13 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Budgetausschusses

über den Antrag 87/A der Abgeordneten Karl Mahrer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdenpolizeigesetz 2005 geändert wird

Die Abgeordneten Karl Mahrer, BA, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 13. November 2019 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Zu Z 1 (Inhaltsverzeichnis)

Die Änderung stellt eine notwendige Adaptierung des Inhaltsverzeichnisses dar.

Zu Z 2 (§ 52 Abs. 8)

Bereits nach geltender Rechtslage wird eine Rückkehrentscheidung in Fällen, in denen eine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt wurde, mit Ablauf dieser Frist durchsetzbar. Dies soll mit der vorgesehenen Änderung auch für Fälle des § 55a klargestellt werden.

Zu Z 3 (§ 55a)

Abs. 1:

Der vorgeschlagene Abs. 1 soll es jenen Drittstaatsangehörigen, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorgeschlagenen Maßnahme erstens in einem (entweder vor dem Bundesamt oder vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängigen) Asylverfahren befinden, also noch keine rechtskräftige Entscheidung über ihren Antrag auf internationalen Schutz erhalten haben und daher Asylwerber (§ 2 Abs. 1 Z 14 AsylG 2005) sind, und zweitens als Lehrlinge im Sinne von § 1 BAG beschäftigt sind, unter bestimmten Voraussetzungen ermöglichen, das begonnene Lehrverhältnis in Österreich abzuschließen. Damit wird insbesondere dem wirtschaftlichen Interesse der Ausbildungsbetriebe (der Lehrberechtigten gemäß § 2 Abs. 1 BAG), die in die Ausbildung der Lehrlinge getätigten Investitionen nicht vorzeitig zu verlieren, Rechnung getragen. Dieses Interesse soll jedoch nur insoweit geschützt werden, als während des laufenden Asylverfahrens der Antritt des betreffenden Lehrverhältnisses zulässig war und dieses seither ununterbrochen bestanden hat. Im Sinne einer Stichtagsregelung wird daher auch vorgesehen, dass das betreffende Lehrverhältnis vor jenem Tag begonnen (und seither ununterbrochen bestanden haben) haben muss, bis zu dem es Asylwerbern möglich war, Beschäftigungsbewilligungen für die Absolvierung einer Lehre zu erhalten (siehe dazu die Erläuterungen zum Schlussteil des vorgeschlagenen Abs. 1).

In formaler Hinsicht wird an den Beginn des Laufs der Frist für die freiwillige Ausreise, die gemeinsam mit der Rückkehrentscheidung festzusetzen ist (§ 55 Abs. 1), angeknüpft: Hat der Drittstaatsangehörige oder dessen Lehrberechtigter das Bundesamt innerhalb der zeitlichen Grenzen gemäß Abs. 3 und in der nach Abs. 4 vorgeschriebenen Form über den Bestand des Lehrverhältnisses bzw. den von der zuständigen Lehrlingsstelle festgesetzten Termin für die Lehrabschlussprüfung in Kenntnis gesetzt, so wird der Beginn des Fristenlaufs auf den nach Z 1 oder Z 2 maßgeblichen Zeitpunkt verschoben. Für eine Anwendbarkeit des § 55a setzt der vorliegende Entwurf somit voraus, dass das Bundesamt mit der Rückkehrentscheidung gemäß § 55 Abs. 1 FPG eine – grundsätzlich 14 Tage, bei Überwiegen besonderer Umstände auch länger dauernde (Abs. 2 und 3 leg. cit.) – Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt hat. Auf § 55a können sich Asylwerber daher in jenen Fällen nicht berufen, in denen – etwa weil einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 BFA-VG vom Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde – eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht (vgl. § 55 Abs. 1a).Da die vorgeschlagene Maßnahme es dem Drittstaatsangehörigen ermöglichen soll, das begonnene Lehrverhältnis abzuschließen bzw. vor dessen Beendigung keinen Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung ausgesetzt zu sein, sieht Z 1 vor, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zu laufen beginnt – der durch die Erklärung gegenüber dem Bundesamt bewirkte Aufschub des Fristenlaufs also endet – sobald das Lehrverhältnis geendet hat oder vorzeitig oder außerordentlich aufgelöst worden ist. Wann dies jeweils der Fall ist, ergibt sich für die von Gesetzes wegen eintretende Endigung des Lehrverhältnisses aus § 14 Abs. 1 (Ablauf der vereinbarten Lehrzeit) und Abs. 2 BAG (z.B. nachträglicher Ausschluss des Lehrberechtigten von der Lehrlingsausbildung gemäß lit. e leg. cit. iVm § 4 BAG), für die eine Erklärung des Lehrlings oder des Lehrberechtigten voraussetzende und insofern mit einer Kündigung vergleichbare vorzeitige Auflösung des Lehrverhältnisses aus § 15 BAG und für die außerordentliche Auflösung aus § 15a BAG.

Z 2 behandelt den Sonderfall, dass der Drittstaatsangehörige erst nach der Endigung des Lehrverhältnisses zur Lehrabschlussprüfung antritt. Liegt eine rechtzeitige und wirksame Mitteilung über den Bestand des Lehrverhältnisses vor und hat der Lehrberechtigte oder der Drittstaatsangehörige dem Bundesamt überdies den von der zuständigen Lehrlingsstelle festgesetzten Prüfungstermin mitgeteilt, so verschiebt sich der Beginn der Frist für die freiwillige Ausreise – über den Tag der Endigung des Lehrverhältnisses hinaus – auf den dem Prüfungstermin folgenden Tag. Zwischen der für die Anwendung des Abs. 1 insgesamt erforderlichen Mitteilung über den Bestand des Lehrverhältnisses und der nur für die Anwendung der Z 2 maßgeblichen Mitteilung über den festgesetzten Prüfungstermin ist somit zu unterscheiden. Diese Mitteilungen können dem Bundesamt daher – je nachdem, wann der Termin für die Lehrabschlussprüfung feststeht – gemeinsam oder getrennt voneinander übermittelt werden. Unterlässt es der Drittstaatsangehörige oder der Lehrberechtigte, dem Bundesamt den Prüfungstermin mitzuteilen, so kommt allenfalls eine Verschiebung des Beginns der Frist für die freiwillige Ausreise gemäß Z 1 in Betracht.

Der Schlussteil sieht einerseits vor, dass sich der Beginn der Frist für die freiwillige Ausreise ungeachtet des konkreten Eintritts des nach Z 1 und 2 jeweils maßgeblichen Zeitpunktes höchstens um vier Jahre, gerechnet ab Beginn des Lehrverhältnisses, in die Zukunft verschieben kann. Diese Maximaldauer ist lange genug, um auch jene Fälle abzudecken, in denen gleichzeitig eine Ausbildung in zwei Lehrberufen absolviert wird (§ 6 Abs. 2 BAG). Darüber hinaus sieht der Schlussteil vor, dass die betreffenden Asylwerber ihr Lehrverhältnis vor dem 12. September 2018 begonnen haben müssen und dieses seitdem ununterbrochen bestanden haben muss. Bis zu diesem Zeitpunkt war es Asylwerbern aufgrund eines Erlasses des zuständigen Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen nämlich möglich, Beschäftigungsbewilligungen für die Absolvierung einer Lehre zu erhalten und soll es dieser Personengruppe mit der vorgesehenen Regelung ermöglicht werden, eine bis zu diesem Zeitpunkt zulässigerweise begonnene Lehrlingsausbildung auch zu beenden.

Abs. 2:

Der vorgeschlagene Abs. 2 sieht vor, dass sich nur jene Asylwerber zum Zweck des Abschlusses ihres begonnenen Lehrverhältnisses auf Abs. 1 berufen können, die weder straffällig geworden sind (§ 2 Abs. 3 AsylG 2005) noch das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen des Asylverfahrens über ihre Identität zu täuschen versucht haben. Dass tatsächlich ein zur Unanwendbarkeit des Abs. 1 führender Versuch der Täuschung über die Identität stattgefunden hat, wird sich dabei aus den Tatsachenfeststellungen und/oder der Beweiswürdigung im Bescheid des Bundesamtes oder der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes konkret ergeben müssen.

