40 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Budgetausschusses

über den Antrag 141/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Pamela Rendi‑Wagner, MSc, Petra Steger, Mag. Eva Blimlinger, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verurteilung von Antisemitismus und der BDS-Bewegung

Die Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Petra Steger, Mag. Eva Blimlinger, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 11. Dezember 2019 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Antisemitismus existierte bereits in der der Antike, obwohl der Begriff selbst erst ab dem 19. Jahrhundert verwendet wurde. Der Kern war jedoch immer der gleiche: Es ging – und geht – um das Schüren von Vorurteilen und Hass in Wort und Tat gegenüber Jüdinnen und Juden. Sie wurden in der Geschichte immer wieder Opfer von Gewalt und Ausgrenzung, die in der mörderischen Grausamkeit des Nationalsozialismus und dem erklärten Ziel der systematischen Vernichtung des Judentums durch das NS-Regime ihren verheerenden Höhepunkt erreichten.

Insgesamt fielen mehr als 6 Millionen Jüdinnen und Juden, viele von ihnen Kinder, der Shoa zum Opfer. Sie wurden in den Vernichtungslagern durch Giftgas oder auf andere Weise ermordet. Doch selbst dieser unvorstellbar grausame Völkermord und das Gedenken an diesen hat bei vielen Menschen noch immer kein Umdenken bewirkt und so sind Jüdinnen und Juden, auch in der Gegenwart, immer wieder Hass und Vorurteilen, die im schlimmsten Fall sogar in Gewalt gipfeln, ausgesetzt.

Im Rahmen einer Befragung von 16.500 jüdischen Europäerinnen und Europäern in zwölf europäischen Staaten im Mai/Juni 2018, die von der EU-Grundrechteagentur durchgeführt wurde, kamen höchst alarmierende Erkenntnisse zu Tage: Neun von zehn Befragten sagten, dass der Antisemitismus sich verstärkt habe, ein Drittel erwägt deshalb die Emigration.

Die Antisemitismus Arbeitsgruppe des Europäischen Parlaments (Working Group on Antisemitism – EP WGAS) hat in diesem Zusammenhang bereits wertvolle Arbeit geleistet. Schließlich wurde im Juni 2017 eine Antisemitismus-Resolution mit großer Mehrheit im Plenum des Europäischen Parlaments verabschiedet, u.a. mit der Forderung, dass alle EU-Mitgliedstaaten die von der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) erarbeitete Definition von Antisemitismus übernehmen und ihre Polizei- und Justizbehörden dahingehend schulen, Antisemitismus strafrechtlich zu verfolgen. Österreich hat als einer der ersten EU- Mitgliedstaaten diese IHRA-Arbeitsdefinition von Antisemitismus mit Beschluss des Ministerrates vom 21. April 2017 angenommen.

Unter österreichischem Vorsitz wurde im Rahmen der Tagung des Rates Justiz und Inneres am 6. Dezember 2018 einstimmig eine Erklärung zur Bekämpfung von Antisemitismus und zur Entwicklung eines gemeinsamen Sicherheitskonzepts für einen besseren Schutz jüdischer Gemeinschaften und Einrichtungen angenommen. Der Europäische Rat hat diese Erklärung in seinen Schlussfolgerungen vom 13. und 14. Dezember 2018 begrüßt. Dieser Weg muss auch weiterhin konsequent fortgesetzt werden.

Noch im Jahr 2018 hat der Präsident des Nationalrats, Wolfgang Sobotka, eine Studie in Auftrag gegeben, um den Status antisemitischer Ressentiments in Österreich im Jahr 2018 sozialwissenschaftlich zu erheben. Ergebnis dieser Studie ist, dass 10% der Österreicherinnen und Österreicher manifest und 30% latent antisemitisch eingestellt sind. Bedenklich höher liegen die Prozentsätze bei den türkisch und arabisch sprechenden Menschen, die in Österreich geboren sind oder seit mehr als zehn Jahren bei uns leben.

Laut der von Österreich angenommen IHRA Antisemitismus Definition und den dazu gehörenden Anschauungsbeispielen kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel antisemitischer Anfeindungen sein, wie z.B. das Aberkennen des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, kollektives Verantwortlichmachen von Jüdinnen und Juden für Handlungen des Staates Israel, oder Vergleiche zwischen der aktuellen israelischen Politik und der Politik der Nationalsozialisten.

Die in den letzten Jahren verstärkt auch in Österreich aufgetretene „Boycott, Divestment and Sanctions“ (BDS) Gruppierung bedient sich hierbei dieser antisemitischen Muster:

Diese Gruppierung ruft zum Boykott des jüdischen Staates, von israelischen Produkten und Firmen, israelischen Künstlerinnen und Künstlern, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Sportlerinnen und Sportlern auf. Sie dämonisiert und misst hierbei Israel an Doppelstandards, macht österreichische Jüdinnen und Juden für die israelische Politik mitverantwortlich, und sie stellt durch die Forderung des Rückkehrrechtes palästinensischer Flüchtlinge und all ihrer Nachfahren das Existenzrecht des jüdischen Staates in Frage.

Für Österreich ist das Existenzrecht Israels unverhandelbar und jede Form von Antisemitismus, das umfasst selbstverständlich auch israelbezogenen Antisemitismus, inakzeptabel und aufs Schärfste zu verurteilen. Natürlich muss sachliche Kritik an einzelnen Maßnahmen der Regierung Israels zulässig sein.

Der Wiener Gemeinderat (Beschluss vom 27. Juni 2018) und der Grazer Gemeinderat (Beschluss vom 14. November 2019) haben bereits Beschlüsse gefasst, der BDS-Bewegung oder Gruppen, die deren Ziele verfolgen, keine Unterstützung zukommen zu lassen und die Vergabe von städtischen Räumlichkeiten zu verweigern.“

 

Der Budgetausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 12. Februar 2020 in Verhandlung genommen. Der Abgeordnete Dr. Josef Moser erstattet Bericht.

Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Petra Steger, Mag. Eva Blimlinger, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen einstimmig beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Budgetausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2020 02 12

                                 Dr. Josef Moser                                                            Gabriel Obernosterer

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann