43 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über den Antrag 275/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Ulrike Fischer, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Durchführung von Europäischen
Bürgerinitiativen (Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz - EBIG), BGBI. I Nr. 12/2012, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBI. I Nr. 32/2018, geändert wird

Die Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Ulrike Fischer und Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 22. Jänner 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Verordnung (EU) Nr. 211/2011 über die Bürgerinitiative wurde im Jahr 2019 durch eine neue Verordnung, die Verordnung (EU) 2019/788 über die Europäische Bürgerinitiative, ersetzt, die jedoch auf dem bisherigen Regelwerk basiert und dadurch de facto eher einer Novellierung gleichkommt. Dieser „Novellierung“ waren Initiativen mehrerer Mitgliedsstaaten, darunter Österreich, Deutschland, Luxemburg und Finnland, vorangegangen, die in der Evaluierungsphase des Jahres 2015 auf eine Novellierung der seinerzeitigen Verordnung gedrängt haben.

Kernpunkt der neuen Verordnung ist eine Regelung, aufgrund welcher für jene Organisatorengruppen, die eine Europäische Bürgerinitiative angemeldet haben, in Hinkunft von der Europäischen Kommission von Amtswegen ein kostenloses Online-Sammelsystem bereitgestellt wird. Daneben enthält die neue Verordnung für Organisatorengruppen zahlreiche Erleichterungen oder Klarstellungen, etwa hinsichtlich des Fristengefüges oder der Einrichtung von nationalen Kontaktstellen. Die in der Verordnung vorgesehene Ermächtigung der Mitgliedstaaten, das Mindestalter für die Unterstützung einer Initiative auf 16 Jahre festsetzen können, kommt für Österreich nicht zum Tragen, da das Mindestalter zur Ausübung des aktiven Wahlrechts bei Wahlen zum Europäischen Parlament ohnedies bereits bei 16 Jahren liegt.

Inhaltlich sind die Auswirkungen der neuen Verordnung auf das in Österreich verankerte Prozedere bei der Überprüfung von Unterstützungsbekundungen sehr gering. Dennoch wäre eine ausschließlich unmittelbare Anwendung der Verordnung ohne ein begleitendes innerstaatliches Gesetz für einen rechtskonformen Vollzug der Verordnung nicht ausreichend. Auch für die ursprüngliche Verordnung (EU) Nr. 211/2011 hatte der Gesetzgeber seinerzeit das Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz (EBIG) erlassen. Eine Novellierung des EBIG erscheint nun durch die mit der Verordnung (EU) 2019/788 sowie mit der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1799 zum Teil geänderte Terminologie sowie durch diverse Detailänderungen unabdingbar.

Ein zeitlicher Gleichklang zwischen dem Inkrafttreten der neuen EU-Verordnung per 1. Jänner 2020 und der gegenständlichen Novelle wäre anzustreben gewesen, ein Inkrafttreten zu einem geringfügig späteren Zeitraum hat jedoch keine Auswirkung, weil es in den ersten Monaten des Jahres 2020 denkunmöglich ist, dass Organisatorengruppen die Überprüfung von Unterstützungsbekundungen bereits nach der neuen Rechtslage bei der Bundeswahlbehörde beantragen könnten.

Aufgrund der Verordnung (EU) 2019/788 soll es in Zukunft möglich sein, Unterstützungsbekundungen online auch mit einem notifizierten elektronischen Identifizierungsmittel oder einer elektronischen Signatur im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates zu unterstützen. Da die Vergabe einer solchen Signatur in Österreich allerdings nicht zwingend an die österreichische Staatsbürgerschaft gebunden ist, soll mit dem geplanten Gesetz eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, die es ermöglicht, Namen von unterstützt habenden Personen auch anhand des Zentralen Wählerregisters auf ihre Identität zu überprüfen, weil deren Daten nicht in der zentralen Evidenz gemäß § 22b des Passgesetzes 1992 erfasst sind.

Der vorliegende Entwurf trägt auch dem Umstand Rechnung, dass es bis Ende 2022 möglich sein soll, Unterstützungsbekundungen noch mit individuellen Online-Sammelsystemen zu sammeln und direkt der Bundeswahlbehörde vorlegen. In der Regel werden die Daten jedoch direkt von der Europäischen Kommission über die hierfür eingerichtete Datenschnittstelle übermittelt werden. Ab dem Jahr 2023 ist die Verwendung des Zentralen Online-Sammelsystems der Europäischen Kommission für Organisatorengruppen obligat, weshalb die diesbezügliche, aus dem geltenden Recht übernommene Bestimmung für die Zertifizierung eines individuellen Online-Sammelsystems dann ersatzlos entfallen kann.“

 

Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 13. Februar 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Johann Singer die Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Christian Drobits und Ing. Mag. Volker Reifenberger sowie der Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Ulrike Fischer und Dr. Nikolaus Scherak, MA einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Es werden redaktionelle Korrekturen vorgenommen, zu materiellen Änderungen kommt es dabei nicht.“

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Ulrike Fischer und Dr. Nikolaus Scherak, MA einstimmig beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2020 02 13

                                  Johann Singer                                                             Mag. Jörg Leichtfried

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann