1796/A XXVII. GP

Eingebracht am 07.07.2021
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Antrag

 

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die ZPO geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem die Zivilprozessordnung geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

§ 289a ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. BGBl. I Nr. 40/2009, wird wie folgt geändert:

 

§289a (1) Steht der Gegenstand des Zivilprozesses in sachlichem Zusammenhang mit einem Strafverfahren, so ist bei der Vernehmung einer Person, die in diesem Strafverfahren Opfer im Sinn des § 65 Z 1 lit. a StPO ist oder in einem Verfahren über eine einstweilige Verfügung nach §§ 382 b,c,d,e und g EO gefährdete Partei ist, auf deren Antrag die Teilnahme der Parteien des Verfahrens und ihrer Vertreter an der Vernehmung derart zu beschränken, dass diese die Vernehmung unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung mitverfolgen und ihr Fragerecht ausüben können, ohne bei der Befragung anwesend zu sein.

 

Begründung

Abgesonderte Vernehmung im Zivilprozess

Opfer von Gewalt oder deren gesetzliche Vertretung können beim zuständigen Bezirksgericht eine einstweilige Verfügung zum Schutz vor Angriffen durch eine_n Täter_in stellen. Die in §§ 382ff EO aufgelisteten Sicherungsmittel bieten den Betroffenen einstweiligen Rechtsschutz: Das reicht von vorläufiger Gewährung von Unterhalt über Mietzins bis zur Erlassung dessen was umgangssprachlich unter einer Einstweiligen Verfügung verstanden wird. Beiden Parteien muss rechtliches Gehör gewährt werden, was in der Praxis bedeutet, dass Gefährder und Gefährdete gleichzeitig vor das Gericht geladen werden.

Im Verfahrensregime der StPO gibt es wirksame Schutzinstrumente, wie zB die kontradiktorische Vernehmung, bei der die Beschuldigte/der Beschuldigte und die Zeugin/der Zeuge - etwa bei Durchführung der Vernehmung des Opfers mit Videoübertragung - nicht direkt zusammentreffen müssen. Bei einem vorangegangenem tätlichen Angriff ist dies notwendig und sinnvoll, da ein erneutes physisches Zusammentreffen das Opfer schwer belasten kann oder gar Einfluss auf den Inhalt der Aussage haben kann.

Durch das 2. GeSchG ist auch im Zivilverfahren die abgesonderte kontradiktorische Vernehmung möglich, wenn eine Aussage in Anwesenheit der anderen Parteien bzw Angeklagten aufgrund des Beweisthemas und der persönlichen Betroffenheit nicht zumutbar ist. Der dafür neu eingeführte § 289a ZPO folgt dem Vorbild der StPO und kommt für jene Zivilprozesse zur Anwendung, die in einem sachlichen Zusammenhang mit einem Strafverfahren stehen.

Somit besteht insbesondere für das Tatopfer die Möglichkeit, eine kontradiktorische Vernehmung zu beantragen. Andere Personen können eine solche Vernehmung verlangen, wenn für sie die Anwesenheit der Parteien und ihrer Vertreter bei der Vernehmung unzumutbar ist. Das Fragerecht der Parteien und ihrer Vertreter wird indirekt über den Richter und per Video ausgeübt, sodass es uneingeschränkt bleibt, zugleich aber die Interessen des Opfers geschützt werden.

§ 289a ZPO umfasst dagegen nicht den Fall, dass die Parteien einander in einem Verfahren über eine einstweilige Verfügung nach §§ 382 b,c,d,e und g EO gegenüberstehen. Anlass für den Antrag auf eine Einstweilige Verfügung können dieselben, uU sogar weitaus belastendere Sachverhalte als in einem Strafverfahren sein. Es ist durchaus üblich, dass neben einer Anzeige bei der Polizei auch ein Antrag auf Einstweilige Verfügung beim BG gestellt wird. Ob die Staatsanwaltschaft tatsächlich Anklage erhebt - und damit der §289a ZPO in seiner geltenden Fassung greift - oder die Staatsanwaltschaft beispielsweise wegen einer dünnen Beweislage das Ermittlungsverfahren einstellt, sollte nicht darauf Einfluss haben, ob bei gleich gestalteten Sachverhalten eine gefährdete Partei dem Gefährder gegenübersitzen muss. Daher liegt es nahe, das Verhältnis gefährdete Partei - Gefährder in einem Zivilverfahren iZm mit Einstweiligen Verfügungen wie das Verhältnis Opfer-Täter nach der StPO zu behandeln und auch hier eine gesonderte Vernehmung zu ermöglichen, um ein persönliches Zusammentreffen zu verhindern. Aufgrund der Verweisungsnorm des § 78 EO würde eine Änderung der ZPO würde die Änderung auch in Verfahren über einstweilige Verfügungen anwendbar.

 

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen‚ diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Justizausschuss zuzuweisen.