1768/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 17.06.2021
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Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Erwin Angerer, Mag. Gerald Hauser, Peter Schmiedlechner

und weiterer Abgeordneter

 

betreffend Bevölkerungsschutz in wolfsnahen Siedlungsgebieten durch Anpassung der FFH-Richtlinie

 

Der Wolf ist in Österreich mittlerweile wieder heimisch. Rund 40 Tiere leben laut WWF in unseren Bundesländern. Mit der zunehmenden Ansiedelung und Ausbreitung des Wolfes, ist auch die Gefahr für die heimische Almwirtschaft, die Almbauern und ihre Tiere gestiegen. Alleine im Vorjahr wurden insgesamt 262 Schafe gerissen.1 Auch heuer wird sich die Situation nicht anders gestalten, wenn keine gezielten Maßnahmen ergriffen werden sollten. Das betont auch der Rauriser Bürgermeister Peter Loitfellner (SPÖ), selbst Bergbauer und Jäger, der hofft, dass der Wolf in Salzburg, wo vor wenigen Tagen rund 40 Schafe gerissen wurden, bald zum Problemwolf erklärt wird: „Es gibt nur eine Lösung, den Abschuss, wenn wir die Kulturlandschaft, wie wir sie derzeit auffinden, erhalten wollen.“2

Der Biobauer Robert Zehetner ist selbst betroffen und schildert die Problematik so: „Wenn du am Abend schlafen gehst und am Morgen nicht weißt, ob du einen Wolf gehabt hast bei deinen Schafen. Es ist bei mir genauso, ein umgekehrtes Lotteriespiel. Hunderte Bauern haben jetzt ihre Schafe auf den Talweiden, bevor sie auf die Alm getrieben werden. Und niemand weiß, wo der Wolf in der nächsten Nacht zuschlägt.“2

Besonders kritisiert wird in der Diskussion um das Wolfsmanagement in Österreich der hohe Schutzstatus des Wolfes, der bis dato keine Entnahme von Problemwölfen zulässt. Laut Wildtierexperten Klaus Hackländer gehört der Wolf nicht zu den gefährdeten Tierarten, sondern hat eine steigende Population zu verzeichnen3, weshalb der besondere Schutz, der noch aus den 1970er Jahren stammt, als man nicht mit einer solch massiven Ausbreitung des Wolfes gerechnet hat, nicht mehr den aktuellen Realitätswelten auf den Almen entspricht.

 

1 https://www.wwf.at/de/wwf-derzeit-40-woelfe-in-oesterreich-aber-zwei-von-drei-rudeln-vermisst/

2 https://salzburg.orf.at/stories/3107164/

3 https://www.profil.at/wissenschaft/rueckkehr-wolf-oesterreich-10907646

Die europaweit gültige Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH), weist dem Wolf aber einen äußerst hohen Schutzstatus zu, der keine Entnahme von Wölfen ermöglicht. Dieser Schutzstatus (aktuell Anhang IV der FFH) muss daher so rasch wie möglich gesenkt werden (entsprechend den Ausführungen zu Anhang V der FFH), ansonsten wird die Beweidung der Almen und Bergweiden sowie der Erhalt unserer Kultur- und Tourismuslandschaft, wie wir sie bisher kennen, nicht mehr möglich sein.

Zudem haben einzelne Wölfe mittlerweile die Scheu vor menschlichen Siedlungsgebieten abgelegt und sorgen für zunehmende Ängste bei der lokalen Bevölkerung. So hat ÖVP-Bundesrat und Bgm. der Gemeinde Matrei - Andreas Köll - darauf hingewiesen, dass bereits 2020 ein Wolf in unmittelbare Nähe eines Siedlungsgebietes von Matrei vorgedrungen ist. Der Matreier Gemeinderat hat daraufhin in einer Resolution u.a. gefordert, eine österreichweite Wolfsverordnung" auszuarbeiten und ein längst überfälliges Wolfsmanagement einzuführen (vgl. Resolution der Bürgermeister der Marktgemeinde Matrei in Osttirol vom 18.05.2020). Zwar gibt es bereits seitens des WWF einen Wolfsmanagementplan aus dem Jahr 2012, dieser ist jedoch kaum mit der Realität vereinbar, da er auf ein „konfliktfreies Zusammenleben zwischen Mensch und Wolf“ abzielt. So hat der steirische ÖVP-Nationalratsabgeordnete und Bgm. der Gemeinde Mautern - Andreas Kühberger - eine Petition gestartet, um eine leichtere und unbürokratischere Entnahme von Problemwölfen zu ermöglichen, „wolfsfreie Zonen“ zu schaffen sowie im Tierschutzgesetz den Schutz von Haus- und Weidetieren vor Beutegreifern zu verankern.4

Vorschläge nach alternativen Lösungen, wie der Wiederbelebung des traditionellen Hirtenwesens, seien laut Salzburgs Agrarlandesrat Josef Schwaiger (ÖVP) „unfinanzierbar“. Allein Salzburgs Almen würden etwa 200.000 Fußballfeldern entsprechen: „Es sind auch sehr hochgelegene Gebiete. Wenn wir das realisieren, dann würden Bergbauern ihre Almen nicht mehr bewirtschaften, die auch für den allgemeinen Arten- und Naturschutz wichtig sind. Die alpine Kulturlandschaft wäre in Gefahr – und damit auch Täler durch mehr Muren und Lawinen.“2 Zudem seien die Herden für hohe Investitionen viel zu klein, sagte der „Wolfsbeauftragte“ der Salzburger Landesregierung Hubert Stock: „Solche Investitionen wären auch wirtschaftlich nicht tragbar. Behirtung und Herdenschutzhunde scheitern momentan noch an den gesetzlichen Vorgaben. Es ist nicht nur eine Kostenfrage, sondern auch eine juristische.“5

 

 

4 https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/5835214/Petition-eingereicht_Steirischer-OeVPAbgeordneter-will-den-Schutz

5 https://salzburg.orf.at/stories/3107195/

 

 

 

In Österreich gibt es rund 8.000 Almen mit rund 420.000 Schafen, Ziegen, Rindern und Pferden. Sie spielen als Erwerbsquelle, zum Erhalt der Artenvielfalt und der Kulturlandschaft, für den Sommer- und Wintertourismus sowie für den Schutz vor Naturgefahren eine wichtige Rolle.6 Schon 2019 betonte der Landwirtschaftskammer Österreich-Präsident Josef Moosbrugger: Unsere Alm- und Weidewirtschaft steht für ein hohes Maß an Tierwohl, Naturnähe und höchste Qualität der schlussendlich entstehenden Lebensmittel. Auch Tourismus, Freizeitwirtschaft, Volkskultur und Biodiversität profitieren von dieser über Jahrhunderte gewachsenen Landwirtschaftsform und der Offenhaltung der Landschaft. Wenn wir all das auf Dauer sicherstellen wollen, müssen wir auch Entnahmen als zulässige Maßnahme akzeptieren. Mittlerweile ist der Wolf in Europa mit über 20.000 Individuen keine bedrohte Art mehr.“7

Wenn wir unsere traditionelle Almwirtschaft in Österreich also erhalten möchten, brauchen wir ein ordentliches Wolfsmanagement und es müssen die notwendigen Voraussetzungen zur Entnahme von Problemwölfen geschaffen werden.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, notwendige Maßnahmen zu treffen, um ein aktives Wolfsmanagement in Österreich sowie die Entnahme von Problemwölfen (durch Änderung des Schutzstatus gem. FFH-Richtlinien) zu ermöglichen, um ein Bestehen der heimischen Almwirtschaft und Kulturlandschaft zu gewährleisten und die Sicherheit der Bevölkerung in wolfsnahen Siedlungsgebieten zu garantieren.“

 

 

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zuzuweisen.

 

 

 

6 https://stmk.lko.at/wolf-schutzstatus-herabsetzen+2500+2929818

7 https://www.lko.at/moosbrugger-zum-wolf-herdenschutz-für-almvieh-ist-unpraktikabel+2500+2956910