14 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Budgetausschusses

über die Regierungsvorlage (1 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Gesetz über das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung und die Strafprozeßordnung 1975 zur Umsetzung der Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug geändert werden

Die vorgeschlagenen Änderungen des Strafgesetzbuchs beinhalten Anpassungen in Entsprechung der Umsetzungsverpflichtung, die sich aus der Richtlinie (EU) 2017/1371 über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug (im Folgenden: PIF-Richtlinie), ABl. Nr. L 198 vom 28.7.2017, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 350 vom 29.12.2017 S. 50, ergeben. Diese Richtlinie bezweckt die Sicherstellung der Angleichung des Strafrechts in den Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Schutzes der finanziellen Interessen der Union in Form von betrügerischen Handlungen zu Lasten der Einnahmen- bzw. Ausgabenseite und der Vermögenswerte des Unionshaushalts.

Die PIF-Richtlinie löst im Bereich des gerichtlichen Strafrechts lediglich einen geringen Änderungsbedarf aus, weil die wesentlichen Bestimmungen der Richtlinie auf das Übereinkommen aufgrund von Artikel K. 3 des Vertrags über die Europäische Union über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Betrugsübereinkommen), Abl. Nr. C 316 vom 27.11.1995 S. 48 samt den Zusatzprotokollen vom 27. September 1996, 29. November1996 und 19. Juli 1997 zurückgehen, das mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 153/1998, Eingang in den nationalen Rechtsbestand fand, wobei der ausgabenseitige Betrug im StGB geregelt wurde, während die Vorgaben zum einnahmenseitigen Betrug im Finanzstrafgesetz umgesetzt wurden. Diese „Aufgabenteilung“ zwischen StGB und Finanzstrafgesetz soll auch weiterhin beibehalten werden, sodass sich im StGB iW lediglich hinsichtlich der Änderungen beim ausgabenseitigen Betrug ein Anpassungsbedarf ergibt.

 

Der Budgetausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 3. Dezember 2019 in Verhandlung genommen.

Der Budgetausschuss beschloss einstimmig Herrn Mag. Christian Pilnacek, Sektionschef Sektion IV Strafrecht im BMVRDJ als Auskunftsperson gemäß § 40 Abs. 1 GOG zu laden.

An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker die Abgeordneten Kai Jan Krainer, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer und Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA sowie die Auskunftsperson Mag. Christian Pilnacek.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Z 1 (§ 74 Abs. 1 Z 4a lit. b StGB):

Der hier gemeinte Personenkreis wird schon nach geltendem Recht regelmäßig Personen umfassen, die Amtsträger sind. Im Hinblick auf das im Erwägungsgrund 10 der PIF-Richtlinie gegebene Beispiel kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die Definition mit einer geringfügigen Erweiterung des Amtsträgerbegriffs verbunden ist. Um im Begutachtungsverfahren artikulierten Bedenken in Richtung Übererfüllung der PIF-Richtlinie Rechnung zu tragen, soll der Anwendungsbereich daher gegebenenfalls auf jene Strafbestimmungen beschränkt werden, die in der PIF-Richtlinie ein Pendant haben. Das sind die §§ 168d, 304, 305, 307 und 307a StGB, mithin nicht die Tatbestände der §§ 306 und 307b StGB. Überdies soll sich der Anwendungsbereich bei den Bestechungsdelikten auf das in der Richtlinie Vorgesehene beschränken.

Zu Z 2 (§§ 304, 305, 307 und 307a StGB):

Nach Art. 4 Abs. 2 lit. a der PIF-Richtlinie bezeichnet im Sinne dieser Richtlinie der Ausdruck ‚Bestechlichkeit‘ die Handlung eines öffentlichen Bediensteten, der unmittelbar oder über eine Mittelsperson für sich oder einen Dritten Vorteile jedweder Art als Gegenleistung dafür fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, dass er eine Diensthandlung oder eine Handlung bei der Ausübung seines Dienstes auf eine Weise vornimmt oder unterlässt, dass dadurch die finanziellen Interessen der Union geschädigt werden oder wahrscheinlich geschädigt werden. Für den Tatbestand der ‚Bestechung‘ sieht Art. 4 Abs. 2 lit. b der PIF-Richtlinie eine entsprechende Definition vor.

Während im Lichte der Ausprägung, die der Begriff des ‚Amtsgeschäfts‘ in Lehre und Rechtsprechung erfahren hat, davon ausgegangen werden kann, dass er sowohl ‚Diensthandlungen‘ als auch ‚Handlungen bei der Ausübung des Dienstes‘ umfasst und die §§ 304 ff StGB daher insofern keiner Anpassung bedürfen, muss der Vorsatz bei EU-Bezug nicht auf eine Schädigung oder wahrscheinliche Schädigung der finanziellen Interessen der Union gerichtet sein. Nun soll die Umsetzung der PIF-Richtlinie, die ja auch eine Verbesserung der Korruptionsbekämpfung mit den Mitteln des Strafrechts bezweckt, nicht zum Anlass genommen werden, das bestehende Schutzniveau bei EU-Bezug generell zu senken. Hingegen soll bei der neuen Gruppe jener Personen, die ausschließlich (d.h. nicht aufgrund eines anderen Aspekts der Amtsträgerdefinition des § 74 Abs. 1 Z 4a StGB) deswegen Amtsträger sind, weil sie öffentliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Verwaltung der oder Entscheidungen über die finanziellen Interessen der Europäischen Union in Mitgliedstaaten oder Drittstaaten übertragen bekommen haben und diese Aufgaben wahrnehmen, der Anwendungsbereich, um im Begutachtungsverfahren artikulierten Bedenken der Übererfüllung der Richtlinie Rechnung zu tragen, auf das beschränkt werden, was nach der PIF-Richtlinie als Mindestmaß vorgesehen ist. In diesem Sinn sind schon nach der ergänzten Amtsträgerdefinition des § 74 Abs. 1 Z 4a lit. b StGB die §§ 306 und 307b StGB zur Gänze ausgeschlossen, wobei der Anwendungsbereich der §§ 304, 305, 307 und 307a StGB insofern auf Fälle, bei denen eine Schädigung oder wahrscheinliche Schädigung der finanziellen Interessen der Europäischen Union (zumindest) intendiert ist, beschränkt werden soll.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Kolleginnen und Kollegen mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, dagegen: S, G, N) bzw. einstimmig beschlossen.

Ferner beschloss der Budgetausschuss mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, N, dagegen: S, G) folgende Feststellungen:

„Der Ausschuss hält fest, dass der Begriff ‚öffentliche Aufgaben‘ an Erwägungsgrund 10 der PIF-Richtlinie angelehnt ist, nach dem der Begriff ‚öffentlicher Bediensteter‘ auch Personen erfassen muss, die kein öffentliches Amt bekleiden, denen aber gleichwohl in ähnlicher Weise öffentliche Aufgaben im Zusammenhang mit den Mitteln der Union übertragen wurden und die diese wahrnehmen, wie z. B. Auftragnehmer, die in die Verwaltung dieser Mittel eingebunden sind.

Es sind damit jene privatrechtlich organisierte Stellen erfasst, die derartige Aufgaben durch ihre Organe oder Dienstnehmer wahrnehmen, wie etwa die Förderstellen, die entsprechende Anträge entgegennehmen, diese bearbeiten und bei positiver Erledigung diese Mittel an die Antragsteller auskehren.

Die ‚Endempfänger‘ dieser Mittel sollen daher ausdrücklich nicht vom Amtsträgerbegriff umfasst sein. Denn auch die Förderempfänger verwalten die erhaltenen Fördermittel und treffen Entscheidungen darüber. Aber sie entscheiden nicht, ob sie die Mittel erhalten.“


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Budgetausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2019 12 03

                       Mag. Michaela Steinacker                                                         Peter Haubner

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann