126 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 489/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert werden (6. COVID-19-Gesetz)

Die Abgeordneten Norbert Sieber, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 22. April 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Zu § 7 Abs. 5 und § 16 Abs. 1 AlVG:

Die Anordnung der Absonderung (Quarantäne) sowohl von Kranken als auch von bestimmten Personen (potentiellen Trägern von Krankheitskeimen) zum Zweck der Überwachung nach dem Epidemiegesetz 1950, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 23/2020, soll die Verfügbarkeit gemäß § 7 AlVG nicht beeinträchtigen. Dies ist insbesondere aufgrund einer eher kurzen Dauer einer solchen Quarantäne gerechtfertigt. Damit wird die Gleichbehandlung dieser Personen mit zB jenen, die für zwei oder drei Wochen krankgemeldet sind, sichergestellt. Erfolgt die Absonderung in einem Spital, soll dies zu keinem Ruhen der Leistung führen.

Zu § 12 Abs. 2a AlVG:

Selbständig Erwerbstätige (insbesondere EPU), die bei Beendigung (Ruhendmeldung) ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit die Anspruchsvoraussetzungen auf Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) erfüllen, haben sich für die Zeit der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19–Krise nach Einstellung der Erwerbstätigkeit (teilweise) arbeitslos gemeldet, um so finanziell über die Runden zu kommen. Ein Teil dieser selbständig Erwerbstätigen (wie Neue Selbständige gem. § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG) werden bei Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit nach Ende der COVID-19-Maßnahmen in der Pensionsversicherung nach dem GSVG bei Unterbrechungen bis 18 Monate durchversichert. Damit käme in Nachhinein ein Ausschlussgrund für den Bezug von Leistungen nach dem AlVG (§ 12 Abs. 1 Z 2) zum Tragen, der zu einer gesetzlichen Rückforderung der erhaltenen Leistungen führen würde. Um derartige Rückforderungen zu vermeiden, soll für die Zeit der Einschränkung der Erwerbstätigkeit infolge der COVID-19-Krise davon Abstand genommen werden. Da ein gleichzeitiger Bezug von Leistungen nach dem AlVG und dem Härtefall-Fonds ausgeschlossen ist, entsteht auch keine „Doppelunterstützung“ für diesen Personenkreis. Auf die Ruhendmeldung bzw. Einstellung/Beendigung der Erwerbstätigkeit – wenngleich dies zum Teil von den Betroffenen gewünscht wird - kann insbesondere aus zweierlei Gründen nicht verzichtet werden: erstens läge eine sachlich problematische Ungleichbehandlung zwischen Selbständigen, die einen Fortbezug aus früheren (teilweise lang zurückliegenden) Anwartschaften haben, und nach § 3 AlVG versicherten Selbständigen vor, die gerade zur Absicherung einer großen Krise, wie sie derzeit vorliegt, der Arbeitslosenversicherung beigetreten sind. Letztere würden schlichtweg leer ausgehen. Zweitens ist eine Prüfung von Einkommen Selbständiger für einige Kalendermonate im Jahr vonseiten des Arbeitsmarktservice nicht möglich, da der Feststellung des Einkommens die jeweiligen Steuerbescheide zugrunde zu legen sind (§ 36a Abs. 7, § 36b Abs. 2).

Zu § 81 Abs. 15 AlVG:

Die Bundesregierung wurde mit Entschließung des Nationalrates vom 3. April 2020 betreffend zusätzliche Maßnahmen zur Abfederung von sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise, 19/E XXVII. GP, ersucht, Zeiten der COVID-19-Krise bei der Berechnung der Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldes sowie des Berufs- und Einkommensschutzes nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz außer Betracht zu lassen. Da eine Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes in einem solchen abgegrenzten Zeitraum EDV-technisch nur mit mehrmonatiger Vorlaufzeit realisierbar ist, soll eine andere, rascher umsetzbare Lösung erfolgen.

Dem Entwurf nach soll die Höhe der für die Monate Mai bis einschließlich September gebührenden Notstandshilfe auf das Ausmaß des Arbeitslosengeldes erhöht werden. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld für diese Kalendermonate soll auf der Basis der Bemessungsgrundlage errechnet werden, die sonst der Notstandshilfe für diesen Zeitraum zu Grunde gelegt worden wäre. Bei der Ermittlung der Leistungshöhe soll die in diesem Zeitraum gebührende Anzahl an Familienzuschlägen sowie die für diesen Zeitraum in Betracht kommende Obergrenze für den zum Arbeitslosengeld gebührenden Ergänzungsbetrag berücksichtigt werden. Ebenso soll ein sonst auf die Notstandshilfe nach § 36 Abs. 2 und 3 AlVG anzurechnendes eigenes Einkommen sowie eine Begrenzung der Höhe der Notstandshilfe nach § 36 Abs. 5 (Deckelung) bei der Berechnung des Leistungsanspruchs für die Monate Mai bis September 2020 nicht leistungsmindernd wirken.

Der Berufs- und Entgeltschutz wird gleichfalls erstreckt. Damit werden gerade im März arbeitslos gewordene Personen vor einer Reduktion des Arbeitslosengeldes durch das Abrutschen in die Notstandshilfe bewahrt. Gleichzeitig werden – auch vor COVID-19 vorhandene - Notstandshilfebezieherinnen und –bezieher durch die Erhöhung der Leistung, die für die Monate Mai bis Septembergebührt, bessergestellt.

Zu § 82 Abs. 5 AlVG:

Die bisherige Formulierung ermöglichte Personen, die während der bestehenden Krise gekündigt werden, ihre Altersteilzeit danach entsprechend der ursprünglichen Vereinbarung wiederum fortzusetzen. Nicht erfasst sind bisher jene Personen, die während der Krise wiederum ihre volle Normalarbeitszeit verrichten, weil sie in vollem Ausmaß benötigt werden (das sind die Beschäftigten in den systemrelevanten Bereichen, wie in Spitälern oder im Pflegebereich). Diese sollen freilich genauso – nach Ende der Krise – wiederum in das jeweilige Altersteilzeitmodell zurückkehren können. Für die Blockzeitvariante des Altersteilzeitmodells soll die verpflichtende Ersatzkrafteinstellung für den Zeitraum 15. März bis 30. September ausgesetzt werden. Klargestellt wird, dass Änderungen in diesem Zeitraum nicht zu einer Änderung des ursprünglich gewählten Modells führen, daher auch nicht zu Rückforderungen oder zu einem Ruhen (§ 28).

Zu Artikel 2 (Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967)

Mit diesem Gesetzentwurf sollen – durch die COVID-19-Krise verursachte – Nachteile bei der Gewährung der Familienbeihilfe kompensiert werden, wenn eine Berufsausbildung (z.B. ein Studium) beeinträchtigt wird, und die Berufsausbildung (das Studium) nicht innerhalb der – für den Familienbeihilfenbezug – maßgeblichen Berufsausbildungsdauer (Studiendauer) oder innerhalb der derzeitigen Altersgrenzen absolviert werden kann.

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf den Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z 17 B-VG (Bevölkerungspolitik).

Zu Z 1 und 2 (§§ 2 Abs. 9, 6 Abs. 7 und 55 Abs. 44 FLAG 1967):

Für Volljährige wird die Familienbeihilfe grundsätzlich nur dann gewährt, wenn sie sich in Berufsausbildung befinden (z.B. ein Studium betreiben). Mit Vollendung des 24. Lebensjahres endet der Familienbeihilfenbezug, wobei einige Ausnahmen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres vorgesehen sind (z.B. Ableistung des Präsenz- oder Zivildienstes).

Auf Grund der COVID-19-Krise wird die Absolvierung einer Berufsausbildung (z.B. eines Studiums) im Regelfall beeinträchtigt und daher die Fortsetzung bzw. der Abschluss verzögert.

Innerhalb der derzeit im FLAG 1967 vorgesehenen Altersgrenzen kann eine Unterbrechung der Berufsausbildung (z.B. eines Studiums) insofern saniert werden, als die Studiendauer, für die Familienbeihilfe gewährt wird, durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verlängert werden kann. Die derzeitige COVID-19-Krise ist als derartiges Ereignis anzusehen und zwar unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung. Diese Verlängerung wird unmittelbar in Bezug auf jene Studienphase wirksam, in der die Beeinträchtigung durch die COVID-19-Krise erfolgt.

Um die angesprochenen Nachteile für die in Rede stehende Personengruppe zu kompensieren, deren Gesamtstudiendauer, die für die Gewährung der Familienbeihilfe im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise zur Verfügung steht, über die Vollendung des 24. der 25. Lebensjahres hinausgeht, soll die Zeitdauer der Gewährung der Familienbeihilfe über diese derzeit geltenden Altersgrenzen hinaus verlängert werden. Damit soll gewährleistet werden, dass auch – zusätzlich zur bereits vorgesehenen Studiendauer, für die Familienbeihilfe gewährt wird –  für jene Zeiten Familienbeihilfe weiter gewährt werden kann, in denen der Studienbetrieb beeinträchtigt war. Dies soll durch eine Verlängerung des Anspruches auf die Familienbeihilfe im Falle einer allgemeinen Berufsausbildung um längstens sechs Monate und im Falle eines Studiums um ein Semester bzw. ein Studienjahr erfolgen.

Zu Artikel 3 (Änderung des Arbeiterkammergesetzes 1992)

Zu Ziffer 1:

Im AKG soll die Möglichkeit eröffnet werden, dass Kollegialorgane ihre Beschlüsse auch im Umlaufweg fassen. Dies ist nicht nur in der aktuellen COVID-19-Krise geboten, sondern soll im Dauerrecht verankert werden, um eine gegebenenfalls erforderliche rasche Beschlussfassung zu ermöglichen. Die konkrete Gestaltung hat in der Geschäftsordnung zu erfolgen, wobei eine Beschlussfassung im Umlaufweg jedenfalls nur dann zulässig ist, wenn dem alle Mitglieder zustimmen. Durch den Verweis in § 83 Z 9 AKG auf § 60 gilt diese Änderung auch für die Ebene der Bundesarbeitskammer.

Zu Ziffer 2:

Durch die Änderung des § 60 wird die Beschlussfassung im Umlaufweg durch eine Regelung in der Geschäftsordnung ermöglicht. Dazu sind aber Beschlüsse der Vollversammlung bzw. Hauptversammlung erforderlich, die derzeit gerade nicht und nur erschwert möglich sind. Es soll daher für den Vorstand einer Arbeiterkammer bzw. der Bundesarbeitskammer die Beschlussfassung im Umlaufweg bis Jahresende 2020 jedenfalls eröffnet werden; für eine Dauerregelung, die dann auch weitere Organe erfassen kann, ist eine entsprechende Umsetzung des § 60 Abs. 2 Z 5 AKG erforderlich.

Die Einberufung zu Tagungen der Vollversammlungen der Arbeiterkammern bzw. zur Tagung der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer, die im ersten Halbjahr 2020 erfolgen müssten, erweist sich angesichts der derzeit gegebenen Beschränkungen als schwierig oder unmöglich. Auch wenn es sich dabei um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt, sollte die doch außergewöhnliche Verschiebung auf Herbst oder die Zusammenlegung mit den Herbsttagungen im Gesetz klargestellt werden. Aus Transparenzgründen hat der Vorstand jedenfalls bis 30. September 2020 den Rechnungsabschluss zu beschließen und der Aufsichtsbehörde zur Kenntnis zu übermitteln.

Wenn die Rechnungsabschlüsse nicht im 1. Halbjahr beschlossen werden, ist auch ihre Vorlage an das BMAFJ als Aufsichtsbehörde nicht möglich. Die entsprechende Frist in § 66 Abs. 2 (1. Juni) stellt zwar auch nur eine Ordnungsvorschrift dar, soll aber zur Klarheit verlängert werden.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 23. April 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Markus Koza die Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Mag. Michael Hammer und der Ausschussobmann Abgeordneter Josef Muchitsch.

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, G, N, dagegen: S, F) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2020 04 23

                              Mag. Markus Koza                                                              Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann