1454/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 25.03.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Julia Herr, Petra Bayr, MA MLS,

Genossinnen und Genossen

 

betreffend ein Lieferkettengesetz für eine soziale, menschenrechtskonforme und nachhaltige Produktionsweise

 

Die Herstellung von Lebensmitteln über Möbel, Autos, bis hin zu Smartphones und vielen anderen Waren erstreckt sich oft über den ganzen Planeten. Wo die einzelnen Komponenten, Ressourcen und Bauteile genau herkommen, von wem und unter welchen Umständen diese angebaut, abgebaut oder verarbeitet wurden, ist für Konsumenten und Konsumentinnen oft nicht ersichtlich. Wie die Gewinnung von Rohstoffen, die Produktion und der Transport von Waren oder das Anbieten von Dienstleistungen abläuft, liegt in der Hand von Unternehmen und gerade im globalen Maßstab handelt es sich hierbei meist um international agierende Konzerne.

 

Wenn wir mit offenen Augen auf die Erde blicken, ist offenkundig, dass vieles falsch läuft. Die Klimakrise, die durch den global steigenden CO2-Ausstoß angeheizt wird, ist dabei ein besonders dringliches Problem. Doch auch die lokalen und regionalen Auswirkungen unserer Produktionsweise sind verheerend: Der Raubbau an der Natur zerstört Ökosysteme und damit die Lebensgrundlage für die lokale Bevölkerung sowie Pflanzen und Tiere. Das Abholzen der Regenwälder, das Schürfen nach seltenen Erden, das Fracking von Öl und Gas, die Überfischung der Meere, das Abpumpen des Grundwassers und das Zerstören der Böden durch endlose Monokulturen sind nur einige Punkte, wie die Gewinnung unserer Ressourcen den Planeten belasten. In der weiteren Verarbeitung der Rohstoffe zu fertigen Waren können Giftstoffe ins Grundwasser, in Flüsse und schließlich ins Meer gelangen, die Luft verpesten und Wälder durch sauren Regen zerstören. Die dafür notwendigen Maschinen werden mit fossilen Brennstoffen betrieben, die die Konzentration an Treibhausgasen in der Atmosphäre immer weiter ansteigen lassen.

Die gesundheitlichen Schäden für die lokale Bevölkerung sind gravierend und der Anbau von Lebensmitteln für den eigenen Bedarf manchmal nicht mehr möglich. Dadurch wird die indigene und lokale Bevölkerung von jenem Land vertrieben, auf dem ihre Vorfahren seit Jahrhunderten leben. Manchmal erfolgt diese Vertreibung auch durch rohe Gewalt, Verfolgung und rücksichtslosen Landraub. Die Arbeitenden selbst leiden unter Ausbeutung und miserablen Lebensumständen, mangelnden Sicherheitsvorkehrungen und viel zu geringem Lohn. Der Zusammenschluss von Menschen, beispielsweise zu Gewerkschaften und Betriebsräten, um gemeinsam Widerstand gegen diese Umstände zu organisieren, ist in vielen Ländern noch immer verboten oder wird durch die Unternehmen unterbunden. Die Liste der Grausamkeiten, die jeden Augenblick gegen die Menschen und die Natur auf dieser Erde verübt werden, ist lang und kann hier nicht annähernd umfassend aufgeschlüsselt werden. Doch es muss allen klar sein, dass wir so nicht länger weiter machen können, wenn wir Menschenrechte ernst nehmen und künftigen Generationen einen lebenswerten Planeten überlassen wollen.

 

Der Anspruch dies zu verändern wurde schon an vielen Stellen betont und niedergeschrieben. Das Pariser Klimaschutzabkommen und die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen sind nur zwei Beispiele dafür. Bei letzterem sind an dieser Stelle insbesondere SDG 8 “Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum” und SDG 12 “Nachhaltige Produktions- und Konsummuster” hervorzuheben und auch die UN Guiding Principles adressieren im speziellen Unternehmensverantwortung und Menschenrechte.

 

Viele Konzerne und Unternehmen haben Absichtserklärungen unterschrieben und selbst Zertifikate für vermeintlich faire und nachhaltige Produktion entwickelt, die sich in ihrer Qualität extrem von ernst zu nehmenden und unabhängigen Gütesiegeln (wie im Bereich des Fairen Handels zum Beispiel FAIRTRADE) unterscheiden. In den letzten 10 Jahren sind beispielsweise 50 Millionen Hektar an Wald gerodet worden - und das obwohl 2010 über 400 Konzerne versprochen haben bis 2020 entwaldungsfreie Lieferketten sicherzustellen. Diese Zertifizierungssysteme haben oft nur minimale Standards und untergraben damit andere strenge Umwelt- und Sozialstandards. Sie scheitern oft an einer 100-prozentigen Rückverfolgbarkeit, Transparenz und an einem unabhängigen Kontrollsystem.

 

Auch auf gesetzlicher Ebene bleibt die notwendige Veränderung aus, wenn dabei nicht die ganze Lieferkette in den Blick genommen wird. So ist zwar das Pestizid Paraquat in der EU seit 2007 verboten, doch wird es auf Palmölplantagen in anderen Teilen der Welt weiterhin angewendet und Palmöl findet sich in 50 % der Lebensmittel in Supermärkten!

 

Massive menschen- und umweltrechtliche Herausforderungen birgt dabei auch die Umstellung auf nachhaltige Technologien im Zuge der zunehmenden Digitalisierung und E-Mobilität. Dabei ist insbesondere der Abbau von Kobalt, Lithium und seltenen Erden zu nennen.

 

Diese Beispiele zeigen, dass die bisher gesteckten Ziele und erklärten Absichten nicht ausreichen. Weder sind Staaten ihrer Verantwortung nachgekommen, entsprechende Gesetze zu erlassen, noch haben Unternehmen ihre Möglichkeit genutzt, die Produktionsweise fundamental zum Besseren zu verändern. Wenn tatsächlich Menschen, Klima und Umwelt geschützt werden sollen, braucht es daher einen Ansatz, der dort greift, wo die Probleme liegen: Nicht im Supermarktregal, wo die Produktion längst abgeschlossen ist, sondern vom Beginn der Ressourcengewinnung entlang der gesamten Lieferkette bis hin zum Vertrieb der fertigen Waren, deren Nutzung, Wiederverwendung, Recycling und letztendlich ihrer Entsorgung. Wir brauchen Gesetze, die wirken und dazu müssen die global agierenden Unternehmen in Österreich in die Pflicht genommen werden, sodass diese ihre gesamten Lieferketten menschenrechts- und umweltschutzkonform umgestalten.

 

Dafür eignet sich ein Lieferkettengesetz, ähnlich wie es in Deutschland gerade im Werden ist, vom Europäischen Parlament oftmals gefordert wird, in der Europäischen Union für den Holzhandel bereits umgesetzt ist und in Frankreich in Form eines Sorgfaltspflichtengesetzes, das Menschen das Recht gibt Unternehmen aufgrund mangelnder Sorgfalt zu verklagen, besteht. Seitens der EU-Kommission hat der Kommissar für Justiz und Rechtsstaatlichkeit Didier Reynders für 2021 einen Vorschlag für eine EU-Rechtsvorschrift zu verbindlichen unternehmerischen Sorgfaltspflichten angekündigt und in der Schweiz sprachen sich 50,7 % der Stimmberechtigten für die Anliegen der Konzernverantwortungsinitiative aus.

 

Wenn wir auf Österreich blicken, muss ein solches Lieferkettengesetz folgende Punkte beinhalten:

 

  1. Sorgfaltsprüfungspflicht: Unternehmen sind verpflichtet, entlang ihrer Lieferketten eine regelmäßige Prüfung vorzunehmen, wo sich Risiken in Hinsicht auf Menschen-, Arbeits- und Umweltrechte finden könnten.
  2. Sorgfaltspflicht: Unternehmen werden verpflichtet, Sorgfaltsmaßnahmen für Menschenrechte und Umwelt durchzuführen, indem sie Risiken beseitigen bzw. in relevanten Ausmaß minimieren.
  3. Geltungsbereich der Sorgfalts- und der Sorgfaltsprüfungspflicht: Beide müssen für alle Unternehmen gelten, die in Österreich Produkte in Verkehr bringen oder Dienstleistungen anbieten und einen noch zu definierenden jährlichen Mindestumsatz erreichen. Sämtliche international anerkannte Menschen- und Arbeitsrechte sowie Umwelt- und Klimastandards sind zu beachten. Als Grundlage können dabei unter anderem die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sowie die OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen und die sektorspezifischen Guidelines des OECD herangezogen werden, diese müssen entsprechend adaptiert und in robustes Recht gegossen werden.
  4. Reichweite der Sorgfalts- und der Sorgfaltsprüfungspflicht: Sie umfassen die gesamte Lieferkette (das eigene Unternehmen, Tochtergesellschaften, Subauftragnehmer und Zulieferbetriebe) und gelten sektorenübergreifend.
  5. Folgende rechtsverbindliche Schritte, die Unternehmen im Zuge ihrer Sorgfalts- und Sorgfaltsprüfungspflicht jährlich und vor jeder neuen internationalen wirtschaftlichen Tätigkeit müssen durchgeführt werden:
    1. Risikoanalyse: Ermittlung und Bewertung von Risiken (potenziell) nachteiliger Auswirkungen der Unternehmensaktivität auf Menschenrechte und Umwelt. Explizit genannt seien hier Umweltschäden, Gefährdung des Klimas, Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Ausbeutung von ArbeitsmigrantInnen und Missachten von Arbeits- und Menschenrechten. Das Ausmaß der Sorgfaltsprüfung wächst mit dem in der Risikoanalyse ermittelten Risiko und der Größe des Unternehmens.
    2. Folgemaßnahmen: Nachteilige Auswirkungen müssen durch das Unternehmen beendet oder verhindert werden.
    3. Wirksamkeitsüberprüfung: Überprüfung der gesetzten Maßnahmen auf Erfolg und bei Bedarf setzen weiterer Maßnahmen.
    4. Konsultation: Lokale BewohnerInnen und BäuerInnen sowie unabhängige InteressensträgerInnen, wie im Unternehmen vertretene Gewerkschaftsorganisationen, überbetriebliche Gewerkschaftsorganisationen, gewerkschaftsähnliche Organisationen (im Fall von Verboten und Unterdrückung oder staatsgesteuerter Strukturen), Betriebsratskörperschaften, unabhängige Menschenrechts- und Umweltschutzorganisationen, die durch die Tätigkeit des Unternehmens betroffen sind, müssen im Sorgfaltsprüfungspflichten-Prozess eingebunden werden, um ihre Perspektiven einbringen zu können. Diese Konsultationen müssen frei, vorab und auf Basis richtiger, nachvollziehbarer und vollständiger Information durchgeführt werden.
    5. Veröffentlichung: Die Ergebnisse der Punkte 5.a-5.d sind in ihrem vollen Umfang mindestens einmal pro Jahr zu veröffentlichen und an eine dafür zuständige Behörde zu übermitteln. Diese Behörde hat ein öffentlich einsehbares und leicht zugängliches Register anzulegen, wo Berichte gesammelt und abgerufen werden können.
    6. Frühwarnsystem: Unternehmen haben ein, ihrer Unternehmensgröße entsprechendes, Frühwarnsystem einzurichten, über das ArbeiterInnen, weitere betroffene Einzelpersonen aber auch Organisationen wie Kommunen, im Unternehmen vertretene Gewerkschaftsorganisationen, überbetriebliche Gewerkschaftsorganisationen, gewerkschaftsähnliche Organisationen (im Fall von Verboten und Unterdrückung oder staatsgesteuerten Strukturen), Betriebsratskörperschaften, Menschenrechts- und Umweltschutzorganisationen auf Wunsch anonym direkt Schäden an Umwelt, Klima und Menschen melden können. Eingegangene Meldungen müssen vom Unternehmen im Zuge von Risikoanalyse, Folgemaßnahmen und Wirksamkeitsüberprüfung beachtet und im jährlichen Bericht veröffentlicht werden.
    7. Definierte Vorgehensweise: Unternehmen müssen im Vorfeld definieren, wie mit Verstößen bzw. Beschwerden umgegangen wird.
  6. Klare Kriterien und Leitlinien für die unter Punkt 5 genannten Schritte der Sorgfaltsprüfung: Darüber hinaus sind Vorlagen und Ausfüllhilfen für den jährlichen Bericht anzulegen und bereitzustellen, um Prozesse zu vereinheitlichen und Betrieben unverhältnismäßige Arbeit zu ersparen. Weiters sind Informationsblätter für Einzelpersonen und InteressensträgerInnen, die Rechtsmittel einlegen wollen, zu veröffentlichen. Diese Informationsblätter sind in allen Sprachen zu verfassen, die in jenen Ländern als Amtssprache(n) gelten, die durch in Österreich aktive Unternehmen betroffen sind.
  7. Überprüfung: Eine dazu zu schaffende interministerielle Behörde mit zivilgesellschaftlichem Beirat kontrolliert Unternehmen regelmäßig auf Einhaltung ihrer Sorgfaltspflicht und Sorgfaltsprüfungspflicht. Dabei kann sie Unternehmen dazu auffordern, sich zu ihrer Sorgfaltsprüfung zu erklären und der Behörde müssen alle Befugnisse eingeräumt werden, um eine umfassende Kontrolle durchführen zu können. Die dafür zuständige Behörde ist im Gesetz festzulegen und mit - für ihre umfassenden Aufgaben ausreichenden - Mitteln auszustatten.
  8. Erbringen von Beweisen: Unternehmen müssen auf Verlangen beweisen, dass sie ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen sind.
  9. Strafrechtliche Folgen bei Verstoß gegen die Sorgfaltsprüfungspflicht: Es sind verhältnismäßige, wirksame und abschreckende Strafen und Sanktionen bei Verletzung der Sorgfaltsprüfungspflicht einzuführen, die unabhängig von Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht sind. Diese können von Geldbußen bis hin zum Ausschluss von öffentlichen Beschaffungsverfahren reichen.
  10. Reichweite der Haftung bei Schäden entlang der Lieferkette: Unternehmen müssen für Schäden haften. Dies gilt sowohl für Schäden, die durch eigene Unternehmensaktivitäten verursacht werden als auch für Schäden in der Sphäre von Tochterunternehmen sowie von Unternehmen, zu denen eine Geschäftsbeziehung besteht. In letzterem Fall vorausgesetzt, es besteht ein direkter Zusammenhang zu Produkten, Dienstleistungen oder Tätigkeiten des eigenen Unternehmens.
  11. Zivilrechtliche Klagen und wirksame Abhilfe für Betroffene: Betroffene von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in Zusammenhang mit Unternehmensaktivitäten müssen Zugang zu wirksamer Abhilfe erhalten. Strafen, die an die öffentliche Hand gehen, sind keine Abhilfe für Betroffene. Verjährungsfristen sind großzügig anzusetzen, um von Menschenrechtsverletzungen Betroffenen keine Erschwernisse in den Weg zu legen und gerade internationale und langjährige Probleme anzusprechen. Dazu ist folgendes sicherzustellen:
    1. Das Recht für alle von der wirtschaftlichen Aktivität eines Unternehmens Betroffenen, egal ob es sich dabei um (ehemals) Arbeitende, weitere Einzelpersonen oder Organisationen wie beispielsweise Kommunen, im Unternehmen vertretene Gewerkschaftsorganisationen, überbetriebliche Gewerkschaftsorganisationen, gewerkschaftsähnliche Organisationen (im Fall von Verboten und Unterdrückung oder staatsgesteuerten Strukturen), Betriebsratskörperschaften, Menschenrechts- und Umweltschutzorganisationen handelt, dieses Unternehmen, sofern es dem österreichischen Lieferkettengesetz unterliegt, vor österreichischen Gerichten zu klagen.
    2. Dafür ist ein garantierter Zugang zu österreichischen Gerichten zu ermöglichen. Betroffene müssen befähigt werden, ihre Rechte wahrnehmen zu können. Dazu muss der österreichische Staat Verfahrenshilfe in Form finanzieller Unterstützung für alle Betroffenen leisten, die Rechtsmittel einlegen wollen. Diese Unterstützung umfasst unter anderem Kosten für Anwälte, Beweismittelerbringung, notwendige An- und Abreise nach Österreich sowie Aufenthalte in Österreich, (Rechts)gutachten und DolmetscherInnen.
    3. Unternehmen müssen verpflichtet sein, im Zuge der Konsultation alle betroffenen InteressensträgerInnen darüber zu informieren, dass die Möglichkeit der zivilrechtlichen Klage besteht, welche Unterstützungen es dafür gibt und wo und wie diese erfolgen kann.
    4. Strafrechtliche Folgen bei Verstoß gegen die menschen- und umweltrechtliche Sorgfaltspflichten: Es sind verhältnismäßige, wirksame und abschreckende Strafen und Sanktionen bei Verletzung der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten einzuführen. Diese können von Geldbußen über die Beschlagnahmung von Rohstoffen und Produkten, den Ausschluss von öffentlichen Beschaffungsverfahren bis hin zu zivilrechtlichen sowie strafrechtlichen Folgen bei schweren Vergehen reichen. Zu Sanktionen muss auch geklärt werden, ob das Verbot des Inverkehrbringens von Waren und das Anbieten von Dienstleistungen durch Unternehmen, welche ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkommen, als Rechtsfolge etabliert werden kann.

 

Die Antragsteller und Antragstellerinnen sind sich bewusst, dass ein solches Lieferkettengesetz zwar einen organisatorischen und finanziellen Mehraufwand für Behörden und Unternehmen bedeutet, aber die Kosten für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung wesentlich höher liegen. Ein solches Lieferkettengesetz beendet auch Wettbewerbsnachteile für Unternehmen, die bereits heute ihrer menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflicht nachkommen.

 

Durch die zu Anfangs liegende menschenrechtliche und umweltbezogenen Sorgfaltsprüfung inkl. Risikoanalyse und das Bereitstellen von klaren Kriterien und Leitlinien, Vorlagen und Ausfüllhilfen soll die notwendige Arbeit minimiert und standardisiert werden und so zu keinem Übermaß an zusätzlichem Aufwand beitragen, sondern der Mehrzahl verantwortungsvoller Unternehmen auch zu Rechtssicherheit verhelfen.

 

Darüber hinaus sind die Antragsteller und Antragstellerinnen davon überzeugt, dass die aktuelle Lage in Sachen Klima- und Umweltschutz und dem Schutz der Arbeits- und Menschenrechte weitreichende Maßnahmen erforderlich macht, wie sie ein Lieferkettengesetz mit sich bringt. Tagtäglich werden Menschen von ihrem Land vertrieben und ihrer Lebensgrundlage beraubt, die Gesundheit von Arbeitenden gefährdet und Menschen beim Versuch sich gegen all das zu wehren, unterdrückt. Die Zerstörung unserer Umwelt schreitet voran, Tier- und Pflanzenarten verschwinden für immer von diesem Planeten und Treibhausgase werden global weiter nahezu ungehindert in die Atmosphäre ausgestoßen. Wenn die Europäische Union ihre Zielsetzung bis 2050 klimaneutral zu werden ernst nimmt, müssen auch die importierten CO2-Emissionen entschlossen reduziert werden.

 

Bei der Verletzung der Menschenrechte geht es um das Leben von Millionen Menschen, beim Umweltschutz um den unwiederbringlichen Verlust von natürlichen Lebensräumen, Ökosystemen und Arten und beim Klimaschutz steht die Zukunft der Menschheit und des Planeten, so wie wir ihn kennen, auf dem Spiel. Keiner dieser Bereiche lässt zu, noch länger zu warten. Sie alle erfordern ein rasches und entschiedenes Handeln.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert:

 

·         dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der folgende Punkte enthält:

1.    Verpflichtung von Unternehmen zu umweltbezogenen und Sorgfaltspflichten, für die klare Kriterien und Leitlinien zu entwickeln sind. Der Geltungsbereich erstreckt sich dabei auf alle Unternehmen, die in Österreich Produkte in Verkehr bringen oder Dienstleistungen anbieten und einen noch zu definierenden Mindestumsatz übersteigen. Sämtliche international anerkannten Umwelt- und Klimastandards sowie Menschen- und Arbeitsrechte sind zu achten.

2.    Verpflichtung von Unternehmen mindestens einmal jährlich und vor jeder neuen  internationalen wirtschaftlichen Tätigkeit ihrer Sorgfaltsprüfungpflicht nachzukommen, die die Punkte Risikoanalyse, Folgemaßnahmen zur Beendigung und Verhinderung von nachteiligen Auswirkungen, eine Wirksamkeitsüberprüfung getroffener Maßnahmen, die Konsultation aller betroffenen InteressensträgerInnen, die jährliche Veröffentlichung, das Einrichten eines unternehmensinternen Frühwarnsystems sowie ein vorab definiertes Vorgehen bei Verstößen und Beschwerden inkludiert.

3.    Die Schaffung einer zuständigen interministeriellen Behörde mit zivilgesellschaftlichem Beirat, die die Einhaltung der Sorgfaltspflicht und Sorgfaltsprüfungspflicht überprüft und gegebenenfalls Strafen oder Sanktionen verhängen kann. Diese Behörde ist mit - für ihre Aufgabe ausreichenden - Mitteln auszustatten.

4.    Verpflichtung von Unternehmen, Beweise vorzulegen, die das Erbringen ihrer Sorgfaltspflicht nachweisen.

5.    Die Haftungen des Unternehmens für Schäden entlang der Lieferkette, von der das Unternehmen auch bei durchgeführter Sorgfaltsprüfungspflicht nicht entbunden wird.

6.    Die Einführung von verhältnismäßigen, wirksamen und abschreckenden Strafen und Sanktionen sowohl bei Verstößen gegen die Sorgfaltsprüfungspflicht als auch die Sorgfaltspflicht, die neben Geldstrafen auch den Ausschluss aus öffentlichen Beschaffungsverfahren, das Verbot des Inverkehrbringens von Waren oder Anbieten von Dienstleistungen inkludieren.

7.    Wirksame Abhilfe für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden im Zuge von unternehmerischer Tätigkeit.

8.    Recht für alle Betroffenen vor österreichischen Gerichten Unternehmen zu klagen. Dazu ist der Zugang zu österreichischen Gerichten zu garantieren und alle Betroffenen durch finanzielle Unterstützung (Verfahrenshilfe) seitens des österreichischen Staates zu befähigen, dieses Recht auch wahrnehmen zu können;

 

·         sich auf EU-Ebene für EU-Rechtsvorschriften, wie von Kommissar Reynders angekündigt, einzusetzen und entsprechende Initiativen, beispielsweise des EU-Parlaments, aktiv zu unterstützen. Explizit gilt dies für die Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. Oktober 2020 mit Empfehlungen an die Kommission für einen EU-Rechtsrahmen zur Eindämmung und Umkehrung der von der EU verursachten weltweiten Entwaldung (2020/2006(INL));

 

·         Auf Ebene der Vereinten Nationen wird die Bundesregierung aufgefordert aktiv das UN-Treaty on transnational corporations and other business enterprises with respect to human rights gemeinsam mit allen betroffenen Ministerien und der Zivilgesellschaft zu unterstützen und sich substantiell an den Verhandlungen beim Menschenrechtsrat in Genf zu beteiligen.”

Zuweisungsvorschlag: Umweltausschuss