1766/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 17.06.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

des Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger,

und weiterer Abgeordneter

betreffend „Cancel Culture“ in Österreich verhindern

 

 

Die in den letzten Monaten wieder intensiv geführte Diskussion unter anderem in Zusammenhang mit dem Denkmal für den ehemaligen Wiener Bürgermeister Karl Lueger offenbart, wie kontroversiell dieses Thema ist.

Das Denkmal war in der Vergangenheit bereits mehrfach massiven Beschädigungen unter anderem durch das Besprühen mit verschiedenen Schriftzügen ausgesetzt.

Die Forderung nach gänzlicher Entfernung des Denkmals wurde kürzlich seitens der Leiterin der sogenannten „#aufstehn-Kampagne“ klar zum Ausdruck gebracht, als diese im Rahmen einer Pressekonferenz festhielt:

"Das Ehrendenkmal eines bekennenden Antisemiten kann so sicher nicht stehen bleiben", Insofern müsse das Denkmal seinen "Ehrencharakter" verlieren und die Figur Luegers jedenfalls von ihrem mächtigen Sockel geholt werden.“ APA0240/05.Mai 2021

Des Weiteren wird nach der bereits im Jahr 2012 erfolgten Umbenennung des Dr.-Karl-Lueger-Rings vor der Universität Wien in Universitätsring nun die Umbenennung des Dr.-Karl-Lueger-Platzes, auf dem sich das Denkmal befindet, gefordert.

 

Aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten besteht mit diesen immer wieder erfolgenden Forderungen nach dem Auslöschen bzw. „Canceln“ von Kultur und Geschichte die große Gefahr, dass gerade durch derartige Maßnahmen die notwendige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und damit selbstverständlich auch mit den Schattenseiten geschichtlicher Ereignisse und Persönlichkeiten verunmöglicht wird.

 

Am 21. Mai 2021 fand nun im Wiener Rathaus ein Runder Tisch zur Frage des Lueger-Denkmals statt, über welchen in einer Aussendung (OTS0027 22. Mai 2021) wie folgt berichtet wurde, und wo man sich auch klar gegen „Cancel Culture“ aussprach:

„Wien (OTS) - Einen sachlichen Umgang mit Denkmälern historischer Persönlichkeiten forderten der 3. Landtagspräsident Manfred Juraczka und der Bezirksvorsteher der Inneren Stadt, Markus Figl, nach dem gestern im Rathaus abgehaltenen Runden Tisch zum Lueger-Denkmal, der auf Betreiben von Kulturstadträtin Kaup-Hasler stattgefunden hat. Karl Lueger war ein verdienstvoller Bürgermeister Wiens und hat die Stadt über weite Strecken modernisiert und das Fundament für die weitere Entwicklung im 20. Jahrhundert gelegt. Die antisemitische Rhetorik Luegers jedoch haben Juraczka und Figl im Rahmen des gestrigen Austausches klar abgelehnt und verurteilt.

„Karl Luegers Persönlichkeit verdient eine differenzierte Betrachtung. Bereits 2016 habe ich daher mit dem damaligen Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny eine Zusatztafel, deren Text von der Kulturkommission Innere Stadt gemeinsam mit Oliver Rathkolb verfasst wurde, am Denkmal enthüllt, um die notwendige Kontextualisierung sicherzustellen. Das ehrende Gedenken, wie es uns im Lueger-Denkmal begegnet, gilt daher naturgemäß dem verdienstvollen Bürgermeister und nicht jenem Politiker, der sich dem politischen Antisemitismus bediente. Es darf nicht sein, dass das Denkmal nun regelmäßig verunstaltet wird. Die Reinigungskosten verschlingen mittlerweile gigantische Beträge an Steuergeld“, so Bezirksvorsteher Markus Figl.

Erfreut zeigen sich beide Politiker über den Umstand, dass der gestrige Runde Tisch über weite Strecken sehr sachlich verlief. Honorige Persönlichkeiten wie etwa Altbundespräsident Heinz Fischer mahnten zu einem respektvollen Umgang und sprachen sich klar gegen eine „Cancel Culture“ aus. Eine Umbenennung des Lueger-Platzes wurde von keinem der Teilnehmer thematisiert.

Der ebenfalls anwesende renommierte Historiker und ehemalige Salzburger Landeshauptmann Franz Schausberger appellierte dazu „eine Kontextualisierung durch einen etwaigen Gegenpol, jedenfalls aber nicht durch eine Entehrung des Denkmals vorzunehmen. Eine Beseitigung des Denkmals würde in der gegenwärtig aufgeheizten Stimmung rechtsextremen Geistern erst recht die Möglichkeit zur Profilierung bieten und die Möglichkeit, eine historische Persönlichkeit für ihre Zwecke zu missbrauchen.“

Juraczka weiter: „Eine glaubwürdige Auseinandersetzung mit Denkmälern ambivalenter historischer Persönlichkeiten muss ohne parteipolitische Voreingenommenheit erfolgen, ansonsten entlarvt es sich als zutiefst ideologische Politik. In einer Stadt, in der nach wie vor eine Gedenktafel für Josef Stalin (mit Zusatztafel) hängt, oder der kommunistische Mörder Ernesto Che Guevara ein Denkmal (ohne Zusatztafel) im Donaupark hat, muss auch ein Platz für Karl Lueger sein. Gerade wenn man seine finstere Seite offen anspricht. Wir dürfen Geschichte nicht unsichtbar machen, sondern müssen unsere Lehren daraus ziehen“, so Juraczka abschließend.“

 

Nicht zuletzt im Sinne der Hintanhaltung von Tendenzen einer „Cancel Culture“ stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden

 

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport werden aufgefordert, sich auch auf Bundesebene klar gegen „Cancel Culture“ auszusprechen, um so einen differenzierten Diskurs über die Verdienste aber auch Schattenseiten historischer Persönlichkeiten und damit eine objektive Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit und Geschichte zu ermöglichen.“

 

 

In formeller Hinsicht ersuchen die unterfertigten Abgeordneten um Zuweisung dieses Antrages an den Kulturausschuss.