51/BI XXVII. GP

Eingebracht am 21.11.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Bürgerinitiative

betreffend

Recht auf Bildung für ALLE Kinder - Recht auf ein 11. und 12. Schuljahr für Kinder mit Behinderung

 

Seitens der EinbringerInnen wird das Vorliegen einer Bundeskompetenz in folgender Hinsicht angenommen:

Schulunterrichtsgesetz, §32 (2) SchUG

Dieses Anliegen wurde bis zur Einbringung im Nationalrat von          35.426 BürgerInnen mit ihrer

Unterschrift unterstützt. (Anm.: zumindest 500 rechtsgültige Unterschriften müssen für die Einbringung im Nationalrat vorliegen.)

Anliegen:

Der Nationalrat wird ersucht,

1.  Das SchUG soll dahingehend geändert werden, dass Kinder mit

Sonderpädagogischem Förderbedarf (in Folge SPF genannt), bis zu zwei Jahre später eingeschult werden können und sich somit der Beginn der Berechnung der Schuljahre um bis zu 2 Jahre nach hinten verschiebt.

2.  Das SchUG soll dahingehend geändert werden, dass für

Kinder mit SPF ein gesetzlich klar definierter Rechtsanspruch auf ein 11. und 12. Schuljahr eingeräumt wird.

3.  Um die Erfüllung dieses Rechtsanspruchs gewährleisten zu können, sind inklusive Settings oder andere sonderpädagogische Angebote in der Sekundarstufe 2 einzurichten - etwa in berufsbildenden mittleren Schulen wie Handelsschulen und wirtschaftlichen, hauswirtschaftlichen, technischen und landwirtschaftlichen Fachschulen.

4.  Die Stellenpläne und Budgets für diese Schulen sowie für allgemeinbildende
Pflichtschulen sollen seitens des Bundes und der Länder im erforderlichen Ausmaß aufgestockt werden, um flächendeckend und bedarfsgerecht Inklusionsplätze im Sinne der Behindertenrechtskonvention anbieten zu können.

5.  Der NR soll dafür Sorge tragen, dass der Fachkräftebedarf im Bereich der Inklusionspädagogik ausreichend gedeckt ist. Die diesbezüglichen Ausbildungsplätze sollen deutlich aufgestockt werden.


 

 

Parlamentarische Bürgerinitiative betreffend

Recht auf Bildung für ALLE Kinder - Recht auf ein 11. und 12. Schuljahr für Kinder mit Behinderung

 

 

Name

Anschrift und
E-Mail Adresse

Geb. Datum

Datum der Unterzeichnung

Eingetragen in die Wählerevidenz der Gemeinde

KARIN RIEBENBAUER

 

 

 

 

 

 


 

 

Bürgerinitiative:

Recht auf ein 11.+12. Schuljahr für Kinder mit

Behinderung

Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf bzw. Kinder mit Behinderung, dürfen laut der österreichischen Gesetzeslage 10 Schuljahre absolvieren. Ein 11. und ein 12. Schuljahr sind jedoch bewilligungspflichtig und werden in vielen Fällen nicht genehmigt. Das Gesetz regelt nicht, unter welchen Voraussetzungen eine Genehmigung erteilt werden muss oder abgelehnt werden darf.

Das stellt die Kinder und vor allem auch deren Eltern vor ein großes Problem: Sie dürfen - oftmals ohne Begründung - nicht mehr in die Schule, obwohl gerade diese Jahre für ihre kognitive Entwicklung so wichtig sind und einen wesentlichen Beitrag zu einem möglichst selbstbestimmten Leben einnehmen.

Für alle Kinder in Österreich besteht die allgemeine Schulpflicht. Dies gilt natürlich auch für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf bzw. für Kinder mit einer Behinderung (§ 2 Abs 1 Schulpflichtgesetz). Die allgemeine Schulpflicht dauert 9 Jahre und für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf geht es nach dem 10. Schuljahr nicht mehr weiter, es sei denn der Besuch des 11. und 12. Schuljahres erhält die Zustimmung des Schulerhalters und die Bewilligung der zuständigen Schulbehörde. Aus der Praxis wissen wir jedoch, dass diese Bewilligung in vielen Fällen nicht erfolgt. Obwohl diese weiteren Jahre gerade für Kinder mit Behinderung einen wichtigen Einfluss auf ihre kognitive Entwicklung und Reife haben. Weitere Schuljahre erhöhen außerdem die Chancen auf einen Job am ersten Arbeitsmarkt wesentlich. Es ist also nicht nachvollziehbar, dass Kinder mit Behinderung kein Recht auf ein 11. und 12. Schuljahr haben, Kinder ohne Behinderung jedoch schon - denn das ist eine Ungleichbehandlung und entspricht nicht den Richtlinien und deren Umsetzung, zu denen sich Österreich mit der Ratifizierung der UN­Behindertenrechtskonvention bereits 2008 verpflichtet hat. Die wären:

a)  die menschlichen Möglichkeiten sowie das Bewusstsein der Würde und das Selbstwertgefühl des Menschen voll zur Entfaltung zu bringen und die Achtung vor den Menschenrechten, den Grundfreiheiten und der menschlichen Vielfalt zu stärken;

b)  Menschen mit Behinderung ihre Persönlichkeit, ihre Begabungen und ihre Kreativität sowie ihre mentalen und körperlichen Fähigkeiten voll zur Entfaltung bringen zu lassen;

c)  Menschen mit Behinderung zur wirksamen Teilhabe an einer freien Gesellschaft zu befähigen" (Artikel 24 UN-Behindertenrechtskonvention)

Die geltende Rechtslage in Österreich ist hier jedoch starr und entspricht in vielen Belangen nicht den Bedürfnissen von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Diesen Kindern wird ein Schulsystem übergestülpt, welches stark reglementiert und nicht flexibel ist, und beispielsweise nicht auf Entwicklungsverzögerungen eingeht, die bei Kindern mit Behinderung (z.B. Trisomie 21) Vorkommen.

Diesbezüglich gibt es die Diskussion, Kinder mit Entwicklungsverzögerung gegebenenfalls 1-2 Jahre später einzuschulen, bis sie die tatsächliche schulreife erlangt haben. Dies lässt die Rechtslage allerdings nicht zu. Wenn sie also dem Gesetz entsprechend eingeschult werden, sind gerade die weiteren Schuljahre von zentraler Bedeutung, da Kinder mit Behinderung und Entwicklungsverzögerung mit zunehmendem Lebensalter auch in ihren sozial-emotionalen und kognitiven Fähigkeiten reifen, und insbesondere in ihren letzten Schuljahren am empfänglichsten für Bildung sind. Just in diesem Moment werden sie jedoch aus dem Schulsystem hinausgedrängt.

Die vorliegende Bürgerinitiative soll also dazu beitragen, dass § 32 Abs. 2 SchUG so geändert wird, dass Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf zukünftig berechtigt sind, eine Schule drei Jahre über den im Abs.1 genannten Zeitraum hinaus zu besuchen, und darauf auch einen durchsetzbaren, gesetzlich klar definierten Anspruch haben. Damit die vorherrschende Ungleichbehandlung aufgehoben wird und allen Kindern in unserer Gesellschaft Bildung und die Teilhabe am sozialen Leben ermöglicht wird.

Konkret fordern die Unterzeichner:innen:

1.    Das Schulpflichtgesetz soll dahingehend geändert werden, dass Kinder mit Behinderung, die eine Entwicklungsverzögerung mit sich bringen (z.B.

Trisomie 21), bis zu zwei Jahre später eingeschult werden können und sich somit der Beginn der Berechnung der Schuljahre um bis zu 2 Jahre nach hinten verschiebt.

2.    Das Schulunterrichtsgesetz soll dahingehend geändert werden, dass für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf ein gesetzlich klar definierter Rechtsanspruch auf ein 11. und 12. Schuljahr eingeräumt wird.

3.    Um die Erfüllung dieses Rechtsanspruchs gewährleisten zu können, sind inklusive Settings oder andere sonderpädagogische Angebote in der Sekundarstufe 2 einzurichten - etwa in berufsbildenden mittleren Schulen wie Handelsschulen und wirtschaftlichen, hauswirtschaftlichen, technischen und landwirtschaftlichen Fachschulen.

4.    Die Stellenpläne und Budgets für diese Schulen sowie für allgemeinbildende Pflichtschulen sollen seitens des Bundes und der Länder im erforderlichen Ausmaß aufgestockt werden, um flächendeckend und bedarfsgerecht Inklusionsplätze im Sinne der Behindertenrechtskonvention anbieten zu können.

5.    Dieser Ausbau geht mit einem großen Fachkräftebedarf im Bereich der Inklusionspädagogik einher, der derzeit nicht gedeckt werden kann. Die Bundesregierung soll daher dafür Sorge tragen, dass an den Pädagogischen Hochschulen die diesbezüglichen Ausbildungsplätze deutlich aufgestockt werden und im Bereich der Arbeitsbedingungen und der Besoldung Anreize geschaffen werden, in diesem herausfordernden und verantwortungsvollen Bereich tätig zu werden.