1810/A XXVII. GP

Eingebracht am 07.07.2021
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Antrag

 

 

der Abgeordneten Muchitsch,

Genossinnen und Genossen

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz, BGBl. I Nr. 44/2016 zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBI. I Nr. xx/2021, wird wie folgt geändert:

1. § 3 Abs. 5 lautet wie folgt:

„(5) Für einen entsandten Arbeitnehmer, der in Österreich im Zusammenhang mit der Lieferung einer im Ausland durch den Arbeitgeber oder einen mit diesem in einem Konzern im Sinne des § 15 AktG und des § 115 GmbHG verbundenen Arbeitgeber gefertigten Anlage an einen inländischen Betrieb mit Montagearbeiten, der Inbetriebnahme und damit verbundenen Schulungen oder mit Reparatur- und Servicearbeiten dieser Anlagen, die von inländischen Arbeitnehmern nicht erbracht werden können, beschäftigt wird, gilt Abs. 3 nicht, wenn diese Arbeiten in Österreich insgesamt nicht länger als einen Monat dauert.“

2. § 27 Abs.1 bis 3 lauten wie folgt:

„§ 27. (1) Wer als Arbeitgeber, Überlasser oder Beschäftiger die erforderlichen Unterlagen entgegen § 12 Abs. 1 Z 3 nicht übermittelt, begeht unabhängig von der Anzahl der von der Verwaltungsübertretung betroffenen Arbeitnehmer eine einzige Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 40.000 Euro zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer entgegen den §§ 14 Abs. 2 oder 15 Abs. 2 die Unterlagen nicht übermittelt. Werden die Unterlagen nicht bis zum Ablauf der in der Aufforderung angeführten Zeitraums abgesendet, so erhöht sich der Strafrahmen für jeden späteren Tag der Absendung um jeweils 2.000 Euro.

(2) Wer entgegen § 12 Abs. 1 den Zutritt zu den Betriebsstätten, Betriebsräumen und auswärtigen Arbeitsstätten oder Arbeitsstellen sowie den Aufenthaltsräumen der Arbeitnehmer und das damit verbundene Befahren von Wegen oder die Erteilung von Auskünften verweigert oder die Kontrolle sonst erschwert oder behindert, begeht unabhängig von der Anzahl der von der Verwaltungsübertretung betroffenen Arbeitnehmer eine einzige Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 40.000 Euro zu bestrafen. Für jeden weiteren Tag an dem der Zutritt oder das Befahren verweigert wird, erhöht sich der Strafrahmen um 10.000 Euro.

(3) Wer als Arbeitgeber, Überlasser oder Beschäftiger die Einsichtnahme in die Unterlagen nach den §§ 21 oder 22 verweigert, begeht unabhängig von der Anzahl der von der Verwaltungsübertretung betroffenen Arbeitnehmer eine einzige Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 40.000 Euro zu bestrafen. Für jeden weiteren Tag an dem die Einsichtnahme verweigert wird, erhöht sich der Strafrahmen um 10.000 Euro.“

3. § 28 lautet wie folgt:

㤠28. Wer als

            1. Arbeitgeber entgegen § 22 Abs. 1, Abs. 1a oder 1b die Lohnunterlagen nicht bereithält, oder

            2. Überlasser im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich entgegen § 22 Abs. 2 die Lohnunterlagen dem Beschäftiger nicht nachweislich bereitstellt, oder

            3. Beschäftiger im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung entgegen § 22 Abs. 2 die Lohnunterlagen nicht bereithält oder

            4. Arbeitgeber oder Überlasser entgegen § 12 Abs. 1 Z 4 die Lohnunterlagen nicht übermittelt,

begeht unabhängig von der Anzahl der von der Verwaltungsübertretung betroffenen Arbeitnehmer eine einzige Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 20.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40.000 Euro, zu bestrafen. Werden die Unterlagen entgegen § 12 Abs. 1 Z 4 nicht übermittelt, so erhöht sich der Strafrahmen für jeden späteren Tag der Übermittlung um jeweils 2.000 Euro.“

4. § 29 Abs. 1 lautet wie folgt:

„§ 29. (1) Wer als Arbeitgeber einen oder mehrere Arbeitnehmer beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm oder ihnen zumindest das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag gebührende Entgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien, ausgenommen die in § 49 Abs. 3 ASVG angeführten Entgeltbestandteile, zu leisten, begeht unabhängig von der Anzahl der von der Verwaltungsübertretung betroffenen Arbeitnehmer eine einzige Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 50.000 Euro zu bestrafen. Ist im Erstfall bei Arbeitgebern mit bis zu neun Arbeitnehmern die Summe des vorenthaltenen Entgelts geringer als 20.000 Euro beträgt die Geldstrafe bis zu 20.000 Euro. Ist die Summe des vorenthaltenen Entgelts höher als 30.000 Euro, beträgt die Geldstrafe bis zu 100.000 Euro. Ist die Summe des vorenthaltenen Entgelts höher als 70.000 Euro beträgt die Geldstrafe bis zu 250.000 Euro. Ist die Summe des vorenthaltenen Entgelts höher als 100.000 Euro und wurde das Entgelt in Lohnzahlungszeiträumen der Unterentlohnung vorsätzlich um durchschnittlich mehr als 30 vH des Entgelts vorenthalten, beträgt die Geldstrafe bis zu 400.000 Euro. Wirkt der Arbeitgeber bei der Aufklärung zur Wahrheitsfindung unverzüglich und vollständig mit, ist anstelle des Strafrahmens bis 100.000 Euro oder bis 250.000 Euro der jeweils niedrigere Strafrahmen anzuwenden. Bei Unterentlohnungen, die durchgehend mehrere Lohnzahlungszeiträume umfassen, liegt eine einzige Verwaltungsübertretung vor. Entgeltzahlungen, die das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag gebührende Entgelt übersteigen, sind auf allfällige Unterentlohnungen im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum anzurechnen. Hinsichtlich von Sonderzahlungen für Arbeitnehmer im Sinne des § 14 Abs. 1 Z 1 und 2 liegt eine Verwaltungsübertretung nach dem ersten Satz nur dann vor, wenn der Arbeitgeber die Sonderzahlungen nicht oder nicht vollständig bis spätestens 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres leistet. Ebenso ist zu bestrafen, wer als Auftraggeber im Sinne des § 14 Abs. 1 Z 3 einen Heimarbeiter beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm zumindest das nach Gesetz oder Verordnung gebührende Entgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien, ausgenommen die in § 49 Abs. 3 ASVG angeführten Entgeltbestandteile, zu leisten. Dies gilt nur, sofern der Arbeitgeber das gesamte vorenthaltene Entgelt bis zur Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde nachweislich leistet. Innerhalb der jeweiligen Strafrahmen darf die von der Bezirksverwaltungsbehörde zu verhängende Geldstrafe die Höhe der festgestellten Unterentlohnung nicht unterschreiten.“

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales

 

Begründung

 

Zu Z 1 (§ 3 Abs. 5):

Die EntsendeRL sieht eine Ausnahme vom Anspruch auf das Mindestgelt iSd § 3 Abs. 3 für maximal einen Monat vor. Der Zeitraum übersteigt mit drei Monaten den maximal zulässigen Zeitraum von einem Monat um das Dreifache. Durch die Einfügung des Wortes „jeweils“ wird dieser Zeitraum zudem vervielfacht und überschreitet damit das europarechtlich zulässige Ausmaß beträchtlich. Die Änderung streicht daher das Wort „jeweils“ und ersetzt den Zeitraum von drei Monaten durch den Zeitraum von einem Monat.

Zu Z 2 und 3 (§ 27 Abs. 1 bis 3 und § 28):

Gerade Maßnahmen, welche die Lohnkontrolle erschweren, behindern oder sogar verunmöglichen, weisen eine hohe kriminelle Energie auf und sind besonders geeignet, die Bekämpfung von Lohndumping zu verhindern. So etwa erfolgten in den ersten fünf Jahren der Bekämpfung von Lohndumping etwa 150 rechtskräftige Entscheidungen alleine wegen Vereitelung der Kontrolle der Finanzpolizei, in den darauffolgenden fünf Jahren hat sich diese Anzahl vervielfacht und liegt mittlerweile bei insgesamt mehr als 1.750. Der Strafrahmen für das beharrliche Verunmöglichen der Beweiserhebung zu bezahlten Löhnen und Sozialabgaben muss daher spürbar angehoben werden und soll mit jedem Tag der Verzögerung der Kontrolle steigen.

Zu Z 4 (§ 29 Abs. 1):

Der jeweils höhere Strafrahmen soll schon bei einer Unterentlohnung von 30.000 Euro bzw. 70.000 Euro zur Anwendung kommen. Würde er erst bei einer Unterentlohnung von 50.000 Euro bzw. 100.000 Euro zur Anwendung kommen, dann bliebe bei einer Unterentlohnung von einem Betrag über 30.000 Euro bzw. 70.000 Euro kein ausreichender Spielraum für eine Bestrafung. Beispiel: Unterentlohnung ist 49.000 Euro. Bei einem höheren Strafrahmen erst ab Unterentlohnung von mehr als 50.000 Euro bliebe ein zu geringer Spielraum (1.000 Euro) für eine „echte“ Strafe.

Die vorgesehene Strafmilderung für den Fall, dass, der/die ArbeitgeberIn bei der Aufklärung zur Wahrheitsfindung unverzüglich und vollständig mitwirkt, ist für die Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping und das Hintanhalten illegaler Konkurrenzierung nicht ausreichend. Wäre etwa die Summe der vorenthaltenen Entgelte 80.000 Euro und der Strafrahmen damit bei 0 bis 100.000 Euro, verringert sich der Strafrahmen bei entsprechender Mitwirkung des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin auf 0 bis 50.000 Euro. Selbst bei einem gänzlichen Ausschöpfen des Strafrahmens wäre die Sanktion also dann zwangsläufig geringer als die Summe der vorenthaltenen Entgelte. Damit dies nicht eintreten kann, muss als weitere Voraussetzung für den milderen Strafrahmen jedenfalls der Nachweis der mittlerweile erfolgten Nachzahlung der noch offenen Lohn- und Abgabenforderungen vorliegen.

Eine Unterentlohnung von mehr als 40% kommt in der Praxis zwar vor, jedoch fast ausschließlich bei grenzüberschreitenden Entsendungen. Im Inland lebende ArbeitnehmerInnen müssen mit inländischen Lebenserhaltungskosten kalkulieren und könnten bei einer derart hohen Unterentlohnung ihren Lebensunterhalt gar nicht bestreiten. Grenzüberschreitende Entsendungen erfolgen aber durchschnittlich ein bis zwei Monate. Entsendungen von mehr als einem halben Jahr sind selten. Ähnlich verhält es sich bei der Anzahl der entsendeten ArbeitnehmerInnen. Im Durchschnitt handelt es sich um die Entsendung von zirka vier ArbeitnehmerInnen. Grenzüberschreitende Entsendungen von mehr als zehn ArbeitnehmerInnen sind selten. Die Kombination der vorgesehenen Voraussetzungen für das Erreichen der Höchststrafe würde daher bei der Voraussetzung einer Unterentlohnung von mehr als 40% praktisch kaum je schlagend werden. Die Voraussetzung der Unterentlohnung für den höheren Strafrahmen soll daher mit 30% festgesetzt werden.

Weiters darf die zu verhängende Geldstrafe hinter dem Vorteil, den der/die ArbeitgeberIn aus der Unterentlohnung zog, keinesfalls zurückbleiben und die Summe der festgestellten Unterentlohnung daher nicht unterschreiten.