64 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 234/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ende der Mehrfachversicherung

Die Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 22. Jänner 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Aus dem alten Regierungsprogramm 2017-2022 war noch zu entnehmen, dass das Ziel verfolgt wird, die mehrfachen Versicherungsverhältnisse in der Krankenversicherung abzuschaffen (Regierungsprogramm 2017-2022, Seite 114), allerdings ohne konkreten Zeitplan. 2016 waren in Österreich rund 700.000 Versicherte (siehe LSE-SV-Studie, S. 180) von Mehrfachversicherungen betroffen. Bei Selbständigen und Landwirt_innen handelte es sich sogar um 15% bzw. 34% der Versicherten (siehe LSE-SV-Studie 2017, S. 183). Leider ist das Ende der Mehrfachversicherung kein Bestandteil des neuen Regierungsprogrammes 2020-2024. Aber gerade Selbständige leiden unter den schikanösen und willkürlichen Zuordnungsprüfungen der GKK (jetzt ÖGK).

Für die Mehrfachversicherten bringen die Mehrfachversicherungen keinen erkennbaren zusätzlichen Nutzen, eher nur zwischenzeitlich überhöhte Beiträge, da nicht zeitgleich überprüft wird, ob die Höchstbeitragsgrundlage bereits überschritten wurde. Wollen Mehrfachversicherte die überhöhten Beiträge noch vor einer nachträglichen Beitragsberechnung gutgeschrieben bekommen, müssen sie Formulare ausfüllen, was einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand bedeutet.

Vergleicht man dies mit ‚modernen Kassensystemen‘ (Holland, Deutschland, Schweiz), bestehen dort nur Einfachversicherungsverhältnisse. Ein/e Versicherte/r, eine Versicherung! Österreich hat daher seit über 20 Jahren ein unrühmliches Alleinstellungsmerkmal mit seinem bürokratieintensiven Mehrfachversicherungssystem.

Was das internationale Kassenumfeld betrifft, ist zudem festzustellen, dass die Versicherten ihre Krankenkasse selbst auswählen dürfen. Die LSE-SV-Studie schlägt bezüglich Mehrfachversicherungen zusammengefasst folgende Lösungsvarianten vor: a) Dass alle Beiträge bei jenem Träger bezahlt werden, bei dem die überwiegenden Beiträge anfallen, oder b), dass die Beiträge von jenem Träger eingehoben werden, den der/die Versicherte wählt.

Denkt man die Vorschläge der LSE-Studie genau durch, kann nur der zweite Vorschlag, nämlich die freie Kassenwahl bei Mehrfachversicherungen (‚kleine Kassenwahlfreiheit‘), dem Versicherten bürokratische Entlastung und eine zeitgleich genaue Beitragsberechnung bringen. Denn würde man die Mehrfachversicherten jener Kasse zuordnen, wo sie ‚überwiegend‘ versichert sind, kann wieder erst (wie aktuell) im Nachhinein die genau Beitragsbelastung berechnet werden, weil man im Vorhinein nicht wissen kann, wo der/die Versicherte überwiegend versichert sein wird. Davon abgesehen würde die freie Kassenwahl bei Mehrfachversicherung (‚kleine Kassenwahlfreiheit‘) erhöhte Kundenorientierung in das Kassensystem bringen. Auf die höhere Kundenorientierung durch mehr Wahlfreiheit wurde im Rahmen diverser SV-Studien hingewiesen, dort jedoch gleich in Bezug auf die generelle Kassenwahlfreiheit – ‚große Kassenwahlfreiheit‘ (siehe WKÖ-calm-SV-Studie 2017, Seite 63; siehe IHS-IV-Studie 2017, Seite 123).“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 3. März 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Gerald Loacker die Abgeordneten Laurenz Pöttinger, Mag. Verena Nussbaum, Ralph Schallmeiner und Dr. Dagmar Belakowitsch.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: F, N, dagegen: V, S, G).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Laurenz Pöttinger gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2020 03 03

                               Laurenz Pöttinger                                                          Mag. Gerhard Kaniak

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann