1260/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 20.01.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Faika El-Nagashi, Gudrun Kugler, Meri Disoski, Elisabeth Pfurtscheller, Petra Bayr, Susanne Fürst, Rosa Ecker, Henrike Brandstötter,

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend weibliche Genitalverstümmelung – Stärkung von Frauengesundheit und Frauenrechten

 

 

BEGRÜNDUNG 

 

Weibliche Genitalverstümmelungen (Female Genital Mutilation – FGM) bezeichnet eine spezifische Form von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, bei der teilweise oder vollständig die weiblichen Geschlechtsorgane ohne medizinische Indikation/ zu nicht medizinischen Zwecken absichtlich entfernt oder beschädigt werden.

 

Genitalverstümmelungen sind meist mit starken Schmerzen verbunden, führen zu schweren psychischen und körperlichen Schäden, und in einigen Fällen sogar zum Tod. Langzeitfolgen der Genitalverstümmelung sind unter anderem massive Schwierigkeiten beim Urinieren, Unfruchtbarkeit, Einschränkung des sexuellen Empfindens und Komplikationen bei der Geburt. Genitalverstümmelungen stellen einen schweren Verstoß gegen die körperliche Unversehrtheit und sexuelle und reproduktive Gesundheit von Frauen dar und sind Ausdruck einer geschlechtsspezifischen Gewalt, die mittlerweile als globales Problem anerkannt ist. 

 

Laut Schätzungen der WHO und UNICEF sind über 2 Millionen Mädchen und Frauen weltweit von dieser grausamen Menschenrechtsverletzung betroffen.[1] Obwohl in der Europäischen Union FGM als Straftat gilt, leben schätzungsweise hunderttausende betroffene Frauen in Europa. Zudem sind tausende Mädchen in Europa der Gefahr ausgesetzt, Opfer von FGM zu werden. Studien der EU haben ergeben, dass vor allem Frauen und Mädchen in Österreich, Belgien, Deutschland, Spanien, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, den Niederlande, Portugal und Schweden betroffen sind. In Österreich leben Schätzungen zufolge bis zu 8.000 Betroffene. Diese Zahl stammt jedoch aus 2006.[2]

 

So kommt das European Institute for Gender Equality (EIGE), das unter anderem auch Methoden zur Datenerfassung von geschlechtsspezifischer Gewalt in Europa verglichen und systematisiert hat, in seinen Studien zum Thema FGM zum Ergebnis, dass genaues und aussagekräftige Datenmaterial für Europa fehlt.[3] Eine systematische, qualitative und quantitative Datenerfassung und Erforschung ist conditio sine qua non, um ein besseres Verständnis dieses Phänomens zu fördern und sicherzustellen, dass Staaten entsprechend ihrer menschenrechtlichen Schutzpflichten gegen weibliche Genitalverstümmelung mittels angemessener, niederschwelliger, strukturierter Präventions-, Aufklärungs- und Bewusstseinsarbeit gezielt und wirksam vorgehen.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden 

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen: 

 

„Die Bundesregierung wird ersucht, hinkünftig eine regelmäßige, systematische Datenerfassung und Erforschung von weiblicher Genitalverstümmelung in Österreich und auf EU-Ebene unter Berücksichtigung der vom European Institute for Gender Equality (EIGE) erfassten Methodik, best practices und Empfehlungen, voranzutreiben.

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und die Bundesministerin für Frauen und Integration, wird ersucht:

-       den Austausch mit der Zivilgesellschaft und den betroffenen Berufsgruppen zur Bekämpfung und Prävention von FGM zu intensiveren;

-       im Sinne des Opferschutzes bei den Bundesländern anzuregen, den Bedarf an psychosozialer und medizinischer Unterstützung, insbesondere für Rückoperationen, zu erheben;

-       den Bedarf von spezieller Geburtshilfe für betroffene Frauen zu erheben;

-       Maßnahmen zur Verhinderung von weiblicher Genitalverstümmelung wie Präventions-, Aufklärungs-, und Bewusstseinsarbeit, vor allem für medizinisches Personal und Berufsgruppen, die verstärkt mit betroffenen Bevölkerungsgruppen zusammenarbeiten, zu intensivieren;

-       auf europäischer und internationaler Ebene Initiativen zur Verhinderung von weiblicher Genitalverstümmelung weiterhin zu unterstützen und mit europäischen und internationalen Partnern entsprechend voranzutreiben.“

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Menschenrechtsausschuss vorgeschlagen.

 



[1] UNICEF, “Female Genital Mutilation/Cutting: A Global Concern" UNICEF, New York, 2016. WHO, Fact Sheet FGM, https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/female-genital-mutilation .

[2] https://ec.europa.eu/info/policies/justice-and-fundamental-rights/gender-equality/gender-based-violence/eliminating-female-genital-mutilation_en.

[3] Die EIGE Studien sind abrufbar unter https://eige.europa.eu/gender-based-violence/female-genital-mutilation.