichtendienste systematisch und unabhängig von aktuellen Vorgängen und Pressemitteilungen untersucht werden.

 

Daher soll eine explizite Unterrichtungspflicht (nicht bloß Fragerecht) der zuständigen Bundesminister über die allgemeine Tätigkeit der jeweiligen Behörden sowie über Vorgänge von besonderer Bedeutung eingeführt werden. Diese Pflicht zur aktiven Informationstätigkeit der jeweiligen Minister, soll den Abgeordneten daher fortlaufend ein Einblick in die Tätigkeit der Behörden gewährt werden. Dadurch ist es den Ausschussmitgliedern auch besser möglich, ihre Fragerechte in Bezug auf die Kontrollobjekte zielgerichteter und effizienter auszuüben.

 

Die Kontrollmöglichkeiten sollen durch Einführung eines Minderheitenrechts eines Viertels der Mitglieder des jeweiligen Ausschusses auf Einsicht in einschlägige Unterlagen stärker abgesichert werden.

 

Einführung eines Berichtswesens an das Plenum des Nationalrates über die Kontrolltätigkeit des jeweiligen Unterausschusses:

 

Weil das Spannungsverhältnis zwischen notwendiger Öffentlichkeit, ohne die parlamentarische Kontrolle der Exekutive nicht möglich ist, und den Geheimhaltungserfordernissen nachrichtendienstliche Tätigkeit nicht vollständig zu Lasten der Öffentlichkeit aufgelöst werden kann, soll eine besondere Berichtspflicht der ständigen Unterausschüsse eingeführt werden.

 

Mindestens alle zwei Jahre haben die Unterausschüsse dem Plenum des Nationalrates über ihre Kontrolltätigkeit zu berichten. Darüber hinaus können die Ausschüsse aber auch Bedarfsberichte an das Plenum erstellen.

 

Die Ausschüsse haben in ihren Berichten auch eine Bewertung abzugeben. Dies gilt vor allem hinsichtlich der Unterrichtungspflicht der zuständigen Bundesminister, aber auch bezüglich ihrer anderen Berichtspflichten in den Materiengesetzen.

 

Die Ausschüsse sind befugt, auch darüber hinaus Bewertungen abzugeben. Das Regierungsmehrheit und Opposition zu unterschiedlichen Bewertungen kommen, wäre nicht ungewöhnlich, sondern den jeweiligen Rollen Parlamentarismus geschuldet. Deshalb soll es auch möglich sein auf Verlangen eines Viertels der Ausschussmitglieder an einem Minderheitsbericht zum Bericht an das Plenum zu erstellen.

 

Hinsichtlich des Protokollwesens der ständigen Unterausschüsse sollen Präzisierungen vorgenommen werden, die zum Zweck der besseren Dokumentation der Sitzungen dienen.

 

Die Pflicht zur Erstellung des öffentlichen Verfassungsschutzberichts soll getrennt von den besonderen Kontrollbefugnissen des ständigen Unterausschusses geregelt werden. In dem Bericht sind die Budgetmittel des Bundeshaushaltes an das Bundesamt sowie die jeweilige Gesamtzahl seiner Bediensteten anzugeben, so wie dies auch der deutsche Verfassungsschutz in seinen Jahresberichten tut.

 

Die besondere Unterrichtungspflicht soll in einem eigenen neuen „5. Hauptstück“ in den §§ 17a-17c umgesetzt werden.

 

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, den Antrag unter Verzicht der ersten Lesung dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zuzuweisen.

 



[1] Pabel in Kneihs/Lienbacher (Hrs), Rill Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht 14. Lfg (2014) Art 52a B-VG 2.