331 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über den Antrag 618/A(E) der Abgeordneten Mag. Peter Weidinger, Sabine Schatz, Dipl.­Ing. Olga Voglauer, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Untersagung der Feier im Gedenken an das „Massaker von Bleiburg"

Die Abgeordneten Mag. Peter Weidinger, Sabine Schatz, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 29. Mai 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Alljährlich wird im Mai im Kärntner Bleiburg/Pliberk durch den Verein ‚Bleiburger Ehrenzug‘ eine Feier zum Gedenken an das historisch höchst umstrittene sogenannte ‚Massaker von Bleiburg‘ im Jahre 1945 organisiert. Seit 2003 wurde der Veranstaltungsort in Bleiburg/Pliberk vom Verein
‚Bleiburger Ehrenzug‘ massiv ausgebaut (Bühne, Soldatenfriedhof). Bei dem mittlerweile stark ausgeweiteten Treffen auf dem Bleiburger Feld treten neonazistische und faschistische Gruppen immer stärker in Erscheinung.

Die Veranstalter ziehen sich seit Jahren auf das Argument zurück, dass die Feierlichkeiten auf einem Privatgrundstück stattfinden und erklären, dass sie religiösen Charakter hätten, nicht zuletzt auch um die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes zu umgehen. 2019 wurde den Veranstaltern die Erlaubnis für die Abhaltung einer Gedenkmesse von der Diözese Gurk entzogen. Die katholischen Kirchenvertreter in Gurk fanden deutliche Worte: ‚Die Analyse der Gedenkfeier 2018 habe demnach gezeigt, dass die im Vorfeld vom damaligen Kärntner Bischof Alois Schwarz als Bedingung für die Erlaubnis zur Messe festgelegten Auflagen und Vorgaben, zum überwiegenden Teil nicht eingehalten wurden bzw. werden konnten‘, begründet Guggenberger die Entscheidung in einem Schreiben an die Kroatische Bischofskonferenz. Die heilige Messe am Bleiburger Feld sei ‚Teil einer Veranstaltung, die politisch instrumentalisiert und Teil eines politisch-nationalen Rituals ist, das einer selektiven Wahrnehmung und Deutung von Geschichte dient‘.‘[1]

Nachdem die Diözese Gurk dem Antrag der Kroatischen Bischofskonferenz 2019 erstmals die Zustimmung verweigerte, wurde die Veranstaltung erstmals seit 2003 als politische Kundgebung und nicht als religöse Feier abgehalten. Die Geschichtsverzerrung, Verharmlosung und Glorifizierung des faschistischen Ustascha-Regimes kann aktuell als zentraler Charakter der Veranstaltung in Bleiburg/Pliberk bezeichnet werden und als Ziel der Veranstalter. Fotos dokumentieren die faschistische Aufmachung und Gesinnung einer nicht unbeträchtlichen Zahl der Besucherinnen und Besuchern und die zur Schau gestellten Abzeichen.[2]

Im Gedenkjahr 2020 war aufgrund der Wahlen zum kroatischen Parlament (Sabor) und aufgrund des 75. Jubiläums des Kriegsendes wieder eine großangelegte Feier mit mehreren zehntausenden Besuchern erwartet worden, jedoch fiel die Teilnehmerzahl auf Seiten der ultranationalistisch-faschistischen Sympathisanten aufgrund der COVID-19-Pandemie dieses Jahr sehr gering aus.

Darüber hinaus fand am 16. Mai 2020 eine Gedenkmesse (‚Messe für Bleiburg‘) statt, die vom Kardinal Vinko Puljić in der Herz-Jesu-Kathedrale in Sarajevo veranstaltet wurde. Diese Messe führte zu heftigen Protesten tausender Menschen, vieler politischer Parteien, des Bürgermeisters von Sarajevo, der serbisch­orthodoxen Kirche und jüdischer Verbände.[3] Gegen die Abhaltung der Gedenkmesse wurde auch von Seiten Israels[4] und seitens der US-Botschaft in Bosnien und Herzegowina[5] protestiert.[6]

Die Abhaltung einer sog. ‚Messe für Bleiburg‘ in Sarajevo mit ausdrücklichem Österreichbezug schadet der Reputation Österreichs als demokratischer Republik und unterminiert den antifaschistischen und antitotalitären Grundkonsens. Die Gedenkfeier stößt auch in Kärnten und darüber hinaus auf stetig wachsendes Unverständnis. So verlangte zuletzt das Mauthausenkomitee in einer Anfrage an die Diözese Gurk, dass die ultranationalistisch-faschistische Gedenkfeier abgesagt werde.

Für 2021 ist - wie auch in den Vorjahren - wieder mit einem Massenaufgebot an ultranationalistisch-faschistischen Teilnehmern aus Kroatien zu rechnen. Damit läuft Österreich Gefahr, erneut Schauplatz der größten faschistischen Veranstaltung Europas zu werden und Ewiggestrigen eine Bühne für das Zur­Schau-Tragen und Weitertradieren von rechtsextremen, rassistischen, antisemitischen und antidemokratischen Gedankengutes zu bieten, welche die Naziideologie verherrlichen und die NS-Opfer verhöhnen.

Im Gedenkjahr 2020, 75 Jahre nach der Befreiung Österreichs, wird die Bundesregierung politisch daran gemessen, ob sie verantwortungsvoll mit den Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg umgeht und ein Zeichen gegen die politische Vereinnahmung der Feierlichkeiten zu setzen gewillt ist.“

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 03. Juni 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Mag. Georg Bürstmayr die Abgeordneten
Sabine Schatz, Mag. Hannes Amesbauer, BA, Dr. Stephanie Krisper, Andreas Minnich, Christian Ries, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Mag. Wolfgang Gerstl, Philip Kucher, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff sowie der Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc und der Ausschussobmann Abgeordneter Karl Mahrer. Die Verhandlungen wurden vertagt.

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 06. Juli 2020 erneut in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten
Mag. Peter Weidinger, Dr. Stephanie Krisper, Sabine Schatz, Mag. Hannes Amesbauer, BA,
Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Philip Kucher, Mag. Georg Bürstmayr und der Ausschussobmann Abgeordneter Karl Mahrer.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten
Mag. Peter Weidinger, Sabine Schatz, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen keine Stimmenmehrheit (für den Antrag: S, N, dagegen: V, F, G).

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Mag. Peter Weidinger gewählt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2020 07 06

                          Mag. Peter Weidinger                                                         Karl Mahrer, BA

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann



[1] https://www.katholisch.at/aktuelles/124940/dioezose-gurk-erteilt-keine-erlaubnis-fuer-gedenkmesse-am-loibacher-feld, pt. 24.02.2020.

[2] „Addendum „Bleiburg: Geschichte ist, was man daraus macht“, 20.05.2019; (https://www.addendum.org/news/bleiburg-ustasa/ pt 25.02.2020); „stopptdierechten“ Bleiburg/Pliberk: Magnet für Faschisten, 27.05.2015 (https://www.stopptdierechten.at/2015/05/27/bleiburg-pliberk-magnet-fur-faschisten/ pt. 25.02.2020; https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/J/J_01199/fname_152035.pdf).

[3] ORF.at, Sarajevo: Proteste gegen faschistisches Bleiburg-Gedenken, 16.05.2020, https://orf.at/stories/3165990/; Times of Israel, Thousands in Sarajevo protest against Mass for Nazi collaborators, https://www.timesofisrael.com/thousands-in-sarajevo-protest-against-mass-for-nazi-collaborators/; Katholische Presseagentur Österreichs, Kardinal Puljic verteidigt "Bleiburg-Gedenkmesse" in Sarajevo, https://www.kathpress.at/goto/meldung/1890834/kardinal-puljic-verteidigt-bleiburg-gedenkmesse-in-sarajevo.

[4] Times of Israel, Bosnian Catholic cardinal to honor Nazi collaborators in memorial service, https://www.timesofisrael.com/bosnian-catholic-cardinal-to-honor-nazi-collaborators-in-memorial-service/.

[5] „Wenn wir über den Zweiten Weltkrieg nachdenken, müssen wir die Geschichte in ihrer Gesamtheit anerkennen und uns daran erinnern. Wir fordern diejenigen, die das Bleiburger Gedenken in Bosnien und Herzegowina organisieren, auf, von historischem Revisionismus und rückläufiger Rhetorik Abstand zu nehmen.“ [“In reflecting on WWII, we must recognize and remember history in its totality. We call on those organizing the Bleiburg commemoration in BiH to refrain from historical revisionism and retrograde rhetoric."], offizieller Twitter-Account der US-Botschaft in Bosnien und Herzegowina, https://twitter.com/USEmbassySJJ.

[6] AI Jazeera, Empörung über den Plan für die von Kroatien unterstützte Bleiburg-Messe in Sarajev (Outrage over plan for Croatian-backed Bleiburg mass in Sarajevo), https://www.aljazeera.com/news/2020/05/outrage-plan-croatian-backed-bleiburg-mass-sarajevo-200514051239016.html