Abs. 3:

Gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 3 ist eine Mitteilung über die Beschäftigung als Lehrling gemäß Abs. 1 rechtzeitig, wenn sie dem Bundesamt vor Zustellung der erlassenen Rückkehrentscheidung zugegangen ist. Wurde die Rückkehrentscheidung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes jedoch bereits zugestellt und der Asylwerber hat gegen diese Beschwerde erhoben, so gilt die Mitteilung dann als rechtzeitig, wenn sie dem Bundesamt noch vor Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugegangen ist. Davon ist das Bundesverwaltungsgericht unverzüglich durch das Bundesamt in Kenntnis zu setzen.

Abs. 4:

Aus Gründen der Rechtssicherheit sieht Abs. 4 als Formerfordernis für die Mitteilung an das Bundesamt über die Endigung, die vorzeitige oder die außerordentliche Auflösung des Lehrverhältnisses oder des Termins für die Lehrabschlussprüfung die Schriftform vor. Die Wirksamkeit einer solchen Erklärung setzt neben der Wahrung des Schriftlichkeitserfordernisses voraus, dass ihr eine Abschrift des Lehrvertrags bzw. – in Fällen, in denen eine Lehrabschlussprüfung nach der im Lehrvertrag vereinbarten Dauer der Lehrzeit abgenommen wird – der Entscheidung der Lehrlingsstelle über die Festsetzung des Prüfungstermins für die Lehrabschlussprüfung (vgl. § 23 Abs. 2 BAG) angeschlossen ist. Abs. 4 Satz 2 regelt die Rechtsfolge einer rechtzeitig erstatteten, wirksamen Mitteilung und sieht vor, dass in diesen Fällen bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des Abs. 1 der Eintritt der Rechtskraft der Rückkehrentscheidung abweichend von § 14 Abs. 2 lit. f BAG nicht die Beendigung des Lehrverhältnisses des Drittstaatsangehörigen bewirkt.

Die an das Bundesamt erstattete Mitteilung über den Bestand des Lehrverhältnisses bzw. über den Termin für die Lehrabschlussprüfung und die sich daraus ergebenden Folgen, wie insbesondere die Verschiebung des Beginns der Frist für die freiwillige Ausreise, wirken sich unmittelbar auf das Asylverfahren (Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise im Zusammenhang mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 iVm §§ 52 Abs. 2 Z 1 oder 2 und 55 Abs. 2 FPG) aus. Die darüber erhobenen Informationen sind somit als Verfahrensdaten (§ 28 Abs. 1 BFA‑VG) zu qualifizieren und können im Rahmen der Zentralen Verfahrensdatei (§ 28 BFA‑VG) verarbeitet werden. Gesonderte datenschutzrechtliche Bestimmungen im Zusammenhang mit dem vorgesehenen § 55a sind daher nicht erforderlich.

Festzuhalten ist, dass die durch Abs. 1 ermöglichte Verschiebung des Laufs der Frist für die freiwillige Ausreise nicht zu einem rechtmäßigen Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet führt. Die gegen diesen im Rahmen des Asylverfahrens erlassene Rückkehrentscheidung (§ 10 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 1 oder 2 FPG) und die daraus folgende Ausreiseverpflichtung bleiben vielmehr aufrecht. Es wird lediglich für den Zeitraum, in welchem Beginn und Lauf der Frist für die freiwillige Ausreise aufgeschoben sind, auf Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung verzichtet. Beginnt die Frist für die freiwillige Ausreise nach Ablauf der Hemmung zu laufen, ist der betreffende Drittstaatsangehörige sohin nach wie vor verpflichtet, das Bundesgebiet innerhalb der ihm eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise zu verlassen. Bis zu diesem Zeitpunkt allenfalls eingetretene geänderte Umstände, die zu einem unzulässigen Verstoß gegen Art. 8 EMRK führen könnten, können durch die Betreffenden im Rahmen der Beantragung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 geltend gemacht werden. Eine entsprechende Berücksichtigung des Rechts auf Privat- und Familienleben ist folglich mit gegenständlichem Regelungsvorhaben entsprechend gewährleistet.

Abs. 5:

Endet das Lehrverhältnis gemäß § 14 Abs. 2 lit. a bis e BAG vor dem Ablauf der vereinbarten Lehrzeit oder wird es gemäß § 15 BAG vorzeitig oder gemäß § 15a BAG außerordentlich aufgelöst, so ist der Lehrberechtigte verpflichtet, dies unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb einer Woche, dem Bundesamt schriftlich mitzuteilen. In der Mitteilung ist neben den nach dem ersten Satz maßgeblichen Tatsachen (z.B. Tatsache des Bestehens einer Lehrabschlussprüfung und der damit verbundenen Beendigung des Lehrverhältnisses, Erklärung der vorzeitigen außerordentlichen Auflösung) und dem Zeitpunkt ihres Eintritts die Identität des Drittstaatsangehörigen anzugeben.

Abs. 6:

Abs. 6 regelt jene Fälle, die zu einem Erlöschen der Hemmung des Fristenlaufs für die freiwillige Ausreise führen; erfasst sind Fälle, in denen das Lehrverhältnis vor dem Ablauf der vereinbarten Lehrzeit endet oder vorzeitig oder außerordentlich aufgelöst wird (Z 1) oder der Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 3 AsylG 2005 straffällig geworden ist (Z 2). Erlischt die Hemmung des Fristenlaufs gemäß Abs. 6, beginnt ab diesem Zeitpunkt die Frist für freiwillige Ausreise zu laufen.

In den Fällen, in denen das Lehrverhältnis vor dem Ablauf der vereinbarten Lehrzeit endet oder vorzeitig oder außerordentlich aufgelöst wird, soll die Fristenhemmung jedenfalls auch dann erlöschen, wenn der Lehrberechtigte die vorzeitige Endigung oder Auflösung des Lehrverhältnisses dem Bundesamt pflichtwidrig nicht mitgeteilt hat.

Zu Z 4 (§ 126 Abs. 23)

Der erste Satz regelt das Inkrafttreten und, da es sich bei §§ 52 Abs. 8 zweiter Satz und 55a um eine Stichtagsregelung nur für die zu diesem Zeitpunkt in einem Asylverfahren befindlichen Lehrlinge handelt, das Außerkrafttreten. Im Hinblick auf den im Schlussteil des § 55a Abs. 1 genannten Stichtag (12. September 2018) und die darin normierte Höchstdauer wird daher ein Außerkrafttreten mit Ablauf des 12. September 2022 vorgesehen. Der zweite Satz sieht für jene Ausnahmefälle, in denen zur Zeit des Außerkrafttretens die Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55a Abs. 1 aufgeschoben und noch nicht abgelaufen oder gemäß § 55a Abs. 6 erloschen ist, vor, dass die Hemmung des Laufs der Frist für die freiwillige Ausreise über den Zeitpunkt des Außerkrafttretens hinaus bis zu dem nach § 55a jeweils maßgeblichen Zeitpunkt fortdauert.“

 

Der Budgetausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 3. Dezember 2019 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Bettina Zopf die Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Ing. Reinhold Einwallner, Karlheinz Kopf, Peter Wurm, Mag. Nina Tomaselli, Mag. Philipp Schrangl und Kai Jan Krainer sowie der Bundesminister für Inneres Dr. Wolfgang Peschorn.

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, G, N, dagegen: F) beschlossen.

Ein im Zuge der Debatte von der Abgeordneten Mag. Nina Tomaselli eingebrachter Abänderungsantrag fand keine Mehrheit (für den Antrag: S, G, N, dagegen: V, F).

Ein von der Abgeordneten Mag. Nina Tomaselli im Zuge der Debatte gem. § 27 Abs. 1 GOG-NR eingebrachter selbständiger Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird, fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: S, G, N, dagegen: V, F).

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Budgetausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2019 12 03

                                    Bettina Zopf                                                                      Peter Haubner

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann