27 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Bericht der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Lage und zu den Perspektiven des Freiwilligen Engagements in Österreich (3. Freiwilligenbericht) (III-85 der Beilagen)

Die Digitalisierung eröffnet viele Möglichkeiten für Freiwillige und Freiwilligenorganisationen in unterschiedlicher Hinsicht, die viele Vorteile, jedoch auch Herausforderungen mit sich bringen (Matuschek und Lange 2018). Durch Digitalisierung kann orts- und zeitunabhängig eine größere Anzahl von Nutzern und Nutzerinnen erreicht werden. Sie ermöglicht zudem eine gezieltere und kostengünstigere Kommunikation mit Zielgruppen und erleichtert die Vernetzung. Neue Beteiligungsformate wurden geschaffen, wie etwa Mikro-Engagement, Crowdsourcing und die Nutzung offener Daten. Durch das Internet wurden zudem neue Möglichkeiten finanzieller Einnahmen geschaffen, etwa durch Crowdfunding. Auch die Blockchain-Technologien[1] werden für soziale Zwecke eingesetzt – etwa bei der Verteilung von Hilfsmitteln[2] oder in Form von Spenden über Kryptowährungen[3]

Zu den Herausforderungen zählen der Schutz von Privatsphäre und Daten, der Umgang mit Fehlinformationen (fake news) sowie mit der Missachtung von Regeln des respektvollen Miteinanders, z.B. in Form von Hate Speech und Shitstorms. Algorithmen und Filterfunktionen unterwandern die grundsätzlichen Vorteile des Internets, Informationen auf einfache Weise frei zugänglich zu machen. Dies wird mit dem Begriff der Filterblasen verdeutlicht, in denen wir uns in der virtuellen Welt bewegen. Diese können Vorteile haben, weil sie Komplexität reduzieren und Angebote und Informationen auf die jeweiligen Interessen der Userinnen und User zuschneiden. Andererseits gilt es, sich diese Filtermechanismen bewusst zu machen. Freiwilligenarbeit wird im reellen Leben oft als Möglichkeit gesehen, andere Lebenswelten kennenzulernen. Diese Möglichkeit sollte auch in der virtuellen Welt in Erwägung gezogen werden.

Für Freiwilligenorganisationen gilt es Freiwilligenengagement neu zu denken. Freiwillige, die sich digital engagieren, sind oft nicht an spezifische Organisationen gebunden, sondern eher einer bestimmten Sache verpflichtet. D.h. die Organisationen müssen lernen loszulassen und über die Grenzen der Organisation hinwegzudenken. Im Fokus stehen die Kompetenzen, Ressourcen und Bedürfnisse der Freiwilligen in Abstimmung mit den gesellschaftlichen Wirkungen, die Organisationen erzielen können.

Der Einsatz künstlicher Intelligenz kann dazu führen, dass künftig zwischenmenschliche Beziehungen im Prozess sozialer Dienstleistungen an Bedeutung verlieren. Hier bietet (reelles) freiwilliges Engagement die Möglichkeit einen Ausgleich zu schaffen und zwischenmenschliche Beziehungen bewusst zu pflegen.

Es ist wichtig, dass Freiwilligenorganisationen und die öffentliche Hand die digitale Transformation mitgestalten und aktiv formen. Diese gesellschaftliche Transformation braucht die Expertise und Erfahrungen gemeinnütziger Organisationen, damit sie sich in eine gute Richtung für alle Mitglieder der Gesellschaft entwickeln kann.

Der Bedarf an freiwilligem Engagement und Arbeitsleistungen für andere wird jedenfalls in absehbarer Zeit, selbst durch massiven Technikeinsatz, nicht gedeckt sein. Insofern stellt sich weniger die Frage, ob Freiwilligenarbeit überhaupt noch nötig sein wird, sondern wo und wie sie geleistet werden kann. Technik und Digitalisierung werden, durch Effizienz- und Effektivitätssteigerung, zusätzliche zeitliche Ressourcen zur Neuverteilung bringen. „Mehr Zeit für das Wesentliche“ könnte damit das Motto für die zukünftige Gestaltung der Freiwilligenarbeit sein.

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Bericht in öffentlicher Sitzung am 16. Jänner 2020 in Verhandlung genommen.

 

Vor Schluss der Debatte beschloss der Ausschuss gemäß § 28b Abs. 4 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates einstimmig den vorliegenden Bericht aus wichtigen Gründen nicht endzuerledigen.

 

An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Mag. Ernst Gödl die Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Fiona Fiedler, BEd, Mag. Andreas Hanger, Peter Wurm, Philip Kucher, Dietmar Keck sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Rudolf Anschober

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes zu empfehlen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Bericht der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Lage und zu den Perspektiven des Freiwilligen Engagements in Österreich (3. Freiwilligenbericht) (III-85 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2020 01 16

                                 Mag. Ernst Gödl                                                                 Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann



[1] dezentrale, ständig wachsende Datenbank

[2] z.B.: www.wfp.org/news/news-release/blockchain-against-hunger-harnessing-technology-support-syrian-refugees, abgerufen am 29.04.2019

[3] z.B.: www.cleanwatercoin.org/, bitcoinspenden.at/, abgerufen am 29.04.2019