276 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie

über die Regierungsvorlage (240 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Investitionskontrollgesetz erlassen und das Außenwirtschaftsgesetz 2011 geändert wird

Die Verordnung (EU) 2019/452 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union (in weiterer Folge als „EU-FDI-Screening-Verordnung“ bezeichnet) ist ab 11. Oktober 2020 in vollem Umfang anzuwenden. Bis dahin müssen auch die nationalen gesetzlichen Voraussetzungen für die Anwendung des neuen Mechanismus zur Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch geschaffen werden. Die Zuständigkeit des Bundes für diesen Mechanismus gründet sich auf die in Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG verankerten Zuständigkeiten „Zivilrechtswesen“ und – hinsichtlich der gerichtlichen Strafbestimmungen – „Strafrechtswesen“.

Im Hinblick auf zunehmende Direktinvestitionen aus Drittstaaten, die eine Bedrohung für die Sicherheit oder öffentliche Ordnung darstellen können, werden die geltenden österreichischen Bestimmungen, die derzeit im Außenwirtschaftsgesetz 2011 – AußWG 2011 enthalten sind, geändert und in einem neuen Gesetz, dem Gesetz über die Kontrolle von ausländischen Direktinvestitionen (Investitionskontrollgesetz – InvKG, Artikel 1) zusammengefasst. Dies erfordert auch Änderungen des AußWG 2011, die in Artikel 2 vorgenommen werden.

Die sicherheitsrelevanten Bereiche sind in § 25a AußWG 2011 nur sehr allgemein umschrieben. Im Sinne der Transparenz und der Rechtssicherheit ist es jedoch geboten, die Kriterien für eine mögliche Gefährdung der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung wesentlich detaillierter zu formulieren und dabei insbesondere die Bereiche Hoch- und Sicherheitstechnologie umfassend zu berücksichtigen.

Nach derzeitigem Recht können Erwerbsvorgänge im Hinblick auf eine Gefährdung der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung nur geprüft werden, wenn die erwerbende natürliche oder juristische Person ein inländisches Unternehmen oder eine Beteiligung an einem inländischen Unternehmen erwirbt, welche ihr die Kontrolle über mindestens 25 Prozent der Stimmrechte sichert. In einzelnen Fällen kann jedoch ein Prüfbedarf auch unterhalb dieser Schwelle bestehen. Es erfolgt eine Absenkung der Prüfeintrittsschwelle von derzeit 25 Prozent auf 10 Prozent insbesondere bei besonders verteidigungsrelevanten Unternehmen sowie bei Beteiligungserwerben an Unternehmen, die bestimmte, besonders sicherheitsrelevante zivile Infrastrukturen betreiben. Unabhängig von einem konkreten Schwellenwert sollen auch andere Fälle des Erwerbs eines Einflusses sowie sogenannte „asset deals“ erfasst werden, bei denen nicht Anteile am ganzen Unternehmen, sondern einzelne Vermögenswerte des Unternehmens erworben werden. Dabei sollen in Zukunft neben unmittelbaren auch mittelbare Erwerbsvorgänge erfasst werden, um Umgehungen wirksam vorzubeugen.

Um eine umfassendere Analyse von Anträgen vor der Entscheidung über die Einleitung eines vertieften Prüfverfahrens zu ermöglichen und allen Pflichten im Rahmen des Kooperationsmechanismus gemäß der EU-FDI-Screening-Verordnung nachkommen zu können, wird die Prüffrist in der ersten Verfahrensphase entsprechend verlängert.

Wie schon bisher im AußWG 2011 wird auch im neuen Gesetz ein Beirat (Komitee für Investitionskontrolle) zur Beratung des führend zuständigen Mitglieds der Bundesregierung, derzeit die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, eingerichtet. Dessen Zusammensetzung orientiert sich an jener des Außenwirtschaftsbeirats. Bei den Mitgliedern aus dem Bereich der Bundesregierung wird jedoch eine flexiblere Gestaltung gewählt, die vom konkreten Tätigkeitsbereich des österreichischen Unternehmens abhängt.

Im neuen Gesetz werden überdies die notwendigen Definitionen, Straf- und Kontrollbestimmungen vorgesehen, und es wird die Möglichkeit zur Verfügung stehen, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für einen bestimmten Erwerbsvorgang zu erlangen. Die Beibehaltung der Voranfrage wird daneben nicht mehr für erforderlich gehalten.

 

Der Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 26. Juni 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Dr. Elisabeth Götze die Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Josef Schellhorn, Erwin Angerer, Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA und Mag. Gerald Loacker sowie die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, G, dagegen: S, F, N) beschlossen.

 

Ein von den Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen im Zuge der Debatte gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR eingebrachter selbständiger Antrag auf Beschlussfassung einer Entschließung betreffend „Genehmigungspflicht für alle in der Anlage zum Investitionskontrollgesetz aufgelisteten Bereiche unbefristet und mit Erreichen oder Überschreiten eines Mindestanteils an Stimmrechten von 10%“ fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (dafür: F, dagegen: V, S, G, N).

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (240 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2020 06 26

                             Dr. Elisabeth Götze                                                              Peter Haubner

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann