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GESUndheitsAusschuss

 


Auszugsweise Darstellung
verfasst von der Abteilung 1.4/2.4
– Stenographische Protokolle

 

15. Sitzung

Donnerstag, 10. Juni 2021

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

TOP 1

Volksbegehren Tierschutzvolksbegehren (771 d.B.)

15.03 Uhr – 18.45 Uhr

Großer Redoutensaal

Beginn der Sitzung: 15.03 Uhr

Obmann Mag. Gerhard Kaniak eröffnet die 15. Sitzung des Gesundheitsausschusses zunächst nicht öffentlich, begrüßt Herrn Bundesminister Dr. Mückstein sowie dessen Mitarbeiter recht herzlich, und meint, es werde heute sicherlich eine sehr interessante Diskussion im Rahmen des ExpertenInnenhearings geben.

1. Punkt

Volksbegehren Tierschutzvolksbegehren (771. d.B.)

Obmann Mag. Gerhard Kaniak geht in die Tagesordnung ein und kommt sogleich zu Tagesordnungspunkt 1.

Der Obmann erläutert, dass noch einige formale Beschlüsse zu fassen seien. Gemäß § 37 Abs. 4 der Geschäftsordnung sei der Ausschuss verpflichtet, den Bevollmächtigten des Volksbegehrens beizuziehen. Weiters seien die Beratungen, da heute eine umfangreiche Erörterung des Volksbegehrens unter Beiziehung von ExpertInnen gemäß § 37a Abs. 1 Z 4 der Geschäftsordnung stattfinde, öffentlich. Das bedeutet, dass Ton- und Bildaufnahmen zulässig seien. Die Sitzung werde auch per Livestream in der Mediathek übertragen. 

Vereinbarungsgemäß werde über das öffentliche Hearing eine auszugsweise Darstellung verfasst.

Abstimmung darüber, die auszugsweise Darstellung zu veröffentlichen. – Einstimmige Annahme.

Es sei, wie bereits erläutert, vereinbart, so der Obmann, ein öffentliches Hearing zum Volksbegehren abzuhalten, für das folgende ExpertInnen nominiert seien:

DDr. Martin Balluch

Hochschulprofessor Priv.-Dozent Dipl.-Ing. Dr. Leopold Kirner

Mag. Birgit Kopschar

Mag. Dr. Katja H. Wolf

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Werner Zollitsch

*****

Einstimmige Annahme.

Nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung zwecks Einlasses des Bevollmächtigten des Volksbegehrens, Herrn Dr. Sebastian Bohrn Mena, und der ExpertInnen in den Saal, leitet Obmann Kaniak zum öffentlichen Teil der Sitzung und zum öffentlichen Hearing über und begrüßt diese recht herzlich.

Anschließend erläutert er den Ablauf des Hearings zu den Themen „Für eine tiergerechte und zukunftsfähige Landwirtschaft“, „Öffentliche Mittel sollen das Tierwohl fördern“, „Mehr Transparenz für Konsumentinnen und Konsumenten“, „Ein besseres Leben für Hunde und Katzen“, „Eine starke Stimme für die Tiere“. Es folgen technische Mitteilungen betreffend die Redeordnung.

Nach der Berichterstattung durch Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi geht Obmann Kaniak in die Debatte ein und bittet zunächst Herrn Dr. Sebastian Bohrn Mena um seine einleitende Stellungnahme.

Stellungnahme des Bevollmächtigten des Volksbegehrens

Dr. Sebastian Bohrn Mena: Werter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Tiere sind unsere Mitgeschöpfe. Es ist verboten, ihnen Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder sie in schwere Angst zu versetzen. – Was immer wir jetzt und in den kommenden Monaten über Tierwohl und den Schutz von Tieren besprechen: Behalten wir diese Worte in Erinnerung! Sie stammen aus dem Bundestierschutzgesetz, das nunmehr seit 17 Jahren gilt, und wir haben dieses Bekenntnis zum Tierschutz auch im Verfassungsrang verankert.

Unser Ziel mit dem Tierschutzvolksbegehren war nicht mehr und nicht weniger als das, was jetzt schon am Papier steht, auch in die gelebte Praxis zu bringen. Wir wissen alle, dass das in vielerlei Hinsicht momentan noch nicht der Fall ist.

Diese Worte sind so wichtig, dass ich sie an dieser Stelle noch einmal wiederholen möchte, damit sie uns mantraartig durch die Debatte begleiten: Tiere sind unsere Mitgeschöpfe. Es ist verboten, ihnen Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder sie in schwere Angst zu versetzen.

Im Gesetz gibt es noch ein Wort, das hier nicht von mir erwähnt wurde, nämlich „ungerechtfertigt“. Das Bundestierschutzgesetz sagt: „Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen“. Und wir sind der Meinung, es gibt keine Rechtfertigung für die Misshandlung von Tieren. Wir sind der Meinung, Tiere sind fühlende Wesen, und ich glaube, das hat auch der Gesetzgeber gemeint, als er meinte, es sind Mitgeschöpfe. Niemand hat das Recht, fühlende Wesen auszubeuten, zu misshandeln oder zu quälen. Das passiert, es passiert vielfach noch legal; das zu ändern, ist unser Anspruch mit diesem Volksbegehren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Tierschutzvolksbegehren hat mehr Unterschriften gesammelt als jedes andere Volksbegehren in den letzten Jahren – und das ohne die Unterstützung der NGOs, ohne die Strukturen der Parteien, ohne das Geld von Konzernen, am Höhepunkt einer Pandemie. Das ist Ausdruck dessen, wie viel Leidenschaft, wie viel Druck, aber auch wie viel Begeisterung seitens der Bevölkerung da ist, jetzt endlich zu einem systematischen Wandel zu kommen.

Ich möchte das ein bisschen in Relation setzen: Bei den Nationalratswahlen 2019 wären das 8 Prozent der gültigen Stimmen oder 15 Mandate gewesen. Warum sage ich das? – Das ist kein Nischenbegehren mehr. Da geht es jetzt nicht darum, dass es die üblichen Verdächtigen gemacht haben. Das sind Ihre Wählerinnen und Wähler, die da unterschrieben haben. Es sind Ihre Nachbarn, die da unterschrieben haben, und zwar jeglicher Partei. Bitte berücksichtigen Sie das, wenn Sie das Tierschutzvolksbegehren behandeln!

Das Tierschutzvolksbegehren strebt einen grundsätzlichen Wandel an und eben keine Symptombekämpfung. Ja, wir werden über den Vollspaltenboden reden müssen, wir werden über das Kückentöten reden müssen, wir werden über die Kälbertransporte reden müssen, aber das ist letztlich alles eine Symptomdebatte. Wenn wir wirklich wollen, dass sich etwas ändert, dann müssen wir die Grundlagen verändern und dann müssen wir von dem Klein-Klein und von der Symptombekämpfung wegkommen.

Ich spreche heute nicht als Vertreter der NGOs zu Ihnen – die NGOs haben ihre eigene Vertretung, die haben ihre eigenen Gremien, die haben auch ihre eigene Agenda –, ich bin heute der Vertreter von 416 000 Bürgerinnen und Bürgern und 416 000 Konsumentinnen und Konsumenten, die weder den Veganismus propagieren, noch für einen radikalen Zugang zu Tierschutz stehen. Wir haben von Anfang an gesagt, wir sind pro Bäuerinnen und pro Bauern und wir haben von Anfang an gesagt, wir sind pro Heimat. Weil wir aber unsere Heimat lieben, wollen wir auch sicherstellen, dass die Tiere in unserem Land nicht gequält werden, dass die Natur nicht Schaden nimmt und dass unsere kleinbäuerliche Landwirtschaft erhalten bleibt.

Ich kenne übrigens keinen einzigen Landwirten und habe in den letzten drei Jahren keinen kennengelernt, der dem nicht zustimmen würde, dass sich hier etwas ändern muss, und zwar letztlich aus eigenem Überlebensantrieb, denn wenn wir jetzt nicht grundsätzlich etwas ändern, dann gibt es die kleinbäuerliche Landwirtschaft in Österreich irgendwann nicht mehr.

Sie werden von uns aber mit Sicherheit auch nicht den – ich muss es in der Härte sagen – Unsinn hören, dass der Griff ins Regal entscheiden würde, was und wie produziert wird. Das stimmt einfach nicht, es stimmt doppelt nicht! Es stimmt erstens nicht, weil nicht die Konzerne entlang unseres Einkaufsverhaltens entscheiden, was sie ins Regal legen – nein, sie entscheiden das entlang ihres Profitbedürfnisses. Oftmals erfahren wir ja nicht einmal, was wir aus dem Regal herausnehmen, also kann mir keiner sagen, dass irgendein Konsument tatsächlich die Käfighaltung unterstützen möchte. Niemand will die Käfighaltung! Niemand möchte, dass Tiere misshandelt werden, aber wenn wir es nicht erfahren, dann können wir uns auch nicht dafür oder dagegen entscheiden. – Erstes Argument.

Zweitens: Das ist zutiefst undemokratisch. Ich will von keinem Parlamentarier jemals wieder hören: Der Konsument entscheidet. – Nein, die Bürgerinnen und Bürger entscheiden! Denn es sollte im Jahr 2021 nicht entlang der Tiefe und Breite der Geldbörse entschieden werden können, ob ich mich jetzt an der Massentierhaltung, an der Ausbeutung von Tieren beteiligen muss oder nicht. Das ist undemokratisch, das lehnen wir ab.

Ich möchte unterstreichen – weil ich glaube, das ist in den letzten Jahren in den Debatten immer untergegangen –: Eine Schlüsselgruppe für einen systemischen Wandel sind die Konsumentinnen und Konsumenten. Das sind aber die Einzigen, die bislang nicht am Verhandlungstisch vertreten sind. Wir haben die Tierschutzorganisationen, wir haben die Landwirtevertretungen – das ist auch alles gut, ich bin auch nicht gegen diese Gremien, das ist alles wunderbar –, aber es reicht nicht. Immer und immer wieder hören wir: Wenn der Konsument nicht bereit ist, dann wird es nicht zu einer Weiterentwicklung kommen. Wenn er nicht versteht, dass es notwendig ist, über den eigenen Teller einen Beitrag zu leisten, dann wird es nicht funktionieren. – Ja eh, aber dann muss man halt den Konsumenten und die Konsumentin auch an den Tisch holen.

Das ist genau das, was wir mit dem Tierschutzvolksbegehren und als Oekoreich jetzt machen: Wir wollen diese Lücke schließen. Ich sage Ihnen ganz offen: Ohne uns wird es in Zukunft nicht mehr gehen, ohne uns Konsumentinnen und Konsumenten. Wenn Sie als Parlamentarier, als unsere Repräsentanten diesen klaren Auftrag, den Sie bekommen haben, nicht ernst nehmen, dann werden wir andere Saiten aufziehen, dann werden wir wiederkommen, aber nicht mehr als Bittsteller. Und ja, für manche Leute hier im Saal soll das auch eine Kampfansage sein.

Wie Sie wissen – Sie müssten die Dokumente inzwischen erhalten haben –, haben wir im Vorfeld einen außerparlamentarischen Konsultationsprozess gestartet, das heißt, wir haben – ein bisschen auch, um Sie zu unterstützen – 18 Experten und Expertinnen eingebunden und sie befragt – manche von ihnen sind heute auch anwesend –: Was sehen Sie als Schnittstellen der Veränderung? Wo gibt es jetzt schon einen Konsens darüber, dass sich etwas in der Landwirtschaft ändern muss? – Und das Spannende ist – Sie haben den Rohbericht vorliegen, er ist aber noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt –: Ja, es gibt keinen einzigen Experten, der sagt, es könnte alles so bleiben, wie es ist. Alle sagen, es muss sich etwas ändern, aber es sagen auch alle gleichermaßen: Ohne Einbezug der Landwirtschaft, ohne Berücksichtigung der Perspektiven der Bäuerinnen und Bauern haben wir keine nachhaltige Lösung, dann werden wir ein Förderungsprogramm für die ausländische Massentierhaltung haben! Und das kann nicht im Interesse von irgendjemandem sein, dem Tierschutz wirklich ein Anliegen ist.

Wir haben drei zentrale Forderungen schon im Vorfeld des Volksbegehrens definiert; das sind auch die, mit denen wir heute hier stehen. Das ist lustigerweise auch genau das, was die Expertinnen und Experten uns empfehlen, wo man ansetzen soll, nämlich erstens: die verpflichtende Herkunftskennzeichnung. Es braucht von den verarbeiteten Produkten im Supermarktregal bis hin zum viel zitierten Landgasthaus die verpflichtende Kennzeichnung der Herkunft der Lebensmittel und, wir sagen, auch der Haltung der Tiere.

Zweitens: Es braucht eine Umschichtung der Fördermittel. Das ist ein sehr stark europäisches Thema, aber wir sind ja alle die Europäische Union. Das heißt, wir müssen dafür sorgen, dass die Betriebe, die die klima- und tierfreundliche Landwirtschaft unterstützen und vorantreiben, mehr Geld bekommen. Es gibt nicht wenige ExpertInnen, die sagen, diejenigen, die den gesetzlichen Mindeststandard erfüllen, sollen eigentlich gar keine Förderungen bekommen, wir sollen nur noch das fördern, was wirklich in die Zukunft weist.

Drittens – eigentlich grundlogisch, das versteht auch keiner, der sich damit beschäftigt –: Kein einziger Cent an Steuergeld soll noch dafür ausgegeben werden, dass Produkte für öffentliche Küchen – in Krankenhäusern, Kindergärten, beim Bundesheer und so weiter – eingekauft werden, die nicht nach österreichischen Standards produziert wurden. Wir können doch nicht auf der einen Seite 2 Milliarden Euro jedes Jahr in die Förderung der heimischen Landwirtschaft, in die Absicherung der heimischen Landwirtschaft stecken und dann gleichzeitig das Hendl aus Polen für den Kindergarten einkaufen. Das ist doch pervers, aber das passiert nach wie vor.

Wenn wir all diese Punkte, die wir jetzt genannt haben, diese drei Bausteine umsetzen, dann geben uns alle Expertinnen und Experten recht, dann könnten wir jeglichen Fortschritt im Sinne des Tierschutzes auch entsprechend umsetzen.

Zum Schluss: Ich habe eine große Bitte, eigentlich ist es mehr als eine Bitte, es ist eine Aufforderung. Ich finde es extrem schade, aber leider notwendig, dass ich sie äußern muss: Im Namen der 416 000 Menschen, die das Volksbegehren unterschrieben haben, aber auch im Namen der vielen, vielen mehr, die das Thema interessiert: Hören Sie bitte auf, Parteipolitik am Rücken der Tiere, der Landwirte und der österreichischen Natur zu machen! Niemanden interessiert, wie viele Anträge Sie in der Vergangenheit hier eingebracht haben! Niemanden interessiert, wer wie viele Jahre den Tierschutzminister gestellt hat – einer ist ja heute auch hier! Niemanden interessiert, seit wie vielen Jahren eine Partei die österreichische Landwirtschaft dominiert! Das ist irrelevant für die Menschen da draußen. Das beschäftigt vielleicht Sie hier, Sie interessiert das, aber die Menschen da draußen interessiert es nicht, die wollen Lösungen. Die haben es satt, dass die Kälber gequält werden und die Kücken getötet werden. Die wollen jetzt nicht mehr darüber debattieren, ob ein Antrag in der Vergangenheit abgelehnt wurde oder nicht. Konzentrieren wir uns bitte auf die Zukunft! Das ist auch Ihr Auftrag, den Sie jetzt haben: Überwinden wir persönliche Befindlichkeiten! Verstehen wir, dass es hier um das Wohlbefinden der Tiere geht!

In diesem Sinne: Sie haben bei der ersten Lesung alle – und das war, glaube ich, historisch, denn das habe ich bei keinem Volksbegehren bis jetzt erlebt – gesagt, Sie bekennen sich zu den Zielen des Tierschutzvolksbegehrens. Und ja, es wird Unterschiede dahin gehend geben, wie wir den Grundcharakter unserer Forderungen erfüllen können, aber ich bitte Sie: Überwinden Sie im Sinne der Tiere, der Landwirte, der Natur, vor allem aber auch der nachkommenden Generationen die persönlichen, die parteipolitischen Befindlichkeiten! Arbeiten Sie zusammen! Nehmen Sie sich die Zeit dafür! Das werden wir nicht heute oder morgen lösen, wir werden da die nächsten Monate daran arbeiten müssen. Arbeiten wir gemeinsam daran, dass wir tatsächlich zu einem grundsätzlichen Systemwandel kommen: weg von der leidigen Symptombekämpfung, die wir alle schon mehr als satthaben! – Vielen herzlichen Dank.

Obmann Mag. Gerhard Kaniak dankt für die mit sehr viel Herzblut vorgetragene Stellungnahme und meint, nicht nur dieses Engagement, sondern auch die 416 000 Unterschriften für das Volksbegehren seien ein klares Zeichen dafür, dass auch die Politik zum Handeln aufgefordert sei. Deshalb sei er auch sehr froh darüber, dieses Thema heute in dieser breiten Runde diskutieren zu können. Der Obmann führt aus, dass mit dem Hearing der Wille aufseiten der Parlamentsfraktionen, dieses Thema voranzubringen, augenscheinlich ist, und dass er sich in der Folge auch auf die Stellungnahmen der einzelnen Experten freue.

Eingangsstatements der ExpertInnen

DDr. Martin Balluch: Ich freue mich sehr, dass wir hier im Hohen Haus über das Thema Tierschutz sprechen – das passiert in meinen Augen viel zu selten. Ich denke, dass auch die Bevölkerung draußen – und ich möchte auch die Zuschauer und Zuschauerinnen grüßen – das ebenso sieht, wenn ich mir die Umfragen anschaue.

Das System Tierhaltung in der Landwirtschaft krankt. Es wird immer billiger, es wird immer mieser für die Tiere und es wird immer größer. Unsere Landwirtschaftsministerin hat festgestellt – seltsam! –, man legt ein 80-Cent-Würstel auf einen 800-Euro-Grill. Ich glaube, Sie hat das im „Profil“ sogar als „pervers“ bezeichnet. Aber eigentlich ist das die logische Konsequenz. Was ist dieses 80-Cent-Würstel anderes als Dreck? O-Ton des „Falter“-Chefredakteurs Florian Klenk: Produkte aus Tierfabriken sind in seinen Augen „Dreck“.

Das Tierschutzvolksbegehren hat über 400 000 Unterschriften gesammelt. Wofür? – Für ein Anliegen, nämlich das Ende der Massentierhaltung. Wenn man die Menschen fragt, warum sie unterschrieben haben, dann war das unisono die Antwort: Dieses tierindustrielle System muss abgebaut werden. Das ist eine Sackgasse, aus der wir uns hinausmanövrieren müssen.

Ich möchte kurz ein paar Aspekte dieser Tierindustrie streifen.

Ich beginne mit Tiertransporten: Österreich ist Weltmeister im Export von Rindern und Österreich ist auch Weltmeister im Uminterpretieren der entsprechenden EU-Verordnungen, sodass man das auch auf illegale Weise zustande bringen kann. Ich habe selbst mehrmals die Fahrten der kleinen Stierkälber – manche noch mit einer Nabelschnur –, die ständig schreien und unbedingt Milch brauchen, sie aber nicht bekommen, weil das in diesen Transportfahrzeugen nicht möglich ist, ich habe also mehrmals diese Transporte nach Spanien über Tage verfolgt, und ich bin davon überzeugt – und das ist leicht nachweisbar –, dass sie eindeutig illegal sind, wenn man diese Verordnungen ernst nähme. 80 000 solche Kälber werden ständig exportiert; wir haben eine totale Überproduktion an Milch. Da ist offensichtlich ein Missstand, und es ist trotz der großen Gegnerschaft zu den Tiertransporten in der Bevölkerung keine Bewegung zu sehen.

Geflügel: Schauen wir uns die Masthühner an – und wenn jemand sagt, es gibt keine Massentierhaltung in Österreich, dann soll er sich trauen, einen Blick in diese 50 000 Hühnerstallungen zu werfen! Das Hauptproblem dort ist, dass man eine Qualzucht erlaubt: von Hühner, die wahnsinnig schnell wachsen, sodass sie in wenigen Wochen das Gewicht eines erwachsenen Huhns erreichen, was normalerweise 140 Tage dauern würde, und die kaum mehr gehen können, deren Knochen brechen und die ständig im eigenen Kot sitzen müssen, weil natürlich diese großen Hallen mit den vielen Tieren die gesamte Mastperiode hindurch nie gesäubert werden können. Man sieht das dann an den verschiedenen Verletzungen dieser Tiere, an den Verätzungen an der Haut.

Puten – auch das ein Thema; sie machen bereits ein Viertel des Geflügelfleisches in Österreich aus –: vernachlässigt auf jeder Ebene. Die männlichen Puten werden sogar ein halbes Jahr in diesen Stallungen gehalten, wachsen zu 22, 23 Kilo schweren Tieren heran – unvergleichbar mit ihrer natürlichen Version, dem wilden Truthahn. Diese Tiere sind ebenfalls überzüchtet: Sie können ebenfalls nicht mehr gehen, sie müssen ebenfalls ständig sitzen, und sie sitzen auf Kot, der über sechs Monate akkumuliert, also gut 30 Zentimeter tief ist. Das muten wir ihnen zu. Diesen Tieren wird der Schnabel kupiert, mit einem Laser wird die Schnabelspitze abgebrannt: eine Verstümmelung dieser Tiere, damit man sie an die miesen Haltungsbedingungen anpasst. Das nimmt man hin – in meinen Augen eindeutig tierschutzgesetzwidrig, aber wo kein Kläger, da kein Richter, und deswegen wird das nie tatsächlich vor Gericht gebracht.

Den Schwerpunkt meiner Stellungnahme möchte ich aber auf die Schweine legen. Die Schweine sind die großen Verlierer des Bundestierschutzgesetzes 2005 gewesen: Während bei manchen Tierarten in der Bundesregelung der Schwerpunkt doch immerhin auf die bessere Landesregelung gelegt wurde, war das bei den Schweinen nicht der Fall, da wurde das absolute Minimum gewählt. Die Schweine werden bis heute am EU-Minimum gehalten.

Bei den Mutterschweinen haben wir vor mittlerweile zehn Jahren gegen den großen Widerstand der Schweineindustrie sehr mühsam einen Fortschritt erzielt, der allerdings erst 2033 in Kraft treten wird – eine Rekordübergangsfrist von 21 Jahren. Man sieht schon, wie die politischen Verhältnisse sind und wo die Macht und der Einfluss liegen. Diese Schweineindustrie ist für zwei Drittel der Fleischproduktion in Österreich verantwortlich und hat offensichtlich entsprechenden Einfluss, sodass dort die Tierhaltung am Minimum erfolgt.

Diese Verbesserung für die Mutterschweine bedeutet ein „Ende“ – unter Anführungszeichen – des Kastenstandes, leider mit Ausnahmen: Es soll um die kritischen Tage herum ein Kastenstand erlaubt bleiben und auch in den ersten zehn Tagen der künstliche Befruchtung. Dazu muss man sagen, dass diese Kastenstände mit einem Handgriff zu öffnen und zu schließen sind, und wir wissen, es gibt eine Kontrollverordnung zum Tierschutzgesetz, die vorsieht, dass man jeden Betrieb im Mittel alle 50 Jahre einmal kontrolliert – und diese Kontrolle wird natürlich vorher angemeldet. Mit anderen Worten: Wenn überhaupt, dann kommt jemand vorbei, meldet sich vorher an. Diese Kastenstände könnten mit einem Handgriff wieder verschlossen werden, und man hat Schweine, die ihr Leben in so einem Kastenstand verbringen, wie das vor 2012 ganz normal und üblich war. Genau das ist diese industrielle Haltung, von der wir langsam wegkommen wollen, und wir müssen ernsthafte Schritte setzen, das auch zu tun.

Das größte Drama in der Tierhaltung sind aber in meinen Augen die Mastschweine. Dort ist noch immer das EU-Minimum als Standard vorgesehen, da gibt es überhaupt keine Verbesserung. Es ist nicht nur die betäubungslose Kastration, die man diesen Tieren zumutet, obwohl es schon längst Alternativen gibt, obwohl in Deutschland mittlerweile sogar ein Verbot beschlossen wurde und das alles wirklich keine großen Kosten verursacht, sondern sie müssen auch auf einem Vollspaltenboden leben.

„Leben auf einem Vollspaltenboden“ sagt sich so leicht, wenn man hier sitzt, weil hier weit und breit keiner ist und weil man das normalerweise im Leben nie sieht und auch nicht persönlich erleben kann. Diese Tiere leben auf einem Spaltenboden aus Beton, steinhart, ohne jede Einstreu, können nie weich liegen und müssen dann auch noch mit ihren Füßen auf diesen scharfkantigen Spalten liegen. Die Folge sind Schwielen, die fast alle diese Tiere zeigen, die Folge sind für 92 Prozent der Tiere, wie eine Studie aus Süddeutschland aus vier verschiedenen Schlachthöfen gezeigt hat, dass sie schmerzhaft entzündete Gelenke haben – 92 Prozent: mehr als neun von zehn Tieren! Und das, obwohl uns das Tierschutzgesetz eigentlich vorschreibt, dass alle Tiere vor „Schmerzen, Leiden oder Schäden“ zu schützen zu sind. Warum nicht die Mastschweine?

Es gibt sehr viele andere Aspekte, die diese Tiere mitmachen müssen, die auch wissenschaftlich in Studien abgesichert sind – und das ist, glaube ich, gar nicht mehr strittig: Es gibt doch hoffentlich niemanden mehr, der sagt, ein Vollspaltenboden ist eh artgerecht und bestens für diese Tiere. – Das ist es offensichtlich nicht, und jeder Mensch, der hinschaut und ein Herz und ein Hirn hat, wird das sehen.

Ich habe ein Schwein persönlich kennengelernt – Anna, die die ersten Monate ihres Lebens auf so einem Vollspaltenboden leben musste. Ich habe sie gesehen, und sie hatte Wunden von über 10 Zentimeter Größe am Körper, blutende, offene Wunden. Sie hatte Eiterbeulen über den ganzen Körper hinweg, sie hatte Biss- und Kratzspuren durch die große Enge und den Stress, denen diese Tiere ausgesetzt sind. Dieses Tier wurde gequält, und es wäre gestorben, wäre es nicht zuletzt noch befreit worden.

Und wenn man meint, das war halt ein kränkliches Tier, das wird schon sozusagen von Natur aus so krank gewesen sein, dann sollte man sie jetzt besuchen, denn jetzt ist sie in einem Lebenshof und lebt in Freiheit und hat eine Bucht mit tiefer Stroheinstreu. Sie ist ein lebendiges Wesen voller Charakter, voller starkem Willen, voller eigener Beschlüsse, was sie über den Tag tut, und voller Lebensfreude draußen, auf der Wiese, in der Sonne. Sie entscheidet selbst, mit welchen Schweinen sie wie eng zusammen sein will und von welchen sie sich lieber trennt.

Da merkt man, welche Charaktere und welche Lebewesen Schweine sind, und wenn ich mir die Schweine in der Schweinefabrik eben auf diesen Vollspaltenböden anschaue, dann sage ich, die sind ein Schatten ihrer selbst. Das sind Wesen, die man gar nicht einmal als Schweine bezeichnen kann. Denen hat man die Seele geraubt – und das ist das zentrale Thema.

Es gibt ein gewisses Segment unter uns, das meint, Tiere haben keine Seele, deswegen kann man sie ihnen durch den Vollspaltenboden gar nicht rauben, aber sie haben eine. Wenn man die Tiere kennenlernt, dann wird das jeder Mensch merken. – Danke.

HS-Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. Leopold Kirner: Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Es sollte jetzt eine Präsentation erscheinen, denn es gibt einige Zahlen, die ich präsentieren möchte, und da ist es leichter, wenn man das auch bildhaft darstellt. (Der Redner unterstützt in der Folge seine Ausführungen mittels einer Powerpoint-Präsentation.)

Warum bin ich hier? – Mit meinen Kollegen habe ich vor Kurzem eine Studie zu den Mehrkosten in der Schweinemast fertiggestellt. Dazu gab es eigentlich bis dato keine Zahlen in Österreich – es gab Untersuchungen in Deutschland –, und wir haben uns einmal selber gesagt: Wenn wir diese Diskussion auch wissenschaftlich anstoßen, brauchen wir fundierte Daten! Wir wollten aber – ich bin ja Ökonom – nicht nur die Mehrkosten darlegen, sondern auch hinterfragen, wie es eigentlich den Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern geht, die solche Systeme auch betreiben.

Also es geht um die Frage: Was kostet mehr Tierwohl in der Schweinemast – ich greife genau das Thema Schweinehaltung heraus, und da auch wieder den Bereich Schweinemast; ich werde im Anschluss daran noch zeigen, was ich beantworten kann, aber auch, welche Fragen, und es sind natürlich viele Fragen, noch offen sind: Zum Beispiel haben wir uns den Bereich der Zuchtschweine nicht angeschaut, und auch keine andere Tiere – und eben, wie geht es den Landwirtinnen und Landwirten?

In diesem Bild sehen Sie Folgendes: Wir haben im Jahr 2018 450 Schweinehalterinnen und Schweinehalter telefonisch zu vielen Fragen interviewt, und eine Frage war auch: Welche Haltungssysteme haben Sie? – Dazu gibt es ja eigentlich keine genaue Statistik, wir wissen aber, ungefähr 80 Prozent der Schweinebetriebe, die mästen, halten ihre Schweine rein auf Vollspaltensystemen, also ohne Strukturierung, ohne Stroh und so weiter. Und wir haben diese Gruppe gefragt – das waren 400, also eine sehr große Gruppe –: Wären Sie bereit, höhere Standards in Ihrem Schweinestall, in Ihrem Betrieb einzuführen, mit Auslauf, mit Außenklimareizen, mit Stroh, mit Strukturierung der Buchten und vieles andere mehr?, und da sagte uns etwa ein Drittel, ja, das könnten sie sich vorstellen. 4 Prozent sagen: Ja, wir überlegen bereits solche Systeme!, und knapp 30 Prozent sagen, sie könnten sich das vorstellen, wenn das auch finanziell unterstützt wird und so weiter.

Interessant ist, dass es unter jüngeren Landwirtinnen und Landwirten – jüngere heißt bis 39 Jahre – einen deutlich höheren Anteil gibt. Also unter den Jungen tut sich etwas. Das ist auch meine Beobachtung, wenn ich mit jungen Schweinehalterinnen und Schweinehaltern rede, aber die Statistik zeigt uns auch: Fast jeder Zweite wäre oder ist bereit für tierfreundliche Stallsysteme. Das, um hier einmal so weit darzulegen, was eigentlich die Bereitschaft innerhalb der Landwirtschaft ist.

Es gibt aber auch eine Gruppe, die sagt Nein dazu, das könne sie sich überhaupt nicht vorstellen. Das ist auch ungefähr etwas mehr als die Hälfte – also in diesem Feld sind wir drinnen.

Jetzt zur Studie selber. – Wie haben wir die Mehrkosten berechnet? Wir haben dazu zwölf Betriebe, die solche Systeme betreiben, in den drei für die Schweinehaltung wichtigen Bundesländern Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark – dort stehen 95 Prozent unserer Schweine in Österreich –, sehr tiefgehend erhoben, das war ein Tagesprojekt pro Betrieb. Weil es dazu keine amtlichen Daten gibt, mussten wir in die Betriebe gehen, und das war auch sehr gut, weil wir Interviews auch direkt führen konnten, wie es eben den Landwirtinnen und Landwirten dabei geht.

Und wir haben versucht, auch aufgrund von Literaturangaben, unterschiedliche Systeme darzulegen: Da ist einmal die Basisvariante – Vollspalten, 0,7 Quadratmeter in Endmast und so weiter, das kennen Sie alle –, dann ein erweiterter Standard mit 0,9 Quadratmetern – sonst alles gleich; also einfach nur, dass die Bauhülle größer ist –, dann gibt es den Tierwohlstandard-1, so haben wir das bezeichnet, mit 1,1 Quadratmetern – das entspricht in etwa der besonders tierfreundlichen Stallhaltung im Öpul mit 1,1 Quadratmetern –, Strukturierung, Stroheinstreu und Außenklimareizen, und Tierwohlstandard-2 hat das doppelte Platzangebot mit 1,4 Quadratmetern und noch zusätzlichen Aspekten wie GVO-freie Fütterung und keine betäubungslose Kastration.

Und dann haben wir noch unterschieden – und das ist auch sehr wesentlich, das werden Sie dann auch bei der Ergebnisdarstellung sehen – den Einfluss des Strohs: Einige Betriebe haben Stroh einfach nur als Beschäftigungsmaterial angeboten – ein paar Kilo pro Mastschwein und während der Mastperiode –, und es gab andere Betriebe, die Stroh wirklich als Tiefstreu verwendet haben, in dem die Schweine wirklich wühlen und ihren artgemäßen Anliegen entsprechend auch leben konnten. Also das ist noch einmal wichtig, eben die Unterscheidung: a und b.

Wichtig ist noch, dass wir das für Neubauten gerechnet haben; bei Umbauten sieht das anders aus – darauf komme ich später noch zu sprechen –, und eben, dass wir versucht haben, auch die Meinungen unserer Landwirtinnen und Landwirte hier herauszuarbeiten.

Diese Folie hier fasst eigentlich alles zusammen, was die Mehrkosten sind. Sie haben unten noch einmal die einzelnen Standards aufgelistet, also alles im Vergleich zum gesetzlichen Mindeststandard, deshalb fehlt hier die Säule für den gesetzlichen Mindeststandard – das wäre null. Also der erweiterte Standard, Tierwohlstandard-1a – mit wenig Stroh –, 1b – mit viel Stroh –, TW-2, wo auch die GVO-freie Fütterung dabei ist, wo auch das mit der Kastration und so weiter dabei ist, 2a wieder mit wenig Stroh, 2b mit viel Stroh.

Wir sehen hier natürlich: Je höher die Standards sind, je höher auch das Tierwohl, je stärker sich das vom gesetzlichen Mindeststandard abhebt, desto höher sind natürlich die Kosten – das ist wenig überraschend. Dass es so schön linear ist, wussten wir nicht, aber es scheint so zu sein. Wir haben die Kosten unterschieden: einerseits in die variablen Kosten, da stecken zum Beispiel die Strohkosten drin – also mehr Stroh einfach bei den Varianten b – oder zum Beispiel eben die höheren Ferkelkosten aufgrund der schmerzfreien Kastration, und dann die aufwandsgleichen Fixkosten, da stecken vor allem die Stallbaukosten drin – also es sind einfach höhere Stallbaukosten erforderlich. Da haben wir viel recherchiert, also da sind vor allem die höheren Abschreibungskosten, die höheren Zinskosten und so weiter drinnen; und bei den Varianten mit Tiefstreu auch die ganze Festmistkette. Es gibt dann nämlich den Unterschied: wenig Stroh, das geht noch mit dem Güllesystem und damit auch mit der vereinfachten Handhabe des Wirtschaftsdüngers, sobald das in die Tiefstreu geht, ist eine Festmistkette erforderlich, was natürlich auch maschinelle Anschaffungen bedeutet.

Dann gibt es noch die kalkulatorischen Arbeitskosten. Ein Schwein braucht im derzeitigen Mindeststandard – Vollspaltensystem – in etwa 0,4 Arbeitskraftstunden für die ganze Mastperiode – 0,4 Arbeitskraftstunden! –, und bei TW-2b ist es mehr als das Doppelte. Da haben wir teilweise auch Arbeitsbücher ausgewertet, weil das eine ganz wichtige Frage ist, wie viel Arbeitszeit mehr da eigentlich drinsteckt: für Einstreu, für Beobachtung, teilweise muss man in die Buchten hinein, wenn der Mistplatz falsch angelegt wurde und so weiter.

Das sind einmal die Mehrkosten ohne Berücksichtigung des jetzigen Förderregimes in Österreich. Ausgehend von diesen Daten haben wir dann die öffentlichen Gelder weggerechnet, die es derzeit gibt beziehungsweise mit dem Tierwohlpakt zukünftig geben wird, mit der Investitionsförderung, die deutlich höher angesetzt ist – Sie wissen das ja: mit 35 Prozent eine deutliche Erhöhung im Vergleich zum erweiterten Standard mit 20 Prozent, und Sie wissen auch, dass der gesetzliche Mindeststandard für Neubauten – ich glaube, ab 2022 – bei Investitionen nicht mehr finanziell unterstützt wird.

Wenn man das abzieht plus die Öpul-Förderung für Stallhaltung – das ist eine Öpul-Maßnahme, dadurch, dass eben Stroh eingestreut wird, diese Mehrarbeit bewertet wird – und die zusätzlichen veränderbaren oder variablen Kosten – das ist aber noch der Stand des jetzigen Öpul-Programms; wir wissen ja nicht, wie das in Zukunft aussehen wird –, dann erhalten wir diese verbleibenden Mehrkosten von 2 Cent bis etwa 35 Cent. Und ganz spannend ist, dass ein Standard, TW-1a – Sie wissen: 1,1 Quadratmeter, davon 0,6 planbefestigt, und etwas Stroh als Beschäftigungsmaterial, das die Tiere zerkauen und das wieder in die Gülle hineinkommt; also das ist kein Festmist, sie können darin nicht wühlen, aber sie können sich beschäftigen –, dass also dieser Standard unter den jetzigen Bedingungen bei Neubauten bereits günstiger wäre. Da gibt es also durchaus Chancen.

Das haben wir auch breit diskutiert, das war ja auch für uns überraschend: Ob wir irgendetwas vergessen haben? – Nein, haben wir nicht. Wir haben das breit abgestützt, auch mit Praktikern wieder vor Ort. Also da bestehen auch Chancen. Tierwohl – zumindest ein niedriges Niveau; es ist immer die Frage, welches Niveau gewünscht ist – muss nicht immer teurer sein, natürlich unter Einbeziehung der jetzigen öffentlichen Gelder.

Abschließend noch einige Aussagen, denn die finde ich ganz, ganz spannend, in Bezug auf die Erfahrungen mit solchen Systemen von Landwirtinnen und Landwirten. Alle zwölf, oft waren es beide, also Frau und Mann, haben sich sehr stark damit identifiziert und angegeben, dass sie eine sehr hohe Zufriedenheit haben. Sechs haben gesagt: sehr zufrieden, und sechs weitere: zufrieden. Also sie würden es nicht mehr anders machen.

Was sind die Vorteile? Die viele frische Luft, das viele Licht, lebendige, gesunde Tiere – davon kann sich jeder ein Bild machen, wenn er solche Schweine sieht –, höhere gesellschaftliche Akzeptanz, das schätzen die Betroffenen sehr. Ich habe hier auch ein paar Zitate eingefügt: mehr Arbeitsfreude und Selbstbewusstsein im Auftreten gegenüber der Gesellschaft, einfaches Verladen – die Tiere sind das gewohnt, wenn sie draußen sind und der Laster kommt –, also weniger Stress bei Verladetätigkeiten und geringere Energiekosten. Diese Systeme funktionieren ohne Zwangsbelüftung.

Probleme gibt es natürlich auch. Das ist einerseits die Staubentwicklung; da wird auch geforscht, wie man Strohstaub in den Griff bekommen kann, und dieser ist nicht ohne. Wenn ich in Ställe gegangen bin, habe ich auch immer die Staubschicht gesehen. Also man muss schauen, dass das für die Menschen entsprechend handhabbar wird. Natürlich bedeutet es auch mehr Arbeit. Was die Steuerbarkeit des Stallklimas angeht, hat jeder sein System entwickelt, weil es nicht ein System von der Stange ist. Das haben sie auch oft gesagt: Es ist „kein fertiges System von der Stange“. Das sind wirkliche Innovatoren und Pioniere, die solche Systeme betreiben.

Es ist auch mehrmals die Aussage gekommen, aus Sicht derer, die das betreiben: Das ist kein System für alle, sondern das ist ein System, auf das man sich wirklich einlassen muss, der Mittelpunkt ist dann das Tier. Es braucht Freude im Umgang mit Stroh und den Tieren.

Die Zukunftsfähigkeit wurde unterschiedlich bewertet. Die einen sagen, ja, das ist das System, das hat Zukunft, und die anderen sagen, na ja, das wird in der Nische bleiben, es wird auch andere Systeme geben.

Abschließend zusammengefasst: Die Mehrkosten bewegen sich je nach System, je nach Tierwohlstandard in der Höhe von 6 bis 51 Cent. Bei 51 Cent bedeutet das ungefähr ein Drittel Mehrkosten.

Nur einen Satz noch: Die Umbauten schauen wir uns erst an. Das waren die Mehrkosten bei Neubauten. Bei Umbauten wird es teurer, weil natürlich von bestehenden Systemen ausgehend zusätzliche Kosten dazukommen. Umbauten werden immer Mehrkosten bedeuten. Das wird ab Herbst im Rahmen eines anderen Projekts untersucht werden, um auch dazu Aussagen treffen zu können. – Vielen herzlichen Dank.

Mag. Birgit Kopschar: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich eingangs für die Einladung zu diesem Hearing bedanken. Mein Name ist Birgit Kopschar. Ich bin seit mehr als 20 Jahren selbstständige Tierärztin. Ich rede hier als Expertin für das Wohl der Tiere, denn die Gesundheit und das Wohl der Tiere sind mein Beruf beziehungsweise meine Berufung.

Ich begrüße durchaus die Initiative der Organisatoren des Tierschutzvolksbegehrens, da es in diesem Bereich noch sehr, sehr viele Baustellen gibt.

In den ersten Punkten dieses Volksbegehrens geht es um landwirtschaftliche Nutztiere und deren Haltung. Natürlich haben diese Tiere Grundbedürfnisse, die man befriedigen muss. Die meisten dieser Bedürfnisse sind allerdings schon gesetzlich geregelt, was aber nicht heißt, dass diese Regelungen auch immer wirklich optimal sind.

Mir gefällt das Schweinderl, das auf der Wiese herumtollt, auch besser als die Muttersau, die im Zwangsstand ihre Ferkel füttert. Man muss aber realistisch sein, so, wie das in vielen Werbespots gezeigt wird, kann man einfach keine Großstadt ernähren. Ich persönlich bin ebenfalls davon überzeugt, dass wir alle generell viel zu viel Fleisch konsumieren.

Nun aber speziell zu den Forderungen dieses Tierschutzvolksbegehrens.

Zu den kritisierten Vollspaltenböden: Die Vollspaltenböden sind seit über zehn Jahren ein heiß diskutiertes Thema, und ich gebe Ihnen recht, hier ist wirklich Handlungsbedarf. Ein komplettes Verbot von Spaltenböden und eine Umstellung auf eine Stallhaltung mit Stroheinstreu bringen jedoch nicht immer nur Vorteile. Jede Art der Haltung hat Vor- und Nachteile.

Zum Thema Tiertransporte minimieren und Stress vor der Schlachtung reduzieren: Dem Punkt Tiertransporte minimieren kann ich mich nur voll und ganz anschließen. Fleischtransporte sollen auf jeden Fall, wenn möglich, jene von Lebendtieren ersetzen. Das Anfahren des nächstgelegenen Schlachthofs finde ich ebenso sinnvoll, und ich sehe hier auch keine Benachteiligung der Landwirte, da es in Österreich einen Basispreis für Fleisch gibt.

Was mir bei Ihren Forderungen aber fehlt, ist das ausdrückliche Verbot des rituellen Schlachtens beziehungsweise des Schächtens.

Nun zur Ferkelkastration: Die Ferkelkastration ist ebenfalls ein sehr heikler Punkt, die Kastration der Ferkel ohne Betäubung, die bei uns bis zum siebenten Lebenstag erlaubt ist. Ich kenne die furchtbaren Videos im Internet von schreienden Ferkeln, denen einfach die Hoden herausgerissen werden. Ich muss gestehen, da dreht es auch mir den Magen um.

Grundsätzlich ist zu sagen, in einem Ferkelstall ist es normalerweise sehr, sehr still, außer der Bauer betritt den Stall, denn dann wird es laut, denn Ferkel wissen, dass es dann Futter gibt, was naturgemäß zu Aufregung führt. Ebenso löst das Betreten des Stalls von Fremden diese Aufregung aus, dann ist es allerdings Furcht oder Panik. Ein Schwein beziehungsweise ein Ferkel ist absolut kein Kuscheltier und mag sich ganz und gar nicht anfassen lassen. Das bedeutet, dass das kleine Schwein allein beim Hochheben herzzerreißend schreit und fürchterlichen Stress erleidet. So viel zum Schreien der Schweine.

Es gibt nun verschiedene Möglichkeiten, das Problem der Kastration zu lösen. Das Erste wäre die Ebermast. Da werden männliche Schweine und weibliche Schweine ohne Eingriffe einfach herangemästet. Das Zweite wäre eine Kastration unter Vollnarkose. Die Vorteile liegen auf der Hand: Das Tier schläft und erleidet keine Schmerzen. Dies ist jedoch nicht ohne Risiken zu betrachten. Das Dritte wäre eine Kastration unter Lokalanästhesie. Die Kastration unter Lokalanästhesie, in welcher Form auch immer, lehne ich aus tierärztlicher Sicht vollkommen ab. Die vierte Möglichkeit wäre die Immunokastration. Das ist eine zweimalige Impfung im Abstand von mindestens vier Wochen, die den Ebergeruch unterdrücken soll. Aus meiner Sicht wäre das die beste Option für die Schweine und die schonendste Möglichkeit.

Nur noch ein paar Anmerkungen zum Kückentöten: Es gibt da immer so Schlagwörter wie Kückenschreddern. In Österreich ist das aber absolut kein Thema, in Österreich wird kein einziges Kücken geschreddert. Die männlichen Kücken werden am siebenten Tag aussortiert und mittels Gas getötet. Das ist eine durchaus humane Möglichkeit der Tötung. In manchen Biobetrieben werden die Hähne dann sogar weiter gemästet. Die toten Kücken dienen als Futter für Zoos und Tierparks.

Das sogenannte Seleggt-Verfahren, jene Methode, die, ich glaube, 2019 in Deutschland ganz groß vorgestellt wurde, die schon im Ei die Geschlechtsdifferenzierung möglich macht, ist bis heute noch nicht praxistauglich.

Nun zum besseren Leben für Hunde und Katzen. Zum Katzenschutz: Es gibt in Österreich schon eine Kastrationspflicht für alle Freigängerkatzen. Nur für Streunerkatzen fühlt sich meistens niemand zuständig. Da müssen die jeweiligen Gemeinden aktiv werden und die anfallenden Kosten übernehmen. Spezielle Vereinigungen mit Tierschutzorganisationen, die die Tiere einfangen, und mit Tierärzten, die sie dann operieren, sind sicher möglich.

Ein letztes großes Thema ist die Qualzucht bei Kleintieren. Hier darf ich Sie auf einen Widerspruch aufmerksam machen: In Österreich ist es schon per Gesetz verboten, mit Tieren aus Qualzuchten zu züchten, sie zu kaufen oder zu erwerben. Gleichzeitig fehlen aber jegliche genaue Ausführungen im Gesetz, was eine Qualzucht darstellt. Eine genaue Definition dieser Beeinträchtigungen im Gesetz würde dieses exekutierbar machen und wäre somit ein sehr, sehr positiver Schritt, um das Leid dieser Tiere zu lindern.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und stehe natürlich danach gerne für Fragen zur Verfügung.

Mag. Dr. Katja H. Wolf: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bedanke mich sehr, dass ich in diesem Rahmen über das Thema der Kynologie sprechen darf, weil ich glaube, das ist ein Thema, das in diesen Räumlichkeiten sehr selten besprochen wird. Warum ausschließlich über die Kynologie? – Weil ich denke, man sollte über Dinge reden, von denen man eine Ahnung hat.

Lassen wir uns einmal das Wort Kynologie auf der Zunge zergehen! Viele Menschen wissen nicht einmal, dass Kynologie die Lehre vom Hund bedeutet. Als Vertreterin des Österreichischen Kynologenverbandes, der größten nationalen Organisation im Rahmen des Weltdachverbandes FCI in Österreich, möchte ich Ihnen zu Beginn ein paar Gedanken mit auf den Weg geben.

Wir gehen davon aus, dass wir in Österreich zwischen 650 000 bis 700 000 Hunde haben – Dunkelziffer jetzt einmal bitte wegzulassen. Wenn ich Sie fragen würde, wie viel Prozent davon Rassehunde sind, ich glaube, niemand käme in den Bereich 10 Prozent. Es gibt 10 Prozent Hunde, die wirklich als Rassehunde definiert sind. Warum ich das jetzt so betone? – Weil wir zum Thema Zucht ja später zu sprechen haben werden.

Was sind dann die anderen 90 Prozent? Das ist eine legitime Frage. Was ist ein Rassehund per se? – Für uns ist ein Rassehund ein Hund, der eine gewisse Anzahl an Eltern, Großeltern und Urgroßeltern in einem Stammbaum hat, der registriert wird. Das ist jetzt keine Eitelkeit, das ist deswegen wichtig, weil wir bei manchen Rassen einen engen Genpool haben und es sehr, sehr wichtig ist, darauf zu achten, welches Tier mit welchem Tier verpaart wird.

Das ist der Einstieg, dass ich Ihnen einmal erkläre, was Züchten bedeutet. Züchten heißt nicht, zwei geschlechtsreife Tiere miteinander zu verpaaren, Züchten heißt, sich sehr viel Arbeit anzutun. Ich habe einmal für Vier Pfoten – das ist schon einige Zeit her – ausgerechnet, was einem Züchter eines Rassehundes bei einem durchschnittlichen Spanielwurf am Ende des Tages übrig bleibt: Es sind 44 Euro. Also somit kann man Züchten jetzt nicht unbedingt als die große Geldmaschine betrachten.

Was ist für den Züchter aber das Problem oder das Riesenthema? – Er muss sich gewissen Zuchtordnungen unterwerfen. Der Österreichische Kynologenverband hat für alle Hunderassen eine Zuchtordnung vorgegeben, die sehr streng ist, die sich am österreichischen Tierschutzgesetz ganz penibel orientiert und eben pro Rasse die unterschiedlichen Auflagen weiter verfeinert, wenn es in einer Rasse Probleme gibt.

Das heißt, ich kann nicht einfach draufloszüchten, ich brauche einen Rüden, ich brauche eine Hündin, ich brauche Gesundheitsergebnisse, ich brauche teilweise sogar Gentests, ich brauche eine Zuchtzulassung, und das Ganze läuft in sehr kontrollierten Bahnen ab.

Jetzt werden Sie sich fragen: 10 Prozent Rassehunde in Österreich – wie viele Hunde werden über den ÖKV jährlich eingetragen? – 10 000! 10 000 und nicht mehr. Und all die anderen Hunde, die wir als Rassehunde bezeichnen, sind sogenannte Lookalikes. Das heißt, sie könnten eventuell in genetischer Hinsicht ähnlich einem Retriever sein, aber es ist kein Rassehund. Und diese Hunde unterliegen keinerlei Kontrolle, diese Hunde werden einfach drauflosgezüchtet.

Das wäre ja an und für sich schon schlimm genug, aber: Früher sagte man immer, einen Rassehund ins Haus zu nehmen heißt, man nimmt sich ein Luxusprodukt. – Das ist kein Luxusprodukt, das ist ein Qualitätsprodukt. Diese Rassehunde werden aber jetzt, befeuert durch Corona, von findigen Importeuren quer durch Europa, überwiegend aus dem sehr, sehr weit östlichen Europa, zusammengesammelt und werden den Leuten bis vor die Wohnungstür geliefert. Man kann das ruhig als Click and Deliver bezeichnen. Das sind angebliche Rassehunde, deren Papiere das Papier nicht wert sind, das sind Tiere, die gefälschte Impfpässe haben, das sind Tiere, die bereits krank nach Österreich kommen.

Erst vor Kurzem hat auch die Tierschutzombudsstelle Wien bekannt gegeben, dass seit Corona die Krankheitsfälle bei Hunden um 40 Prozent gestiegen sind. Ja, warum? Weil die Hunde von überallher kommen.

Lassen Sie mich ein Beispiel geben: Ich bin nicht nur einmal gefragt worden: Haben eure Züchter jetzt noch mehr Anfragen als früher? – Ja, das haben sie, aber sie züchten deswegen nicht mehr, denn man züchtet, weil man einen Plan hat, und nicht, weil man Geld damit verdienen will.

Da komme ich jetzt zur Qualzucht. Wir wissen alle, dass mit 1. Jänner 2008 das geänderte Tierschutzgesetz in Kraft getreten ist, damit wurden auch Qualzüchtungen definiert, und zwar nicht an Rassen festgemacht, was sehr oft fälschlich gesagt wird, sondern ganz klar definiert, was verboten ist – nicht, was nicht nett ist, sondern, was verboten ist –: Atemnot, Bewegungsanomalien, Lahmheiten, Entzündungen der Haut, Entzündungen der Lidbindehaut, Blindheit, hervorquellender Augapfel, Taubheit, neurologische Symptome, Fehlbildungen des Gebisses, Missbildungen der Schädeldecke, Körperformen, die zu Schwergeburten führen, die dafür sorgen, dass die Hunde nicht mehr in der Lage sind, auf natürlichem Wege zu gebären. Und natürlich ist das eine Katastrophe.

Der Österreichische Kynologenverband hat gemeinsam mit der Veterinärmedizinischen Universität Wien und dem Gesundheitsministerium das sogenannte Projekt Konterqual entwickelt. Es ist sehr genau Rasse für Rasse eine Aufstellung gemacht worden, mit Screeningverfahren, Belastungstests, ohne die Hunde gar nicht mehr in die Zucht gehen können. Der Formwertrichter, der entscheidet, ob ein Hund schön ist oder nicht, hat ganz genau, definitiv zu belegen, was er im Ring nach vorne stellt – Veterinärmediziner kontrollieren das auf Ausstellungen.

Und wenn dann immer wieder gesagt wird: Ja, dann ändert halt den Rassestandard!, dann sage ich Ihnen: Den brauche ich gar nicht zu ändern. Allein beim Mops steht ganz klar im Rassestandard, der die Bibel für den Formwertrichter ist: „Zusammengedrückte Nase und starke Faltenbildung auf dem Nasenrücken sind unakzeptabel und sollten schwer bestraft werden. [...] Augen oder Nase sollen niemals nachteilig beeinträchtigt oder von Falten auf dem Nasenrücken verdeckt sein.“

Also ich sehe es immer wieder, dass wir ja die Regeln dazu haben, dass wir das Formwerk haben, dass wir uns aber darum kümmern müssen, dass es mit Leben erfüllt wird.

Das Lebewesen Hund, der älteste Freund des Menschen, ist mit Emotionen verbunden, und wir sehen uns in der heutigen Zeit leider mit der berühmten Geiz-ist-geil-Mentalität konfrontiert: Jeder will einen Hund, gerade in Coronazeiten, aber niemand will Geld dafür ausgeben. Und wenn es legitim ist, zu sagen, ich möchte wissen, woher mein Frühstücksei kommt, ich möchte wissen, woher das Produkt, das ich konsumiere, kommt, dann muss es doch bitte auch legitim sein, mich darüber informieren zu können: Woher kommt das Lebewesen, das zehn, zwölf Jahre mein Leben bereichert?

Es ist einfach nicht wegzuleugnen, dass es wesentlich ist, dass der Konsument – obwohl dieses Wort im Zusammenhang mit Lebewesen ein schreckliches ist – weiß, woher der Hund kommt, er muss das wissen. Gerade bei diesen entsetzlichen Click-and-Deliver-Geschichten in der letzten Zeit wissen die Leute nicht, woher der Hund kommt, zahlen aber genau das Gleiche wie für einen Rassehund aus Österreich. Darum müsste man sich wirklich einmal grundlegend überlegen: Wer darf sich Züchter nennen? Wer darf Tiere überhaupt importieren? Ja, das ist im Rahmen der Freizügigkeit mit Sicherheit ein Problem, aber wir müssen wirklich bedenken: Wir arbeiten mit Lebewesen und wir können nur gesunde Rassehunde züchten, wenn wir die Rahmenbedingungen mit Leben erfüllen und wenn man auch die entsprechende Unterstützung erhält.

Ich gebe Ihnen noch ein gutes Beispiel: Ein sehr, sehr populärer Hund zurzeit, die Französische Bulldogge, ist sehr oft mit Atemproblemen belegt. Sie sehen ständig Französische Bulldoggen auf der Straße, praktisch an jeder Straßenecke – und wir haben Eintragungszahlen von rund 30 bis 40 Hunden in Österreich. Woher kommen denn all die anderen?

In diesem Sinne sollten wir uns gemeinsam überlegen, wie wir es schaffen können, dem Rassehund seinen kulturellen Stellenwert wieder zurückzugeben, den auszeichnet, dass er ein gesundes Tier ist, das von verantwortungsvollen Menschen gezüchtet wird – und nicht von Leuten, die Schindluder treiben und auf dem Rücken unserer Hunde das große Geld machen wollen. – Danke schön.

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Werner Zollitsch: Sehr geehrter Herr Minister! Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Danke, dass ich hier kurz zu Ihnen sprechen darf! Ich bin Professor für Nachhaltigkeit tierischer Produktionssysteme an der Boku, beschäftige mich also zentral mit Nachhaltigkeit. Die Frage der Haltungsbedingungen unserer Nutztiere ist da sozusagen eine Facette neben einigen anderen auch; die Umweltfolgen der Tierhaltung in der Landwirtschaft wären eine andere.

Ich möchte ganz kurz zu den Forderungen des Tierschutzvolksbegehrens Stellung beziehen, bei denen ich mich fachlich kompetent fühle.

Zu Punkt 1.1: „Haltungsformen müssen Grundbedürfnisse der Tiere befriedigen“. Das reflektiert im Wesentlichen den Stand der wissenschaftlichen Forschung; ich beziehe mich hier insbesondere auf die Fachdisziplin der Nutztierethologie, also der Verhaltensforschung über Nutztiere, die ganz klar die Bedürfnisse der Tiere ins Zentrum stellt. Kollege Kirner hat darauf hingewiesen, dass das natürlich auch eine ökonomische Komponente hat, die hier mitzudenken ist.

Entscheidend scheint mir, und da bin ich mir nicht sicher, ob das in dem Text auch entsprechend reflektiert wird, dass es da nicht nur um die Frage der infrastrukturellen Haltungsumwelt geht – was heute mehrfach angesprochen wurde, das Auslaufenlassen bestimmter Haltungsformen –, sondern auch der Betreuung, das, was wir in der Ethologie die Mensch-Tier-Beziehung nennen. Also Mensch ist ein ganz wesentlicher Faktor auch dafür, wie es den Tieren geht.

Der Aspekt 1.2: „Schluss mit Qualzucht“: Da tue ich mir zugegebenermaßen etwas schwerer. Dr. Wolf hat das jetzt sehr eindrücklich für die Hunde referiert. Bei den landwirtschaftlichen Nutztieren – Sie führen zwei Beispiele an, die Masthühner und die Milchkühe – tue ich mir deutlich schwerer, weil es dort nämlich keine binären Merkmale sind. Das heißt, das, was wir zweifellos haben, ist, dass Hoch- und Höchstleistungen einerseits nicht automatisch zu Leiden führen, aber sehr wohl die Wahrscheinlichkeit für die Nichterfüllung der Bedürfnisse der Tiere erhöhen. Das ist im Prinzip so, wie wenn Sie mit einem VW-Käfer Formel-1-Rennen fahren müssen – das geht dann nicht! Das heißt, die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten als Risikofaktor bestimmter Erkrankungen wird wohl zunehmen.

Da ist durchaus etwas zu machen. Wenn Sie jetzt andenken, über bundesweite Programme hier einzugreifen, dann geht das grundsätzlich bei Rind und Schwein, beim Geflügel direkt nicht, weil etwa 95 Prozent der Geflügelgenetik von insgesamt vier Konzernen, also jeweils zwei auf der Lege- und Mastseite, bereitgestellt werden. Das heißt, da haben Sie auch als Gesetzgeber nicht direkten Zugriff, da müssten etwa Mechanismen anzudenken sein, wie wir sie von Labelprogrammen kennen, wo die Abnehmer die Verwendung bestimmter, etwa sehr schnell wachsender, Masthybriden einfach nicht zulassen.

Bei Rind und Schwein, würde ich sagen, passiert in Österreich schon einiges – man soll auch nicht so tun, als ob da nichts passieren würde –, etwa das sehr hohe Ranking in der Selektion, in der Zuchtwahl der sogenannten funktionalen Merkmale bei der Milchkuh, also etwa Euter, Beingesundheit, oder die Selektion auf Muttereigenschaften beim Schwein, da gibt es aktuell – zugegebenermaßen jetzt beim Schwein erst seit relativ kurzer Zeit, beim Rind schon länger – einige Bestrebungen in der praktischen Zucht, und man kann Österreich nicht per se, aber doch dort und da in diesem Bereich international durchaus als Vorreiter bezeichnen.

Das heißt, worum es aus meiner Sicht jetzt bei den landwirtschaftlichen Nutztieren geht, ist klar: die Leistungsanforderung an die Tiere zu begrenzen, jedenfalls nicht weiter steigen zu lassen. Also dieser Intensivierungsprozess, in dem wir drinnen sind, der ökonomische Gründe hat, darf nicht weitergehen, denn dann wird es tatsächlich kritisch.

Zu den Tiertransporten ist einiges gesagt worden. Aus meiner Sicht und meiner Kenntnis der Praxis ist es so, dass ich denke, die Frage, Kälber und Lämmer prioritär in Österreich aufziehen zu lassen und Tiertransport nicht zu befeuern, ließe sich relativ rasch umsetzen, denn da braucht es keine großen technologischen Neuerungen, das ist sozusagen „nur“ – unter Anführungszeichen – die Frage der ökonomischen Rahmenbedingungen.

Bei den Schlachtungen würde ich Ihnen dringend empfehlen, und zwar auch aufgrund der betroffenen Tierzahlen, vor allem auf die Optimierung und auf die Wahl – wie es ja auch im Text der Forderungen vorkommt – der geeigneten Betäubungsverfahren zu achten. Das heißt beim Schwein ganz klar: weg von den derzeit praktizierten Methoden der Gasbetäubung. Da wird nämlich – anders als beim Geflügel – kaum oder mit nur sehr wenig Edelgasen gearbeitet, vor allem mit CO2, das enorm aversive Reaktionen verursacht – das ist alles relativ gut dokumentiert –; das ist problematisch. Beim Geflügel ist es genau andersrum. Das hängt also mit der Technik auf den Schlachthöfen zusammen. Beim Geflügel müsste man von der Elektrobetäubung wegkommen, was natürlich auch eine Frage der Strukturen der Schlachthöfe ist.

Die schmerzhaften Eingriffe wurden angeführt. Bei der Kastration denke ich: Schmerzausschaltung. Bio macht es derzeit vor, nicht gesetzlich verpflichtet, auch nicht nach der EU-Bioverordnung, aber quasi als Branchenübereinkunft, dass das durchaus geht. Das heißt, da sehe ich Anästhesie und im Nachhinein noch Schmerznachbehandlung. Das müsste bei der Schwanzkastration laufen, also insbesondere beim Schwein, allerdings auch beim Schaf – dort kann man die Notwendigkeit überhaupt hinterfragen. Beim Schwein müssen wir in der Mast dort hinkommen, dass wir einfach die Umwelt so gestalten, dass diese Maßnahme, die reine Symptombekämpfung ist – das wurde heute schon einmal gesagt, und dem stimme ich zu –, einfach wegkommt, dass das nicht notwendig ist. Da gibt es auch einiges an Pilotprojekten, es ist ja nicht so, dass wir bei null stehen würden.

Die Tötung der männlichen Kücken, der Legehybriden – das wissen Sie – ist in Deutschland ab Jänner 2022 verboten. Da, denke ich, kann man einiges lernen. Die derzeitigen Verfahren, also entweder das Punktieren der Allantoisflüssigkeit, Hormonnachweis oder aber mit bildgebenden Methoden zu arbeiten, die sind nicht in dem Sinn praxisreif, das ist korrekt, dass man diese heute eins zu eins einführen könnte und die gleiche Anzahl Tiere drüberschicken könnte, oder Bruteier in dem Fall, da braucht es eine gewisse Entwicklungsmöglichkeit, aber dort sind sie relativ weit. Dort sind wir nicht so weit von einer tatsächlichen Praxiseignung weg.

Vielleicht nur zur Ergänzung, weil es vorher auch gesagt wurde: Auch im Biobereich gibt es diese Branchenübereinkunft, dass alle Kücken, alle männlichen Kücken der Biolegehennen, die Bruderhähne, aufgezogen werden.

Den Punkt 1.5: Artgemäße Fütterung statt Nahrungskonkurrenz finde ich total spannend, weil er meinem Forschungsgebiet irgendwie am nächsten ist. Da ist aber ganz klar: Wenn wir das umsetzen wollen, müssten wir vor einem ziemlichen Totalumbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung stehen. Das geht nämlich aus ganz simplen biologischen Gegebenheiten sehr gut bei den Wiederkäuern, also Rind, Schaf, Ziege. Dort steht allenfalls der Zug wiederum zur Hochleistung dem entgegen, weil wir dann einfach lebensmitteltaugliche Futtermittel brauchen, um diese sehr hohen Nährstoffdichten in den Futterrationen zu erzielen. Schwein und Geflügel sind einfach in den Zahlen, in denen wir sie heute halten und produzieren, nicht ohne direkte Nahrungskonkurrenz und damit problematisch in Hinblick auf globale Ernährungssicherung zu ernähren. Da kann man etwas machen, da drehen wir aber an kleinen Schrauben, das ist eher Feinjustierung als wirklich Umsteuern, wenn wir das ernst nehmen.

Wo wir sicher noch Luft nach oben haben, ist der Einsatz regionaler Futterressourcen, Stichwort europäisches Soja, Stichwort Nebenprodukte wie etwa Trockenschlempen, die wir zum Teil exportieren. Da könnte man noch einiges machen.

„Umschichtung der Fördermittel“: Aus nutztierwissenschaftlicher Sicht würde ich dem Text insofern zustimmen, als keine Stallbauten und Erhaltungssysteme zu fördern sind, die nur den gesetzlichen Mindeststandards entsprechen. Die Herausforderung ist hier die Festlegung – das wird Ihre Aufgabe sein, sich zu fragen, welches Zielniveau denn dann Förderungsvoraussetzung sein kann. Das wird mit Sicherheit nicht die reine Freilandhaltung sein, das wird irgendwo zwischen der Tierhaltungsverordnung oder dem Tierschutzgesetz und sozusagen dem Idealzustand sein.

„Den amtlichen Tierschutz stärken“: Diesbezüglich nur ein Punkt, und auch diese Zahl wurde heute schon genannt: Wenn ich lese, dass gemäß der Tierschutzgesetzgebung derzeit 2 Prozent der Tierhaltungen jährlich überprüft werden, dann ist das tatsächlich nicht geeignet, um hier entsprechende Verbindlichkeit herzustellen und Vertrauen in den gesamten Prozess der Hebung des Status der Tierhaltung zu erreichen. Das wird dann natürlich Ressourcen brauchen, das ist keine Frage. Soviel ich weiß, laufen diese jetzt schon eher am Anschlag, aber von diesen 2 Prozent muss man wegkommen, das muss mehr sein. – Punkt eins.

Zweiter Punkt: Ganz wesentlich aus meiner Sicht ist das Prozedere zur Definition dieser Stichprobenpläne, also welche Betriebe denn überprüft werden. Da heißt es irgendwie, dass ein Risikoprofil zu erstellen ist, und das ist unbedingt transparent zu machen, weil es das momentan nicht ist. Derzeit weiß man einfach nicht, welcher Betrieb warum wann drankommt. Das ist eine relativ alte Forderung aus dem Tierschutzrat, soviel ich weiß.

Mein Fazit: Wir brauchen eine Transformation, keine Frage. Da brauchen wir entsprechende Übergangsfristen – auch weil das vorher so angezogen wurde: Ja, das dauert noch ewig, bis wir vom Kastenstand weg sind, bis 2033. Ich denke, wenn wir die Bäuerinnen und Bauern nicht mitnehmen, dann läuft es auf eine Abschaffung hinaus. Wenn das gewünscht wird, dann soll man das sagen. Ich halte es nicht für den Königsweg. Wir brauchen einfach Berechenbarkeit, wenn wir einfache Abschreibefristen bei Ställen haben, die je nach System irgendwo zwischen 15 und 25 Jahren liegen.

Wünschenswert wäre es natürlich, wegzukommen davon – und da ist dann schon die Frage des Produktionsumfangs angesprochen –, dass Bäuerinnen und Bauern, die logische Strategie verfolgen, kleiner werdende Margen pro Produkteinheit durch Produktionsausweitung zu kompensieren, zu teilkompensieren. Das ist einfach ein sehr verhängnisvoller ökonomischer Treiber der gesamten Entwicklung, und das Mehr und Größer wurde heute schon angesprochen.

Mitzudenken ist hier bitte in jedem Fall, und da würde ich wirklich an Sie appellieren: Wenn wir sozusagen nicht mehr im Inland produzieren, sondern inländische Produkte durch Importe aus Regionen mit niedrigen Tierschutzstandards substituiert werden, dann ist das wohl auch nicht im Sinne der Tiere.

Ganz wichtig – auch das konnten wir in mehreren Projekten, in mehreren Umsetzungsprojekten zeigen – ist partizipative Vorgangsweise. Es bringt also nichts, Top-down-Ansätze haben in der Tierhaltung einfach ganz schlecht funktioniert. Die sind auch mit ein Grund dafür, warum wir heute dort stehen, wo wir stehen, warum wir das heute hier diskutieren. Ich denke, da gibt es eine ganze Reihe an Positivbeispielen und da unterscheide ich mich jetzt vielleicht von einigen Vorrednern.

Ich komme zum Schluss: Die Branche mitzunehmen, um zu schauen, um da einfach weiterzukommen, ich denke, da sind wir auf einem guten Weg. Und man sollte die europäische Ebene nicht vergessen: Alles, was wir dort bewegen können, ist rein über die Tierzahl, die Sie erreichen, wünschenswert. – Danke schön.

Eingangsstatement des Bundesministers

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Abgeordnete im Ausschuss! Sehr geehrte Expertinnen und Experten! Zuallererst möchte ich mich bei den InitiatorInnen und UnterstützerInnen des Tierschutzvolksbegehrens für diese wichtige Initiative bedanken, hier wurde mit viel Einsatz mobilisiert und informiert. Das ist ein Thema, das uns sicherlich und wahrscheinlich allen am Herzen liegt. – Danke für das Engagement!

Das Tierschutzvolksbegehren bezieht sich auf den Umstand, dass Tiere fühlende Wesen sind, sie sind von uns zu respektieren und zu schützen, und gleichzeitig wird unterstrichen, dass bestehendes Tierleid beendet werden muss und dafür auch Alternativen zu fördern sind.

Über 416 000 Österreicherinnen und Österreicher haben das Volksbegehren unterstützt. Das ist eine starke und laute Stimme für den Tierschutz, aber dieses Volksbegehren geht über das Thema Tierschutz hinaus. Die Forderung nach Alternativen für bestehende Praktiken und die vorgebrachten Lösungsvorschläge umfassen mehr als nur den Tierschutzaspekt. Diese Formulierung im Text des Volksbegehrens unterstreicht die Komplexität und gleichzeitig die Vielfalt der Herausforderungen. Es wird nicht eine einseitige Forderung nach höheren gesetzlichen Tierschutznormen gestellt, sondern vielmehr die Integration des Themas Tierschutz in die verschiedenen Lebensbereiche der Menschen. Ziel dieses Volksbegehrens ist es eben auch, die heimische Landwirtschaft bei den notwendigen Veränderungen zu unterstützen und damit zu stärken und so zusätzlich zum dringend notwendigen höheren Tierwohl auch positive Aspekte für unser aller Gesundheit, die Umwelt und das Klima zu erreichen.

Nicht erst seit dem Vorliegen dieses Tierschutzvolksbegehrens wird dem Thema Tierschutz in meinem Ressort breiter Raum gegeben: Durch die Schaffung des Tierschutzrates, der Tierschutzombudspersonen, der Tierschutzkommission und der Koordination des Vollzugs des Tierschutzgesetzes durch den Vollzugsbeirat wurde seit der Beschlussfassung des bundesweit gültigen Tierschutzgesetzes im Jahr 2004 der Grundstein für eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Tierschutzstandards gelegt. Wissenschaftliche, gesellschaftliche, politische, vollzugstechnische Fragestellungen in den jeweiligen Diskussionen wurden hierbei integriert.

Das heute zur Debatte stehende Volksbegehren macht deutlich, dass viele dieser Themen, die in den letzten Jahren intensiv auf den verschiedenen Ebenen beraten und weiterentwickelt wurden, noch immer nicht gelöst sind. Sie haben nichts an Aktualität verloren. Aus diesem Grund begrüße ich die anstehenden Beratungen außerordentlich, da sie für mich und mein Ressort bei der Aufarbeitung der aktuellen Fragestellungen unterstützend wirken.

Ich erlaube mir, einen kurzen Überblick zu den derzeit in meinem Ressort laufenden Arbeiten zu geben. Trotz der herausfordernden Zeit der Coronapandemie war es meinem Vorgänger Rudi Anschober möglich, zwei Tierschutzgipfel abzuhalten. Der erste Tierschutzgipfel im Juli 2020 war dem Thema Tiertransport gewidmet. Dabei wurden mögliche Lösungsansätze zur Vermeidung beziehungsweise Verringerung von Tiertransporten besprochen sowie die Verstärkung der Kontrollen diskutiert.

Die Beschäftigung mit dem Thema Tiertransport wird aber nicht nur national, sondern auch seit mehreren Jahren unter aktiver Beteiligung meines Ressorts auf europäischer und internationaler Ebene vorangetrieben. Wir suchen intensiv nach Lösungen und bringen uns aktiv in die Prozesse ein. Eine Novellierung des Tiertransportgesetzes in meinem Haus ist in Vorbereitung. Durch die Schaffung weiterer Verordnungsermächtigungen soll es ermöglicht werden, Anforderungen an Tiertransporte besser zu definieren. Gemeinsam müssen wir uns dafür einsetzen, dass im Zuge der von der Europäischen Kommission für Ende dieses Jahres angekündigten neuen Vorschrift zur europäischen Tiertransportverordnung deutliche Verbesserungen des rechtlichen Rahmens durchgesetzt werden.

Wie auch im Volksbegehren zum Ausdruck gebracht, besteht im Bereich der Nutztierhaltung und insbesondere in der Schweinebranche nationaler Handlungsbedarf. Im Rahmen des zweiten Tierschutzgipfels im Dezember 2020 wurde die Diskussion zur Verbesserung der Schweineproduktion bereits von meinem Ressort intensiviert. Aufbauend auf den bereits erfolgten Verbesserungen in der 1. Tierhaltungsverordnung hinsichtlich der Schmerzausschaltung bei Eingriffen an Nutztieren, wie der Kastration, dem Schwanzkupieren et cetera, im Jahr 2018 wird eine neuerliche Überarbeitung des Tierschutzgesetzes und der 1. Tierhaltungsverordnung derzeit vorbereitet. Hier werden die Ergebnisse des Projekts Pro-Sau zur Haltung von Muttersauen in der kritischen Lebensphase der neugeborenen Ferkel umgesetzt. Neue rechtliche Maßnahmen, um ein Ende des routinemäßigen Schwanzkupierens bei Mastschweinen zu erreichen, sind ebenfalls vorgesehen.

Der überfällige Ausstieg aus der Praxis der Vollspaltenböden sowie ein Ende des Tötens von männlichen Kücken wurden und werden diskutiert. Von meinem Ressort wurde im Rahmen der vorgesehenen Novellierung des Tierschutzgesetzes bereits ein Vorschlag für den Ausstieg aus Vollspaltenböden erarbeitet. Dieser ist aktuell in Abstimmung mit dem Koalitionspartner und kann hoffentlich bald in Begutachtung gehen. Zum Ausstieg aus dem Töten männlicher Kücken sind wir in intensiven Gesprächen mit der Geflügelbranche und sehen gute Chancen auf eine baldige gesamthafte Lösung.

Beim Thema der Qualzucht habe ich den Tierschutzrat beauftragt, rechtliche Rahmenbedingungen anderer EU-Staaten zu prüfen und Empfehlungen zu erarbeiten, wie wir in diesem Thema weitere Schritte setzen können. Aktuell bereitet mein Ressort gemeinsam mit den KollegInnen aus den Niederlanden eine Initiative für den kommenden europäischen Agrarministerrat vor, um ein europaweites Verbot der Pelztierhaltung im Zuge der neuen europäischen Tierschutzstrategie zu erreichen.

Wenn wir in Österreich in der Nutztierhaltung höhere Tierschutzstandards umsetzen wollen, dann ist es unumgänglich, auch die Rahmenbedingungen für die heimischen Landwirte zu verbessern. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus wurden drei Verordnungen zur Herkunftskennzeichnung bei tierischen Produkten vorbereitet. Derzeit ist die europarechtlich geforderte Begründung in Ausarbeitung, um dieses Vorhaben dem europäischen Nostrifikationsverfahren zuleiten zu können.

Es ist mir ein großes Anliegen, diese Maßnahmen künftig um die Kennzeichnung der Haltungssysteme zu erweitern. Klar ist hier jedoch, dass es dafür einen europäischen Rechtsrahmen braucht. Ich strebe eine leicht verständliche und nachvollziehbare Vergleichbarkeit, wie es bei der Eierkennzeichnung gelungen ist, an. In diesem Segment sind wir gemeinsam gefordert, uns sehr aktiv in die Verhandlungen zum Green Deal und der Farm-to-Fork-Strategie der Europäischen Kommission einzubringen. Das Tierschutzvolksbegehren werte ich auch in dieser Frage als deutlichen Auftrag.

Ich bin mit den zuständigen Landesräten der Bundesländer vergangene Woche übereingekommen, dass im Bereich des Heimtiertierschutzes weitere Maßnahmen zu setzen sind. Mit einer rechtlichen Anpassung wird noch im Juni ein Verbot des Handels mit nicht tollwutgeimpften Hunden und Katzen begutachtet, um eine weitere Hürde beim illegalen Welpenhandel zu implementieren. Ergänzend dazu wurde die weiterführende Registrierung von Heimtierhaltung mit den Bundesländern vereinbart.

So weit ein erster Überblick zu den derzeit in meinem Ressort laufenden Vorarbeiten. Ich freue mich nun auf den Austausch und hoffe auf zahlreiche Anregungen und Rückenwind für weitere Verbesserungen zum Wohle der Tiere. Ich bin überzeugt davon, dass die Auseinandersetzung mit und die Stärkung des Tierwohls auch im Sinne der heimischen Landwirtschaft ist: für unsere Gesundheit, zum Schutz der Umwelt und des Klimas und nicht zuletzt für eine lebenswerte Zukunft für unsere Kinder und Enkelkinder. – Danke.

Obmann Mag. Gerhard Kaniak bedankt sich bei Bundesminister Mückstein für die konstruktive Stellungnahme und für die breite Unterstützung, die dieser gegenüber dem Tierschutzvolksbegehren als verantwortlicher Bundesminister anklingen lassen habe, und erwähnt, dass ihm auch vonseiten der Oppositionsfraktionen bereits recht breite Unterstützung für das Ansinnen des Tierschutzvolksbegehren mitgeteilt worden sei. Er sei, so der Obmann weiter, sehr zuversichtlich, dass eine rasche und nachhaltige Lösung im Interesse der Tiere und auch der Konsumentinnen und Konsumenten gefunden werden könne.

Erste Fragerunde der Abgeordneten

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Expertinnen und Experten! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, diese über 416 000 Personen, die das Tierschutzvolksbegehren unterzeichnet haben, verdienen natürlich unseren Respekt und darum werden wir dieses Tierschutzvolksbegehren hier auch ausführlich diskutieren.

Tiere sind unsere Mitgeschöpfe und darum ist uns Tierwohl auch ein wichtiges Anliegen. Sie kennen bereits meinen Stehsatz: Ich will, dass es den Menschen in Österreich gut geht, und ich will, dass es den Tieren in Österreich gut geht.

Wenn wir uns die Ziele dieses Volksbegehrens anschauen, dann stimme ich eigentlich weitgehend mit diesen Zielen überein. Die Frage ist: Welchen Weg gibt es, dass wir diese Ziele auch erreichen können? Einige dieser Forderungen sind ja auch im Regierungsprogramm bereits verankert, einige wurden auch schon umgesetzt.

Für alle diese Ziele gilt meines Erachtens, dass sie auch praktikabel, also in der Praxis umsetzbar sein müssen. Da bin ich ganz bei Herrn Prof. Zollitsch: Wir müssen die Tierhalter, wir müssen in dem Fall – bei den Nutztieren – die Bäuerinnen und die Bauern mitnehmen, nur dann kann es wirklich ein Erfolg werden.

In Österreich ist es ja so, dass wir bei den Tierhaltebedingungen teils – oder großteils – strengere Regelungen als in anderen Ländern Europas haben. Da müssen wir durchaus auch achtgeben, dass wir nicht das Gegenteil bewirken, wenn wir auf einmal zu stark an den Regeln drehen, dass dann nämlich auch die Möglichkeit bestehen könnte, dass Tierleid importiert werden würde. Da müssen wir, glaube ich, durchaus achtgeben.

Mein Zugang zu dem ganzen Thema ist daher: Man muss Anreize statt Verbote schaffen, man muss Information statt Strafen aussprechen und den Zugang zu dieser Information schaffen. Wieder: den Tierhalter mitnehmen! Ein Grundsatz ist auch, dass es am besten ist, wenn die Tierhalter selbst die Überzeugung haben, dass sie dem Tier etwas Gutes tun, wenn das Tierwohl angehoben wird. Dazu ist es auch notwendig, dass die Kenntnisse über die Bedürfnisse der Tiere entsprechend gehoben werden und dazu die Information gegeben wird. Das ist unsere Aufgabe.

Vielleicht noch ein Satz dazu, was jetzt von mehreren Experten angesprochen worden ist, dass nur 2 Prozent kontrolliert werden: Das stimmt so nicht! Nach dem Tierschutzgesetz ist das die Mindestquote, aber es gibt ja sehr, sehr viele Tierhalter, die zum Beispiel eine biologische Produktionsweise haben. Die werden jedes Jahr kontrolliert und nicht nur alle 50 Jahre, wie Sie es angesprochen haben. Es gibt sehr, sehr viele Tierhalter, die an Markenprogrammen teilnehmen. Die werden auch jedes Jahr oder in Abständen von zwei bis drei Jahren kontrolliert. Das muss man miteinbeziehen, wenn man darüber spricht.

Ich hätte abschließend noch zwei konkrete Fragen. Eine Frage an Herrn Prof. Kirner: Welche Tipps würden Sie jungen Bäuerinnen und Bauern geben, wenn sie mehr Tierwohl wollen, aber derzeit einen voll funktionsfähigen Stall haben?

Die zweite Frage wird an Frau Mag. Kopschar gehen. Sie haben angesprochen, dass Qualzucht im Gesetz näher definiert werden sollte. Haben Sie dafür einen konkreten Vorschlag?

Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Herr Obmann! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Expertinnen und Experten! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben schon gehört: Tierschutz ist den Bäuerinnen und Bauern ein Anliegen. Tierschutz sollte aber natürlich allen Tierhaltern ein Anliegen sein. Das betrifft neben den Nutztieren die Heimtiere, die auch vom Minister schon erwähnt wurden, also den Bereich des Heimtierschutzes. In Österreich gibt es eine Vielzahl von Heimtieren, beispielsweise halten wir eine Million Hunde in Österreich.

Gerade die Pandemie hat das Phänomen eines Heimtierbooms ausgelöst. Laut der Tierschutzombudsstelle Wien sind im Zeitraum von November bis Februar um 24 Prozent mehr Neuanmeldungen für die Hundeabgabe im Vergleich zum Vorjahr eingegangen, was doch eine sehr bezeichnende Zahl ist. Ich denke, auch in diesem Bereich ist es ganz wichtig, dass wir da hinschauen, dass da auch Maßnahmen gesetzt werden.

Frau Dr. Wolf hat ja schon zur Qualzucht und zu illegalen Importen einiges ausgeführt. Ich denke aber auch, man sollte auf jeden Fall Haltebedingungen in Wohnungen und diese Aspekte mitbeleuchten, und würde Sie dazu um Ihre Einschätzungen bitten.

Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzter Herr Vorsitzender! Geschätzte Experten! Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher! Nachdem ich heute Morgen meine Kühe gemolken, meine Kälber gefüttert und die Tiere auf die Weide getrieben hatte, bin ich mit großer Freude nach Wien gefahren, weil das Thema Tierwohl den Bäuerinnen und Bauern – und da spreche ich jetzt für Tausende Bauernfamilien – ein großes Anliegen ist.

Danke an Sebastian Bohrn Mena! Ich denke, gerade in diesem Tierschutzvolksbegehren sind wichtige Punkte drinnen. Ich bin ein glühender Befürworter der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung, weil wir das dem Konsumenten sichtbar machen müssen, damit er weiß, wo Lebensmittel herkommen. Wir müssen aber gleichzeitig die Importe mitdiskutieren, weil nur die Anforderungen im eigenen Land zu steigern und in der Anonymität Importe zuzulassen, ist aus meiner Sicht nicht zielführend.

Konkret meine Frage an den geschätzten Herrn Prof. Kirner: Warum haben es bis dato nur wenige Markenprogramme geschafft, sich längerfristig am Markt zu halten? Woran liegt das beziehungsweise was muss man tun, damit sich das ändert?

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Herr Vorsitzender! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Expertinnen und Experten! Meine Frage bezieht sich auf Punkt 5.1 des Forderungskataloges, der Folgendes enthält: „Um die Stimme der Tiere in gerichtlichen und behördlichen Verfahren zu stärken, sollen anerkannte Tierschutzorganisationen Mitwirkungsrechte und Parteistellung erhalten. In Deutschland ist dies in mehreren Bundesländern bereits verwirklicht, in Österreich gibt es das Verbandsklagerecht z.B. im Konsumentenschutzgesetz.“ Dahin gehend meine Frage an Herrn Dr. Balluch: Welchen Nutzen hätte die Verbandsklage zum Wohl der Tiere? – Danke schön.

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Liebe Expertinnen und Experten! Mir hat der Satz sehr gut gefallen: Tierwohl muss nicht teuer sein. – Ich war ein bisschen überrascht über die Feststellung, dass 55 Prozent der Bauern sagen: Lassen wir es so, wie es ist, und das ist nicht immer gut. Eine Frage an Herrn Dr. Kirner und auch an Herrn Dr. Balluch: Was könnte man da tun?

Ganz konkret: Wenn man etwas tun will, muss man es bei den Vollspaltenböden tun. Wenn ich das richtig gesehen habe, wäre eine Umwandlung billiger als das. Anscheinend ist die Förderung weniger auf das Mitnehmen basiert, sondern mehr auf Mitnahmeeffekten.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Geschätzte Damen und Herren! Ein paar Fragen vielleicht anschließend an Herrn Prof. Kirner: Der erweiterte Standard bringt ja kaum Verbesserungen im Sinne des Tierwohls. Besteht hier nicht die Gefahr, dass man wieder sozusagen aufs falsche Pferd setzt und durch falsche Förderpolitik eigentlich kaum Effekte erzielt und viel Geld ausgibt? Was wären hier aus Ihrer Sicht die Alternativen?

Wir haben es heute auch schon einmal gehört: Der zweite Zugang – gerade von der ÖVP – ist ja fast ein bisschen sozialromantisch gewesen, also nur informieren und keine Gesetze. Wir hören das ja immer wieder, strengere Gesetze würden sozusagen dem Tierschutz eher schaden. In Richtung Herrn Dr. Balluch zum Beispiel, weil die Putenhaltung hier immer als Beispiel im Zusammenhang mit den Gesetzen angeführt wurde: Wie würden Sie das beurteilen, sollte man im Sinne des Tierschutzes nicht strenger werden?

Der letzte Punkt zur Rolle der Amtstierärzte und zu Kontrollen: Kollegin Voglauer hat es in Kärnten erlebt. Damals hat der zuständige Agrarlandesrat Druck auf Tierärzte ausgeübt, die kritisch kontrolliert haben. Es kann natürlich nicht sein, dass vor allem in den Bundesländern der Bauernbund – Sie wissen, das ist eine Doppelrolle, die er hat (Abg. Strasser: Welche?), dass er gleichzeitig auch für den Tierschutz zuständig ist – auch Druck auf Tierärztinnen und -ärzte ausübt. Was könnte man hier verankern, dass es wirklich auch den Schutz für die Tierärzte gibt, dass sie die Kontrollen auch durchführen können? (Abg. Eßl: Ich habe gar nicht gewusst, dass in Kärnten der Bauernbund so stark ist!)

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Herr Initiator Bohrn Mena! Ganz kurz eine Frage, und zwar an Herrn Dr. Balluch: Es wird von Gegnern der Tierschutzstandards immer das – quasi – Totschlagargument verwendet, dass höhere Tierschutzstandards automatisch zu einem geringeren Selbstversorgungsgrad führen. Da hätte ich Sie gern gefragt, ob Sie das auch so sehen.

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Herr Vorsitzender! Geschätzter Herr Bundesminister! Herr Dr. Bohrn Mena! Geschätzte Expertinnen und Experten! Werte Zuseherinnen und Zuseher via Livestream! Herzlichen Dank an die Initiatoren, die dieses Tierschutzvolksbegehren auf den Weg gebracht haben, und herzlichen Dank an jene über 416 000 Menschen, die das auch unterstützt haben. Es ist ein sehr, sehr erfolgreiches Volksbegehren unter gar nicht so einfachen Rahmenbedingungen gewesen.

Wir sind jetzt hier, nicht nur um das irgendwie parlamentarisch nach dem Protokoll abzuhandeln, sondern um tatsächlich Lösungen zu finden. Ich bin überzeugt davon – meiner persönlichen Einschätzung nach –, dass die Punkte dieses Volksbegehrens umsetzbar sind. Es muss uns auch klar sein, dass entsprechende gesetzliche Änderungen da und dort notwendig sind.

Was mir persönlich bei diesem Volksbegehren besonders gefallen hat, ist, dass es nicht mit Schuldzuweisungen arbeitet, nicht in Richtung Landwirtschaft – ganz im Gegenteil, es gibt konkrete Lösungsvorschläge –, aber auch nicht in Richtung der Konsumenten. Das ist auch mir zu billig, immer zu sagen: Na, der Konsument alleine ist für das Tierwohl verantwortlich! So ist es nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Es sind klare Punkte drinnen: Umschichtung der Fördermittel für die Landwirtschaft, „Lebensmittelbeschaffung durch die öffentlichen Hand an das Tierwohl knüpfen“ – ein ganz wichtiger und großer Punkt – und auch mehr Transparenz für den Konsumenten schaffen, nämlich mehr als bisher, bis ins Gasthaus hinein. Damit unterstützen wir auch die Landwirte.

Jetzt haben wir ja leider die Situation, dass diejenigen, die selbst schon freiwillig viel umgestellt haben und über die Mindestanforderungen – weit über die Mindestanforderungen – hinaus in ihrer Landwirtschaft produzieren, in Wahrheit die Dummen und im Nachteil sind, und das kann es nicht sein.

Sebastian Bohrn Mena hat es angesprochen: Wir alle hier sind verantwortlich für das Tierwohl, aber auch natürlich für die Interessen unserer Wählerinnen und Wähler. Von allen Fraktionen haben Menschen dieses Volksbegehren unterstützt. Ich war selbst überrascht davon, wie viele Sympathisanten und auch Mitglieder und Funktionäre der Freiheitlichen Partei dieses Begehren unterschrieben haben. Ich habe es auch aus voller Überzeugung unterstützt.

Meine Redezeit geht leider schon zu Ende. Ich habe drei konkrete Fragen an Frau Mag. Kopschar, aus Ihrer Sicht als Tierärztin: Vollspaltenböden, wir diskutieren viel darüber. Mich würde nur interessieren: Was bedeutet das in der Praxis? Eine artgerechte Haltung auf Vollspaltenböden – da sind wir uns wahrscheinlich einig – wird nicht möglich sein. Ich würde von Ihnen gerne wissen: Warum ist das nicht möglich und was macht das mit den Tieren konkret über die körperlichen Verletzungen hinaus?

Das andere ist das Thema Tiertransporte – ein Thema, das sehr viele Menschen bewegt, weil es wirklich nicht nachvollziehbar ist, dass lebende Tiere Zigtausende Kilometer quer durch Europa bis nach Nordafrika transportiert und dort vielleicht auch noch geschächtet werden, das kann es nicht sein. Was macht das mit den Tieren konkret? Was bedeutet das – diese Stresssituation, diese Verletzungen, diese schlechten Bedingungen – letztlich auch für die Qualität des Produktes, des Fleisches, für den Konsumenten?

Allerletzte Frage: Qualzuchten, speziell bezogen auf Hunde. Wie sieht das aus Ihrer tierärztlichen Praxis aus? Sind Sie stark davon betroffen? Welche Probleme haben diese Tiere konkret? Welche Rassen sind in Österreich hauptsächlich davon betroffen? – Danke.

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Vorsitzender! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich möchte die Sache einmal im Großen betrachten. Welche Chance hat unsere heimische, kleinstrukturierte Landwirtschaft wirklich, wenn sie im internationalen Wettbewerb gegen Großkonzerne, gegen die große Agrarindustrie überleben möchte? Sie kann nur darin bestehen, dass wir uns klar zur Herkunftsbezeichnung von Lebensmitteln bekennen. Nur dann hat unser Landwirt tatsächlich eine Chance, mit seinen qualitativ hochwertigen Produkten auch den Konsumenten – die Staatsbürger, aber auch unsere Gäste – zu erreichen. Wir haben im Jahr vor der Pandemie 150 Millionen Übernachtungen geschafft, 150 Millionen Gäste, die die hohe Qualität unserer landwirtschaftlichen Produkte schätzen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wir müssen jetzt wirklich im Parlament endlich die verpflichtende Herkunftsbezeichnung umsetzen. Sie wissen, dass wir als Freiheitliche Partei seit Jahren dafür kämpfen. Es liegt an Antrag von uns im Ausschuss, der vertagt wurde. Packen wir es an! Es gibt ja nur diesen Weg, sonst wird die kleinstrukturierte Landwirtschaft nie und nimmer – auch im Hinblick auf das Mercosur-Abkommen, das wir abwehren müssen – überleben können.

Deswegen also meine Frage an alle Expertinnen und Experten: Für wie notwendig erachten Sie eine verpflichtende Herkunftsbezeichnung für Lebensmittel?

Eine zweite Frage habe ich noch an Frau Mag. Kopschar, weil mir Ihre Schilderung über die Kastration sehr wehtut. Ich bin überzeugter Tierliebhaber und stehe auch voll und ganz zum Ausspruch von Initiator Bohrn Mena, dass Tiere Mitgeschöpfe sind. Natürlich sind Tiere Mitgeschöpfe und natürlich dürfen wir Tieren kein Leid zufügen. Das ist ja das Normale, es ist erschreckend, dass wir über so etwas überhaupt noch diskutieren müssen! Deswegen also meine Frage an Sie, Frau Magister, zur Ferkelkastration: Welche Kosten sind denn mit der Immunkastration verbunden, die wesentlich tiergerechter ist? Das müsste man doch auch umsetzen können. – Danke.

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Danke noch einmal an die Expertinnen und Experten für ihre Einblicke, für ihre Expertise. Wir behandeln heute das zweite Mal innerhalb von 25 Jahren ein Tierschutzvolksbegehren. Damals hatte das Tierschutzvolksbegehren über 400 000 Unterschriften, diesmal hat es über 400 000 Unterschriften. Das zeigt, wie wichtig dieses Thema den Menschen in Österreich ist, und es zeigt aber auch, wie groß unsere politische Verantwortung hier in diesem Bereich ist.

Aus dem ersten Tierschutzvolksbegehren Anfang der 1990er-Jahre ist das Bundestierschutzgesetz entstanden. Groß sind die Erwartungen auch dieses Mal, dass wir hier ein umfassendes Tierschutzpaket miteinander schaffen, das Tiere, wie schon angesprochen, als fühlende Lebewesen wahrnimmt und achtet, das aber weiter geht und sich auch wirklich in Richtung eines Systemwandels bewegt. Wenn ich Systemwandel sage, dann meine ich: Weg von der konventionellen industriellen Massentierhaltung, aber auch weg von dieser klimaschädlichen Produktionsweise und auch weg von diesem völlig entgrenzten Fleischkonsum und dem Konsum tierischer Produkte!

Meine Fragen dazu an Sie sind: Es wurde oftmals darüber gesprochen, welche Alternativen es zum jetzigen Nutztierhaltungssystem braucht. Da möchte ich den Bereich Teilspaltenböden ansprechen. Herr DDr. Balluch, meine Frage geht an Sie: Wäre das eine Alternative – es wird manchmal angesprochen –, um Tierleid zu minimieren? Mich würde Ihre Einschätzung und auch die von allen Expertinnen und Experten interessieren: Gibt es Best-Practice-Beispiele in anderen Ländern, wo Sie meinen, es wäre gut, das hier in Österreich zu übernehmen? Und auch anknüpfend an die Frage, die schon gestellt wurde, um die Tierrechte zu stärken: Wie würden Sie die Position der Tierschutzombudsperson stärken? – Danke schön.

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte ExpertInnen! Alle Menschen und alle Menschen, die dieses Volksbegehren unterschrieben haben! Es ist insofern ein erfreuliches Volksbegehren, weil es mich als Bäuerin stolz macht. Es macht mich stolz, weil es uns mitnimmt. Heute wurde schon davon gesprochen, den Systemwechsel wieder zur Mensch-Tier-Beziehung zu vollziehen, und ich glaube, genau das ist der Ansatz, den die Landwirtschaft wieder braucht, nämlich eine Beziehung hin zum Tier, eine Beziehung zum Boden, den wir bewirtschaften, und eine Beziehung zum Lebensmittel und Nahrungsmittel, das wir produzieren.

Herr Prof. Kirner, Sie haben heute auch erwähnt – es wurde schon öfter zitiert –, dass 66 Prozent der Schweine haltenden Betriebe, deren Besitzer Sie interviewt haben, angeben, sie würden gerne nichts ändern. Gleichzeitig sagen mehr als 90 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher, dass sie gerne Schweine auf Stroh hätten. Ich bin mir sicher: Wenn wir ein paar Jahre zurückgehen, dann könnten wir hier stehen und die Diskussion über Käfighühnerhaltung führen. Es wäre dieselbe, die wir heute führen.

Wir führen zwar keine Diskussion über Käfighaltung bei Schweinen, aber in Wirklichkeit ist das, was wir dort erleben, eine Käfighaltung, wenn pro Schwein weniger als 1 Quadratmeter Platz vorhanden ist. Und ja: Der gesellschaftliche Anspruch geht dorthin, dass wir das verändern, und wir werden auf diesem Weg die Betriebe mitnehmen und niemanden alleinlassen. Ich sage das hier ganz explizit: Fürchtet euch nicht, liebe Bäuerinnen und Bauern, aber der Trend geht dorthin! Es bleibt uns nichts anderes übrig, als diese Hürde zu nehmen und eine gute Entwicklung in Österreich zu schaffen.

Insofern meine Fragen zunächst an Herrn Prof. Zollitsch: Genau in dieser Zeit, da wir wissen, wir werden das 1,5-Grad-Ziel wahrscheinlich nicht erreichen, wir werden mit dem Klimawandel auskommen müssen, wir werden in einer Nahrungskonkurrenz sein: Was braucht die österreichische Nutztierhaltung, um sich diesbezüglich mitzuentwickeln? Wo sind in der Wissenschaft derzeit die Ansätze? Was können wir den Bäuerinnen und Bauern anbieten? Auch eine Frage aus der Nutztierethik: Wenn Herr Prof. Kirner sagt, Tierwohl kann auch günstig sein, dann sind das Kriterien, die nutztierethisch, glaube ich, keinem Schwein irgendein Material oder irgendeine Umgebung schaffen, in denen es wirklich artgerecht gehalten wird, weil das auf Vollspalten nicht geht. Somit bedeutet das nutztierethisch: Was braucht ein Schwein, das in der bäuerlichen Struktur glücklich ist, um in der österreichischen Nutztierhaltung mitgenommen zu werden?

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Expertinnen und Experten! Das Thema Tierwohl bedeutet, dass wir anerkennen, dass Tiere Lebewesen sind wie wir alle.

Ich muss jetzt persönlich werden. Ich war vielleicht vier, fünf Jahre alt, und jedes Mal, wenn meine Mutter Schnitzel oder dergleichen gekauft oder gekocht hat, habe ich gefragt: Mama, woraus wird Fleisch gemacht?

Ich habe Jahre später beschlossen, kein Fleisch mehr zu essen. Damals war es für mich jedoch ganz wichtig, dass meine Mama gesagt hat: Schau, die Tiere kommen aus unserem Stall! Denen geht es gut. Die werden gut gehalten und sie leiden nicht.

Ich glaube, dass das die wichtigste Forderung im Volksbegehren schlechthin ist: die Information, die Transparenz und die entsprechende Kennzeichnung. Jetzt meine Frage: Glauben Sie, sehr geehrte Experten, Expertinnen, dass wir – wenn es eine verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung gibt – die Trendwende schaffen, und zwar so effizient wie möglich, so schnell wie möglich und so umfassend wie möglich? – Danke.

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Vorsitzender! Werter Herr Bundesminister! Vielen Dank an alle Experten und Initiatoren des Volksbegehrens für ihre Arbeit. Ich halte es beim Tierschutz immer gerne mit dem kleinen Prinzen: „Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast.“

Ich denke, dass es egal ist, ob man Landwirt oder privater Tierhalter ist. Man hat Verantwortung für die Tiere, die einem eigen sind. Ich tue mir ein bissel schwer mit dieser Herkunftskennzeichnung, weil es kein Qualitätsmerkmal ist, wenn ich weiß, woher das Tier kommt. Ich würde da wirklich auf die Haltungskennzeichnung abzielen und sagen, das ist der wichtigere Punkt bei der ganzen Geschichte. Zu dieser Studie von Herrn Kirner, in der steht, dass das Problem die fehlende Freude am Tier ist, wenn ich es richtig gelesen habe: Es wäre dann vielleicht gescheiter, wenn der Landwirt umsattelt und keine Tiere hält.

Meine Fragen – zuerst eine Frage an Frau Dr. Wolf –: Es gibt immer wieder schockierende Berichte über den illegalen Welpenhandel. Sie haben das vorhin auch gut ausgeführt. Wir haben aber auch eine generelle Wegwerfkultur bei den Menschen, die unüberlegt ein Haustier anschaffen. Viele Tiere landen dann im Tierheim oder im schlimmsten Fall am Straßenrand. Wie grob schätzen Sie dieses Problem ein und welche Lösungen gibt es hier? Was kann die Politik diesbezüglich tun?

Außerdem eine Frage an Professor Kirner und Professor Zollitsch: Wir haben uns gestern mit Vertretern der Landwirtschaft und der Tierzucht getroffen, die von einem großen Preisdruck berichten und bestätigen, dass wir in Österreich bei konventionellen Massenproduktionen von tierischen Produkten niemals werden mithalten können. Spricht also aus Ihrer Sicht irgendetwas dagegen, dass wir im Zuge der nationalen Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik die Fördersysteme in Österreich voll und ganz auf Qualität und Tierwohl ausrichten? – Danke.

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Vorsitzender! Herr Minister! Geschätzte Expertinnen und Experten! An alle Experten folgende Frage: Das Bundestierschutzgesetz ist Bundessache, aber die Vollziehung ist Ländersache. Das führt dazu, dass es in den Bundesländern meistens beim Agrarressort liegt, für den Tierschutz zu sorgen. Interessenkonflikte und Unvereinbarkeiten sind natürlich vorprogrammiert.

Jetzt gibt es zwei Varianten: Entweder man sagt, das muss im Bundesland auch zum Gesundheitsressort gehören, wie es auf Bundesebene der Fall ist, oder man zieht auch die Vollziehung auf die Bundesebene. Was würden Sie begrüßen oder haben Sie einen besseren Vorschlag?

Kollegin Fiedler hat schon darauf aufmerksam gemacht, dass es – anders als Kollege Hauser sagt – nicht auf die Herkunft aus Österreich ankommt, sondern auf die Haltung, denn wenn das Schwein auf Vollspaltböden gehalten wird, wird es auch in Österreich auf Vollspaltböden gehalten. Das AMA-Gütesiegel bekommt jeder. Das AMA-Gütesiegel heißt für den Kunden: Es ist super, es kommt aus Österreich, aber in Wirklichkeit könnten das Schweine auf Vollspaltböden sein und das Tier könnte mit Soja gefüttert worden sein, wofür Regenwald abgeholzt wurde. Die Nachhaltigkeit der Fütterung spielt da also überhaupt keine Rolle, ökologisch nachhaltig ist das nicht. Für diese Tiere könnten auch gentechnisch veränderte Futtermittel verwendet worden sein. Auch dann bekämen sie ein AMA-Gütesiegel.

Es ist also eine Illusion, dass die AMA irgendetwas mit Qualität zu tun hat. Es wundert mich jetzt, dass das Thema AMA vonseiten der Experten nie angesprochen worden ist. Das ist nämlich auf der einen Seite eine Behörde, die kontrolliert, auf der anderen Seite geht dort das Marketing hin. Die Bauern müssen an die Behörde, von der sie kontrolliert werden, Marketingbeiträge zahlen. Da sind Interessenkonflikte ebenso vorprogrammiert. Diesbezüglich würde mich interessieren, wie Sie diese Gütesiegelthematik sehen.

An Herrn Dr. Balluch: Sie haben sich mehrmals für eine vegane Utopie ausgesprochen. Für mich ist ein Frühstück ohne Milch, ohne Joghurt, ohne Eier, ohne Butter eher ein Horrorszenario als eine vegane Utopie. Wie stellen Sie sich Ihre vegane Utopie vor?

Erste Antwortrunde der ExpertInnen

DDr. Martin Balluch: Es sind sehr viele Fragen gekommen und es ist sehr wenig Zeit zu antworten. Soweit ich weiß nur siebeneinhalb Minuten, ist das richtig?

Obmann Mag. Gerhard Kaniak: Insgesamt 15 Minuten für beide Fragerunden.

DDr. Martin Balluch: Da spare ich mir etwas auf für den zweiten Teil.

Jedenfalls hat Kollege Kirner diese Umfrage auch unter den Landwirtinnen und Landwirten präsentiert, und da wurde gesagt: Stroh statt Vollspaltenboden ist offenbar kein System für alle Landwirte und Landwirtinnen. Da gibt es anscheinend Menschen, die charakterlich so strukturiert sind, dass sie ihre Schweine ungern auf Stroh halten. Ich kann das irgendwie nicht ganz nachvollziehen, aber ich möchte gerne, dass Sie, verehrte Damen und Herren, einen Blick auf dieses Schwein werfen, das auf einem Vollspaltenboden lebt. (Der Redner stellt ein Foto, auf dem ein Schwein auf einem Vollspaltboden zu sehen ist, auf das Rednerpult.) Sehr verehrte Zuschauer und Zuschauerinnen, schauen Sie dem Tier in die Augen und dann erzählen Sie ihm: Ich bin charakterlich so, dass ich dich einfach ungern auf Stroh halte!

Ich würde das wie Frau Fiedler sagen: Das ist nicht kein System für alle, sondern diese Personen sind keine Menschen für die Schweinehaltung oder Tierhaltung.

Was wir brauchen, ist eine gesetzliche Veränderung. Das sieht man daran, dass eben so hohe Prozentsätze der Menschen sagen: Ich will meine Vollspaltenbodenhaltung nicht ändern, und daran sieht man, dass es nach Ansicht der Landwirte und Landwirtinnen selbst eben kein System für alle sein soll.

Es wurde die Frage an mich herangetragen, wie das mit der Putenhaltung ist. Frau Landwirtschaftsministerin Köstinger wird nicht müde zu betonen, dass die Putenhaltung ein Beispiel dafür sei, dass eine gesetzliche Verschärfung und Verbesserung für den Tierschutz ein Nachteil für den Wirtschaftsstandort Österreich und die Tierproduktion sei. Das ist schlicht und einfach falsch, um nicht zu sagen: gelogen. Ich weiß nicht, ob sie davon weiß, aber jedenfalls gab es nie eine Verschärfung oder Verbesserung der Tierschutzstandards der Puten, seitdem es ein Bundestierschutzgesetz gibt. Ich weiß also nicht genau, worauf sie sich bezieht. Der Selbstversorgungsgrad ist jetzt schon seit 20 Jahren auf dem Niveau, auf dem er sich heute befindet. Das scheint mir also mehr eine Propagandaausrede als ein wirklich ernstzunehmender Diskussionsbeitrag zu sein. De facto haben wir in unserer Geschichte kein einziges Beispiel dafür, dass eine ernsthafte Verbesserung der Tierschutzstandards zu einem Einbruch der Selbstversorgung in dieser Tiersparte geführt hat.

Die Legehennenhaltung ist ein Beispiel dafür. Auch das wurde als Frage an mich herangetragen. Da wurde über Legebatterien und das Verbot der Käfighaltung diskutiert und ich bin auch hier gestanden. 2002 gab es eine parlamentarische Enquete zu dem Thema, und es wurde genau dasselbe gesagt: Wenn wir jetzt die Käfighaltung verbieten und die EU erlaubt das und führt die ausgestalteten Käfige ein, was machen wir dann? Wir werden nur noch Käfigeier importieren! Was ist in Wahrheit passiert? – Wir haben den Import von Käfigeiern von über 30 Prozent auf 12 Prozent reduziert, die Legebetriebe sind mehr geworden und die Selbstversorgung viel höher. – Also das Gegenteil.

Wir sehen, dass viele in ihren Diskussionsbeiträgen hier recht haben, wenn sie meinen, dass wir in Österreich, wenn wir die eigene Landwirtschaft fördern wollen, auf Tierwohl und Tierschutz setzen müssen statt auf miese Massentierhaltung und statt in Konkurrenz mit Großbetrieben aus anderen Ländern zu treten.

Ich wurde auch gefragt, ob Teilspaltenböden eine Option sind. Faktum ist, dass Schweine sehr gerne auf einem ganz anderen Platz koten – Überraschung! –, als sie schlafen. Daher ist es von Vorteil, wenn man ihnen Mehrflächenbuchten bietet, sodass also ein Teilbereich eingestreut ist, wo sie liegen und schlafen können, und ein Teilbereich Spalten hat, wo sie koten können und wo es daher umso einfacher ist, diesen Kot zu entfernen. Das wäre der Teilspaltenboden und den sehen wir sehr wohl als eine Alternative.

Man muss aber bedenken, dass der Teilspaltenboden an sich noch nicht ausreicht, denn Teilspaltenboden bedeutet nur, dass ein Teil des Bodens planbefestigt ist. Eine Planbefestigung allein hilft noch nicht. Wenn man zum Beispiel das Platzangebot nicht erhöht, stehen die Tiere überall gleich dicht, können sich also nicht mehr einteilen, wo sie koten und wo nicht. Die Folge ist, dass sich auf dem planbefestigten Bereich der Kot türmt.

Ich habe sehr viele Betriebe dieser Art gesehen und das ist leider sogar eine Verschlechterung für die Tiere. Wir brauchen also einen Teilspaltenboden, bei dem der planbefestigte Bereich tief eingestreut ist, sodass die Tiere dort liegen können, und bei dem der Platz mindestens verdoppelt wird, sodass die Tiere gleichzeitig nebeneinander auf diesem eingestreuten Strohbereich liegen können. Nur dann haben wir den Verbesserungsschritt wirklich erreicht.

Es gibt tatsächlich in Europa Beispiele, wo der Vollspaltenboden verboten wurde, diese anderen Punkte aber nicht berücksichtigt wurden, sodass wir die wirkliche Verbesserung nicht sehen. Es wäre ein fataler Fehler wie bei den Legebatterien, bei denen man als Alternative eben die ausgestalteten Käfige eingeführt hat. Das hat man auch in Österreich probiert. Bis 2020 war es auch noch erlaubt, die bestehenden Betriebe weiterzuführen. Da sollten wir auf jeden Fall genauso wie beim Legebatterieverbot gleich in die Vollen gehen: ein Teilspaltenboden mit tiefer Stroheinstreuung und so viel Platz, dass die Tiere dort gleichzeitig nebeneinander liegen können. Alle anderen Lösungen sind definitiv keine, also nicht ausreichend.

Dann wurde ich noch zu den Tierschutzombudspersonen, zur Verbandsklage gefragt – das geht sich jetzt zeitlich alles nicht ganz aus. Die Tierschutzombudspersonen waren eine Idee – auch schon formuliert im ersten Tierschutzvolksbegehren 1996, damals haben wir sie Tieranwaltschaften genannt –, bei der es darum gegangen ist, dass Tiere als Sachen gelten, weshalb sie nicht vertreten werden können. Stattdessen gibt es nur das öffentliche Interesse des Tierschutzes. Die Tierschutzanwaltschaften sollten sozusagen eine Art Vertretung der Tiere sein – im Tierschutzgesetz wurde es eine Vertretung des Tierschutzes.

Dieses Modell hat sich eigentlich bewährt. Es zeigt sich, dass es sehr stark davon abhängt, wie die einzelne Person persönlich eingestellt ist, ob das eine Person ist, die auch wirklich engagiert ist oder nicht. Wir haben aber – teilweise jedenfalls – sehr positive Erfahrungen mit Tierschutzombudsschaften gemacht. Wesentlich ist, dass sie ausreichend budgetiert sein müssen. Es gibt Tierschutzombudsschaften, die nur eine halbe Stelle haben und alle diese Themen abdecken sollen. Es gibt jetzt auch im strafrechtlichen Bereich Erweiterungen, wo sie ihre Kompetenzen bekommen haben, im Tierversuchsbereich. Da müsste man auf jeden Fall aufstocken. Es müsste eigentlich gesetzlich so nachgeschärft werden, dass die Tierschutzombudsschaften einen ganz Stab zur Unterstützung haben, um diese großen und wichtigen Aufgaben anzugehen, die sie anzugehen haben.

Dabei denke ich gleichzeitig, dass man vielleicht auch das Gesetz vereinheitlichen könnte. Es gibt eigentlich keinen Grund – außer einem historischen –, dass wir Tierversuchsgesetz, Tiertransportgesetz und Tierschutzgesetz separieren. Stattdessen gehören sie eigentlich wieder zusammengeführt, sodass die Tierschutzombudspersonen für alle vollständig verantwortlich sind. – Vielen Dank.

HS-Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. Leopold Kirner: Ich beginne mit einer Replik zu Ihnen, Herr Dr. Balluch, und zwar, weil Sie gesagt haben, dass sich die Landwirte nicht vorstellen können, dass die Tiere auch mit mehr Tierwohl gehalten werden können. Ich glaube, das ist nicht das Thema, sondern sie konnten oder können sich einfach nicht vorstellen, mit diesem System zu hantieren. Denn es ist kein System von der Stange, das quasi weitverbreitet und bekannt ist, sondern man muss sehr viel tüfteln, sich sehr viel mit den Tieren, mit dem System, mit der Lüftung und so weiter auseinandersetzen.

Deshalb glaube ich, dass mehr Tierwohl, mehr Tierschutz und höhere Standards nicht nur eine gesetzliche Frage sind – die ist natürlich sehr, sehr wichtig –, sondern auch eine Bildungs-, eine Weiterbildungsfrage. Es geht darum, die Leute mitzunehmen, sie zu informieren. Gerade deshalb ist so ein Forschungsprojekt auch wichtig: Welche Probleme treten hier auf? Wie kann man Landwirte und Landwirtinnen auch in diesen Systemen, die nicht so standardisiert sind, dazu befähigen, sie gut zu bewerkstelligen, damit es den Menschen und den Tieren gut geht? Das ist, glaube ich, auch immer wichtig.

Zu den einzelnen Fragen: Die erste Frage betrifft Tipps für junge Hofnachfolgerinnen und Hofnachfolger bei bestehenden Stallungen: Wie soll es da weitergehen, wenn quasi nicht neu gebaut wird? Bei Neubauten ist es, glaube ich, relativ einfach, wenn man auf die Ergebnisse schaut – zumindest im Mastschweinebereich, für die Zucht kann ich hier nicht reden. Es gibt Systeme, die unter dem jetzigen oder zukünftigen Fördersystem schon jetzt voll konkurrenzfähig sind. Also da hat eigentlich der Vollspaltenboden – auch ökonomisch betrachtet – keine Berechtigung mehr.

Bei Umbauten ist es anders. Natürlich kommen bei Umbauten neue Kosten hinzu. Da ist natürlich die erste Frage: Gibt es eine längerfristige Perspektive auf diesem Hof? Also kann man überlegen, länger in der Schweinehaltung im Betrieb zu bleiben, oder ist das eher ein Auslaufmodell? Gerade in der Schweinehaltung ist der Strukturwandel extrem hoch. Wie kann man solche zusätzlichen Kosten durch diese Öpul-Maßnahmen kurzfristig abfedern? Wenn es um eine längerfristige Perspektive geht, also wenn man selbst, der Sohn oder die Tochter den Betrieb mit Schweinen weiterführen möchte, würde ich empfehlen, sehr flexibel für unterschiedliche Anforderungen, die kommen könnten, umzubauen, also eher flexibel zu gestalten – wahrscheinlich auch mit einem kleinen Vergrößerungsschritt, weil diese Mehrkosten auch wieder abgefedert werden müssen.

Das wäre eine Kombination aus vielem, aber das ist natürlich eine betriebsindividuelle Darstellung, wie man das dann gestaltet.

Zur zweiten Frage: Markenprogramme. Es stimmt, im Schweinebereich haben viele Markenprogramme begonnen und sind dann wieder eingestellt worden. Ein paar haben sich etabliert – ich nenne hier keine Namen, um keine Werbung zu machen. Markenprogramme im Schweinebereich sind dann erfolgreich, wenn es gelingt, das ganze Tier mit höheren Preisen – Produktpreisen – zu vermarkten.

Das Problem der Schweinehaltung; es wurde auch die Legehennenhaltung herangezogen, oder auch die Milch: Da hat man 100 Prozent Produkt – das volle Ei, den vollen Liter Milch –, das man zu Mehrkosten vermarkten kann. Beim Schwein, wissen wir, haben wir nicht nur Edelteile. Wir haben etwa 30 Prozent, 35 Prozent Edelteile, bei denen man wahrscheinlich relativ gut mit Mehrpreisen in der Vermarktung mit Labelprogrammen arbeiten kann. Bei vielen Teilen aber – gewisse Teile der Schweine werden in Österreich ja gar nicht gegessen, das wissen Sie wahrscheinlich – wird man, wenn man die exportiert, auch kaum höhere Preise erzielen. Markenprogramme sind also dann erfolgreich, wenn es gelingt, die gesamten Teile mit einer höheren Wertschöpfung zu versehen. Das ist, glaube ich, der Schlüssel.

Herr Stöger, Sie haben gesagt: 55 Prozent, die es quasi noch ablehnen, höhere Standards einzuführen, das sind nicht viel! – Ich würde behaupten: 45 Prozent oder 50 Prozent bei den Jungen ist eigentlich schon sehr viel. Hätten wir diese Befragung vor zehn Jahren gemacht, wäre der Anteil noch ganz anders gewesen. Wir machen viele Befragungen mit Landwirtinnen und Landwirten und sehen: Der Aspekt des Tierwohls war vor zehn Jahren überhaupt kein oder wenig Thema, und jetzt ist er schon bei gewissen Qualitätsstrategien ganz, ganz oben. Ich denke, das wird sich weiterentwickeln, aber es gibt natürlich immer unterschiedliche Menschen und nicht alle werden auf dieses Pferd setzen können oder wollen – wie auch immer. Auch deshalb diese Anmerkung des einen Landwirts, dass das nicht für jeden passt: Das muss man, glaube ich, auch akzeptieren.

Der erweiterte Standard: Ist das sinnvoll? Wir haben es einfach gerechnet, weil es die Diskussion auch in diese Richtung gibt: einen Vollspaltenboden, mit mehr Platzangebot, zu kreieren. Ich denke, dass es grundsätzlich immer eine Konsensfrage in der Gesellschaft ist. Wäre das Konsens? – Ich glaube nicht. Insofern glaube ich, der Vollspalten wird, nur, wenn ein bissel mehr Platz ist, wahrscheinlich längerfristig nicht konsensfähig sein. Oder: Wenn wir die Chance haben, vor allem bei Neubauten in Richtung mehr Tierwohl zu gehen – zumindest mit einem Teilspaltenboden, der bestimmte Vorteile hat, mit etwas Stroheinstreu –, und das kostenmäßig nicht viel mehr ausmacht, dann denke ich, weiß ich, wohin die Reise geht.

Es wurde nach Kastrationskosten gefragt. Die kann ich für Österreich relativ genau beantworten, weil wir das sehr gut recherchiert haben, und zwar waren das im Schnitt über alle Landwirte, die das durchführen, 6,30 Euro pro Mastschwein. Es wird ja nur das männliche Schwein kastriert, das kostet 12 Euro und so weiter. Die Arbeitszeit ist da auch eingepreist, also: Vollkosten von 6,30 Euro pro Mastschwein.

Zur Herkunftskennzeichnung: Ich glaube, das ist ein Schlüssel. Wenn wir quasi die Konsumentinnen und Konsumenten einbinden wollen – und, wie auch immer wieder gesagt wird: Tierwohl, Tierschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe! –, dann kann das die Landwirtschaft alleine nicht stemmen, und wir brauchen die Informationen, damit wir bei der Kaufentscheidung wissen: dafür oder dagegen.

Ich glaube aber auch nicht, dass es nur der Konsument alleine schafft, sondern es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die spannende Frage ist immer: Was kommt über öffentliche Gelder, das heißt über die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, und was kommt direkt über die Konsumentinnen und Konsumenten? Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Frage, wie wir das beantworten. Bei der Heumilch zum Beispiel ist es so, dass es teilweise über öffentliche Gelder geht und teilweise sind die Leute auch bereit, dafür mehr zu bezahlen. Weil es gut ausgelobt ist – das muss man auch dazu sagen.

Ich habe da noch die Frage: Freude an den Tieren, Preisdruck, alles auf Qualität, die Frage des Fördersystems, die Umstellung des Fördersystems. Wir haben ja etwa 700 Millionen Euro in der ersten Säule für Direktzahlungen – für Flächenzahlungen im Großen und Ganzen –, und etwa 1,1, 1,2 Milliarden Euro für die ländliche Entwicklung. Das heißt, Österreich hat schon sehr viel Gelder in der ländlichen Entwicklung, wo wir sehr zielgerichtet fördern, aber ich denke, dass es längerfristig auch noch mehr in diese Richtung gehen sollte – auch in Österreich, aber vor allem auch europaweit, also mehr von den klassischen Direktzahlungen, die ja ursprünglich aus dem Jahr 1992 datieren, weil Preise ja gesenkt wurden und dafür Direktzahlungen ausgegeben wurden, in Richtung stärkere Unterstützung für zielorientierte und von der Gesellschaft auch gewünschte Leistungen der Landwirtschaft. – Danke schön.

Mag. Birgit Kopschar: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte einmal mit der Frage zu den Vollspaltenböden beginnen. Wie schon gesagt, da gibt es wirklich Handlungsbedarf, und ich möchte mich Kollegen Balluch anschließen: Ein Vollspaltenboden ist wirklich keine gute Option für ein Schwein.

Man kann aber auch da nicht alles so schwarz oder weiß sehen, denn wenn man zum Beispiel einen Betrieb hat, in dem man einen Durchfallerreger hat, dann kann man die hygienischen Maßnahmen auf einem Spaltenboden wesentlich besser umsetzen als bei einem Boden aus Einstreu oder gar Tiefeinstreu, denn da ist die Entmistung wesentlich arbeitsintensiver und kostenintensiver. Bei Stallhaltungen mit tiefer Stroheinstreu gibt es auch immer wieder mehr Klauenprobleme, da sich die Klauen nicht so abnutzen. Es kommt zu einem übermäßigen Wachstum, die Tiere haben Fehlstellungen, sie bekommen Gelenksentzündungen, was dann immer wieder und häufiger zu Antibiotikaeinsatz führt.

Ich würde in dem Fall auch zu einem Kompromiss raten, das heißt, grundsätzlich einmal ein Verbot von Vollspaltenböden, aber eine schrittweise Umrüstung zu Teilspaltenböden. Wie der Kollege schon ausgeführt hat, sind das Aufstallungen, in denen im Bereich der Fressbuchten oder der Bereiche für die Beschäftigungsmöglichkeiten der Schweine Spaltenböden vorhanden sind und im Bereich der Ruheräume oder der Ruhemöglichkeiten plane Böden, die dann eingestreut werden. Das kann man dann natürlich an gewisse Größen anbinden.

Wenn man da dann spezielle Anreize oder Übergangsfristen, steuerliche Vorteile oder Förderungen für die Bauern schafft, dann ist das, glaube ich, auch für den Landwirt tragbar. Zusätzlich kann man durch Kennzeichnungen – verpflichtende Kennzeichnungen der Produkte – vielleicht auch einen Anreiz schaffen, dass die Bauern auf tiefe Einstreu oder vollflächige Einstreu umstellen.

Die nächste Frage betraf die Kastration: Wie schon gesagt, ist die Kastration in Österreich ohne Betäubung bis zum siebten Lebenstag möglich und erlaubt.

Eine Alternative ist die Ebermast. In vielen Nachbarländern – in Deutschland oder in der Schweiz – oder auch in Spanien und Portugal wird das schon gemacht. Die Vorteile sind: Es gibt keine chirurgischen Eingriffe, die Männchen wachsen auf wie die Weibchen. Die Nachteile sind allerdings: Man muss die männlichen Schweine natürlich von den weiblichen trennen, um eine unkontrollierte Nachzucht zu verhindern. Die männlichen Schweine sind aggressiver in ihrem Verhalten als die kastrierten Schweine, und man muss ein ganz spezielles Stallmanagement für diese Eberzucht haben. Das heißt, man braucht mehr Beschäftigungsmöglichkeiten, man braucht eine viel geringe Bestandsdichte, man muss Tiere, die eher unterdrückt werden, sofort aussortieren, sonst fangen sie an, einander die Penisse abzubeißen oder sich gegenseitig zu verletzen. Das heißt, der Bauer braucht wesentlich mehr Raum zur Verfügung, damit er da sofort eingreifen kann.

Eine weitere Möglichkeit ist natürlich die Kastration unter Vollnarkose. Da gibt es zwei Möglichkeiten: Das eine ist eine Inhalationsnarkose, das ist relativ aufwendig, und das andere ist dann die Injektionsnarkose. Da muss man grundsätzlich sagen: Jede Narkose ist ein massiver Eingriff in den Köper. Das Herz-Kreislauf-System ist enorm belastet, und gerade weil das Schwein eh sehr stressanfällig ist, ist eine Vollnarkose einfach bei jedem Schwein ein gewisses Risiko, und man hat mit einer gewissen Ausfallsrate zu rechnen.

In der Nutztierpraxis wird auch normalerweise mit Injektionsmaschinen gearbeitet. Das heißt, da wird ein Injektionsvolumen voreingestellt und so geht die Injektion wirklich sehr, sehr rasch. Das kann man bei Gewichtsdifferenzen von bis zu 100 Prozent nicht machen, das heißt, der Tierarzt muss jede Injektion einzeln aufziehen. Diese Injektionen darf auch nur der Tierarzt setzen, was wieder ein enormer Mehraufwand ist. Zusätzlich ist die Nachsorge für die sedierten Tiere viel aufwendiger. Man muss die sedierten Ferkel extra legen – das heißt, man braucht wieder extra Raum –, und man muss sie wärmen, sonst bekommen sie eine Hypothermie und das ist gesundheitlich sehr fatal.

Die nächste Möglichkeit ist die Kastration unter Lokalanästhesie. Wie schon gesagt: Das lehne ich grundsätzlich ab, egal, welche Form man anwendet. Es gibt Vereisungssprays, da wird aber nur die Haut betäubt, das heißt, der Hoden ist voll schmerzempfindlich. Das Zweite ist eine Injektion mit einem Lokalanästhetikum direkt in den Hoden. Ich glaube, jeder kann sich vorstellen, dass das sehr, sehr schmerzhaft ist. Außerdem: Der Stress der Behandlung ist für das Schwein derselbe wie ohne Narkose.

Die vierte Möglichkeit, die Immunokastration – meiner Meinung die beste Möglichkeit –: Das sind zwei Impfungen im Abstand von vier Wochen. Ich möchte hier ausdrücklich sagen, es handelt sich hierbei um keine Hormonbehandlung. Das ist eine herkömmliche Impfung, in der einfach Antikörper produziert werden, die den Testosteronspiegel senken und somit den Ebergeruch verhindern.

Zur Ebermast ist noch zu sagen – das ist auch der größte Nachteil –, dass der Ebergeruch von den Konsumenten hierzulande überhaupt nicht akzeptiert wird. In Nachbarländern ist man ja schon so weit, dass das akzeptiert wird, bei uns leider überhaupt nicht.

Die Immunokastration: Das Medikament heißt Improvac, das kostet ungefähr 50 bis 100 Euro im Einkauf für den Tierarzt. Dazu kommt dann: je nachdem, ob der Bauer in einem Gesundheitsring ist – dann darf er selbst injizieren –, wenn er das nicht ist, muss wieder der Tierarzt injizieren. Da sind die Preise dann sehr unterschiedlich.

Eine nächste Frage war die Qualzucht: Das ist auch ein sehr schwieriges Thema. Ich gebe der Kollegin recht: Die wirklichen, eingetragenen Züchter sind nicht das Problem. Da gibt es wirklich sehr, sehr gute Kontrollen. Das große Problem sind die Hobbyzüchter – die Hobbyzüchter, die sich einfach einen Hund anschaffen, den irgendwie decken lassen und dadurch ein nettes Nebeneinkommen haben. Wenn man bedenkt, dass auch diese pro Welpen bis zu 500 Euro kassieren, dann ist das beim durchschnittlichen Wurf von sechs Welpen – und das vielleicht zweimal im Jahr – ein schönes Nebeneinkommen.

Da müsste man einmal sozusagen die Nachfrage regeln. Es ist immer eine Sache von Angebot und Nachfrage. Solange in der Werbung Tiere gezeigt werden, die ihre Glupschaugen herzeigen, oder diese neue Form der Miniminimini-Züchtungen, wollen die Leute das. Man muss die Leute aufklären – die Besitzer aufklären –, was das für gesundheitliche Probleme gibt.

Es gibt in den Niederlanden, glaube ich, das Ampelmodell für das Tierwohl, das hat man jetzt eingeführt. Das heißt, sie setzen sozusagen die Schnauzenlänge im Verhältnis zur Schädellänge. Rot bedeutet, dass es unter einem Drittel ist, grün ist die Hälfte und das dazwischen ist orange. Das wäre schon einmal ein guter Schritt nach vorne. Dadurch ist zumindest das brachyzephale Problem bei den Hunden gelöst.

Ich versuche bei meinen Patienten, wenn ich so einen Hund da habe – meistens kriegen die mit zwei Jahren schon Zahnprobleme –, den Tierhaltern zu zeigen, was das eigentlich ausmacht. Der Schädel wird zurückgezüchtet, die Zahnanlagen an sich sind genetisch viel größer aufgestellt, das heißt, die lassen sich nicht in so rascher Zeit zurückzüchten wie die Knochen. Das heißt, die Anzahl und auch die Größe der Zähne sind ja genetisch vorgegeben. Jetzt haben die aber keinen Platz in diesem Mund, das heißt, sie müssen sich teilweise um 90 Grad drehen und stehen einfach quer. Wenn man es den Besitzern dann zeigt, sind alle schockiert; oder auch, wenn man die jungen Hunde sieht, die teilweise mit fünf Monaten keine zwei Schritte laufen können, weil sie sonst ersticken. Das gibt den Besitzern dann schon zu denken.

In Wien gibt es einen recht guten Ansatz: Seit letztem Jahr ist der Sachkundenachweis eingeführt. Das heißt, die Besitzer, die sich neue Tiere zulegen, müssen vorweg einen Kurs machen, wo sie über die Haltung der Tiere – was kostet ein Tier?, und so weiter – lernen. Das finde ich sehr gut, nur erfahren die meisten Besitzer davon – dass sie diesen Sachkundenachweis brauchen – erst, wenn sie ihr Tier anmelden wollen. Ziel wäre es, diesen Sachkundenachweis schon vor dem Kauf dieser Tiere zu erlangen, damit man weiß, in welches Gebiet man sich da jetzt überhaupt begibt.

Das wäre mein Ziel: dass wir so etwas wie das niederländische Ampelmodell einführen; das wäre einmal ein Schritt in die richtige Richtung.

Man kann zum Beispiel auch Mindestgrößen von Hunden festlegen. Die Tendenz geht immer mehr und mehr zu diesen ganz, ganz kleinen Minihunden, die sogenannten Cup Pets, die gerade in eine Kaffeeschale passen. Die haben manchmal ein ausgewachsenes Gewicht von unter 2 Kilo. Das ist eine Katastrophe für jeden Tierarzt. Es gibt keine Medikamente, man kann nichts dosieren. Wenn die krank sind, ist es der Horror, aber in diversen sozialen Medien wird das halt gezeigt. Es ist süß, es ist lieb, man kann es mitnehmen. Viele glauben, dass sie den Hund auch wie eine Katze zu Hause halten können, das heißt, dass die aufs Kisterl gehen, was natürlich ein Wahnsinn ist – einen Hund kann man nicht wie eine Katze halten, ein Hund braucht soziale Kontakte. Das wäre also meiner Meinung schon ein großer Fortschritt, wenn man das gesetzlich durchsetzen würde.

Zum Thema Tiertransporte: Man muss unterscheiden, ob es sich um Schlachttiertransporte oder um Zuchttiertransporte handelt. Die Schlachttiertransporte, wie gesagt, zum nächsten Schlachthof – das wäre für mich ein gangbarer Weg.

Bei den Zuchttiertransporten muss man natürlich die Grenzkontrollen so gering wie möglich halten. Wenn die mehrere Stunden dauern, muss man die Tiere ausladen, man muss sie wieder zur Ruhe kommen lassen. Jeder Stress für das Tier erzeugt eine höhere Cortisolausschüttung, was natürlich dann auch die Fleischqualität beeinträchtigt. Das heißt: Eine zügige Abfertigung an den Grenzen ist gefragt. Was auch ganz wichtig ist: dass da auch im Endland kontrolliert wird, wofür diese Zuchtrinder – da geht es meistens um Rinder – wirklich genutzt werden. Sind die wirklich zum Herdenaufbau exportiert worden oder sind sie dort dann auch Schlachtvieh? Das müsste von Gesetzeswegen bei uns auch kontrolliert werden. – Danke sehr.

Mag. Dr. Katja H. Wolf: Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zum Thema Teacup-Hunde kurz auf die Vorrednerin zurückkommen. Das ist so ziemlich das Perverseste, was sich ein Mensch vorstellen kann, und die Leute interessieren sich wirklich dafür.

Wenn wir davon ausgehen, dass wir alle mit dem Wolf begonnen haben – ich glaube, Sie haben alle ein Bild vor Augen – und uns überlegen, dass der kleinste Hund, den es gibt, der Chihuahua, 1 bis 3 Kilo hat, und der größte, der Irische Wolfshund, sich von da (auf die Fläche des Rednerpults weisend) die Wurstsemmel herunternehmen kann, dann hat man ein bisschen ein Gefühl dafür, wo der Mensch hingearbeitet hat. Er hat von einem Grundmodell ausgehend phänotypisch geschaffen. Das muss einem schon einmal zu denken geben. Das sollte man einmal sacken lassen. Irgendwo ist aber Ende Gelände: man kann nicht kleiner als klein und man kann nicht größer als groß. Deswegen gibt es auch im Rahmen der FCI gewisse Regeln und Standards, in denen ganz klar beschrieben steht: kleiner geht nicht, größer darf nicht.

Somit: Wenn es die Menschen schon nicht schaffen, zu verinnerlichen, dass der Experimentierdrang irgendwo sein ethisches Ende hat, dann muss man ihnen halt Regeln geben. Aus dem Grund kann man mit Fug und Recht jedem, der anfragt, er hätte gern einen Teacup-Chihuahua, als Antwort geben: Wollen Sie ihn mit einem Radiergummi erschlagen können? – Denn das Gehirn passt nicht mehr hinein. Diesen Leuten muss man das einfach klar sagen, dazu braucht man nicht einmal höflich sein.

Das Wesentliche ist – um auf die erste Frage die Antwort zu geben – Tierwohl, Tierhaltung: Ich glaube, es ist viel zu selten gesagt worden, dass Menschen per se davon ausgehen, Hunde seien kleine Menschen. Sind sie nicht. Wir leben und arbeiten mit einer anderen Art. Die spricht anders, die versteht anders, die lernt anders. Wir nehmen uns ein kleines Tier mit nach Hause, von einem guten Züchter, und müssen uns trotzdem darüber im Klaren sein: Für den Hund – gibt es da nicht andere Hunde in der Familie – ist das eine komplett andere Art. Und ich glaube, dass sich das viel zu wenige Menschen zu Beginn überlegen.

Warum sage ich das? – Geht ein zukünftiger Ersthundebesitzer ins Tierheim oder zum Züchter, dann wird er sich dort einer Vielzahl von Fragen stellen müssen. Züchter können ziemlich neugierig sein, und ich hatte bei meinem Hund – und ich selbst habe seit über 25 Jahren Hunde – immer das Gefühl, die wollen bei mir einziehen, die schauen bei mir über den Zaun. Die haben mich richtig auf Herz und Nieren geprüft. Und das ist gut so. Ein Züchter soll auch sagen können: Es tut mir leid, ich verstehe Ihren Wunsch nach einem Hund, aber nicht in dem Leben, nicht in dieser Lebenssituation – Paradebeispiel Corona. Alle waren zu Hause, alle hatten Zeit, und wenn man sie dann gefragt hat: Wissen Sie denn, wie es danach ist? Wissen Sie, ob nach Corona vielleicht Sie, Ihr Mann keinen Job mehr haben? Ob Sie in ein anderes Bundesland ziehen müssen? Und, und, und? – So jemandem gibt man keinen Hund. Das ist eine Situation, das ist ein kleines Lebewesen, das es sich verdient hat, beim Züchter gut durchsozialisiert zu werden und dann in feine Hände zu kommen. Es kann immer etwas passieren, aber man macht nicht schon aus einer variablen Geschichte eine Standardsituation.

Warum ich das sage, ist: Es kann doch nicht sein, dass man in Österreich für alles einen Schein braucht – man braucht einen Jagdschein, einen Segelschein, einen Surfschein, man braucht für alles einen Schein, als Formwertrichter, als Trainer –, aber einen Hund kann sich jeder nehmen. Der Halter braucht im Prinzip mit dem Fleckerlteppich Österreich relativ wenige Vorkenntnisse. Und wenn wir ehrlich sind: Die Sachkundennachweise sind sehr ambitioniert, aber es geht darum, einen Hund lesen zu können. Damit meine ich: Wann hat er Angst? Was macht ihm Sorgen? Tut ihm etwas weh? Man kann nicht dauernd den Tierarzt anrufen. Man kann den Züchter anrufen, aber auch der ist kein Hellseher.

Wesentlich ist einfach, dass sich die Leute von Anfang an und vor Erstanschaffung darüber im Klaren sind: Was bedeutet es, Hundebesitzer zu sein? Das ist eine lebenslange Verantwortung. Das ist nichts, wo man sagt: Ich kaufe mir einen Sessel! Ja, rechtlich ist es immer noch ein besonderes Ding, was eine Schande ist, aber trotzdem muss man ehrlich sagen: Der Hund muss in eine Familie kommen, die weiß, was auf sie zukommt.

Ich habe sehr oft absonderliche Anrufe, bei denen mich Leute bitten: Ich hätte so gern eine Brandlbracke! – Tolle Idee! Sind Sie Jäger? – Nein, aber der Opa hat einen Garten. – Sage ich: Ja, und? Der Hund ist für etwas gezüchtet. Alle unsere Hunde – das vergessen wir alle – sind für irgendetwas gezüchtet worden. Das ist nun einmal so – ob sie hüten sollten, ob sie Wachhunde sind, ob sie Jagdhunde sind. Sogar der kleine Yorkshire Terrier war einmal dazu da, Ratten wegzuputzen. Jeder hat seinen Job, auch Sozialhunde, Luxushunde hatten ihre Aufgabe. Und wenn ich mir jetzt überlege: Was macht diese arme Brandlbracke, deren innerstes Bedürfnis es ist, ein Jagdbegleiter zu sein, die ganz, ganz starke Triebe hat, die auch richtig gelenkt und befriedigt werden müssen? Ist die glücklich, wenn man im 1. Bezirk ein traumhaftes Loft und der Opa einen Schrebergarten hat? – Nein!

Es darf nicht darum gehen, dass immer nur der Hundebesitzer befriedigt wird. Es muss der Hund genauso zufrieden sein. Da sind wir jetzt wieder beim Punkt: Das Tierheim und der Züchter sagen: Nein, tut mir leid, es sind 1 500 Euro, die ich jetzt nicht verdiene! – Man züchtet aber doch nicht, damit man Geld verdient, man züchtet, damit man etwas weiterbringt, damit man eine Rasse als Kulturgut erhält, und man gibt die nicht irgendwohin!

Wo wir dann aber beim nächsten Punkt sind – ich habe das in meinem Referat vorhin gesagt –: Geiz ist geil. Wir leben in einer Gesellschaft, in der jeder von uns, glaube ich, ausreichend Menschen kennt, die sagen: Der schreibt mir aber nicht vor, ob ich den Hund habe oder nicht! – Was macht er? Er geht ins Internet, und da kriegt er seine Brandlbracke, und wenn er Glück hat, kriegt er sie sogar nach Hause geliefert. Jetzt stehen wir vor dem Problem, dass man wirklich einmal sagen muss: Das kann kein Zuchtverband lösen, das kann kein Konsument lösen, das muss die Politik lösen – sich zu überlegen: Will man gesunde Tiere? Will man Hunde, die wirklich wesensfest sind, die auch eine real machbar gute Lebenserwartung, die ihnen zusteht, haben, oder schaut man weiter weg? Das ist ein wesentlicher Punkt, dass man nicht nur sagt, man schult die Leute, sondern dass man auch ganz klar sagt: Wer darf sich eigentlich Züchter nennen? Was muss der am Kasten haben? Darf jeder alles, nur weil der Hund eine Ware ist? Ich glaube, das sollte uns wirklich zu denken geben.

Nein zu sagen zu einem Menschen, der einen Hund haben will, der ihn einfach nicht handeln kann, ist wichtig. Das muss aber auch in diese Sachkundeschulungen Eingang finden. Was diese betrifft, müsste es übrigens eine bundesflächendeckende Regelung geben, weil es nicht sein kann, dass der Burgenländer weniger können muss als der Tiroler und der Salzburger. Das ist doch lächerlich! Im Prinzip braucht man da einen Level für alle. Da erwarte ich nicht von jedem einen Hochschulabschluss in Kynologie, sondern die wesentlichen Basics. Das muss mir mein Lebewesen, mein Familienhund, mein Jagdhund, mein Gebrauchshund einfach wert sein.

Was auch ganz wesentlich ist: In diesen Schulungen muss auch ein Mechanismus eingewoben sein, dass man mittels Früherkennungsmechanismus sieht: Der Typ darf gar keinen Hund haben. Was haben wir jetzt? – Man darf für manche Hunderassen nicht vorbestraft sein und so weiter. Es gibt aber einfach Menschen, die müsste man schon im Vorfeld wirklich rausnehmen und sagen: Tut mir leid, du kannst 100 Kurse besuchen, du bist ein grober Typ, du wirst mit dem Hund nie zurande kommen! – Das wäre wesentlich, auch ganz klar einmal zu sagen: Den schaue ich mir genauer an! Dieser Punkt ist ein gesellschaftlich wichtiger, denn gehen Sie durch die Straßen Wiens oder sonst wohin, schauen Sie einmal genau hin, wie grob manche Menschen mit ihren Hunden sind. Mischen Sie sich ein und haben Sie viel Spaß dabei! Es ist einfach erschreckend, wie grob Menschen mit Hunden und mit Tieren im Allgemeinen umgehen.

Der nächste Punkt, den ich ganz gerne kurz ausführen möchte, ist die Zusammenarbeit mit den Tierschutzombudsstellen. Ich halte die Tierschutzombudsstellen aus mehreren Gründen für eine hervorragende Institution. Wir arbeiten sehr, sehr gut mit den Tierschutzombudsstellen zusammen, weil es nicht nur Zuchthunde gibt, die aus heimischer Qualitätszucht stammen, sondern eben auch teilweise aus sehr, sehr dubiosen Quellen. Verzweifelte Menschen, die es gut meinen, sagen: Er war so lieb und der Züchter hat so nett ausgeschaut!, und dann kommen sie zur Tierschutzombudsstelle und sagen: Ja, aber der hat gar keine Papiere! Ich habe ihn ja trotzdem lieb, aber jetzt ist er krank! – Wir versuchen, uns da immer auszutauschen und zu fragen: Wie können wir mehr informieren? Wie können wir den Leuten bewusst machen: Informiert euch bitte vorher!? Vorher schauen und nicht nachher weinen! Keiner gibt sein Tier dann gerne mehr zurück. Das wäre auch völlig daneben, aber man muss sich auch überlegen, was das dann an Kosten bedeutet.

Oftmals – das ist auch so eine traurige Geschichte – sind es Familienschicksale, es ist ein Unfall passiert, man will sich etwas Gutes tun, man möchte sich ein Haustier nehmen. Ja, gut, das ist finanziell nicht möglich – wir leben nicht in einem Land lauter reicher Menschen –, Tier ja, aber kosten soll es auch nicht viel, und da ist doch der lieber. Dann kommt dieses Tier und dann ist das Tier todkrank. Dann erklären Sie einem kleinen Kind, wie das ist, wenn ein Hund, der über dubiose Quellen herangekarrt wird, innerhalb weniger Tage, wenn es überhaupt so lange braucht, an Parvo stirbt! Das ist keine schöne Sache – das wird die Kollegin bestätigen können –, dieses arme Tierlein rinnt förmlich aus. Man hat ein traumatisiertes Kind zu Hause, man hat Tierarztkosten, die für manche Leute wahrscheinlich ein Jahresbudget bedeuten.

Also auch da ist die Zusammenarbeit mit der Tierschutzombudsstelle sehr wichtig. Das möchte ich auch sagen: Niemand ist unfehlbar, auch der Dachverband ist es nicht. Ab und zu ist es ganz gut, wenn man darauf angesprochen wird, wenn irgendetwas nicht so ist, wie man es gerne hätte. Dann muss man es intern besprechen. Also die Tierschutzombudsstellen als gutes Kontrollorgan sind wichtig, und ich denke, so wie in jedem Fünfsternhotel auch einmal irgendwo die Toilette tropft, gibt es auch bei jedem guten Züchter einmal etwas, und es ist gut, wenn es dann jemanden gibt, der einen darauf anspricht.

In diesem Sinne möchte ich bitte noch einmal darauf hinweisen, wie wichtig es ist, dass es eine kontrollierte Zucht in Österreich gibt. Züchter sind ja verpflichtet, sich zu melden, aber es ist wahnsinnig wichtig, dass auch die Kontrolle da ist, um nachzuschauen und nachzufragen, um jenen das Wasser abzugraben, die den Hund einfach nur als Geldquelle benutzen. – Danke schön.

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Werner Zollitsch: Ich möchte mit der Frage, die erörtert wurde, einsteigen: Anreize statt Verbote. Das ist konzeptuell natürlich schon bestechend, was man aber, glaube ich, sehr gut aus diesem Beispiel des Käfigausstiegs bei den Legehennen seinerzeit, das mehrfach zitiert wurde, lernen kann, ist, dass es einfach ein sehr klares Signal braucht. Da war dieses Verbot – und da könnten wir uns jetzt überlegen, ob das nicht für den Spaltenboden auch angebracht wäre, ich meine, das wäre es – ein klares Signal mit den entsprechenden Vorlauffristen.

Dass das so klar war, war ja auch der Grund, warum etwa in diesen ausgestalteten Käfigen, die in Deutschland eine relativ große Rolle gespielt haben, bei uns ja nie mehr als maximal, ich glaube, 2 Prozent der Legehennen gehalten wurden – weil für die Branche einfach völlig klar war: Das ist kein Zukunftskonzept. Also ich glaube, in diese Richtung muss es irgendwie gehen.

Zur Frage, ob der Teilspaltenboden dann eine mögliche Alternative wäre – es wurde schon gesagt –: Also im Prinzip ist es ziemlich klar, was es braucht. Es braucht mehr Platz, das heißt: Besatzdichten runter. Dieser Mehrraum muss strukturiert sein, klassischerweise, der bessere Begriff ist eigentlich die Mehrflächenbucht. Das bedeutet unterschiedliche Bodenstrukturen – das muss dann auch gar nicht unbedingt zum Teil perforiert sein –, Einstreu, Beschäftigungsmaterial, idealerweise noch einen Auslauf. Das wird sich vielleicht nicht überall machen lassen, aber das wären sozusagen diese drei oder vier Elemente, die es braucht.

Nebenbei bemerkt: Wir haben das Thema sehr stark auf die Schweine fokussiert. Wir haben im Grunde das gleiche Problem bei den Mastrindern. Das ist dort nicht anders.

Bitte nicht zu vergessen: So wie wir das jetzt diskutieren, geht es darum: Wir wollen von dem einen weg und zum anderen hin! Das ist völlig okay, wenn es um Neubauten geht, um neu einzurichtende Systeme. Die Frage ist: Was tun wir mit den bestehenden Systemen? Die Frage einer Umrüstung oder Teilumrüstung bestehender Systeme, die also nicht ideal ist, ist ganz wesentlich und unbedingt mitzudenken.

In diesem Kontext wurde auch die Frage aufgeworfen: Gibt es Best-Practice-Beispiele in anderen Ländern? – Gibt es sicher. Ich würde sagen, es gibt auch Best-Practice-Beispiele in Österreich. Leopold Kirner hat darauf hingewiesen, es gibt eine ganze Reihe von Initiativen, die genau das vorzeigen – ich bleibe jetzt beim Schwein –: Besatzdichten runter, mehr Flächenbuchten, da sogar mit Auslauf. Ich habe da eine konkrete Initiative vor mir. Das sind Systeme, da können Sie jeden Konsumenten, jede Konsumentin nehmen und hinbringen, die sind herzeigbar. Unsere derzeitigen Mastsysteme sind das in der Regel nicht.

Eine sehr gute Frage – ich glaube, sie kam von Frau Voglauer – war die Frage: Wie schaut es mit dem Klimawandel aus, was braucht die Nutztierhaltung da? – Klar, wenn wir jetzt Stallsysteme vorausdenken, ist das tatsächlich nicht ganz trivial. Wir wissen, dass die Temperaturen natürlich steigen. In der Regel können wir davon ausgehen, dass wir, wenn es nicht extrem gut gedämmte und gekühlte Ställe sind, im Innenraum immer etwa 3 Grad über der Außentemperatur haben, was also insbesondere in Tropennächten eine enorme Herausforderung wird. Die Branchen, die davon am meisten betroffen sind, sind wieder die Schweine- und Mastgeflügelhaltung. Die richten sich jetzt bei Neubauten schon darauf ein, da werden entweder Sprinkleranlagen oder, wenn es sehr kostspielig wird, Erdwärmetauscher et cetera vorgesehen.

Die Landwirte – das ist in Österreich nämlich regional auch nicht gleich verteilt –, die einfach wissen, dass sie in einer Zone liegen, in der es jetzt schon kritisch ist und noch kritischer wird – bis 2050 wird sich die Anzahl der Tropennächte etwa verdoppeln –, investieren schon in so etwas. Da wäre natürlich anzudenken, ob man da nicht auch unterstützt.

Das, was man nicht übersehen sollte, das, was kritisch wird – etwa auf einer Linie, sage ich jetzt einmal, östlich von Amstetten –, ist die Futterbasis. Das wird gerne übersehen, aber es ist tatsächlich so, dass wir uns aufgrund zu erwartender sinkender Erträge auch bei ganz wichtigen Futterpflanzen einfach um die Futterbasis werden kümmern müssen.

Landwirtschaft und landwirtschaftliche Tierhaltung tragen aber natürlich auch zum Klimawandel bei, wie wir wissen – das wäre sozusagen jetzt die inverse Seite, die man nicht vergessen sollte –, und da wissen wir relativ genau aus Untersuchungen, was zu tun ist. Im Rinderbereich ist das etwa die Forcierung von Weidehaltungssystemen, wenn sie richtig gemanagt werden; diese sind an sich ein sehr günstiger Beitrag. Ich will das jetzt nicht vertiefen, da gibt es auch verschiedene Quellen. Es sind technologische Ansätze wie Gülletrennung, also Gülleseparierung in Fest- und Flüssigphasen. Diese bringen etwas, bedingen aber natürlich einen Umbau der gesamten Wirtschaftsdüngerkette – Leopold Kirner hat vorhin darauf hingewiesen. Kein Soja aus Südamerika ist sicherlich sehr gut, wenn man die globale Sichtweise in Hinblick auf Klimawandelmitigation betrachtet.

Der letzte Punkt betrifft die Herkunftskennzeichnung. Damit die Trendwende geschieht, würde ich sagen: Ja, schon, diese liefert einen Beitrag, ganz klar. Transparenz ist da ganz entscheidend, wobei Herkunftskennzeichnung natürlich nicht geografisch, sondern nach der Spezifizierung des Haltungssystems erfolgt. Damit gibt es dann sozusagen zumindest keine Ausrede mehr, das nicht gewusst zu haben.

Wir dürfen nicht unterschätzen, wir diskutieren jetzt immer den Konsumenten, die Konsumentin: Die gibt es genauso, wie es den Bauern und die Bäuerin gibt, nämlich nicht. Das ist immer eine enorme Variationsbreite, und da gibt es einfach unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen, die adäquat anzusprechen sind. – Danke schön.

Zweite Fragerunde der Abgeordneten

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Ich möchte eine Frage an alle Experten stellen: Österreichische Rinder werden als Zuchtrinder exportiert. Wie kann man verhindern, dass sie als Zuchtrinder exportiert und im Endeffekt in Drittstaaten geschlachtet werden? Was braucht es, damit man das vermeidet?

Eine Frage noch an Frau Mag. Kopschar: Sie haben den Sachkundenachweis angesprochen. Ich bin diesbezüglich auch der Meinung, dass man diesen vor den Kauf legen sollte, noch dazu ist er in Wien mit 4 Stunden angesetzt, zu einem Preis von 40 Euro. Es wäre vielleicht auch ein Ansatz, die Dauer zu erhöhen und etwa ein Wochenende daraus zu machen, ein Ereignis daraus zu machen und auch den Preis zu erhöhen, um dem Tierhalter vielleicht auch zu zeigen, welche Verantwortung das bedeutet, was er alles bedenken muss. Wie stehen Sie dazu? Wie, glauben Sie, ist das umsetzbar?

Zu den Hunderassen: Gewisse Hunderassen brauchen einen Hundeführschein. Jetzt ist schon klar, dass es vom Halter abhängt und dass ein Listenhund jetzt nicht unbedingt ein böser Hund ist – stelle ich jetzt einfach so in den Raum –, weil es immer darauf ankommt, wie er erzogen wird und wie er gehalten wird. Wie kommt man von diesen Listenhunden wieder weg? – Danke.

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Danke schön für Ihre eindringlichen Schilderungen. Ich bin noch überzeugter, als ich es vorher schon war, dass wir diesen Systemwandel wirklich brauchen, und zwar in allen Bereichen.

Ich wollte eigentlich die Frage des Kollegen Loacker aufgreifen, die an Herrn DDr. Balluch gegangen ist, und wollte ihm gerne antworten: Für das vegane Frühstück gibt es verschiedene Optionen: Haferflocken, Müsli, Sojajoghurt, Hafermilch, Obst, Gemüse, Linsenaufstrich, Hummus, Tofu, alles heimisch, und selbstverständlich ist eine Einladung zum Frühstück daran angeknüpft. Das Traurige dabei ist, wir müssten wahrscheinlich das meiste Obst und Gemüse importieren, weil wir zu wenig selbst anbauen, und dabei exportieren wir Schweineprodukte nach China und produzieren 160 Prozent Milch.

Meine Frage daher jetzt noch einmal an Herrn DDr. Balluch: Wie ist denn Ihre Sicht? Was sind die Vorteile der pflanzlichen Ernährung in Bezug auf die Themen, die wir heute hier diskutieren? – Danke.

Abgeordneter Clemens Stammler (Grüne): Kollege Eßl hat in der ersten Runde gesagt: Wir müssen die Bauern mitnehmen! – Ja, auf alle Fälle müssen wir die Bäuerinnen und Bauern mitnehmen, denn ohne die wird es nicht gehen. Die Frage ist nur: Wir haben in der Studie gesehen, dass die Bereitschaft eine relativ geringe ist, und ich kann das sogar zum Teil nachvollziehen. Viele Bäuerinnen und Bauern stehen mit dem Rücken zur Wand, weil einfach die Preissituation vermeintlich keine Verbesserungen zulässt.

Das ist zwei Dingen geschuldet. Zum einen entsteht die Angst dadurch, dass sich die Landwirtschaftskammer als Interessenvertretung schon dazu verschrieben hat, die Bauern in den letzten 30 Jahren vor Tierwohl zu schützen (Abg. Eßl: So ein Blödsinn! – Zwischenruf des Abg. Strasser), und zwar insofern vor Tierwohl zu schützen, als man die Produktion gesteigert hat und immer gesagt hat: Wir brauchen keine engeren Vorschriften!, und: Die NGOs sind böse! – Ich glaube, da brauchen wir durchaus einen Wandel dahin, dass man ins Gespräch mit den Konsumentinnen, mit den Konsumenten, mit den NGOs kommt und der Landwirtschaft, den Bäuerinnen und Bauern auch begreiflich macht, dass durchaus eine Chance darin liegt, Qualität zu erzeugen.

Auch der Markt stellt natürlich eine Schwierigkeit dar. Wir wissen, dass uns europäische Rahmengesetze sehr weit einschränken. Ich glaube, sehr viel von dem, was hier herinnen diskutiert wird, kann nur auf europäischer Ebene gelöst werden. Das ist mit Farm to Fork und dem European Green Deal eigentlich auf dem richtigen Weg. Das sollte von Österreich noch mehr vorangetrieben werden. Die größte Voraussetzung dafür wird es aber sein, die Bäuerinnen und Bauern mitzunehmen. Sollte jemandem von der Expertinnen und Experten ein Schlüssel dazu einfallen, wie man Bäuerinnen und Bauern diese Chance näherbringt, dann bitte ich um eine Antwort.

Eine weitere Frage ist: Gibt es Erkenntnisse zu Korrelationen zwischen landwirtschaftlicher Betriebsgröße und dem Tierwohl?

Und zum Stichwort multiresistente Keime: Welche Maßnahmen bräuchte es in der landwirtschaftlichen Tierhaltung beziehungsweise auch im Rahmen des Tiergesundheitsdienstes, um multiresistente Keime hintanzuhalten und zu verhindern?

Ein weiteres Problem ist meines Erachtens die Zucht. Wir wissen, dass es gerade in der Rinderzucht – und da möchte ich Zollitsch etwas widersprechen – weltweit gesehen immer mehr dahin geht, dass über Embryotransfer gezüchtet wird, sodass der Genpool sehr eingeschränkt wird, und dass sehr auf Leistung gezüchtet wird. Wie kann man da eventuell Genmaterial in Zukunft sichern, um auch für die kommenden Generationen gesunde Rinder zur Verfügung zu haben?

Ist es eine Möglichkeit, über Low-Input-Systeme auch die Wirtschaftlichkeit in Zusammenhang mit dem Tierwohl zu bringen?

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Herr Minister! Sehr geehrte Experten! Das Tierschutzvolksbegehren zeigt viele Irrwege und Missstände in der Landwirtschaftspolitik auf. Es ist wirklich gut, dass das jetzt endlich aufgezeigt wird. Das zeigt einmal mehr, dass es in der Landwirtschaftspolitik eine Veränderung braucht.

Das in der Werbung oft gezeichnete Bild stimmt schon lange nicht mehr. Heutzutage geht es in Österreich in der Landwirtschaft nur mehr darum, schneller, besser und größer zu werden, wachsen oder weichen lautet die Devise. Ich glaube, dass man da ansetzen muss und einen Richtungswechsel einleiten soll.

Bauern werden immer öfter zwischen den niedrigen Preisen und hohen Auflagen und Richtlinien aufgerieben, und darauf bezieht sich meine erste Frage, nämlich an Herrn Balluch: Der VGT ist ja sehr aktionistisch unterwegs. Daher frage ich Herrn Balluch, warum er mit dem VGT nicht endlich einmal beim Lebensmittelhandel, beim Billa, beim Spar, steht und die Konsumenten darüber aufklärt, was Billigpreise, Preisschlachten und diverse Aktionen auslösen, wozu das führt und was dahintersteht.

Eine weitere Frage: Es werden die Bauern vom VGT sehr oft mehr oder weniger zerlegt, oft auch mit sehr dubiosen Mitteln. Daher frage ich: Sind Bauern für Sie Menschen zweiter Klasse?

An Frau Mag. Birgit Kopschar habe ich folgende Frage: Haben Landwirte nicht das größte Interesse daran, dass es den Tieren gut geht? Wie sehen Sie das? Meine Ansicht ist nämlich: Wenn es den Tieren gut geht, dann werden sie auch eine gute Leistung bringen, dann werden sie auch den gewünschten Nutzen erbringen.

Eine weitere Frage an alle Experten wäre, wie sie zum Thema Schächten stehen. Jeder, der so etwas schon einmal gesehen hat, weiß, dass das ein extrem grausames Verfahren ist, das leider noch immer praktiziert wird. Da gibt es in mehreren Ländern bereits Verbote. Es ist in der heutigen Zeit, glaube ich, längst überfällig, dies zu verbieten.

Eine weitere Frage an die Experten: Wir haben heute sehr viel über die Spaltenböden beziehungsweise Vollspaltenböden geredet. Glauben Sie, dass die österreichischen Qualitätsprodukte, mit mehr Tierwohl produziert, der Billigkonkurrenz aus dem Ausland standhalten können, besonders wenn dann im Lebensmittelhandel das teure hochwertige österreichische Produkt neben dem billigen Fleisch liegt? Glauben Sie, dass das dem Wettbewerb dann standhalten wird? Ich glaube es eher nicht.

Eine weitere Frage: Sollten die Bauern in so einem Fall vor Billigimporten geschützt werden? Wäre das sinnvoll, beziehungsweise wäre das ein gangbarer Weg?

Meine nächste, ebenfalls wichtige Frage – das ist heute noch nicht angesprochen worden – bezieht sich auf die landwirtschaftlichen kleinstrukturierten Betriebe, auf Rinderhalter, die teilweise noch Anbindehaltung haben. Gerade in den westlichen Bundesländern werden noch sehr viele Rinder in Anbindehaltung gehalten. Diese Rinderhalter werden leider oft als die größten Tierquäler hingestellt. Dabei ist es da meistens so, dass die Rinder im Sommer auf die Weide oder auf die Alm kommen und im Winter großteils im Stall stehen. Was ist Ihre Meinung dazu?

Sehr viele Experten beobachten nämlich, dass es gerade in Laufställen zu mehr Verletzungen und zu mehr Tierleid kommt als im Bereich der Anbindehaltung nach dem vorher angesprochenen System.

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Meine Damen und Herren Expertinnen und Experten! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man darin messen, wie sie ihre Tiere behandelt. – Das ist ein Zitat von Mahatma Gandhi, das mich schon viele, viele Jahre begleitet. Es begleitet mich auch ein zweites Zitat: Solange Menschen denken, dass Tiere nicht fühlen, müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht denken.

Genau diese beiden Zitate sind es, die mich veranlassen, im Tierschutz tätig zu sein. Ich bin viele, viele Jahre im Tierschutz tätig, versuche, viele Dinge umzusetzen, und ich platze in meinen Emotionen, wenn massiv verhandelt wird, über Jahre verhandelt wird, und ständig erklärt wird, was nicht geht, wieso man etwas nicht machen kann. Das habe ich auch heute wieder gehört.

Ich kann nur sagen: Wir haben zum Beispiel 2016 sehr intensiv darüber diskutiert, wie man die betäubungslose Ferkelkastration beenden kann. Da ist gesagt worden: Es gibt ein Medikament in Deutschland, Isofluran. Es wird gerade getestet. Wenn dieses Medikament als Narkosemittel auf den Markt kommt, ist es durchaus möglich, die Kosten der Kastration, die sich, wie wir heute gehört haben, auf 6,30 Euro beschränken – damals waren es 3 bis 4 Euro, wie uns gesagt wurde –, zu senken, weil man es den Landwirten zumuten kann, dieses Narkosemittel anzuwenden.

Da habe ich, und ich war einer der Verhandler, gesagt: Gut, warten wir ab! Schauen wir, was mit diesem Medikament passiert, und wenn es am Markt ist, dann muss es kommen, dann ist bei uns endlich Schluss mit dieser betäubungslose Ferkelkastration!

Das Medikament ist auf dem Markt. Die betäubungslose Ferkelkastration ist mittlerweile in Deutschland abgeschafft. Seit 1.1.2021 dürfen in Deutschland Ferkel nicht mehr ohne Betäubung kastriert werden – auch nicht in Schweden, Dänemark und der Schweiz. Es gibt viele, viele Länder, die die betäubungslose Ferkelkastration abgeschafft haben, nur wir diskutieren schon wieder: Was könnten wir denn anwenden?

Was gibt es denn? Es gibt die Ebermast. Da haben wir aber das Problem, dass das Fleisch auch vielleicht nicht gut wird, denn es könnte ja diesen Uringeschmack, wie es so schön heißt, in sich beinhalten – nein, das ist nichts, denn da weiß man nicht, wie das Ganze geht!

Dann gibt es die Narkotisierung, und zwar entweder mit Spritzen oder mit Gas. Dann gibt es eben diese Immunisierung, wenn ich das jetzt so bezeichnen darf. Wir diskutieren über alles, was es gibt, aber wir sagen nicht: Wir wollen endlich mit diesen Dingen Schluss machen!

Damit komme ich wieder zu einem Punkt, auch wenn das den Initiator des Volksbegehrens ein bisschen stört: Es gibt Anträge hier in diesem Haus, die beinhalten, wie wir das schnellstens abschaffen könnten. Es ist ja alles da. Das heißt, wir könnten sagen, mit 1.1.2022 gibt es eine betäubungslose Ferkelkastration in Österreich nicht mehr, weil andere Möglichkeiten vorhanden sind, genauso wie in Deutschland, in der Schweiz, in Dänemark, und, und, und. Da gibt es viele Dinge, die wir sofort in diesem machen könnten Haus. Und das ist es, was mich so ärgert: Dass wir jahrelang ständig über Maßnahmen diskutieren, die vorhanden sind!

So auch bei der Anbindehaltung, die Kollege Schmiedlechner vorhin erwähnt hat: Peter, da geht es nicht um die Anbindehaltung der Tiere, die im Sommer auf der Alm sind und im Winter dann im Stall gehalten werden, das ist vollkommen klar. Da geht es um die Ausnahme, die wir im Gesetz haben, über die ständige Anbindehaltung, 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Die haben wir noch immer drinnen, nämlich für die Bereiche, wo der Bauer keinen Laufstall machen kann beziehungsweise keine Weidefläche hat, wo er die Kühe hintreiben könnte.

Wisst ihr, was ich da brutal sagen muss? Ich schätze die Landwirtschaft wirklich sehr, aber wenn einer die Möglichkeit nicht hat, eine tierwohlkonforme Haltung zu machen, dann muss man ihm sagen: Freund, schul dich um, nimm irgendetwas anderes, aber das geht nicht mehr mit dieser Tierhaltung!

Dazu müssten wir stehen, auch in diesem Haus hier (Beifall der Abgeordneten Silvan und Stöger), und müssten sagen: Für uns zählt das Tierwohl, meine Damen und Herren!, anstatt dass man sagt: Na, der soll die halt halten, und schauen wir, wie es weitergeht! – Da brauchen wir dann Ausnahmegenehmigungen, die dann 25, 30 oder 35 Jahre in Kraft sind. Das kann es einfach nicht mehr sein, dort dürfen wir nicht hinkommen.

Betreffend Vollspaltenböden: Mich würde wirklich interessieren, was denn die Umrüstung kostet, wenn man alle Vollspaltenböden umrüstet. Das ist eine Frage an die Experten. Die Zahl muss doch irgendwie da sein. Da sagt man immer, das kostet uns 35 Cent pro Kilo Schlachtvieh. Ich weiß ja nicht, wie viele Schlachtschweine wir haben, wie viele Kilos die haben und wie viel das ausmacht. Ich möchte endlich wissen: Was kostet es uns, wenn wir wirklich als Republik Österreich sagen: Wir wollen die Vollspaltenböden weghaben, wir werden die Landwirte unterstützen, wir nehmen Geld in die Hand!? Ich möchte, dass wir endlich einmal die Kosten auf dem Tisch haben, damit wir wirklich darüber reden können, was das Ganze bedeutet.

Jetzt ganz kurz – da muss ich mich wirklich kurz fassen, denn darüber könnte ich lange referieren – zu den Themen Hundehaltung und Hundezucht. Ich bin selbst Hobbyzüchter. Jawohl, man kann als Züchter etwas verdienen. Ich kann nicht sagen, dass man als Züchter nichts verdient. Man kann als Züchter etwas verdienen. Ich züchte eine seltene Rasse, Riesenschnauzer, aber ich bin Hobbyzüchter, ich habe in meinem ganzen Leben erst zwei Würfe gehabt. Ich züchte nämlich nur, wenn ich selbst einen Hund behalten will, sonst tue ich es nicht.

Es geht nicht darum, dass wir bei der Zucht in Österreich etwas machen, meine Damen und Herren. 10 Prozent der Hunde, die wir in Österreich haben, kommen aus einer Zucht heraus, nämlich von den Rassehunden. 90 Prozent der Hunde, die wir haben, kommen nicht aus einer Zucht heraus, das sind sogenannte Mischrassen, und von diesen 90 Prozent kommen 80 Prozent aus dem Ausland. Das heißt, das sind nicht die, die zufällig passiert sind, sondern, wie ich schon ein paar Mal hier in diesem Haus gesagt habe: Wir müssen etwas gegen diese illegalen Hundehändler tun, gegen diese Hundemafia, die diese Hunde einführt!

Da gibt es eine ganz einfache Maßnahme. Wir müssen sagen: Hunde vor der 15. Lebenswoche, sprich vor der ersten Tollwutimpfung, dürfen nach Österreich nicht mehr eingeführt werden! Das ist etwas ganz Einfaches, könnten wir hier beschließen, damit würden wir niemandem wehtun. Damit würden wir einen Riesenschritt gegen diese Hundemafia setzen, weil sie dann kein Interesse mehr hätte, fünf oder sechs Wochen alte Hunde von der Mutterhündin wegzureißen und sie da als herzige Jungtiere nach Österreich zu verbringen. Das dürften sie einfach nicht mehr.

Das können wir machen. Da kann ich auch wieder sagen – auch, wenn es den Sebastian (in Richtung Bevollmächtigten Bohrn Mena) stört –: Wir haben Anträge hier. Wir bräuchten nur Ja dazu zu sagen. Das würde keinem wehtun und wir hätten damit etwas erreicht, hätten zum Wohl der Tiere wirklich etwas erledigt. Das sind alles Dinge, die wir schnell und wirklich gut in diesem Haus machen könnten.

Daher fordere ich auf: Wir werden heute nachher, wenn das Hearing vorbei ist, Anträge einbringen, die diese Thematiken behandeln, und da gibt es nur noch eines: Zustimmen, dann erreichen wir etwas zum Wohl der Tiere! Das ist genau das, was die 416 000 Unterzeichner dieses Volksbegehrens wollen! (Beifall der Abgeordneten Silvan und Stöger.)

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, dass das Jahr 2021 eine wirkliche Chance bietet, unser Lebensmittelsystem substanziell weiterzuentwickeln. Warum? Zum einen ist die Basis gut. Das soll jetzt keine Lobeshymne sein, aber auch Lob tut der bäuerlichen Seele manchmal gut.

Man denke nur an den Nachhaltigkeitsindex, an den Tierschutzindex, an das AMA-Gütesiegel, an den Tiergesundheitsdienst und auch an die Premiumprogramme, die es gibt – da sind wir international Vorreiter. Das soll uns aber nicht davon abhalten, das, was uns stört, noch zu verbessern.

Ein zweiter Bereich beziehungsweise ein zweiter Grund dafür, dass wir eine gute Basis haben: Die Stakeholder sind bereit zu Veränderungen, Bäuerinnen und Bauern investieren bereits. Ich darf jetzt auf Kollegen Keck replizieren: Es gibt 130 000 Stallplätze für Strohschweine und GVO-frei gefütterte Schweine – also da sind die Bäuerinnen und Bauern schon in Vorlage getreten –; in der Vermarktung: 70 000 Bäuerinnen und Bauern sind also bereit, aber auch die Märkte werden bereit sein müssen.

Zum anderen: Handel, Gastronomie und auch die Verarbeitungsindustrie schmücken sich mit österreichischer Qualität. Da heißt es Verantwortung übernehmen. Das gilt auch für die öffentliche Hand. Im Regierungsprogramm steht: Bis 2025 Topware aus Österreich in der öffentlichen Beschaffung! – Das brauchen wir in den Ländern und das brauchen wir auch in den Gemeinden.

Nun zu den Konsumentinnen und Konsumenten: Ich stelle hier nie die Schuldfrage, ich stelle immer die Verantwortungsfrage. Und wenn ich vom Blick in die Karte oder vom Griff ins Regal rede, dann ist das eine Frage der Verantwortung. Konsumentinnen und Konsumenten sind wir alle und wir entscheiden täglich, wo und wie Lebensmittel produziert werden.

Aber nun zu meinen Fragen. Dr. Zollitsch, erste Frage: Wenn man jetzt in einen Betrieb hineinschaut und ihn in ein Bioprogramm, in ein Premiumprogramm bringen will, wie lange dauert die Umstellungsphase, vom ersten Gespräch bis letztendlich zum Beispiel ein Premiumschwein geliefert wird?

Zweite Frage: Sie haben die Eiweißstrategie angesprochen. Auch dort haben wir viel vor rund um das AMA-Gütesiegel. Zum Thema Eiweißaufbringung in Europa und zur Preisfrage in Europa – aktuell eine ganz brisante Frage –: Wie sehen Sie da die Entwicklung vom Zeithorizont her?

Dr. Kirner, die Frage nach den Märkten: Wir verfolgen die Strategie, zum Beispiel Premiumschweine in der Vermarktung auszurollen. Wie lange brauchen die nationalen und vielleicht auch die europäischen Märkte, um diese Schweine, zu höheren Preisen, zu höheren Standards produziert, aufzunehmen?

Abschließend: Ich bin auch dankbar für die Fragen sozialer Natur. Danke dafür, dass Sie auch in die Familien, in die bäuerlichen Familienbetriebe reinschauen und die Emotionen erkennen! Ich komme viel herum in Österreich und es schlägt mir viel Frustration aus den bäuerlichen Familienbetrieben entgegen. Immer wieder höre ich: Welche Auflagen kommen da noch auf uns zu?! – Auch Biobäuerinnen und Biobauern richten mir aus: Wenn es zu viel wird, dann höre ich auf! – Haben Sie auch die Lage hinsichtlich der Frustration auf den Höfen abgefragt? Das würde mich interessieren.

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Ich darf ein ganz aktuelles Konfliktthema aufgreifen und Herrn Zollitsch und Frau Kopschar bitten, ihre Einschätzung der Lage wiederzugeben. Es geht um den Konflikt mit Weidetieren auf unseren Almen. Wir haben derzeit tagtäglich Übergriffe, bei denen Beutegreifer Wolf und auch Bär auf Weidetiere übergreifen. Das verursacht großes Tierleid, große Tierquälerei und natürlich auch furchtbare Bilder.

Aus meiner Sicht ist Tierschutz untrennbar für alle da. Daher wäre es uns wichtig, dass wir auch diese Lage erkennen und hier Maßnahmen setzen können, um dieses Tierleid zu vermeiden, um eine bewährte Form der Wirtschaft, die Almwirtschaft beziehungsweise Weidewirtschaft, aufrechtzuerhalten, damit wir auf unseren Almen nicht bangen müssen, dass unsere Tiere nicht mehr auf den Almen sein werden können aufgrund von Vorkommnissen im Zusammenhang mit Wölfen und Bären. Ich frage darum nach Ihrer Einschätzung. Wie sehen Sie die Lage und welche Empfehlung können Sie uns mitgeben? – Danke.

Obmann Mag. Gerhard Kaniak weist – bevor er den ExpertInnen das Wort für die Antworten erteilt – darauf hin, dass aus der ersten Fragerunde noch ein paar allgemein gestellte Fragen unbeantwortet geblieben seien.

Es fehle, so der Obmann, eine klare Stellungnahme zum Thema Herkunftskennzeichnung sowie die Antworten auf die Frage zur Haltungskennzeichnung, auf die konkrete Frage zum AMA-Gütesiegel beziehungsweise generell zur Gütesiegelpolitik sowie auf die Frage des Abgeordneten Loacker bezüglich der Kompetenzverteilung des Tierschutzes innerhalb von Österreich zwischen Bund und Land.

Zweite Antwortrunde der ExpertInnen

DDr. Martin Balluch: Ja, es gibt sehr, sehr viele Fragen, die noch offen und in der kurzen Zeit nicht wirklich zu beantworten sind. Ein paar Dinge liegen mir am Herzen. Ich muss gleich etwas zu Ihrem Thema Wolf sagen.

Seit Neuestem ist es Tierquälerei, wenn Beutegreifer ihren natürlichen Instinkten folgen. Das ist eigentlich etwas Normales und etwas, das jederzeit überall in der Natur passiert. (Abg. Gahr: Sagen Sie das den ...!) Sie müssten, wenn Ihnen das wirklich ein Anliegen ist, die Mäuse vor dem Mauswiesel und vor dem Fuchs schützen, und wenn wir so anfangen - - (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gahr.) Man hat das Gefühl, Österreich ist das erste Land, in dem der Wolf ist, aber in Wahrheit gibt es in allen unseren Nachbarländern Wölfe immer schon, ohne Pause. In Italien, in Spanien, in Rumänien hat es immer Wölfe gegeben, und dort gibt es immer Tiere auf den Almen! – Vielleicht gehen Sie hin und fragen Sie die Leute dort, wie sie das machen, dann schaffen wir es auch.

Ein zweites Thema, das Sie angesprochen haben, Herr Abgeordneter von der FPÖ (in Richtung Abg. Schmiedlechner): dass der VGT nicht zu Supermärkten ginge. – Ich darf Sie einladen, bei uns auf den Newsletter zu kommen, denn wir sind ständig bei Supermärkten und protestieren dort, wir haben Aktionstage gegen solchen Billigverkauf. Es ist eines unserer größten Anliegen, dieses Aktionsfleisch aus den Regalen zu bringen – weil wir sehr wohl der Meinung sind, dass Billigfleisch das Hauptproblem oder eines der großen Probleme in der Tierhaltung ist –, dass wir davon wegkommen könnten. Es wird ja über die Hälfte des Fleisches als Aktionsfleisch verkauft. Wir haben diesbezüglich mit allen Supermarken große Konflikte.

Ich möchte aber unbedingt noch zur Verbandsklage kommen. In der Forderungsliste des Volksbegehrens findet sich unter Punkt 5.1 die Verbandsklage. Das wäre eine Maßnahme, die das System Tiernutzung, dieses tierindustrielle System angeht und da tatsächlich eine Veränderung erreichen könnte.

Was ist eine Verbandsklage? – Tiere gelten dem Gesetz nach als Sachen, § 285 ABGB definiert das so. Es gibt zwar § 285a, aber der hat leider in der Praxis nichts geändert. Tiere dürfen weiterhin wie Sachen behandelt werden. Für Sachen gibt es keine Möglichkeit, dass Gesetze zu ihrem Schutz umgesetzt werden, dass man über sie keine unlautere Werbung machen darf und dergleichen. Die Verbandsklage würde es jetzt Tierschutzverbänden ermöglichen, hier für Rechtssicherheit zu sorgen und den Rechtsstaat zu stärken – nicht die materielle Gesetzeslage zu verändern, sondern einfach die vorhandene Gesetzeslage zu exekutieren.

Eine Verbandsklage könnte in der Möglichkeit einer Feststellungsklage beim Verfassungsgericht bestehen, um festzustellen zu lassen, ob die vorhandenen Verordnungen nicht dem Tierschutzgesetz widersprechen. Es könnte sich um eine Verpflichtungsklagsmöglichkeit handeln, sodass man die Verwaltung verpflichtet, sich an die Gesetze zu halten, oder auch um eine Möglichkeit der Anfechtungsklage, sodass vorhandene Genehmigungen, die erteilt wurden, aber in unseren Augen dem Tierschutzgesetz widersprechen und – ohne Klage keine Richter – nie gerichtlich gecheckt werden, auch einer gerichtlichen Überprüfung unterliegen, und es könnte auch im UWG festgelegt werden, dass unlauterer Wettbewerb in der Bewerbung von Tierprodukten von einer Verbandsklage durch Tierschutzverbände betroffen ist.

Wer gegen diese Verbandsklage von Tierschutzverbänden ist, der ist gegen den Rechtsstaat, denn sie dient zu nichts anderem als zur Absicherung des Rechtsstaates. Wenn man etwas zu verbergen hat, dann will man offensichtlich nicht, dass es solche gerichtlichen Überprüfungen gibt, aber wenn man nichts zu verbergen hat, wenn man will, dass die vorhandenen Gesetze umgesetzt werden, dann müsste man eigentlich auch für eine Verbandsklage eintreten, zumal es niemanden – außer die Tierschutzorganisationen – irgendetwas kostet, jedenfalls die Regierung nicht.

Es gab noch einige andere Themen wie zum Beispiel die AMA-Frage. AMA ist ein Gütesiegel, das einem suggeriert, dass alles aus Österreich und alles heimisch, wenn nicht sogar regional, ist. Es gab Anträge von den NEOS und der SPÖ, dass man das AMA-Gütesiegel verpflichtend erweitert, auch auf die Fütterung. Insbesondere im Visier sind die Importe von gentechnisch verändertem Soja aus Regenwaldgebieten, und es wäre tatsächlich sehr, sehr vorteilhaft, wenn das AMA-Gütesiegel darauf nicht mehr anwendbar wäre. Leider hat die Regierung das total verwässert und es zu einer Empfehlung gemacht, die in Wahrheit keinen Effekt hat.

Das heißt, wir stehen sehr wohl dafür ein, dass man das AMA-Gütesiegel, wenn, dann nur für Produkte vergeben darf, die auch tatsächlich aus Österreich kommen – inklusive den Futtermitteln, die man eben gerne vergisst, um zum Beispiel auch die negative Wirkung für Klima und Naturschutz auszublenden. Im Wahrheit importiert die Schweineindustrie 600 Millionen Kilogramm Soja aus Südamerika und produziert daraus – zuzüglich einer Reihe von Millionen Tonnen Maisfutter – 500 Millionen Kilogramm Schweinefleisch, also offensichtlich nicht besonders effizient.

Es wurden die Zuchtrinderexporte angesprochen. Tatsächlich sind Tiertransporte ein Thema, das nicht nur die männlichen Milchkälber betrifft, sondern auch Zuchtrinderexporte. Von Österreich aus – und deswegen habe ich anfänglich gesagt, Österreich ist ein Tier-, Rinder-Exportweltmeister; im Verhältnis zur Größe des Landes ist das wirklich eine international sehr bemerkenswerte Größenordnung – verschicken wir Zuchtrinder in den Osten, nach Kasachstan, 5 000 Kilometer weiter, und das seit vielen Jahren. Wenn das wirklich Zuchtrinder wären, dann müsste dort ja jetzt irgendwann einmal ein Stock von österreichischen Rindern vorhanden sein, aber wenn man sie ständig weiter dorthin schickt, liegt der Verdacht nahe, dass es in Wahrheit um Schlachtung geht und dass das eine Umgehung von Schlachtrindexporteinschränkungen ist.

Insofern wäre es tatsächlich an der Zeit, dass man Exporte in Drittländer ausschließt und verbietet, denn dadurch kann man solchen Missbrauch verhindern. Man kann in Drittländern nicht sicherstellen, dass die Tiere dem EU-Tierschutzrecht unterliegen, dass dieses eingehalten wird und sie entsprechend behandelt werden. Die Folge ist also, dass es ein absolutes Verbot von Exporten dieser Art braucht.

Vom Herrn Vorsitzenden wurde noch die Frage der Herkunfts- und Haltungskennzeichnung erwähnt. Tatsächlich sehen wir das auch ähnlich wie Frau Abgeordnete Fiedler, die meint, die Herkunftskennzeichnung allein ist noch kein Gewinn an Tierschutz, solange in Österreich die Tierhaltung nicht besser ist. Wir haben gehört, in der Schweinehaltung ist es in anderen Ländern oft deutlich besser, zum Beispiel was die betäubungslose Kastration betrifft oder auch das Verbot des Vollspaltenbodens, das es in einigen Ländern außerhalb Österreichs gibt. Da müsste man ja vom Standpunkt des Tierschutzes aus der Meinung sein: Besser, man importiert dieses Fleisch, als man verwendet österreichisches! – Daher braucht es auch eine Haltungskennzeichnung, die eigentlich wesentlich wichtiger ist als die Herkunftskennzeichnung; aber wenn wir in Österreich einen besseren Standard haben, dann kann man natürlich gerne auch die Herkunft kennzeichnen.

Wir haben auch hier als Vorbild die Eier und das Legebatterieverbot: Auf den Eiern ist festgelegt, was für eine Haltungsform die Hühner haben. Das ist eine Win-win-win-Situation für alle: Die Hühner gewinnen, die Konsumentinnen und Konsumenten gewinnen und die Legebetriebe haben gewonnen. Dasselbe sollten wir jetzt bei den anderen Nutztieren machen. – Danke.

HS-Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. Leopold Kirner: Ich gehe wieder zu Beginn auf die Frage ein: Wie kann man Landwirte/Landwirtinnen dafür begeistern, zum Beispiel für mehr Tierwohl oder überhaupt für Veränderungen einzutreten?

Das ist Knochenarbeit. Das beginnt ganz früh in der Ausbildung, das geht über Exkursionen. Die Landwirte, die diese Tierwohlstelle betrieben haben, haben uns gesagt: Die anderen Landwirte, die das nicht wollen, reden ja gar nicht mit uns, aber die, die reden, interessieren sich dann schon und tauchen auch ein und stellen dann auch Fragen. Das heißt, diese Begegnung ist immer wichtig, genauso zwischen Konsumentinnen und Konsumenten und Landwirtinnen und Landwirten, dass man sich einmal gegenseitig besser versteht. Das ist keine schnelle Wirkung, das braucht sehr viel Zeit und Begegnung. Die Landwirte sagen uns, dass die Jungen schon sehr interessiert sind.

Es wurde gesagt, viele Landwirte wären nicht bereit für solche Systeme. Wie gesagt, ich interpretiere die Zahlen etwas anders. Es sind ja fast die Hälfte der Jüngeren, die unter bestimmten Voraussetzungen durchaus bereit sind für solche Systeme. Ich denke, das ist eine hohe Zahl, und sie wird höher – man muss ja auch den Trend berücksichtigen. Bei einer Vermarktungsorganisation, einem Schlachthof in Oberösterreich, wo ein gutes Markenprogramm für Tierwohlfleisch aus der Schweinehaltung läuft, sind es derzeit 30 Betriebe, die beliefern, und etwa 150 sind in der Warteschlange. Es hat sich also schon herumgesprochen, dass das eine gute Sache ist, und es zeigt sich, dass sie, wenn sich das auch finanziell rechnet, dazu durchaus bereit wären.

Eine andere Frage, die gestellt wurde, war jene nach dem Zusammenhang oder der Korrelation zwischen Betriebsgröße und Tierwohl, also – weil das Wort Massentierhaltung ja heute schon öfter gefallen ist, ein Begriff, der in Wirklichkeit nicht definiert ist –: Gibt es quasi einen Zusammenhang in der Form, dass, wenn mehr Tiere gehalten werden, sie dann schlechter gehalten werden, also weniger Tierwohl herrscht? Dazu gibt es doch einiges an wissenschaftlichem Material, national, aber vor allem auch international, und dieses zeigt – Werner Zollitsch kann meine Ausführungen dann auch ergänzen –, dass es kaum einen oder keinen signifikanten Zusammenhang gibt. Es gibt größere Betriebe, die Tiere besser halten, weil sie modernere Systeme haben, mehr Luft, Licht – auch mehr Geld – im Stall ist, es gibt aber auch kleine Betriebe, die sehr gut sind, weil sie eine intensivere Betreuung haben.

Was sich schon gezeigt hat, ist, dass bei größeren Beständen tendenziell – nicht statistisch signifikant, aber tendenziell – die Verluste etwas zunehmen. Das wird damit erklärt, dass die Betreuung der Tiere durch den Menschen hier weniger vonstattengeht. Aber man versucht natürlich, bei größer werdenden Beständen durch Technisierung, Automatisierung auch eine Wirkung in Richtung Tierwohl zu erzielen, damit hier die Folge dessen, dass der Mensch dann natürlich nicht mehr alles beobachten kann, durch bestimmte Sensoren und so weiter abgefedert wird.

Eine andere Frage war Low Input. Das ist ein Begriff, der ganz stark in der Milchviehhaltung präsent ist. Man versucht also, mit wenig Betriebsmitteln, wenig Kraftfutter, wenig Arbeitszeit, mit gut geführten Weidesystemen, damit wenig Zukauffutter, wenig Traktorfahrten auf dem Feld – die Kuh holt sich das Gras selber ab – auszukommen. Dazu gibt es auch viele Projekte und Betriebe, die daran sehr interessiert sind. Es gibt sogar Arbeitskreise, bei denen mehrere Betriebe dabei sind. Wir analysieren immer die Arbeitskreisergebnisse betreffend Vollkostenauswertungen der Milch – das haben wir seit 2008, es sind ungefähr 200 Betriebe jährlich, für die diese Auswertung erfolgt. Da werden alle Aufzeichnungen – alle, auch jene der eigenen Arbeitszeit – bewertet, und wir schauen Betriebe an, die Low Input fahren, also mit viel Weidesystem, und solche, die Hochleistungsstrategien fahren. Bei der letzten Kennzahl, das ist das kalkulatorische Betriebszweigergebnis pro Kilogramm Milch, sind diese Kennzahlen eigentlich immer gleich.

Das heißt also, es gibt Optionen in der Milchviehhaltung. Das war ja auch der Grund dafür, warum wir von der Hochschule überlegt haben: So etwas könnte es ja auch in der Schweinehaltung geben, dass es neben der intensiven Produktion auf Vollspalten noch andere Systeme – zwischen Biolandbau und der konventionellen Landwirtschaft – gibt. Ich denke, es konnte ja gezeigt werden, dass es das gibt.

Jetzt der springende Punkt, die Frage, die irgendwo auch aufgeworfen wurde: Was kostet die Umstellung? Was kostet die Umstellung auf mehr Tierwohl? – Eine Zahl habe ich dazu nicht, aber ich kann es zumindest für die Schweinemast ableiten oder zumindest grob eine Zahl nennen – je nach diesen Standards, die ich da gezeigt habe, und den Mehrkosten in Abhängigkeit von diesen Standards. Wenn ich den höchsten Standard hernehme – Sie erinnern sich: Tierwohlstandard 2 mit doppeltem Platzangebot, Stroh als Tiefstreu, Außenklimareize und auch die schmerzfreie Kastration und die GVO-freie Fütterung –, so liegen wir ungefähr bei 50, 55 Cent je Kilogramm Schlachtgewicht. Wenn wir das jetzt multiplizieren, wenn wir alles neu bauen würden – natürlich tun wir das nicht, aber wenn wir alles neu bauen würden –, dann liegen wir ungefähr bei 250 Millionen Euro, wenn wir das mit den Schlachtzahlen in Österreich multiplizieren. Damit man sich etwas vorstellen kann: 250 Millionen Euro, das ist genau die Förderung für unsere Berglandwirtschaft, die Ausgleichszulage. Die macht ungefähr 250 Millionen Euro aus.

Das heißt, letztendlich geht es hier, denke ich, auch um die Frage: Was ist uns wichtig? Wir haben knappes Gut. Ein knappes Gut ist Geld. Es geht um die Frage, wie wir Geld für eine zukunftsfähige Landwirtschaft in Österreich einsetzen – für mehr Tierwohl auf alle Fälle, aber: Wie weit gehen wir? Wo müssen wir auch etwas wegnehmen? Was ist uns wichtig? – Berglandwirtschaft? Tierwohl? Biolandwirtschaft?, was auch immer. Also das ist sicherlich die Krux der Sache, und man ist ökonomisch oder auch generell von der Wohlfahrtswirkung am besten unterwegs, wenn man mit diesem knappen Mittel Geld quasi den größten Nutzen erwirtschaftet, und der größte Nutzen muss diskutiert werden.

Ein weiterer Punkt: Märkte. Wie lange brauchen Programme, bis sie laufen? – Dazu gibt es keine Evidenz, aber es gibt wahrscheinlich auch sehr unterschiedliche Dauer, bis etwas wirklich am Markt etabliert ist. Wichtig ist – das habe ich auch bei diesem einen Tierwohlprogramm in Oberösterreich gesehen –, dass die Nachfrage und das Angebot im Gleichklang gehen und dass in der Schweinehaltung wirklich versucht wird, alles zu einem höheren Preis zu vermarkten – nicht nur die Edelstücke, denn dann muss man die wenigen Edelstücke sehr teuer verkaufen, und das wird sich am Markt nicht durchsetzen. Das ist die hohe Kunst.

Und, letzte Frage: die Frustration der Bauern. Diese wurde abgefragt. – Direkt die Frustration fragen wir nicht ab, denn das ist eine gefährliche Frage, aber die Stimmung in der Landwirtschaft hängt sehr stark vom Einkommen ab. Wenn man die Einkommensanalysen des Grünen Berichtes betrachtet, dann hatten wir von 2013 bis 2016 immer eine Verringerung der Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft, 2017, 2018 ist es nach oben gegangen, 2019 hat es stagniert. Das heißt, wir liegen, denke ich, in der Stimmungslage irgendwo im Mittelfeld. Es gibt bessere Zeiten, es gibt schlechtere Zeiten. Momentan jubeln die Ackerbauern, die Marktfruchtbauern über sehr hohe Preise, für die tierhaltenden Betriebe sehen wir momentan eher stagnierende Preise. Wir haben seit eigentlich fünf Jahren den gleichen Milchpreis – 36 Cent - -

Obmann Mag. Gerhard Kaniak: Herr Professor, ich ersuche Sie, zum Schluss zu kommen.

HS-Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. Leopold Kirner: Ich bin am Schluss. – Danke.

Mag. Birgit Kopschar: Gut, 3 Minuten? – Dann möchte ich zuerst einmal auf den illegalen Welpenhandel eingehen.

Illegaler Welpenhandel – im Prinzip gibt es diesen im Moment nicht. Es stimmt zwar, dass der Grenzübertritt für Hunde an einen Chip, an einen EU-Ausweis und eine gültige Tollwutimpfung gebunden ist. Die Tollwutimpfung ist ab einem Alter von zwölf Wochen zugelassen und nach drei Wochen gültig. Das heißt, nach 15 Wochen darf der Hund offiziell über die Grenze. Es gibt dann die Ausnahme bei Welpen, wenn der Besitzer sich selbst bestätigen kann, dass der Welpe sein Leben ausschließlich beim Muttertier verbracht hat: Dann darf er den Hund auch mit acht Wochen über die Grenze führen.

Ich sehe jetzt bei einem vollkommenen Verbot dieser Möglichkeit erst recht einen illegalen Welpenhandel, denn dann kommen alle Welpen mit acht Wochen von der Slowakei, von der Tschechei oder von Ungarn einfach so nach Wien – ohne Chip, ohne EU-Pass, ohne sonstige Impfung – und werden hier als österreichische Welpen verkauft. Ich glaube also nicht, dass das Problem damit zu lösen wäre.

Der nächste Punkt sind die Listenhunde. Die Listenhunde – das ist für mich ein absoluter Schwachsinn, muss ich sagen. In meiner 20-jährigen Berufslaufbahn wurde ich noch nie wirklich von einem Listenhund schwer verletzt. Ich werde aber durchschnittlich zwei bis drei Mal pro Woche von einem kleinen Chihuahua oder Yorkie gebissen, und glauben Sie mir, auch das tut weh. Das große Problem ist, dass diese kleinen Hunde absolut nicht erzogen sind. Sie werden als Spielzeug oder als Katzenersatz gesehen und sind überhaupt nicht erzogen. Natürlich, wenn ein großer Hund einmal zubeißt, passiert einfach mehr. – Also so viel zu den Listenhunden.

Jetzt zum Sachkundenachweis: Meiner Meinung ist es ein sehr, sehr guter Ansatz, um dem Problem einmal Herr zu werden. Ich würde damit aber zum Beispiel in den Schulen oder sogar schon in den Kindergärten anfangen, denn das sind die zukünftigen Tierbesitzer, und ich würde das auch auf alle anderen Tiere ausdehnen. Es gibt nicht nur Hunde, es gibt Katzen, es gibt Kaninchen, es gibt Hamster, es gibt Ratten. Auch diese Tiere haben ganz besondere Bedürfnisse, auf die man eingehen muss, und man muss als Gesetzgeber darauf achten, dass dies auch entsprechend eingehalten wird.

Der Sachkundenachweis ist deshalb sehr wichtig, weil das Problem in den meisten Fällen ein Kommunikationsproblem zwischen den Tieren und dem Tierbesitzer ist. Es gibt Studien, in denen man Kleinkindern, dreijährigen Kindern Bilder von Hunden gezeigt hat und sie gefragt hat: Zu welchem Hund gehst du jetzt? – 80 Prozent dieser Kinder sind zu dem Hund gegangen, der die Zähne gefletscht hat. Ganz einfach: Für uns Menschen heißt Zähne Lächeln, das heißt Freundlichkeit. Die Kinder gehen zu diesem Hund hin – ein typisches Kommunikationsproblem: Ein Kind weiß nicht, was es heißt, wenn ein Hund Zähne zeigt. Ein Hund hingegen kann nicht mehr tun als drohen. Er kann nicht mehr tun als seine Zähne zeigen und sagen: Greif mich nicht an, geh weg von mir! Das Nächste, was er dann noch machen kann, ist hinschnappen. Wenn es dann ein dreijähriges Kind betrifft, dann heißt es: Oha!, und dann stehen wir in der Zeitung.

Für den Sachkundenachweis werden solche Dinge beigebracht. Es wird erstens einmal beigebracht, was ein Hund kostet. Ein Hund kostet nicht nur die Anschaffungskosten, sondern man hat Tierarztkosten, Kosten für Impfungen, der Hund muss behandelt werden, irgendwann wird es auch so weit, dass man das Tier einschläfern lassen muss. Es wird darüber informiert: Was braucht ein Hund, was kostet das Futter?, und so weiter und so fort. – Wie gesagt, für mich ein erster Schritt, aber noch lange nicht der letzte in dieser Richtung.

Nun zur Compliance bei den Landwirten: Ich glaube, auch da hat sich in den letzten Jahren wirklich sehr, sehr viel getan und es geht in die richtige Richtung. Ich habe mit sehr vielen Kollegen aus der Großtierpraxis gesprochen, und alle waren einhellig der Meinung: Die Landwirte haben wirklich begriffen, sie haben es mit lebenden Tieren zu tun und nicht nur mit einer Ware. Sie haben auch realisiert, dass sie teilweise Hochleistungstiere haben und dass nur ein gesundes Tier, ein Tier, das sich wohlfühlt, diese Leistung dann auch erbringen kann.

Auch bei der Anbindehaltung der Rinder in Ostösterreich ist es zum Beispiel überhaupt kein Problem mehr. Das betrifft nur mehr Klein- und Kleinstbetriebe, das heißt Betriebe mit zwei, drei Rindern, wo sich der Bauer halt keinen größeren Stall leisten kann.

Alle Betriebe, die neu ausgebaut haben oder überhaupt neu gebaut haben, haben schon Laufställe konzipiert. Das heißt, glaube ich, die Bauern haben auch begriffen, dass es hier ums Tierwohl geht und dass sie dadurch mehr Gewinne erzielen können. Danke sehr.

Mag. Dr. Katja H. Wolf: Um ein Thema, das mir am Herzen liegt, einmal kurz anzusprechen, weil es in letzter Zeit auch immer medial herumgeistert: Ich fange einmal damit an – nicht nur, weil ich Wolf heiße – und möchte kurz über den Wolf sprechen. Ich möchte kurz nachschicken: Ich bin seit 20 Jahren im Besitz einer gültigen Jagdkarte. Ich kenne mich also ein bisschen aus. Was mir bisher an der ganzen Diskussion um den Wolf Sorgen macht, ist, dass da jetzt immer wieder auftaucht: Die Lösung sind Herdenschutzhunde. Ich möchte zum Ausdruck bringen: Es gibt zwei Arten von Hunden, die auf eine Herde achten. Die eine sind Hütehunde. Wir haben jetzt alle einen Border Collie im Kopf – schwarz-weiß, angeblich der klügste Hund der Welt. Was macht der Border Collie? Er läuft um die Herde herum oder bringt sie von A nach B. Das ist sein Job. Er ist ein hochintelligentes Tier, auch farblich gut von der Herde abgehoben, damit man auch sieht: Da passt jemand auf.

Der Herdenschutzhund macht ganz etwas anderes. Der Herdenschutzhund ist aus der Herde heraus farblich nicht erkennbar, arbeitet aus der Herde und ist nicht freundlich. Der Herdenschutzhund stammt aus Gegenden wie dem Kaukasus. Dort gehört er auch hin – und zwar nur dort gehört er hin, weil der Herdenschutzhund auf ganz wenige Menschen zu sozialisieren ist. Sein Job ist: Ich schütze meine Herde, mannstoppend, egal, wer da kommt – ist es ein Mensch, ist es ein Wolf, ist es ein Bär.

Wollen wir, wollen Sie in unserer Landwirtschaft, in unserem Tourismusland Österreich, wo Mountainbiker, Kinder auf Hüpfburgen, Senioren, Nordic Walker quer über die Almen rennen, einen Herdenschutzhund? – Ich nicht. Um ehrlich zu sein: Das ist falsch verstandene Kynologie, würde ich einmal meinen, zu denken: Der Herdenschutzhund regelt das alles. Er regelt sicher, ich meine, er regelt sicher.

Die zweite Frage ist: Na kann man es nicht auch mit den Hütehunden versuchen? Kann man, der Wolf wird sich freuen, weil das Erste, was er sieht, der lustige Hütehund, der herumrennt, ist. Der ist für den Wolf kein Thema. Man muss sich auch eines überlegen: Wie kommuniziert ein Wolf? Wenn der Hund, der das so gewohnt ist, sich auf den Rücken wirft, um sich zu unterwerfen, dann hat Wolf eine Mordsfreude damit. Insofern sollte man sich auch einmal überlegen, jetzt bitte nicht Hunde an die Front zu schicken, sondern, wenn man den Wolf als Kulturgut erhalten möchte – als historisches Thema –, wie wäre es dann, wenn man den historischen Hirten wieder auf die Almen bringt? Das wäre eine Möglichkeit, aber bitte nicht einen Hund für so etwas missbrauchen! Der eine zahlt drauf und beim anderen zahlt eben der andere drauf.

Noch einmal: Der Herdenschutzhund ist nicht für unsere mitteleuropäischen Gegenden gezüchtet, fix nicht. Er ist nicht glücklich und die Leute, die es zu handeln versuchen, sind es auch nicht. Wir haben auch ein ganz, ganz geringes Zuchtaufkommen, womit wir wieder beim Punkt sind: Ja, der Lieferservice bringt Ihnen den Kangal. Ja, der bringt Ihnen den Bucovina – bis vor die Haustür. Dann ist aber Ihr Problem, wie es mit der Nachbarschaft weitergeht.

Das zweite Thema, das mir naturgemäß sehr, sehr am Herzen liegt, sind die Listenhunde. Ich freue mich, dass ich in diesem Rahmen bitte eines noch einmal ganz klar und laut und deutlich anbringen kann: Der Listenhund wird in der Medienlandschaft sehr gerne Kampfhund genannt. Kampfhunde hat es gegeben, ja, das waren die Hunde, die Krieger in den Kampf begleitet haben. Ich kenne keine Armee, die jetzt noch großartig mit Kampfhunden durch die Länder zieht, also das kann man abhaken, das ist vergessen.

Die zweite Form des Kampfhundes ist der Hund, der im Ring, im Pit kämpft. Das ist illegal. Das ist fix und fix illegal. Das heißt: Warum hängt man Hunden, die entweder historisch für etwas gebraucht worden sind oder etwas tun, das sie gar nicht dürfen, einen derartig bitterbösen Namen wie Kampfhund um? Das ist dem Lebewesen gegenüber unfair. Wenn man sich die Mühe macht, sich die einzelnen Rassegeschichten anzuschauen, dann sieht man, dass die Hunde zwar für eine Tätigkeit gezüchtet worden sind, man sie aber an die heutigen Gegebenheiten adaptiert hat.

Es gibt keinen einzigen wissenschaftlichen Nachweis, dass Listenhunde gefährlicher sind als Nichtlistenhunde. Entsprechende Gutachten kann die Veterinärmedizinische Universität jederzeit gerne liefern. – Danke schön.

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Werner Zollitsch: Ich beginne mit der Anfrage der Frau Fiedler bezüglich der Zuchtrinderexporte. Ich tue mir da jetzt etwas schwer, weil ich natürlich kein belastbares Zahlenmaterial habe, wie oft da offensichtlich Zuchtrinder eher als Nutzrinder exportiert werden. Ich kann Ihnen nur sagen, dass bei den Projekten, in die wir als Uni seitens des Dachverbandes der österreichischen Rinderzüchter eingebunden waren, ein irrer Aufwand getrieben wird – bis hin zur Beratung: Wie sind diese Tiere dann zu halten, zu füttern? –, damit die in den Ländern, wo sie eingeführt werden, dann auch als Zuchtrinder eine Population aufbauen können. Insofern tue ich mir da wirklich sehr schwer. Ich kenne sicherlich die bessere Seite. Ich weiß auch, wie diese Transporter ausgestattet sind. Also das ist nicht mit den Bildern zu vergleichen, die wir von Schlachttiertransporten kennen.

Dann gibt es eine ganze Reihe von Fragen. Die eine hat Leopold Kirner schon beantwortet – diese Frage nach Betriebsgröße und Tierwohl. Also Stand meines Wissens gibt es da praktisch keine Korrelation. Denkbar ist, wenn wir in Größenordnungen kommen – wir kennen es aus den neuen Bundesländern in Deutschland –, wo wir enorm große Milchrinderherden haben – über 2 000 Tiere groß –, dass dort die Ressourcen nicht mehr gegeben sind, um diese Bestände sauber zu pflegen und zu halten, dass es dort dann einen Abfall dahin gehend gibt. Damit hängen dann wohl auch diese höheren Ausfälle zusammen. Also grundsätzlich: nein, nicht gegeben, nicht wirklich systematisch nachweisbar, weshalb wir in der Wissenschaft auch nie mit diesem Begriff Massentierhaltung operieren würden – wenn schon, dann eher Intensivtierhaltung. Das ist aber ein ganz schwieriger Begriff, den man hier schlecht einordnen kann.

Die Frage multiresistente Keime ist natürlich jetzt ganz spannend. Das Konzept Tiergesundheitsdienst ganz grundsätzlich halte ich für ein sehr gut geeignetes, weil das ja hier generell im Sinne von weniger Arzneimitteleinsatz – was wir ja haben wollen – und damit weniger Antibiotikaeinsatz quasi eine Voraussetzung ist. Was wir auch wissen, ist, dass die Tiergesundheitsdienstkonzepte in den unterschiedlichen Bundesländern sehr unterschiedlich funktionieren. Das heißt, da müsste man sich einfach überlegen: Gibt es strukturelle Voraussetzungen, durch die wir das dann besser unterstützen können, um einfach insgesamt mit dem Antibiotikaeinsatz runterzukommen, was zweifellos wünschenswert ist?

Dann die Frage Rinderzucht, Embryotransfer, eingeschränkter Genpool: Das ist international tatsächlich ein Thema. Das ist vor allem ein Thema bei Holsteins. Für alle, die sich nicht so auskennen: Das sind diese schwarz-weiß gefleckten hochspezialisierten Milchrinder, die sozusagen diese Topperformer sind. Da wissen wir, dass aber insbesondere der verstärkte Einsatz von einigen Modestieren, die besonders leistungsstark sind – vermeintlich ein Plus –, in der Kombination mit Embryotransfer auf der weiblichen Seite tatsächlich zu genetischen Bottlenecks führen können.

Da sind wir in Österreich grundsätzlich in einer anderen Situation. Die Hauptrasse bei uns ist Fleckvieh. Etwa 75 bis 80 Prozent unserer Milchkühe gehören dieser Rasse an und dort ist die Zucht einfach deutlich breiter aufgestellt. Ich hätte die Sorge nicht, dass das derzeit ein Problem ist. Es wird auch in den Zuchtprogrammen sehr stark darauf geachtet. Die Zuchtwertschätzung liefert Indikatoren wie Inzuchtkoeffizienten et cetera, damit das eben hintangehalten wird. Das muss man natürlich im Auge haben. Ich würde nicht sagen, dass das momentan ein Problem ist.

Low-Input-Systeme – Leopold Kirner hat erwähnt, was wir darunter verstehen – und Tierwohl: Also bei Rindern, wo es die größte Verbreitung gibt, ist es sehr wahrscheinlich so, dass das tatsächlich systematisch in Richtung mehr Tierwohl wirkt, ganz einfach, weil wir die sehr lange Zeit auf der Weide draußen haben. Wiederum gilt hier wie immer diese Einschränkung – das werden Sie immer haben, wenn Sie sich bestimmte Systeme ansehen –, dass das immer auch davon abhängt, wie gut die dann gemanagt werden, wie wir das nennen. Also davon gibt es immer gute und schlechte Ausprägungen. Da gibt es eine Variabilität, die ganz erheblich ist. Wenn die aber bei den Rindern gut gemacht sind, weil es einfach mehr Weide gibt – und das ist sozusagen einfach die artgemäßeste Umgebung, die Rinder vorfinden können –, dann ist das sicherlich ein Faktor, der eher zum verbesserten Tierwohl führt.

Das, was man mitunter kritisch beobachten muss – Leopold Kirner hat es auch gesagt –, ist, dass die Systeme davon leben, dass wir aus ökonomischen Gründen sehr wenig Konzentratfutter – also sehr nährstoffreiche Futtermittel – einsetzen. Da kann dann sehr wohl der Ernährungszustand der Tiere in Einzelfällen auch fragwürdig sein. Das ist eben auch so ein Beispiel dafür, dass das System per se keine Garantie dafür ist, dass alles toll läuft.

Dann komme ich zur Frage – ich glaube, sie war von Herrn Schmiedlechner –, ob österreichische Qualitätsprodukte, die dann hohe Tierwohlstandards erfüllen, am Markt standhalten können. Also ich denke, das ist in jedem Fall so – da kann man, glaube ich, von der Entwicklung des Biolandbaus auch gerade im tierischen Bereich viel lernen. Das kann dann standhalten, wenn man es schafft, die Gesamtkette mitzunehmen. Es geht natürlich nicht, etwas sozusagen am Handel vorbei zu produzieren und zu hoffen, dass das schon passen wird. Das funktioniert sicher nicht. Hier ist also die gesamte Kette einfach mitzudenken, dann kann das gut funktionieren.

Die Frage nach der Anbindehaltung: Das ist ganz klar. Die ist soweit in Ordnung, wenn es eben anders nicht geht. Ich habe noch diese Betriebe vor Augen, die relativ gut gehen, die in Osttirol in den ganz steilen Hangsituationen sind, die einfach nicht ausreichend Platz haben, einen Laufstall zu bauen. Wenn da regelmäßiger Auslauf dabei ist – und regelmäßig heißt eben auch im Winterhalbjahr –, dann ist es, denke ich, ein Kompromiss, den man auch aus Tierschutzsicht eingehen kann. Üblicherweise ist ja der Trend zum Laufstall hin auch schon deshalb ganz klar so, weil er einfach arbeitswirtschaftlich enorme Vorteile bringt. Das ist ja nicht nur eine Frage des Tierwohls, sondern auch die Frage, wie es den Menschen damit geht.

Dann die Frage von Herrn Strasser nach der Umstellungsphase, also bis wann Betriebe denn im Premiumprogramm voll drinnen sind: Das hängt wohl mit der Art der Umstellung zusammen: Wie groß ist das Delta zwischen meinem Status quo und dem, was ein Premiumprogramm verlangt? Das kann, wenn sozusagen einfache Maßnahmen wie das Abdecken oder Teilabdecken von Spalten ausreichen, relativ rasch gehen. Da gibt es auch die technischen Lösungen dazu. Das ist auch wieder eine ökonomische Aufgabe, herauszufinden, ob sich das rechnet. Bei weitergehenden Maßnahmen sind wir natürlich dann in Zeiträumen von fünf Jahren plus, das ist überhaupt keine Frage.

Ähnliches gilt auch für den Zeithorizont Eiweißstrategie. Da geht es in eine ähnliche Richtung. Ich habe es einleitend schon angeschnitten: wenn es darum geht, die Ressourcen, die wir haben – Stichwort jetzt etwa Agrana Pischelsdorf, Trockenschlempen –, einfach immer noch zu einem nennenswerten Anteil zu exportieren. Das könnte relativ rasch verstärkt eingesetzt werden. Da braucht es sozusagen eine Anpassung der Rationsempfehlung et cetera. Das ist keine Rocketscience, das geht relativ rasch. Da könnte also innerhalb von einem Jahr viel passieren.

Wir wissen ja auch, wie schnell – also jetzt zur Frage der Eiweißstrategie – Bauern und Bäuerinnen ihre Fruchtfolgen umbauen. Da wissen wir, dass Preise, Deckungsbeiträge einen enorm starken Impetus ausüben. Wenn ich mir nur anschaue, was passiert ist, als Stickstoffdünger teurer wurde: So schnell konnte man gar nicht schauen, wurde er weniger eingesetzt, wurde auch die Fruchtfolge umgebaut. Wenn ich mir anschaue, wie rasch Raps im Osten Österreichs verschwunden oder stark zurückgegangen ist, was mit den Rübenflächen passiert ist, dann ist das eine Sache von einigen wenigen Jahren und man kann hier einfach sehr viel erreichen.

Nun noch zu den Beutegreifern: Das mit den Herdenschutzhunden kann ich aus eigener Erfahrung aus Griechenland und Spanien bestätigen, das wird bei uns vielleicht nicht immer die Antwort sein. Die Frage ist für mich einfach: Was ist die Alternative? Den Wolf haben wir und den Bären haben wir schon sehr viel länger. Zwischen Ötscher und Buckliger Welt hat es ja quasi immer Bären gegeben, vereinzelt zumindest, und mit denen haben wir uns irgendwie arrangiert. Über den Wolf wissen wir auch relativ viel. Klar ist aber: So weiter zu tun wie bisher und so zu tun, als verschwinde er schon wieder, ist sicher keine Lösung. Das heißt also ganz klar: Wölfe sind Opportunisten, das wissen wir sehr gut. Wenn die einschätzen können, dass entweder der Aufwand sehr groß oder das Risiko, verletzt oder gar getötet zu werden, groß wird, dann suchen sie sich etwas anderes. Daran gilt es anzusetzen. – Danke schön.

Abschlussstatement des Bundesministers

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Es war heute sehr interessant, es gab viele, viele Teilaspekte. Ich möchte mich sehr herzlich bedanken. Ich glaube, wir können hier für unsere Arbeit viel mitnehmen. Ich glaube, dass das Thema Herkunftskennzeichnung, aber auch die Kennzeichnung der Haltungsbedingungen ganz wesentlich sind, weil sich die Leute ein Bild machen können müssen und selber entscheiden sollen, welche Produkte sie kaufen.

Ich möchte jetzt nur kurz zum Schweinefrischfleisch etwas sagen, weil der Verband der österreichischen Schweinebauern vor Kurzem bei uns im Ministerium war – auf unsere Einladung hin. Wenn man sich anschaut, dass – unter Anführungszeichen – „nur“ 50 Prozent des Schweinefrischfleisches in Österreich dem gesetzlichen Standard entsprechen – weil wir die ganze Zeit von AMA reden und 45 Prozent das AMA-Gütesiegel tragen –, dann bleibt über, dass nur ungefähr 2 Prozent Schweinefrischfleisch der Biorichtlinie entsprechen. Also da gibt es, glaube ich, schon Luft nach oben, möchte ich meinen.

Das heißt zum Thema Vollspaltenböden: Wo sind Übergangsfristen für den Umbau, für den Neubau? Wie setzt man die? Wir müssen konkrete Dinge vereinbaren. Das sind Themen, die uns alle betreffen und die die Leute, glaube ich, von uns auch erwarten, gerade an dem Tag, an dem wir im Parlament das Tierschutzvolksbegehren besprechen.

Mehr Platz, ja. – Was ist artgerechte Tierhaltung? Wie viel Platz brauchen Schweine, um artgerecht gehalten zu werden? Das ist heute auch Thema gewesen. Also: Wie viel mehr Platz, ab wann mehr Platz? Bringen wir es auf den Boden! Mehr Beschäftigungsmaterial für Schweine – ab wann? Bessere Kontrollen: Wenn nur 2 Prozent überprüft werden, wie ich gehört habe, dann ist das vielleicht auch zu verbessern. Den Arzneimitteleinsatz in der Schweinezucht, glaube ich, kann man auch überdenken.

Das heißt ein Folgetreffen dieser Runde hier: Ich werde Tierschutzvertreter der Klubs einladen, ich werde Tierschützer einladen, ich werde Ländervertreter einladen, ich werde natürlich auch das Landwirtschaftsministerium einladen und ich werde auch den Verband der österreichischen Schweinebauern einladen, aber wir sollten diese Dinge rasch besprechen, denn hier ist, glaube ich, bald eine Lösung gefragt. – Danke.

Schlussworte des Bevollmächtigten des Volksbegehrens

Dr. Sebastian Bohrn Mena: Ich möchte damit beginnen, dass ich Ihnen wirklich danke, denn ich habe diese Diskussion als extrem wertvoll und bereichernd erlebt, und zwar sowohl die Fragen, die Sie eingebracht und gestellt haben, als auch die Antworten der Expertinnen und Experten. Ich glaube, das hat wirklich ganz eindrucksvoll gezeigt, warum es dieses Tierschutzvolksbegehren gebraucht hat.

Vor drei Jahren, als wir damit begonnen haben, waren nicht alle begeistert und auch nicht alle überzeugt davon, dass es das überhaupt braucht. Ich wäre jederzeit bereit, jedes Jahr ein Volksbegehren zu machen, wenn es da hinführt, wo wir gerade sind, nämlich dass wir ein Window of Opportunity haben, wo ganz viele Menschen – und das spüre ich in allen Fraktionen – sagen: Ja, es reicht, wir müssen jetzt etwas verändern.

Ich möchte Dietmar Keck recht geben: Ihr habt natürlich Anträge eingebracht, die wichtig sind, und ich möchte diese Leistungen und auch dieses Engagement in keiner Weise schmälern, aber jetzt gilt es, nach vorne zu schauen, und zwar in der Regierungskonstellation, die wir im Jahr 2021 haben.

Prof. Zollitsch hat in seinen Ausführungen an einem Punkt gesagt: Okay, aber dann müssen wir uns entscheiden, das kommt dann einem Totalumbau gleich. – Ja, was denn sonst? Ja, natürlich braucht man den Totalumbau. Also wenn wir das, was Martin Balluch und Prof. Kirner gesagt haben, hören und verstehen und auch in unser Herz hineinlassen, dann bleibt uns ja gar nichts anderes übrig, als einen Totalumbau der Landwirtschaft zu fordern. Aber die Frage ist immer: Wie? Kirner hat uns dann dankenswerterweise auch Zahlen genannt – Zahlen wie 250 Millionen Euro, wenn wir alles neu bauen würden. Das ist doch in Wirklichkeit gar nichts!

Wenn wir nach Deutschland schauen, wo die Borchert-Kommission gesagt hat, sie brauchen 4 Milliarden Euro pro Jahr für zehn Jahre, um die gesamte Landwirtschaft – also nicht nur die Schweinehaltung, sondern jeden Bereich – zu verbessern, und wir das auf Österreich umlegen, dann sind es 400 Millionen Euro auf zehn Jahre. Na, wie viele Tage Lockdown sind das – einer, zwei oder drei? Wollen Sie mir jetzt ernsthaft sagen: Wir haben das Geld dafür nicht? Wir haben diese 300, 400 Millionen Euro nicht, um dafür zu sorgen, dass die Tiere endlich würdevoll behandelt werden, um dafür zu sorgen, dass das kleinbäuerliche Sterben – und wir haben es hier mit einem Bauernsterben zu tun, nicht mit einem Strukturwandel – endlich aufhört? Wollen Sie mir sagen, wir haben die 300, 400 Millionen Euro nicht, die unseren Kinder in zehn, 20, 30 Jahren eine sichere, schützenswerte Umwelt ermöglichen? Das ist doch lächerlich! Das Geld ist da, gerade in Österreich ist es da, es ist nur nicht richtig verteilt.

Zwei Punkte sind mir wichtig, jetzt noch anzusprechen, bevor wir zum Ende kommen. Der erste Punkt ist – ich habe mit Minister Mückstein vor Kurzem im Zusammenhang mit der Initiative für ein Lieferkettengesetz, die meine Frau sehr stark vorantreibt, auch darüber gesprochen –: Nicht alles, was irgendjemand zu kaufen bereit ist, sollte auch angeboten werden dürfen. Also seid mir nicht böse! Es kann doch im Jahr 2021 nicht mehr üblich sein, dass wir sozusagen Kinderarbeit im Regal liegen haben. Ich bin der Meinung, es darf auch nicht alles in die Hand der Konsumentinnen und Konsumenten gelegt werden. Es darf nicht so sein, dass man sagt: Hier ist das Angebot: gequältes Schwein, misshandeltes Tier, und daneben: Wenn du 20, 30, 50 oder 100 Prozent mehr zahlst, dann kriegst du das regionale Produkt! – Nein, das ist eine Entscheidung, die wir als Bürgerinnen und Bürger zu treffen haben. Das ist eine Entscheidung, die Sie 183 Abgeordnete für uns zu treffen haben, und ich verlange, dass Sie diese Entscheidung für uns treffen. Geld kann nicht das Argument sein. Es kann hier wirklich nur um den politischen Willen gehen, und ich ersuche Sie, den aufzubringen.

Nicht alles, was irgendjemand bereit ist, zu kaufen oder zu produzieren, darf auch angeboten werden. Das sollte der Konsens in unserer Zeit sein und dazu sollte auch zählen, dass wir das, was im Bundestierschutzgesetz steht – nämlich: Tiere sind fühlende Wesen –, auch endlich ernstnehmen.

Das Zweite ist: Wir brauchen eine komplett neue Logik. Was ich unbedingt verhindern möchte, ist, dass im Anschluss in den nächsten Monaten wieder Anträge kommen und die wieder vertagt werden, und die wieder niedergestimmt werden, und dann richtet man sich wieder gegenseitig aus: Wer ist mehr für den Tierschutz und wer ist dagegen? Das bringt nichts! Wir brauchen eine komplett neue Logik, und diese komplett neue Logik bedeutet, dass wir beginnen, den Fortschritt zu institutionalisieren. Ich und wir und ich im Namen von 416 000 Menschen verlangen von Ihnen, dass Sie sich jetzt zu einem Totalumbau der heimischen Landwirtschaft committen.

Wenn die Experten zum Entschluss kommen, dass das bis 2030 oder bis 2040 dauert, dann ist das okay, dann dauert es bis 2040. Wenn wir zu dem Entschluss kommen, es kostet 10 oder 50 oder 100 Milliarden Euro, dann kostet es das. Ich möchte aber von Ihnen endlich das Commitment haben – das verlangen auch die Menschen da draußen –: Weg vom Klein-Klein! Hören wir bitte auf, darüber zu reden, ob wir einem Schweindl 5 Zentimeter mehr Platz zugestehen, ob wir das Soja von da oder von dort nehmen! Das ist doch lächerlich! Reden wir über das große Ganze, und das große Ganze bedeutet: Wir brauchen tatsächlich einen Totalumbau, und den werden wir nur erreichen, wenn wir die KonsumentInnen und die ProduzentInnen dabeihaben.

Ich möchte mich da bei den Herren Präsidenten aus der Landwirtschaft schon entschuldigen, aber ich möchte die Landwirte dabeihaben und nicht die Funktionäre, und ich will auch nicht die Vertreter der KonsumentInnen, die 20, 30, 40 Jahre auf irgendwelchen Posten sitzen, dabeihaben, sondern ich will die Konsumentinnen und Konsumenten dabeihaben, ich möchte diejenigen, die tatsächlich die Entscheidung an der Kassa treffen, und diejenigen, die wirklich im Stall stehen. Die will ich bei der Reformkommission dabeihaben. Deswegen bitte ich Sie, wenn Sie eine Ableitung aus dem Tierschutzvolksbegehren machen, dann nehmen Sie mit: Wir brauchen einen verbindlichen Stufenplan, wir brauchen ein klares Ziel – aber denken Sie im Big Picture!

Nehmen wir uns die Zeit, eine vollkommen neue Vision der österreichischen Landwirtschaft zu formulieren! Binden wir alle ein! Das ist das, was die Menschen von uns verlangen und ich glaube, das ist auch ganz leicht lösbar. Da werden Sie sicher – das Vertrauen habe ich in Sie – eine Lösung finden, wie man so eine Reformkommission, wie man so ein Gremium schafft, wo BürgerInnen, wo KonsumentInnen, wo Landwirte eingebunden sind, die unabhängig kontrollieren, welchen Fortschritt wir in der Landwirtschaft machen.

Ich kann da eigentlich nur dem Minister recht geben, wenn er sagt: „Bringen wir es auf den Boden!“ Hören wir auf, darüber zu debattieren, bringen wir es auf den Boden! Das heißt, Sie sind in den nächsten Monaten gefordert. Ich kann Ihnen nur das Angebot machen: Die 416 000 Menschen stehen an Ihrer Seite, egal, welcher Couleur – das ist vollkommen irrelevant. Wenn Sie jetzt das Commitment bringen, dass wir einen Totalumbau der heimischen Landwirtschaft hin zu einer tier-, umwelt- und klimagerechten Form der Erzeugung von Lebensmitteln machen, dann stehen wir hinter Ihnen, stehen wir an Ihrer Seite, und dann werden wir Sie auch dabei unterstützen. Vielen Dank.

Obmann Mag. Gerhard Kaniak bedankt sich beim Bevollmächtigten des Volksbegehrens für dessen abschließenden Worte und richtet einen Appell an den Ausschuss, nach dieser lebhaften Diskussion mit sehr konkreten Vorschlägen und Anregungen und dem allseits bekundeten Willen, das Thema auf den Boden zu bringen, nun auch tatsächlich Beschlüsse für die Zukunft zu fassen.

Er glaube, so der Obmann weiter, dass es dafür höchste Zeit sei, und unterstreicht die Worte des Bevollmächtigten des Volksbegehrens, dass schon sehr lange darauf gewartet würde, und betont, dass die Unterstützung in der Öffentlichkeit sehr breit sei. Der Obmann fordert die Abgeordneten auf, ihrer Aufgabe doch endlich nachzukommen.

Er bedankt sich bei allen ExpertInnen dafür, dass sie der Einladung des Ausschusses gefolgt sind und ihre Expertise eingebracht haben. Er hoffe, so der Obmann, dass der Ausschuss die Anregungen der ExpertInnen so gut wie möglich aufgreife und in der weiteren politischen Debatte umsetzen könne. (Beifall.)

Sodann erklärt der Obmann das Hearing und den öffentlichen Teil der Sitzung für beendet.

Schluss des öffentlichen Teils von TOP 1: 18.45 Uhr