92 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (19 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das EIRAG, das Notariatsprüfungsgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und das Rechtsanwaltstarifgesetz geändert werden (Berufsrechts-Änderungsgesetz 2020 – BRÄG 2020)

Die gegenständliche Regierungsvorlage enthält insbesondere folgende Maßnahmen:

1. Den Bestimmungen zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung kommt auch im rechtsanwaltlichen und notariellen Berufsrecht große Bedeutung zu. Sowohl auf europäischer wie auch auf internationaler Ebene ist man bestrebt, den aktuellen Entwicklungen in diesem für die Sicherheit der Bürger und das Funktionieren des Finanzsystems ganz wesentlichen Bereich möglichst zeitnah Rechnung zu tragen und dem Missbrauch bestehender (Rechts-)Instrumente zu Geldwäschezwecken möglichst effektiv entgegen zu wirken. Ein wichtiger Schritt wurde hier zuletzt mit der Richtlinie (EU) 2018/843 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU, ABl. Nr. L 156 vom 19.6.2018, S. 43, gesetzt. Diese Fünfte Geldwäsche-Richtlinie – deren Umsetzungsfrist am 10. Jänner 2020 endet – macht wiederum Anpassungen im Berufsrecht der Rechtsanwälte und Notare erforderlich.

Änderungsbedarf besteht hier insbesondere bei den Regelungen zum Umgang mit Mandanten aus Drittländern mit hohem Risiko der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, beim Schutz von Angestellten eines Rechtsanwalts oder eines Notars, die einen Verstoß gegen die Bestimmungen zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung entweder kanzleiintern oder gegenüber der Geldwäschemeldestelle melden, sowie bei der Aufsicht durch die Rechtsanwalts- bzw. Notariatskammern.

2. Die (das allgemeine Gesellschafts- bzw. Firmenrecht ergänzenden bzw. modifizierenden) gesellschafts- und firmenrechtlichen Bestimmungen der RAO verfolgen das Ziel der Sicherstellung einer unabhängigen und eigenverantwortlichen rechtsanwaltlichen Berufsausübung im Interesse einer geordneten und funktionierenden Rechtspflege und dem Schutz der vom Rechtsanwalt vertretenen Mandanten. Unter Beachtung dieser Grundsätze und Zielsetzungen ist es hier über die letzten Jahre gerade im gesellschaftsrechtlichen Bereich zu einer sukzessiven Öffnung und Erweiterung der zulässigen Gesellschaftsformen sowohl im Bereich der Personen- wie auch der Kapitalgesellschaften gekommen. Diese Entwicklung soll – unter Sicherstellung einer entsprechenden Transparenz der Gesellschaftsverhältnisse – konsequent fortgeführt werden, dies unter Berücksichtigung und Einschluss der in anderen EU-Mitgliedstaaten für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft zur Verfügung stehenden gesellschaftsrechtlichen Modelle. Ziel ist dabei insgesamt eine (weitere) Modernisierung der berufsrechtlichen Regelungen auch unter Bedachtnahme auf unionsrechtliche Erfordernisse.

3. Nach der bis zum 30. Juli 2020 umzusetzenden Richtlinie (EU) 2018/958 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen, ABl. Nr. L 173 vom 9.7.2018, S. 25, sind die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, vor der Einführung neuer oder der Änderung bestehender Rechts- und Verwaltungsvorschriften, mit denen der Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung beschränkt wird, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen. Dabei bedarf es einer Beurteilung, ob solche in Aussicht genommenen Regelungen durch Ziele des Allgemeininteresses gerechtfertigt und für die Verwirklichung des angestrebten Ziels geeignet sind; zu prüfen ist ferner das Nichtvorliegen einer direkten oder indirekten Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes. Da auch einzelne den Plenarversammlungen der Rechtsanwaltskammern bzw. dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag gesetzlich zugewiesene Aufgaben in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen können, ist ein gesetzliches Regulativ in der RAO bzw. im DSt vorzusehen, dass (gegebenenfalls) die Vornahme entsprechender Prüfungen ermöglicht und sicherstellt.

4. Über Vorschlag des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags soll es bei der Disziplinarstrafe der Geldbuße nach § 16 Abs. 1 Z 2 DSt künftig auch möglich sein, einen Teil der Geldbuße, höchstens aber drei Viertel davon, bedingt nachzusehen. Mit dieser (von ihrer Systematik dem § 43a Abs. 1 StGB entsprechenden) Regelung soll ein noch stärker akzentuierter Strafausspruch unter besonderer Berücksichtigung spezialpräventiver Aspekte ermöglicht werden.

5. Im Bereich der Rechtsanwalts- und Notariatsprüfung sollen unter anderem die Folgen der Verwendung unerlaubter Hilfsmittel bzw. der sonstigen Vortäuschung einer Leistung klargestellt werden (Nichtbeurteilung bzw. Ungültigerklärung der Beurteilung der Prüfung sowie Anrechnung auf die Zahl der Prüfungsantritte).

6. Die Ausübung eines besoldeten Staatsamts ist sowohl mit dem Amt des Notars als auch mit der Tätigkeit des Rechtsanwalts unvereinbar. In der Praxis haben sich rund um die entsprechenden Anordnungen in der NO und der RAO gewisse Unklarheiten ergeben, die durch Präzisierungen der betreffenden Regelungen unmittelbar in den beiden Berufsordnungen beseitigt werden sollen.

7. Die Mehrzahl der im Rechtsanwaltstarifgesetz für nicht in Geld oder Geldeswert bestehende Gegenstände vorgesehenen Bemessungsgrundlagen sind ebenso wie die im RATG für bestimmte Angelegenheiten festgelegten Mindest- und Höchstbeträge seit vielen Jahren unverändert. Durch maßvolle Anhebungen soll hier eine Angleichung an die heutigen Wertverhältnisse erreicht werden.

8. Der Entwurf enthält darüber hinaus verschiedene weitere Änderungen im Berufsrecht der Rechtsanwälte und Notare.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 11. März 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Friedrich Ofenauer die Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Dr. Johannes Margreiter, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Mag. Christian Drobits und Mag. Selma Yildirim.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Mag. Agnes Sirkka Prammer und Mag. Michaela Steinacker einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Ad. I.

Die Änderungen korrigieren ein offensichtliches Redaktionsversehen, sind rein redaktioneller Natur und fügen die korrekte Ministeriumsbezeichnungen gem Bundesministeriengesetz idgF ein.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Mag. Agnes Sirkka Prammer und Mag. Michaela Steinacker einstimmig beschlossen.

 

Ein weiterer im Zuge der Debatte von dem Abgeordneten Mag. Harald Stefan eingebrachter Abänderungsantrag fand keine Mehrheit (dafür: F, dagegen: V, S, G, N).

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2020 03 11

                         Mag. Friedrich Ofenauer                                               Mag. Michaela Steinacker

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau