293 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 706/A der Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Gabriela Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (Ärztegesetz-Novelle 2020)

Die Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Gabriela Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 18. Juni 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„1. Hauptgesichtspunkte:

Die vorliegende Novelle dient vor allem der Umsetzung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom 13. März 2019. Dieser hat in seinem Erkenntnis G 242/2018-16, kundgemacht in BGBl. I Nr. 28/2019, die Aufhebung des § 27 Abs. 10, des § 59 Abs. 3 Z 2 sowie von Wort- und Zeichenfolgen in § 59 Abs. 3 Z 1, § 117c Abs. 1 Z 6 und § 125 Abs. 4 des Ärztegesetzes 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169/1998, ausgesprochen. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. August 2020 in Kraft, weshalb rechtzeitig die erforderlichen Regelungen im ÄrzteG 1998 zu treffen sind.

Da das ÄrzteG 1998 normiert, dass der Präsident der Österreichischen Ärztekammer die Eintragung in die und die Streichung aus der Ärzteliste – als eine Angelegenheit des Gesundheitswesens – nur unter Bindung an Weisungen des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vollzieht, umgeht es den in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung zentralen Landeshauptmann. Dies wäre nur mit Zustimmung der beteiligten Länder gemäß Art. 102 Abs. 4 B-VG zulässig. Da diese Zustimmung nicht erteilt wurde, erweist sich diese vom Gesetzgeber gewählte Konstruktion als ein Eingriff in das System der mittelbaren Bundesverwaltung gemäß Art. 102 B-VG.

Die vorliegende Novelle wurde auf breiter Basis mit dem Verfassungsdienst, den Vertreterinnen und Vertretern der Ämter der Landesregierungen und der Österreichischen Ärztekammer umfassend diskutiert.

2. Kompetenzgrundlage:

Die Novelle stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG (‚Einrichtungen beruflicher Vertretungen, sofern sie sich auf das ganze Bundesgebiet erstrecken‘), auf Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG (‚Gesundheitswesen‘) sowie auf Art. 11 Abs. 1 Z 2 und 8 B-VG (‚berufliche Vertretungen, soweit sie nicht unter Art. 10 fallen‘).

3. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Zustimmung der Länder gemäß Art. 102 Abs. 1 und 4 B-VG

II. Besonderer Teil

Zu Z 1, 3, 4, 9 bis 11, 13 (§ 11 Abs. 6, § 12 Abs. 8, § 12a Abs. 9, § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 4, § 29 Abs. 1, § 14 Abs. 2, § 27 Abs. 1, § 35 Abs. 5, § 37 Abs. 3 und 4, § 66b Abs. 1):

In seinem Erkenntnis VfSlg. 4413/1963 hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass es nicht zulässig ist, dass der Gesetzgeber gemäß Art. 10 B-VG behördliche Zuständigkeiten auf Körperschaften öffentlichen Rechts überträgt, deren Schaffung und Einrichtung nicht Ausfluss einer der Zuständigkeiten nach Art. 10 B-VG ist. Daher erachtete er es im Anlassfall als unzulässig, die Ärztekammern in den Bundesländern mit der Führung der Ärzteliste zu betrauen, da sie Körperschaften öffentlichen Rechts im Rahmen der Landesvollziehung (Art. 11 Abs. 1 Z 2 B-VG), jedoch keine dem Landeshauptmann unterstellten Landesbehörden in Sinne des Art. 102 Abs. 1 B-VG sind.

Aus der in Aussicht genommenen Festschreibung der Zuständigkeit der Österreichischen Ärztekammer für die Führung der Ärzteliste sowie der Durchführung sämtlicher mit der Ärzteliste und der Berufsberechtigung im Zusammenhang stehender Verfahren einschließlich Besorgung diesbezüglicher Verwaltungsangelegenheiten im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung folgt, dass auch die Mitwirkung der Ärztekammern in den Bundesländern aus den genannten verfassungsrechtlichen Gründen nicht länger aufrechterhalten werden darf. Dies wurde durch eine Abklärung mit dem Verfassungsdienst (GZ BMVRDJ-604.790/0006-V5/2019) nochmals bestätigt.

Somit sind alle entsprechenden Passagen in den ärztegesetzlichen Vorschriften, wie insbesondere ‚im Wege der Ärztekammern in den Bundesländern‘ und ‚in Zusammenarbeit mit den Ärztekammern in den Bundesländern‘ ersatzlos zu streichen.

Allerdings ist durch die Änderung des § 66b Abs. 1 Z 1 sicherzustellen, dass die Ärztekammern in den Bundesländern durch direkten Zugriff auf die Ärzteliste ihre gesetzlichen Aufgaben ihres Wirkungskreises gemäß § 66 ÄrtzeG 1998 weiterhin ordnungsgemäß erfüllen können.

Zu Z 2 (§ 14 Abs. 1):

Es handelt sich um eine verfahrensrechtliche Klarstellung.

Zu Z 5 (§ 27 Abs. 1):

Entsprechend anderer Berufsregister für Gesundheitsberufe hat die Österreichische Ärztekammer aus Gründen des Patientenschutzes, der Qualitätssicherung und der Transparenz eine Website einzurichten, in der ein Teil der für die Führung der Ärzteliste erforderlichen Daten öffentlich ist und von jeder Person in diese öffentliche Liste Einsicht genommen werden kann.

Zu Z 6, 12, 18, 21 (§ 27 Abs. 10, § 59 Abs. 3, § 117c Abs. 1 Z 6, § 125 Abs. 4):

Die vorgeschlagenen Regelungen sollen die Lücken schließen, die durch die mit Ablauf des 31. August 2020 in Kraft tretende Aufhebung durch das Erkenntnis G 242/2018-16 entsteht.

Zu Z 7 und 19 (§ 27 Abs. 13 und § 117c Abs. 1 Z 7):

Die Änderung dient der Klarstellung, dass es sich bei der laufenden elektronischen Übermittlung der gemäß dem Gesundheitstelematikgesetz 2012 (GTelG 2012), BGBl. I Nr. 111/2012, erforderlichen Daten aus der Ärzteliste an die Bundesministerin/den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz um eine Aufgabe des übertragenen Wirkungsbereiches handelt. Die Verpflichtung selbst ist bereits im GTelG 2012 ausreichend verankert.

Zu Z 8 und Z 16 (§ 29 Abs. 3 und § 117b Abs. 2 Z 8):

Mit der Regelung des § 29 Abs. 3 in der Fassung der Novelle soll der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zukünftig die Ärzteliste-Verordnung wieder selbst erlassen, um eine bestmögliche Steuerung durch die oberste Verwaltungsbehörde sicherzustellen.

Zu Z 14 und 20 (§ 67 und § 117f):

Mit der vorgeschlagenen Regelung über Amtshilfe in § 117f Abs. 1 der Novelle soll die Lücke der fehlenden Rechtsgrundlage für die Amtshilfe im Bereich der Österreichischen Ärztekammer geschaffen werden. Bisher gab es mit § 67 Abs. 1 ÄrzteG 1998 nur eine solche Regelung für die Ärztekammern in den Bundesländern. Da die Abs. 2 bis 4 des § 67 ÄrzteG 1998 schon bisher die Österreichische Ärztekammer betroffen haben (Amtshilfe in Verwaltungs- und Strafverfahren), sind diese nunmehr in die Regelung des § 117f zu transferieren.

Zu Z 15, 17, 18 (§ 117b Abs. 1, § 117c Abs. 1):

Mit der vorgeschlagenen Regelung des § 117c Abs. 1 Z 6 werden die Führung der Ärzteliste sowie die Durchführung sämtlicher mit der Ärzteliste und der Berufsberechtigung im Zusammenhang stehender Verfahren einschließlich der Besorgung diesbezüglicher Verwaltungsangelegenheiten gemäß den §§ 4 bis 5a, 14, 15, 27 bis 30, 34 bis 37, 47, 52c, 59, 62 und 63, als Aufgaben der Österreichischen Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich definiert. Die bisher im ÄrzteG 1998 verstreuten Aufgaben werden damit in einer Regelung zusammengefasst. Damit im Zusammenhang stehen folgende Änderungsnotwendigkeiten:

Aufgrund des überwiegenden Interesses der Allgemeinheit sind aus dem eigenen Wirkungsbereich in den übertragenen Wirkungsbereich zu verschieben: Führung der Ärzteliste hinsichtlich der Kammerangehörigen der Ärztekammern in den Bundesländern (§ 117b Abs. 1 Z 16), Ausstellung von Bestätigungen im Zusammenhang mit der Führung der Ärzteliste, insbesondere der Ärzteausweise, sowie die Besorgung von Verwaltungsangelegenheiten gemäß der Richtlinie 2005/36/EG, einschließlich der Einholung der hiezu erforderlichen Auskünfte im Rahmen der Verwaltungszusammenarbeit und Ausstellung der erforderlichen Bestätigungen sowie der Verfahren zur Anerkennung von Berufsqualifikationen gemäß § 28 (§ 117b Abs. 1 Z 18), Durchführung von Verfahren zur Prüfung der Gleichwertigkeit der ärztlichen Qualifikation (§ 117b Abs. 1 Z 19), Ausstellung von Diplomen über die erfolgreiche Absolvierung einer praktischen Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt (§ 117b Abs. 1 Z 20).

Die Aufgaben des § 117c Abs. 1 Z 2, 3 und 7 ÄrzteG 1998 werden zukünftig in der umfassenden Formulierung des § 117c Abs. 1 Z 6 der Novelle geregelt.

Zu Z 22 (§ 243):

§ 243 Abs. 1 sieht entsprechend der Reparaturfrist des Erkenntnisses G 242/2018-16 ein Inkrafttreten der Novelle mit 1. September 2020 vor.

Abs. 2 regelt, dass die §§ 27 Abs. 10, 59 Abs. 3, 117c Abs. 1 Z 6 und 125 Abs. 4 nach einer knapp einjährigen Geltungsdauer mit Ablauf des 30. Juni 2021 wieder außer Kraft treten sollen.

Abs. 3 regelt, dass die Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Einrichtung der Ärzteliste und über Inhalt und Form des Ärzteausweises (Ärzteliste-VO 2011), Kundmachung der Österreichischen Ärztekammer, Nr. 8/2011, veröffentlicht am 05.07.2011, mit Inkrafttreten der Ärzteliste-Verordnung der Bundesministerin/des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz außer Kraft tritt.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 30. Juni 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Ralph Schallmeiner die Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Mag. Gerald Loacker, Philip Kucher und Dr. Dagmar Belakowitsch.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, F, G, dagegen: N) beschlossen.

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Dr. Josef Smolle gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2020 06 30

                                Dr. Josef Smolle                                                         Mag. Gerhard Kaniak

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann