306 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über den Antrag 346/A(E) der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Strikte Ablehnung jeglicher Form von Homophobie und politischer Hetze gegen LGBT-Personen

Die Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 27. Februar 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die LGBTIQ-Community erfährt in vielen Ländern der Welt noch immer Diskriminierung und Gewalt. Auch wenn zahlreiche Länder bereits bedeutende Schritte am Weg zu völliger Gleichberechtigung und gesellschaftlicher Teilhabe der LGBTIQ-Community gesetzt haben, gibt es Länder, die sich in eine ganz andere Richtung bewegen. In Polen zeichnet sich seit 2019 ein besonders bedenklicher Trend ab, dort wird die LGBTIQ-Community aktiv als Feindbild in Wahlen instrumentalisiert und es kommt zu regelrechten Hetzkampagnen von Seiten führender Politiker_innen. Schon bei der EU-Wahl im Mai richtete sich Jaroslaw Kaczynski, Vorsitzender der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), in einer aggressiven Wahlkampagne gegen „Menschen mit abweichenden Präferenzen im Bereich des Intimen“, setzte Homosexualität mit Pädophilie gleich und begann, von einer "LGBT-Ideologie" und einer "LGBT-Lobby" zu sprechen. Das Staatsfernsehen TVP und regierungsnahe Medien berichten fortan von einer "LGBT-Invasion" und heizen die Stimmung zusätzlich an. Immer wieder werden in Polen Demonstrant_innen für LGBTIQ-Rechte gewalttätig attackiert - von Seiten rechter Parteien werden die Taten gelobt und auch die katholische Kirche bezeichnet die Angreifer als mutige Verteidiger des westlichen Abendlandes. Die Situation eskaliert zusehends und es dringen Be-richte an die Medien, dass bereits ein Drittel Polens sich als "schwulenfreie Zone" tituliert und LGBTIQ-Personen in diesen Zonen um ihr Leben fürchten müssen. Diesen Zustand kann die österreichische Regierung nicht wortlos hinnehmen. Sie muss auf europäischer Ebene stark gegen diese populistische und brandgefährliche Form der Hetze gegen sexuelle Minderheiten auftreten und die Befeuerung und Befürwortung dieser Hetze durch Politiker_innen aufs Schärfste verurteilen.“

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 30. Juni 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Henrike Brandstötter, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic und Dr. Harald Troch.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: S, N, dagegen: V, F, G).

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Nico Marchetti, Kolleginnen und Kollegen einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Einsatz für LGTBIQ-Rechte in Polen eingebracht, der mit Stimmenmehrheit (für den Antrag: V, S, G, N, dagegen: F) beschlossen wurde.

 

Dieser selbständige Entschließungsantrag war wie folgt begründet:

„Innerhalb der letzten Jahre wurden in zahlreichen europäischen Ländern wie auch in Österreich wichtige gesetzliche Schritte in Richtung Gleichberechtigung von LGBTIQ-Personen gesetzt, wie z.B. die Einführung von Anti-Diskriminierungsgesetzen, die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, die – wenn auch vorerst leider nicht umfassende und selbstbestimmte – Möglichkeit der dritten Option beim Geschlechtseintrag, oder die zahlreichen rechtlichen Verbesserungen für Regenbogenfamilien, wie die Einführung des Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Dennoch sind Phänomene wie Homo- und Transfeindlichkeit, Diskriminierung und Gewalt gegen LGBTIQ-Personen immer noch weit verbreitet. Dies bestätigt auch eine aktuelle Studie der EU-Grundrechteagentur (FRA), die auch nahelegt, dass viele LGBTIQ-Personen aus Angst vor Spott, Diskriminierung und Gewalt ihre sexuelle oder geschlechtliche Identität verheimlichen.

Aktuell lassen sich in Europa und weltweit besorgniserregende Rückschritte hinsichtlich LGBTIQ-Rechten beobachten: Im Zentrum der Angriffe stehen meist auch die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans* und inter* Personen. Letztlich sind es aber auch Angriffe auf unseren demokratischen Zusammenhalt, denen wir uns mit aller Vehemenz entgegenstellen müssen.

In Polen haben 93 Gemeinden und Landbezirke sowie fünf Bezirke zwischen März 2019 und Jänner 2020 durch Beschlüsse ihrer Gemeinde- und Landbezirksräte oder der Landtage das Gebiet ihres Amtsbereiches zu so genannten "LGBT-freien Zonen“ erklärt. Es handelt sich dabei um die Organe der Kommunalverwaltung, vor allem im Südosten Polens. Diese Beschlüsse haben zwar keine rechtliche Wirkung, aber sind massive symbolische Gesten. Die Gesamtfläche der selbst ausgerufenen „LGBTI-freien Zonen“ stellt rund ein Drittel des polnischen Staatsgebietes dar, wie polnische Aktivist*innen in einem „Atlas des Hasses“ dokumentieren. Am 18. Dezember 2019 beschloss das Europäische Parlament daher eine Entschließung gegen öffentlichen Diskriminierung von und Hetze gegen LGBTI-Personen sowie zu diesen Zonen des Hasses, in der die polnische Regierung aufgefordert wird, diese Praxis zu stoppen.

Das Europäische Parlament verurteilte bereits im Dezember 2019 explizit diese Zonen des Hasses in Polen. Das Europäische Parlament forderte die Mitgliedsstaaten nachdrücklich auf, diese Handlungen zu verurteilen und alle Entschließungen zurückzuziehen, in denen die Rechte von LGBTIQ-Personen angegriffen werden. Darüber hinaus solle die Kommission dafür zu sorgen, dass EU-Mittel nicht für diskriminierende Zwecke verwendet werden. Das Parlament bedauert auch den Einsatz von Behörden einiger Mitgliedstaaten gegen LGBTIQ-Personen an Bildungseinrichtungen und Schulen. Schulen sollten die Grundrechte aller Kinder stärken und schützen. Das Europäische Parlament forderte die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um Diskriminierungen gegen LGBTIQ-Personen in Schulen zu verhindern.

Auch der Europarat verurteilte bereits 2015 Hassreden und Gewalt gegen Minderheiten sowie zunehmende Homophobie in EU-Mitgliedsstaaten. Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) beobachtet die Entwicklungen in Europa ebenfalls mit Sorge, und hat umfassende Empfehlungen für die Stärkung von Rechten von LGBTIQ-Personen formuliert.

Die Wertschätzung und Achtung homosexueller, bisexueller, transgender und intergeschlechtlichen Personen in ihrer Menschenwürde und ihren Rechten stellt einen wichtigen Pfeiler der österreichischen Politik dar. Insbesondere die menschenverachtende, die Menschenwürde verletzende Attacken, Initiativen, Äußerungen und politische Maßnahmen gegen homosexuelle, bisexuelle, transgender und intergeschlechtliche Menschen sind ausnahmslos abzulehnen.“

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      diesen Bericht hinsichtlich des Entschließungsantrags 346/A(E) zur Kenntnis nehmen und

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2020 06 30

                          Dr. Ewa Ernst-Dziedzic                                            Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau