189 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft

über den Antrag 451/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bekenntnis der Bundesregierung und insbesondere der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus zur Reduktion des Einsatzes chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel zum Schutz der Biodiversität und des Wassers sowie zur Überarbeitung des Nationalen Aktionsplans über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln 2017-2021

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 22. April 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Eine Vielzahl aktueller Studienergebnisse unterstreicht erneut das gravierende Ausmaß des Artensterbens in Österreich, Europa sowie auf der ganzen Welt. Österreich hat in den letzten drei Jahrzehnten fast drei Viertel seiner Wildtierpopulation verloren, zahlreiche einst in Österreich heimische Arten sind bereits verloren gegangen oder stehen kurz davor hier auszusterben - mit irreversiblen Folgen für Österreichs Natur und Umwelt. Besonders drastisch ist sowohl weltweit als auch in Österreich der Rückgang der Insektenpopulationen. Insekten bilden nicht nur eine Grundlage aller Ökosysteme und Nahrungsketten, sondern nehmen auch eine für die Landwirtschaft unersetzliche Rolle ein, als Bestäuber, Nützlinge oder bei der Erhaltung von Nährstoffkreisläufen. Eine weitere Reduktion von Insektenpopulationen, hätte laut Expert_innen nicht nur für die Landwirtschaft, sondern für die Ernährungssicherheit direkte negative Konsequenzen.

Es herrscht eindeutiger wissenschaftlicher Konsens, dass dieser drastische Rückgang der Insektenpopulationen (und damit einhergehend der Vogelpopulationen) neben dem Rückgang von Naturflächen vor allem in Zusammenhang mit der extensiven Nutzung chemischer Pflanzenschutzmittel steht. Gleichzeitig häufen sich wissenschaftliche Untersuchungen, dass vor allem in Europa unnötig viel chemischer Pflanzenschutz eingesetzt wird. Weder Nahrungsmittelqualität noch Ertragsmenge würden unter einer deutlichen Reduktion der Mengen bei entsprechender Implementierung der Prinzipien des integrierten Pflanzenschutzes signifikant leiden. Diese Position wird auch von der Welternährungsorganisation FAO geteilt.

In Österreich stagniert der Einsatz von chemisch-synthetischem Pflanzenschutz im langjährigen Mittel. Zwar wird gegenüber 2008 auf eine elfprozentige Reduktion verwiesen, allerdings handelte es sich bei diesem Jahr um eine statistische Ausnahme und laut Zahlen des BMLRT steigt der Einsatz seit mehreren Jahren kontinuierlich.

Gleichzeitig haben es viele EU- Mitgliedstaaten geschafft, in ihren Landwirtschaftssektoren deutliche Reduktionen zu erreichen - ohne signifikante Einbußen in der Produktion, Ernährungssicherheit oder Nahrungsmittelqualität. Laut Eurostat ist in folgenden Staaten 2011-2016 der Verkauf von Pestiziden zurückgegangen: Deutschland (-26,2%), Irland (-16,5%), Italien (-14,3%), Kroatien (-7,2%), die Niederlande (-8,7%) Portugal (-30,3%), Rumänien (-5,4%), Tschechien (-13,0%), Schweden (-19,2%) und Vereinigtes Königreich (-22,8%). Absoluter europäischer Vorreiter ist allerdings Dänemark, wo der Verkauf sowie Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln mehr als halbiert werden konnte, ohne nennenswerte Einbußen in der Qualität oder Menge landwirtschaftlicher Produktion. Primärer Grund für diesen Erfolg war ein politischer und gesellschaftlicher Schulterschluss, die Qualität des Wassers sowie die Umwelt zu schützen und dieser wird mittlerweile auch von Interessensvertretern der Bauern/Bäuerinnen mitgetragen, da eine Kostenersparnis bei gleichzeitiger Aufwertung heimischer Produktion erreicht werden konnte.

Die Erfolge Dänemarks und anderer Staaten zeigen, dass in unterschiedlichsten Grundvoraussetzungen der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel reduziert werden kann, ohne Nachteile für Landwirt_innen und Konsument_innen. Es besteht auch für Österreich das Potential für eine Win-win-Situation und es liegt nicht zuletzt aus Gründen des Schutzes der Natur und der Artenvielfalt im Interesse der gesamten österreichischen Bevölkerung, eine deutliche Reduktion des Einsatzes von chemischen Pflanzenschutzmitteln zu erreichen.“

 

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 20. Mai 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer die Abgeordneten Cornelia Ecker, Dipl.‑Ing. Olga Voglauer und Ing. Markus Vogl.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Dipl.-Ing. Georg Strasser, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Förderung des integrierten Pflanzenschutzes inklusive einer Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes im Sinne einer ökosozialen Agrarpolitik eingebracht, der mit Stimmenmehrheit (für den Antrag: V, F, G, N, dagegen: S) beschlossen wurde.

 

Dieser selbständige Entschließungsantrag war wie folgt begründet:

„Die österreichische Landwirtschaft ist kleinstrukturiert und auf höchste Qualität ausgerichtet – Agrarfabriken sind für uns keine Alternative. Unser Fokus liegt darauf, Österreich als Vorzeigemodell in Europa weiter zu stärken. Übergeordnetes Ziel ist dabei die Versorgung mit hochwertigen Lebensmitteln, der Erhalt einer multifunktionalen, nachhaltigen, wettbewerbsfähigen und flächendeckenden Land- und Forstwirtschaft sowie ein hoher Selbstversorgungsgrad.

Die Bundesregierung hat in ihrem Regierungsübereinkommen mit einer Vielzahl von Maßnahmen ein klares Bekenntnis zur Stärkung des integrierten Pflanzenschutzes inklusive der Reduktion des Pflanzenschutzmittel-Einsatzes abgegeben. Insbesondere die Weiterentwicklung des Nationalen Aktionsplans Pflanzenschutz gemeinsam mit allen relevanten AkteurInnen wird einen relevanten Beitrag dazu leisten.

Die bäuerlichen Familienbetriebe erhalten mit ihrer Arbeit unsere einzigartigen Kulturlandschaften und vielfältigen Lebensräume. Sie sollen seitens der Politik mit Förderungen, Forschung und Beratung unterstützt werden, ihre gesellschaftlich anerkannten Leistungen hinsichtlich Erhalt natürlicher Ressourcen, der Artenvielfalt und dem Schutz des Bodens und des Wassers zu erhalten und laufend auszubauen.“

 

Der den Verhandlungen zu Grunde liegende Entschließungsantrag 451/A(E) der Abgeordneten
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: S, F, N, dagegen: V, G).

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      diesen Bericht hinsichtlich des Entschließungsantrags 451/A(E) zur Kenntnis nehmen und

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2020 05 20

                         Dipl.-Ing. Olga Voglauer                                                 Dipl.-Ing. Georg Strasser

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann