2540/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 18.05.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Peter Wurm

und weiterer Abgeordneter

betreffend Evaluierung des Erwachsenenschutzgesetzes

 

Auf der Homepage des Bundesministeriums für Justiz ist folgendes zu lesen[1]:

Mit 1. Juli 2018 trat das neue Erwachsenenschutzgesetz in Kraft: aus „Sachwalter*innen“ wurden „Erwachsenenvertreter*innen“. Damit ging eine umfassende Neuerung einher, welche einen Paradigmenwechsel zum Wohle der Betroffenen darstellt:

Die Sachwalterschaft sollte dem Schutz der Betroffenen dienen. Oftmals wurde sie jedoch weniger als Rechtsschutz für die betroffenen Personen, sondern eher als Service für den Rechtsverkehr gesehen. Man könnte auch sagen, im Mittelpunkt stand die „Verlässlichkeit des Geschäftsverkehrs“ und nicht die Interessenlage des Betroffenen.

(…)

Das neue Erwachsenenschutzgesetz stellt den betroffenen Menschen in den Mittelpunkt, um Autonomie, Selbstbestimmung und Entscheidungsfreiheit möglichst lange und umfassend zu erhalten. (…)“

 

Die wesentlichen Punkte waren und sind, dass selbstbestimmt der Kontakt mit einzelnen Familienmitgliedern und mit der gesamten Familie nicht nur erhalten, sondern sogar gefördert werden soll und dass es eine größtmögliche Entscheidungsfreiheit gibt.

 

Es werden jedoch immer wieder Fälle bekannt, dass der von beiden Seiten - insbesondere vor allem vom Vertretenen - erwünschte Kontakt vom Erwachsenenvertreter unterlaufen wird und die zuständigen Behörden und Gerichte das mit ihren Entscheidungen bestätigen.

 

Dabei wird der vom Vertretenen erwünschte Kontakt mit einzelnen Familienmitgliedern unterbunden; es geht sogar bis zur Verurteilung von Kontaktsuchenden wegen Stalkings. Wobei das Urteil nicht wegen der von beiden Seiten erwünschten Kontaktversuche von Kontaktsuchenden und Vertretenen gefällt wurde, sondern weil der Erwachsenenvertreter diesen Kontakt aus persönlichen Gründen zu verhindern suchte und behördlich wie auch gerichtlich dagegen vorging.

 

Mit solchen Entscheidungen wird der Sinn, der hinter diesem Gesetz steht, in sein Gegenteil verkehrt.

 

Ein solcher Fall wurde am 29. September 2021 in der Tageszeitung Krone unter der Rubrik „Krone“-Ombudsfrau veröffentlicht.[2]

 

Erschwerend kommt dazu, dass Angehörige im Pflegschaftsverfahren keine Parteistellung haben, kein Recht auf Parteiengehör und Akteneinsicht. Das heißt, dass die Pflegschaftsgerichte die Perspektive weiterer Personen (neben Vertretenen und Erwachsenenvertretern) nicht einbeziehen müssen. Dies kann Missbrauch durch den Erwachsenenvertreter Tür und Tor öffnen.

 

Viele Fälle kommen überhaupt nicht ans Tageslicht, denn Betroffene haben oft aus verschiedenen Gründen nicht die Möglichkeit, sich gegen die Unterbindung von Zusammentreffen zu Wehr zu setzen und nehmen diese Gegebenheit schweren Herzens hin.

 

Aus den dargelegten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, eine Evaluierung des Erwachsenenschutzgesetzes, insbesondere mit den Schwerpunkten

·         ob das Gesetz im Sinne des Gesetzgebers von den Behörden und Gerichten angewandt wurde und wird,

·         ob es einen Verbesserungsbedarf betreffend Kontakterhalt naher Angehöriger und anderen Familienmitgliedern, die eine enge Bindung zu dem Vertreten haben, gibt,

·         ob es Verbesserungsbedarf bei der Beratung von Kontaktsuchenden beiderseits gibt,

·         ob es einer verbesserten Unterstützung von Beratungsstellen durch das Bundesministerium für Justiz bedarf

·         ob es Verbesserungsbedarf in der Ausgestaltung der Verfahren vor den Pflegschaftsgerichten gibt und

·         ob es gesetzestechnische, verwaltungstechnische oder organisatorische Lücken gibt, die zu schließen wären,

vorzunehmen und hat diese mittels eines Berichts dem Nationalrat bis Ende November 2022 zuzuleiten.“

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Justizausschuss ersucht.



[1] https://www.justiz.gv.at/home/service/erwachsenenschutz/das-neue-erwachsenenschutzrecht-im-ueberblick.40.de.html

[2]https://www.krone.at/2518421