213 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Gleichbehandlungsausschusses

über den Antrag 593/A(E) der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ein starkes Zeichen gegen Hassverbrechen und Diskriminierung von LGBTIQ-Personen setzen

Die Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 29. Mai 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Zwar wurden innerhalb der letzten Jahre in Europa und so auch in Österreich wichtige gesetzliche Schritte in Richtung Gleichberechtigung von LGBTIQ-Personen gesetzt, wie z.B. die Ehe für alle, auch über nationale Grenzen hinweg, die (wenn auch vorerst leider nur theoretische) Möglichkeit der Eintragung des dritten Geschlechts ins ZPR, oder das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Dennoch sind Phänomene wie Homophobie, Diskriminierung und Gewalt gegen LGBTIQ-Personen immer noch weit verbreitet.

Wie die weltweit größte LGBTIQ-Studie der europäischen Grundrechte-Agentur FRA sehr aktuell aufzeigt, geben 40% der LGBTIQ-Personen in Österreich an, sich innerhalb der letzten 12 Monate mindestens einmal diskriminiert gefühlt zu haben, 33% berichten von Belästigungen und 11% der Befragten berichteten von physischen oder sexuellen Übergriffen innerhalb der letzten 5 Jahre. V.a. der schulische Bereich, der Arbeitsplatz und die medizinische Versorgung kristallisieren sich als Problemfelder heraus. Viele LGBTIQ-Personen verheimlichen immer noch ihre sexuelle Identität aus Angst vor Spott, Diskriminierung und Gewalt.

Außerdem lassen sich in Europa und weltweit aktuell massive Rückschritte hinsichtlich LGBTIQ-Rechten beobachten: in Polen deklariert sich mittlerweile ein Drittel aller Gemeinden als LGBTIQ-freie Zonen, Ungarn hebt vor wenigen Tagen mit Art. 33 das Recht von trans- und intersexuellen Personen auf, ihr Geschlecht ihrer Geschlechtsidentität anzupassen, in Kroatien zünden Menschen bei einer Karnevalsveranstaltung im Februar ein homosexuelles Pärchen mit Kind als ‚Maskottchen des Bösen‘ an und weltweit werden LGBTIQ-Personen immer wieder für das Corona-Virus verantwortlich gemacht und attackiert - Zustände, die eher an das finstere Mittelalter erinnern, als an das 21. Jahrhundert. Das vehemente Eintreten für die Rechte von LGBTIQ-Personen ist also wichtiger denn je, v.a. Monitoring- und Beratungsmaßnahmen sowie Sensibilisierungskampagnen und der aktive Einsatz politischer Entscheidungsträger_innen können Probleme sichtbar machen und ein gesellschaftliches Umdenken bewirken.“

 

Der Gleichbehandlungsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 9. Juni 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Yannick Shetty die Abgeordneten Nico Marchetti, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Sabine Schatz und Dr. Gudrun Kugler sowie die Bundesministerin für Frauen und Integration MMag. Dr. Susanne Raab und die Ausschussobfrau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek.

 

Der den Verhandlungen zu Grunde liegende Entschließungsantrag 593/A(E) der Abgeordneten
Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: S, N, dagegen: V, F, G).

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Nico Marchetti, Kolleginnen und Kollegen einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Gewalterfahrung und Diskriminierung eingebracht, der einstimmig beschlossen wurde.

Dieser selbständige Entschließungsantrag war wie folgt begründet:

„Die aktuelle Debatte und viele Demonstrationen auf der ganzen Welt zeigen deutlich, welche Gefahr Rassismus auch heute bedeutet.

Allein im Jahr 2019 wurden in Österreich 1.950 rassistische Vorfälle an die Stelle Zivilcourage und Anti-Rassismus -Arbeit (ZARA) gemeldet. Die Stelle verzeichnete außerdem einen Anstieg zum Vorjahr. Dabei spielt insbesondere das Problem von Hassbotschaften im Netz eine große Rolle.

Laut einem Bericht der in Wien ansässigen EU-Grundrechteagentur FRA aus dem Jahr 2018 wurden 30 Prozent der Befragten schon rassistisch belästigt. Fünf Prozent seien demnach Opfer eines Angriffs geworden. Etwa ein Viertel der Studienteilnehmer gab an, in den fünf Jahren vor der Umfrage von der Polizei gestoppt worden zu sein. 41 Prozent jener Personen glaubte, dass sie nur aufgrund ihrer Hautfarbe aufgehalten wurden.

Ebenso gehört leider das Thema Antisemitismus nicht der Vergangenheit an. So zeigte der Antisemitismus-Bericht der EU aus 2018, dass jeder dritte jüdische Bürger in der EU überlegt auszuwandern. 28 Prozent der Befragten gaben an, im vergangenen Jahr selbst zumindest einem antisemitischen Angriff ausgesetzt gewesen zu sein. Zahlreiche Studien belegen eine Verschärfung in den letzten Jahren.

Eine Studie der Arbeiterkammer belegt: Es trifft die Hälfte der Bevölkerung: Diskriminierung, also eine schlechtere Behandlung aufgrund von Geschlecht, Familienstand, Alter, ethnischer Herkunft, Religion, sexueller Orientierung, Beeinträchtigung oder sozialer Stellung. 2.300 Personen zwischen 14 und 65 Jahren wurden befragt: Fast die Hälfte aller Befragten (43%) gibt an, sich in den Jahren 2016 bis 2018 zumindest einmal in einem der vier abgefragten Lebensbereiche schlechter behandelt bzw. diskriminiert gefühlt zu haben. Wer in welchem Bereich wie häufig Diskriminierung erlebt, ist aber stark von individuellen Merkmalen abhängig. So erleben Personen mit Migrationshintergrund oder einer muslimischen Religionszugehörigkeit doppelt so häufig (62% bzw. 78%) eine Schlechterbehandlung als Personen ohne Migrationshintergrund (37%) oder mit einer christlichen Religionszugehörigkeit (39%).

Der LGBTl-Survey der EU-Grundrechteagentur (FRA) zeigt massiven Handlungsbedarf im Bereich der Anti-Diskriminierung von LGBTl-Personen und des Schutzes vor körperlicher und sexueller Gewalt. In der europaweit größten Studie, deren Ergebnisse im Mai 2020 veröffentlicht wurden, wurden knapp 140.000 LGBTl­ Personen befragt.

Jede 10. LGBTl-Person in Österreich (11%) berichtete davon, innerhalb der letzten 5 Jahre physische oder sexuelle Gewalt erlebt zu haben. Mehr als die Hälfte davon berichtet von mehr als einem gewaltvollen körperlichen oder sexuellen Übergriff.

Insbesondere an öffentlichen Orten, wie Straßen, Plätzen oder Parks, sind LGBTl­Personen erhöht Gewalt ausgesetzt. Knapp 40% der Befragten geben an, dass sie es in der Öffentlichkeit immer oder oft vermeiden die Hand ihres gleichgeschlechtlichen Partners oder ihrer gleichgeschlechtlichen Partnerin zu halten.

Personen, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Merkmale Gewalt erfahren, meiden häufig eine Anzeige bei der Polizei aus Angst vor neuerlichen Übergriffen oder aus Angst davor lächerlich gemacht und nicht ernst genommen zu werden. Viele geben an, eine Tat von physischer oder sexueller Gewalt nicht bei der Polizei oder einer anderen Organisation oder Institution gemeldet zu haben.

Die Ergebnisse dieser unterschiedlichen Studien müssen ernst genommen werden. In Österreich soll niemand aufgrund seiner persönlichen Merkmale schlechter gestellt werden!“

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic gewählt.


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gleichbehandlungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      diesen Bericht hinsichtlich des Entschließungsantrags 593/A(E) zur Kenntnis nehmen und

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2020 06 09

                          Dr. Ewa Ernst-Dziedzic                                                  Gabriele Heinisch-Hosek

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau