1638/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 20.05.2021
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim,

Genossinnen und Genossen

betreffend Beweissicherung bei häuslicher Gewalt

Das eigene Zuhause ist für Frauen in Österreich immer noch der gefährlichste Ort. Im Jahr 2021 wurden bis zum 12. Mai bereits 14 Frauen ermordet - alle 14 von (Ex- )Partnern[1]. Zwischen dem Jahr 2014 und dem Jahr 2018 hat sich die Zahl der Frauenmorde in Österreich verdoppelt.

Gewalt gegen Frauen und Kinder sowie häusliche Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das einer ganzheitlichen Betrachtung bedarf. Österreich war im europäischen Vergleich immer unter den Vorreitern, wenn es um die Verbesserung des Gewaltschutzes ging.

Im europaweiten Vergleich ist die Zahl der Frauenmorde in Österreich allerdings am höchsten. Diese Zahl gilt es mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu senken.

Von der Prävention über die Änderung gesellschaftlicher Strukturen, den Opferschutz bis zur Täterarbeit gilt es an vielen Schrauben zu drehen.

Ein Problem, mit dem Opfer häuslicher Gewalt häufig konfrontiert sind ist, dass es relativ selten zu Verurteilungen kommt. Außerdem werden viele Fälle nicht (gleich) angezeigt und die Dunkelziffer ist sehr hoch.

Ein Manko in Österreich sind dabei laut ExpertInnen fehlende sogenannte rechtsmedizinische „Gewaltambulanzen“. Bei häuslicher Gewalt, nach Vergewaltigungen, bei Kindesmissbrauch bzw. -misshandlung oder bei Gewalt gegen ältere bzw. pflegebedürftige Menschen können sie eine zentrale Rolle bei der Aufklärung und Verhinderung weiterer Gewalt spielen.

Sie übernehmen die professionelle Beweissicherung und Dokumentation von Verletzungen bei Gewalt. Wesentlich dabei ist ein niederschwelliger Zugang, sowie die Möglichkeit, die Beweisaufnahme rund um die Uhr an allen Wochentagen durchzuführen. Ebenso sollte eine mobile Möglichkeit geschaffen werden, also dass die Beweissicherung zu den Opfern kommt. Beispielsweise wenn diese nicht mobil oder im Krankenhaus sind.

Ein solches Angebot gibt es in Österreich derzeit leider nicht. Lediglich in Graz gibt es eine Einrichtung, allerdings mit eingeschränkter Erreichbarkeit. Von flächendeckenden Möglichkeiten kann leider keine Rede sein. Gewaltambulanzen können die Opfer vor weiteren, möglicherweise folgenschwereren Übergriffen schützen.

Kathrin Yen, die Leiterin der Gewaltambulanz Heidelberg[2], verdeutlicht im 01- Morgenjournal vom 15. Mai die Vorteile einer Gewaltambulanz: Sie sichert Beweise, so lange sie da sind, beantwortet damit Fragen und schafft Klarheit. Das geschieht verfahrensunabhängig und auch ohne vorherige Anzeige. Das Opfer kann sich also nach der Beweissicherung überlegen, ob und wann es Anzeige erstatten will. Es gibt objektiv gesicherte Beweise, was im Strafverfahren eine wesentliche Rolle spielt.

Das Leistungsspektrum am Beispiel Heidelbergs umfasst - für die Opfer kostenlos - dabei:

       Rechtsmedizinische Untersuchung

       Gerichtsverwertbare Dokumentation von Verletzungen

       Sicherung von Spuren an Körper und Bekleidung

       Begutachtung

       Weiterführende Untersuchungen, z.B. chemisch-toxikologische Analysen, forensisch-radiologische Untersuchungen

      Auf Wunsch Information zu geeigneten Beratungsstellen und Vermittlung entsprechender Angebote (z.B. weiterführende medizinische Betreuung, Kontakt zu Opferhilfseinrichtungen und Rechtsberatungsstellen)

       Telefonische Beratung zu klinisch-forensischen Fragestellungen speziell für Ärzte

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, damit in Österreich rechtsmedizinische Gewaltambulanzen geschaffen werden, die bei Gewalt objektiv und professionell Beweise sichern und Verletzungen dokumentieren, die vor Gericht verwendet werden können. Die Gewaltambulanzen sind speziell auf häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen, Vergewaltigungen, Kindesmissbrauch, Kindesmisshandlung oder Gewalt gegen ältere bzw. pflegebedürftige, sowie Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen zu fokussieren.

Ziel soll letztlich ein flächendeckendes, rund um die Uhr zugängliches una niederschwelliges Angebot an Gewaltambulanzen sein, das für die Opfer kostenlos ist. Neben der Beweissicherung im Strafverfahren sollen damit die Opfer vor weiteren Übergriffen geschützt werden. “

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.



[1] Vgl.: www.aoef.at

[2] Vgl.: https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/rechts-und- verkehrsmedizin/leistungsspektrum/medizin/gewaltambulanz