1895/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 22.09.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Petra Vorderwinkler, Eva Maria Holzleitner, Philip Kucher

Genossinnen und Genossen

 

 

betreffend Kinder und Jugendliche aus der Krise helfen

Durch die Coronavirus-Pandemie ist die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit psychischen Problemen stark angestiegen. Dies bestätigen mittlerweile unzähliche Studien, so etwa auch eine Befragung zum Thema „Corona und Psyche“ im Rahmen der COPSY-Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE)[1]. Demnach zeigt fast jedes dritte Kind Hinweise auf eine psychische Belastung. Vor der Pandemie waren es nur 20 Prozent. Fast 85 Prozent der Kinder finden die Coronakrise belastend. Und anders als von den WissenschaftlerInnen ursprünglich angenommen, haben sich die Kinder auch nicht an die Unsicherheit angepasst.

Es sind vor allem die Zunahme an Angststörungen, Depressionen und psychosomatischen Beschwerden aber auch Schlafprobleme, mit denen immer mehr Jugendliche zu kämpfen haben. Im schlimmsten Fall landen Kinder und Jugendliche dann auf der Psychiatrie – und da herrscht seit Ausbruch der Pandemie sogar Triage. Anfang des Jahres sorgten Aussagen des Abteilungsleiters Paul Plenar der Abteilung für Kinder und Jugendpsychiatrie des Wiener AKH gegen über dem Ö1-Morgenjournal für Aufsehen. Man müsse bereits weniger schwere Fälle, die normalerweise stationär aufgenommen würden, abweisen. „Es kommen mehr, die Zustandsbilder sind deutlich akuter und schwerer ausgeprägt", Plener spricht sogar von einer "gewissen Triagierung" (Ö1 Morgenjournal, 27. Jänner 2021).

Seither reagierte die Bundesregierung nur mit müden Ankündigungen, die Maßnahmen greifen zu kurz oder kommen zu spät: Gesundheitsminister Mückstein hat im Sommer angekündigt, dass er zusätzliche Mittel iHv. 13 Milllionen Euro für Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen bereit stellen möchte – wofür die Mittel eingesetzt werden ist noch unklar. Sie sollen bis Ende 2022 fließen. Aber bis diese Mitteln fließen, könnte es vielleicht schon zu spät sein. Hinzukommt, dass befürchtet wird, dass die Mittel nicht ausreichen werden. Bereits vor der Corona-Krise fehlten laut SOS Kinderdorf rund 70.000 kassenfinanzierte Therapieplätze für Kinder und Jugendliche.

Auch das Bildungsministerium kündigte eine Aufstockung der SchulpsychologInnen an. Auch hier ist fraglich, ob die Aufstockung der Mittel reichen wird. Derzeit sind laut parlamentarischer Anfragenbeantwortung durch Bundesminister Faßmann (6534/AB) lediglich 180 (VZÄ) SchulpsychologInnen an Österreichs Schulen tätig – für insgesamt mehr als 1,1 Mio. SchülerInnen! Damit kommt 1 SchulpsychologIn auf mehr als 6.000 SchülerInnen. Die angekündigte Aufstockung um 27 Stellen (VZÄ) ändert an dem miserablen Betreuungsverhältnis kaum etwas.

Der Schulstart wird nun zusätzlich zur Belastungsprobe. Die Situation von Jugendlichen droht sich aktuell noch zusätzlich zu verschlechtern, so ExpertInnen. Sie wird durch die Umstellungsphase zum Schulbeginn unabhängig von der Corona-Pandemie noch weiter verschärft. Fachpsychologe Johannes Achammer erklärt die Schlafprobleme gegenüber der Zeitschrift News vom 10.09.2021 damit, dass die Ferien die Freiheiten genossen werden konnten, es nun aber aber wieder notwendig wird früh aufzustehen und pünktlich in der Schule zu sein. Dadurch, dass das Chaos an den Schulen wieder groß ist, steigt auch die Verunsicherung. Johannes Achammer meinte dazu: "Es wäre hilfreich gewesen, hätte die Politik hier unterschiedliche Szenarien entworfen und kommuniziert. Damit hätten die Kinder und Jugendlichen zumindest eine Perspektive.“ Gerade für den Schulstart ist Stabilität wichtig.

Nach wie vor gibt es aber in den Kinder-und Jugendpsychiatrien praktisch keine freien Plätze mehr. Die jungen Menschen haben Ängste, Stress und Sorgen. Und diese Spirale wird sich weiterdrehen, wenn Jugendliche und Kinder nicht bald bessere und mehr Unterstützung von der Bundesregierung bekommen.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert umgehend einen Krisenplan zur Verbesserung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen auszuarbeiten und ein umfangreiches Maßnahmenpaket für Kinder und Jugendliche zu schnüren:

 

·    Ausbau der Therapie- und Betreuungsplätze in der Kinder- und Jugendpsychiatrie;

·    Kostenfreie Therapieplätze für Kinder und Jugendliche; 

·    Massiver Aufstockung des stationären Bereiches der Kinder- und Jugendpsychiatrie, sowie budgetäre Bedeckung durch den Bund im Rahmen des Finanzausgleichs;

·    Weitere Aufstockung der SchulpsychologInnen, BeratungslehrerInnen und SchulsozialarbeiterInnen, mit dem Ergebnis, dass an jeder Schule mindestens einE SchulpsychologIn mit ausreichend Beratungszeit für jeden Schüler bzw. jede Schülerin zur Verfügung steht;

·    Finanzielle Unterstützung von außerschulischer Jugendarbeit auch über Budget des Bundes;

·    Einrichtung eines inklusiven Jugendgipfels (unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen) zur Ausarbeitung von langfristigen Strategien.“

 

 

Zuweisungsvorschlag: Unterrichtsausschuss



[1] https://www.uke.de/kliniken-institute/kliniken/kinder-und-jugendpsychiatrie-psychotherapie-und-psychosomatik/forschung/arbeitsgruppen/child-public-health/forschung/copsy-studie.html