1719/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 16.06.2021
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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Bildung als zentrale Säule in der FTI-Strategie 2030

 

Mit der FTI-Strategie 2030 will die Bundesregierung einen Beitrag dazu leisten, den österreichischen FTI-Standort zukunftsorientiert sowie wettbewerbs- und innovationsfreundlich zu gestalten. Die Strategie verfolgt drei wesentliche Ziele: Österreich soll zum internationalen Spitzenfeld aufschließen, der Fokus soll auf Wirksamkeit und        Exzellenz liegen und Wissen, Talente und Fertigkeiten sollen gefördert werden. Im Zuge dieser Ziele wurde eine Reihe von Handlungsfeldern definiert. Bedenklich ist            allerdings, wie wenig Beachtung dem Bildungsbereich ohne Tertiärbildung hier geschenkt wurde. Erst im FTI-Pakt 2021-23, der der Umsetzung der FTI-Strategie 2030 dienen soll, wird man fündig: Um die Entwicklung kreativer und innovativer Ideen im gesamten Bildungssystem zu fördern, soll etwa die Science und Entrepreneurship Education gestärkt werden. Vertiefende Maßnahmen oder ernsthafte Reformen des Bildungssystems sucht man aber vergeblich. Dies ist umso bedenklicher, identifizier- te die Bundesregierung zur Erreichung des Ziels "Auf Wissen, Talente und Fertigkeiten setzen" als Handlungsfelder in ihrer Strategie doch selbst die "Berücksichtigung von Kreativität, kritischem Forschungsgeist und Umweltbewusstsein auf allen Ebenen", "Stärkung der Aus- und Weiterbildung - insbesondere im Bereich MINT" und        "Sicherstellen der Durchlässigkeit zwischen Bildungseinrichtungen sowie hin zu Un- ternehmen".

Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung widmete der Analyse der Zielsetzungen der FTI-Strategie 2030 in seinem "Bericht zur wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit Österreichs 2021" ein eigenes Kapitel. Besonders ernüchternd fiel die Beurteilung des Rates im Bereich Bildung (ohne Tertiärbereich)  aus. Unter jenen Teilbereichen des FTI-Systems, die eine Verbesserung der österreichischen Innovationsperformance insgesamt behinderten, sei "vor allem das Bil-dungssystem in seiner gesamten Breite" zu nennen. Im Vergleich zu den Innovation Leaders zeige sich in Österreich hier eine "geringe Entwicklungsdynamik, weshalb in den meisten Bereichen nicht nur der Anschluss an die führenden Länder bisher nicht gelungen" sei, sondern "ohne einschneidende Maßnahmen auch weiterhin uner-          reichbar" scheine. Nur bei insgesamt sechs Indikatoren liegt Österreich knapp über dem Durchschnitt, bei neun weist unser Bildungssystem eine unterdurchschnittliche Performance auf, bei weiteren acht Indikatoren liegen wir sogar deutlich schlechter  als der Durchschnitt der Gruppe der europäischen Innovation Leaders. Der Vergleich mit den globalen Best Performers fällt noch negativer aus, bei 29 von 40 Indikatoren liegt Österreich hier "im tiefroten Bereich und damit weit abgeschlagen."

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Quelle: Bericht zur wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit Österreichs 2021, Rat für Forschung und Technologieentwicklung, S. 40

Trotz vergleichweise hoher Bildungsausgaben können die Leistungen der österreichischen Schüler_innen also nicht mit jenen der europäischen und globalen Best Performers mithalten. Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung streicht hier insbesondere die unterdurchschnittlichen Leistungsergebnisse im Bereich "Lesen" heraus, handle es sich "hierbei doch um die grundlegendste Kulturtechnik, auf der Bildung insgesamt" aufbaue. Die Entwicklung der Lesekompetenzen weise zudem trotz Reformen über den Zeitraum 2006 bis 2016 keine wesentliche Verbesserung auf.

Die COVID-19-Krise verschärfe die Situation im Bildungsbereich nur noch weiter. Mittel- und langfristige Auswirkungen seien zwar noch nicht vollständig absehbar, einige Aussagen könnten allerdings schon jetzt getroffen werden: Drei Monate ohne Präsenzunterricht bedeuteten für leseschwache Kinder einen Leistungsrückschritt von etwa einem Monat. Die deutlichsten Defizite zeigten sich bei Schüler_innen der ersten und zweiten Klasse Volksschule. Ganz allgemein werde der Förderbedarf unter Kindern und Jugendlichen künftig noch steigen, um Versäumtes aufholen zu können. Zudem habe die Verlagerung des Lernens von der Schule ins Elternhaus im Zuge des Distance Learnings das bereits bestehende Problem der "Bildungsvererbung" noch weiter verschärft. Die Leistungsschere zwischen Kindern, die auf elterliche Unterstützung und entsprechende Ressourcen zugreifen können, und "jenen, die - aus welchen Gründen auch immer - sich selbst überlassen bleiben" werde sich noch weiter öffnen. Und auch hinsichtlich der Digitalisierung an Schulen findet der Rat deutliche Worte: "Die COVID-19-Pandemie legte auch schonungslos offen, wie ungenügend viele Schulen und LehrerInnen den Anforderungen des digitalen Zeitalters entsprochen haben. Obwohl die OECD bereits 2005 die Einbindung von IKT in den schulischen Alltag als Herausforderung identifiziert hatte, wurde in Österreich erst 2018 mit einem Masterplan für digitale Grundbildung reagiert."

Das Bildungssystem eines Landes ist zentral für seine Innovationsleistung und damit seine Zukunftsfähigkeit und Krisenresilienz sowie sein Wohlstandsniveau. Österreich muss diesem Bereich endlich größte Aufmerksamkeit widmen. Die Bundesregierung muss den Empfehlungen des Rates für Forschung und Technologieentwicklung daher Gehör schenken und den Bereich Bildung mit allen seinen Komponenten in der FTI-Strategie 2030 verankern.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und die Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚ Innovation und Technologie, wird aufgefordert, den Bereich Bildung als zentrale Säule in den Zielsetzungen und Maßnahmen der FTI-Strategie 2030 zu verankern und entsprechende Reformen im aktuellen und in den kommenden FTI-Pakten festzulegen."  


In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Forschung‚ Innovation und Digitalisierung vorgeschlagen.