370 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 826/A der Abgeordneten August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950, das Tuberkulosegesetz und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden

Die Abgeordneten August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 14. September 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Zu Art. 1 (Epidemiegesetz 1950):

Zu Z 1 (Abkürzung):

Um einfacher auf das Epidemiegesetz 1950 verweisen zu können, wird diesem eine Abkürzung nachgestellt.

Zu Z 2 (§ 4 Abs. 1):

Hierbei handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung.

Zu Z 3 (§ 5 Abs. 4 neu):

Durch den Beschlusses Nr. 1082/2013/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 2119/98/EG, ABl. L 293 vom 5.11.2013 S 1, wurde ein Early Warning und Response System (EWRS) als EU-weites behördeninternes EDV-Kommunikationssystem eingerichtet, das dazu dient, dass die nationalen Behörden und die Europäische Kommission Daten im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren gesichert – auch personenbezogen – austauschen müssen. Zuständige nationale Behörde in Österreich ist – im Gegensatz zur sonstigen Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden zur Maßnahmensetzung – der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK). Durch schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren, die sich auf ganz Europa auswirken, sind besondere koordinierte Maßnahmen zur Kontrolle von Kontaktpersonen nötig, um Erkrankte und Risikopersonen zu identifizieren. Dazu kann es auch erforderlich sein, dass die Mitgliedstaaten zur Ermittlung von Kontaktpersonen auch sensible gesundheitsbezogenen Daten und Informationen über nachgewiesene Krankheits- und Verdachtsfälle beim Menschen austauschen müssen.

Hier soll normiert werden, dass alle natürlichen und juristischen Personen, die im Rahmen des internationalen Contact-Tracing (Maßnahmen zur Feststellung von Personen, die der Quelle einer schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefährdung ausgesetzt waren und Gefahr laufen, eine Krankheit zu entwickeln oder bereits entwickelt zu haben und diese allenfalls auch weiter zu verbreiten – vgl. im Detail Art. 9 des genannten Beschlusses) sachdienliche Informationen besitzen, diese auch der zuständigen Behörde (BMSGPK) zur Verfügung stellen müssen. Angemerkt sei, dass diese Bestimmung keine Datenerhebungspflicht für die Verpflichteten normiert, sondern nur darauf abstellt, dass Daten, die den Betroffenen ohnehin zur Verfügung stehen, auf Verlangen dem BMSGPK zur Verfügung zu stellen sind. Zu den Personenbeförderungsunternehmen zählen Fluglinien, Kreuzfahrtunternehmen, Eisenbahnunternehmen usw.

Zu Z 4 (§ 5a Abs. 5):

Sreeningprogramme im Schulbereich werden durch den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung gemeinsam mit dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister durchgeführt.

Zu Z 5 (§ 7 Abs. 1a):

Mit der COVID-19-Pandemie und den einhergehenden Absonderungen bei Erkrankungs- und Verdachtsfällen wurde eine enorme, weit im fünfstelligen Bereich befindliche Anzahl von Verständigungen an die Bezirksgerichte abgesetzt, weil nach derzeitiger Rechtslage die Bezirksverwaltungsbehörde dem Gericht jede Anhaltung – egal ob befristet oder unbefristet – anzuzeigen hat. Damit wurde auch eine große Menge an von vornherein auf 14 Tage befristete „Heimquarantäne“-Bescheiden, die von der Bezirksverwaltungsbehörde bei Verdachtsfällen ausgegeben werden, an die Gerichte übermittelt, was durch die bloße Erfassung bei Gericht einen enormen Arbeitsaufwand bedeutet. Die Erfassung von Anhaltungen, die von vorhinein auf kurze Zeit befristet sind, führte aber in der Regel zu keiner weiteren Tätigkeit des Gerichts, weil die amtswegige Überprüfung von Anhaltungen in der Praxis erst bei länger andauernden Anhaltungen einsetzt (das Gesetz gibt dazu eine dreimonatige Frist vor). Durch die vorgeschlagene Änderung sollen die Gerichte sowie nicht zuletzt die Gesundheitsbehörden entlastet werden, indem die Bezirksverwaltungsbehörde das Bezirksgericht nur mehr von jenen Anhaltungen, die länger als (voraussichtlich) zehn Tage dauern, zu verständigen hat. Da sich die amtswegige Überprüfung ohnehin an der bisherigen Dreimonatsfrist orientiert, führt diese Änderung auch nicht zu einer Einschränkung des Rechtsschutzes. Auch der abgesonderten Person bleibt es weiterhin unbenommen, auch bei befristeten Bescheiden das Gericht anzurufen, das dann binnen sieben Tagen zu entscheiden hat.

Zu Z 6 (§ 15 Abs. 1 Z 1):

Es wird nunmehr festgelegt, dass Veranstaltungen iSd § 15 des Epidemiegesetzes 1950 auch einer Bewilligungspflicht unterworfen werden können. In diesem Zusammenhang wird auf § 68 Abs. 3 AVG hingewiesen, wonach die Behörde – auch begünstigende – Bescheide insoweit abändern kann, als dies zur Beseitigung von das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdenden Missständen notwendig und unvermeidlich ist. Nach dieser Bestimmung kann auch schon dann vorgegangen werden, wenn der Bescheid noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist (siehe VwSlg. 18.183 A/2011). Weicht die Rechtslage zum Zeitpunkt der Durchführung der Veranstaltung – insbesondere im Hinblick auf die zulässige Zuschauerzahl – von jener zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides ab, kann diese Bestimmung herangezogen werden.

Zu Z 7 bis 9 (§ 15 Abs. 2 Z 5, Abs. 4 und § 15 Abs. 5):

Einerseits erfolgt eine Klarstellung, dass auch Präventionskonzepte Voraussetzungen oder Auflagen sein können, andererseits erfolgt eine Klarstellung, dass die Einhaltung von Voraussetzungen oder Auflagen durch die Behörde auch vor Ort durch Betretungen überprüft werden kann. In Abs. 5 erfolgt bloß eine Zitatatanpssung.

Zu Z 10 (§ 32 Abs. 7):

Bescheide, denen vorsätzlich unrichtige Angaben des Antragstellers über einen Verdienstentgang zugrunde liegen, unterliegen einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler.

Zu Z 11 und 12 (Entfall des § 43 Abs. 4a sowie § 43a):

Dient der Klarstellung und der Vereinheitlichung der Kaskadenregelung im Hinblick auf die Zuständigkeiten (analog auch im COVID-19-Maßnahmengesetz). Da derzeit ein kompletter Lockdown kein zweites Mal angedacht ist, muss es möglich sein, je nach regionaler epidemiologischer Situation auch differenzierte Maßnahmen setzen zu können.

Die Mitteilungspflicht dient der Transparenz der regional erlassenen Verordnungen, eine Verletzung der Mitteilungspflicht hat keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit bzw. die Rechtswirkungen der Verordnung.

Zu Z 13 (§ 50 Abs. 13 und 14):

Die Änderung des § 7 Abs. 1a soll mit dem Tag der Kundmachung wirksam werden. Die Verständigungspflicht der Behörde soll alle mit dem Inkrafttreten noch aufrechten Anhaltungen betreffen; somit muss eine allenfalls länger als zehn Tage andauernde Anhaltung auch doppelt – unmittelbar nach Beginn der Anhaltung und nach Erreichen der zehn Tage – gemeldet werden, damit die Gerichte die Fristüberwachung nicht weit über das Inkrafttreten fortsetzen müssen. Die vorliegende Änderung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft. Ab 01. Jänner 2022 gilt wieder die bisherige Rechtslage.

Zu Art. 2 (Tuberkulosegesetz):

Zu Z 1 (§ 9 Abs. 1 Z 9 lit. a):

Hierbei handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung.

Zu Z 2 (§ 17 Abs. 4):

Mit § 1 Abs. 1 der 1. COVID-19-ZiviljustizVO, BGBl. II Nr. 163/2020, wurde die Möglichkeit der E-Mail-Eingabe des Überprüfungsantrages der in „Heimquarantäne“ angehaltenen Person aufgrund der COVID-19-Pandemie befristet bis zum 31. Dezember 2020 eingeführt. Da auch nach Lockerung bzw. Aufhebung der Ausgangsbeschränkungen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 dasselbe Rechtsschutzbedürfnis bei angehaltenen Personen besteht, soll die Möglichkeit der E-Mail-Eingabe in das Dauerrecht überführt werden. Dabei soll dies aus Gründen der Gleichbehandlung nicht nur wegen COVID-19, sondern auch wegen Tuberkulose oder wegen einer anderen nach § 7 Abs. 1 Epidemiegesetz 1950 anzeigepflichtigen Krankheit angehaltenen Personen offenstehen (§ 7 Abs. 1a Epidemiegesetz 1950 verweist auf den zweiten Abschnitt des Tuberkulosegesetzes).

Wie nach § 1 Abs. 1 der 1. COVID-19-ZiviljustizVO ist es daher notwendig, dass die angehaltene Person zunächst beim zuständigen Bezirksgericht ihres Wohnortes anruft und zum Zweck der Antragstellung die E-Mail-Adresse des Gerichts erfragt. Dem per E-Mail eingegebenen Antrag ist die Abbildung eines Identitätsnachweises – etwa der eingescannte oder abfotografierte Personalausweis, Reisepass oder Führerschein – und des Bescheides, mit dem die Quarantäne angeordnet wird, anzuschließen. Das Gericht kann gegebenenfalls auch per E-Mail mit dem Antragsteller korrespondieren, etwa wenn der Antrag zu verbessern ist.

Zu Art. 3 (COVID-19-Maßnahmengesetz):

Zu Z 1 (Abkürzung):

Um einfacher auf das COVID-19-Maßnahmengesetz verweisen zu können, wird diesem eine Abkürzung nachgestellt.

Zu Z 2 (§ 1):

In § 1 werden Begriffsbestimmungen aufgenommen.

In Reaktion auf die Erkenntnisse LVwG-S-1161/001-2020 und VGW-031/092/6228/2020-2 wird nunmehr einerseits ausdrücklich festgehalten, dass die Regeln über das Betreten auch für das Verweilen gelten, andererseits klargestellt, dass durch Verordnung auch entsprechend der epidemiologischen Situation differenzierende Regeln über das Befahren getroffen werden können. Mit der Aufnahme dieser Begriffe geht keine Änderung der Rechtslage einher; sie dient lediglich der Klarstellung.

Bestimmte Orte sind im Sinne der Rechtsprechung des VfGH vom 14. 7. 2020, V 363/2020, als eingeschränkte Orte zu verstehen. Sie umfassen sowohl bestimmte öffentliche als auch bestimmte private Orte, keinesfalls aber den privaten Wohnbereich. Der Begriff des privaten Wohnbereichs ist im Lichte der EGMR-Judikatur (EGMR, 14. 11. 1986, Gillow gegen UK) weit auszulegen. Davon umfasst sind auch Nebengebäude zu Wohnungen und Häusern, wie beispielsweise Kellerabteile, Garagen etc. Ebenfalls umfasst sind Gärten und Wohnmobile. Bestimmte private Orte, die nicht zum privaten Wohnbereich gehören und damit von der Bestimmung erfasst sind, sind etwa Vereinslokale, nicht öffentliche Sportstätten, nicht zum Wohnzweck angemietete Räumlichkeiten etc.

Die Definition der öffentlichen Orte entspricht jener des § 27 Abs. 2 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991.

Als Auflagen kommen etwa Abstandsregeln, die Verpflichtung zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung, sonstige Schutzmaßnahmen und Präventionskonzepte zur Minimierung des Infektionsrisikos und des Ausbreitungsrisikos in Betracht. Als räumliche Maßnahmen gelten auch bauliche Maßnahmen, wie z. B. Plexiglaswände.

Voraussetzungen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind insbesondere Arten oder Zwecke der Nutzung von Orten. Als gelinderes Mittel zu einem gänzlichen Betretungsverbot können zulässige Zwecke einer Nutzung vorgeschrieben werden, etwa dass Betriebsstätten nur zum Zweck des Erwerbs bestimmter Waren oder Parkanlagen nur zur Erholung, nicht aber zum Zweck des Zusammentreffens betreten werden dürfen.

Es werden nunmehr im Gesetzestext demonstrativ quantitative und qualitative Kriterien gelistet, anhand derer die epidemiologische Situation zu bewerten ist. Diese umfassen mehrere Indikatoren, in deren Zusammenschau sowohl das Verbreitungs- als auch das Systemrisiko eingeschätzt werden. Für die jeweiligen Indikatoren werden teilweise unterschiedliche Zeitperioden, Datenquellen sowie regionale Zuordnungen herangezogen.

Insbesondere anhand dieser Kriterien erfolgt die Beurteilung der epidemiologischen Situation der auf Grundlage dieses Bundesgesetzes eingerichteten „Corona-Kommission“ (bisher gestützt auf § 8 des Bundesministeriengesetzes). Die „Corona-Kommission“ gibt als Beirat auf Basis dieser Kriterien fachliche Empfehlungen hinsichtlich der Risikoeinschätzung ab. Diese dienen als eine fachliche Grundlage für epidemiologische Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz.

Maßgeblich für das Kriterium der Übertragbarkeit sind derzeit die Indikatoren Tages-Fallzahlen bzw. Tages Inzidenzen (neue aufgetretene Fälle pro 100 000 Einwohner), Anzahl von neuen Clustern innerhalb einer Kalenderwoche, Anzahl der Bezirke mit neuen Clusterfällen innerhalb einer Kalenderwoche und Anzahl der Clusterfall-freien Bezirke innerhalb einer Kalenderwoche. Diese sollen dazu beitragen, die epidemiologische Entwicklung der SARS-CoV-2-Verbreitung einzuschätzen.

Maßgeblicher Indikator für die Clusteranalyse ist die Anzahl der „Fälle mit geklärter Quelle“. Er zeigt die Rückverfolgbarkeit der Übertragungskette (Transmission) als Ergebnis von Quellensuche und Kontaktpersonennachverfolgung auf. Hierbei wird die Infektionsquelle identifiziert und aufgezeigt, ob es sich beispielsweise um eine Übertragung im Ausland (reiseassoziierte Übertragung) handelt oder ob sich die Infektionsquelle im Inland befindet (lokale Übertragung). Des Weiteren werden neu aufgetretene Fälle hinsichtlich ihrer klinischen Manifestation der SARS-CoV-2 Infektion (symptomatisch/asymptomatisch) beurteilt.

Bei der Beurteilung der Ressourcen und Kapazitäten im Gesundheitswesen kommen Indikatoren zum Einsatz, die vorhandene und benötigte Versorgungskapazitäten abbilden. Sie beinhalten die aktuelle Belegung auf Normal- und Intensivstationen sowie die aktuelle Auslastung der vorhandenen Spitalskapazitäten.

Die Indikatoren „Tests je 100 000 Einwohner/innen“, Tests der letzten sieben Tage und die Positivrate (Anteil der positiven Tests an allen Tests je Region) erlauben Aussagen über die Testaktivität und geben Hinweise auf das Übertragungsgeschehen in der jeweiligen Region.

Die demonstrative Aufzählung in § 1 Abs. 7 erlaubt allfällige Ergänzungen bzw. eine Weiterentwicklung der Kriterien im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Standes der Wissenschaft.

Sofern der Corona-Kommission entsprechende Daten (z. B. Nächtigungszahlen, Einfluter) vorliegen, können diese im Rahmen der epidemiologischen Bewertung berücksichtigt werden und so regional begründete Abweichungen hinsichtlich der Risikobewertung ermöglichen. Dies betrifft vor allem Tourismusregionen, von denen eine andere Verbreitungsdynamik ausgehen kann.

Die Bewertung der epidemiologischen Situation soll nunmehr vorzugsweise regional erfolgen, um eine bundesweite Ausbreitung und damit bundesweit erforderliche Maßnahmen hintanzuhalten. An unterschiedliche regionale epidemiologische Bewertungen sollen auch unterschiedliche Maßnahmen geknüpft werden können. Zu diesem Zweck können in einer auf Grundlage dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung typisierende Risikoeinstufungen vorgenommen werden und in ihrer Reichweite unterschiedliche Maßnahmen festgelegt werden. Primäre Stoßrichtung der Risikostufen soll die Verhinderung der Weiterverbreitung im Sinne des seuchenrechtlichen Auftrags der Prävention sein. In Zusammenschau mit § 7 ergibt sich, dass in entsprechenden Verordnungen je nach epidemiologischer Situation auch regional differenziert werden kann („Ampelsystem“).

Zu Z 3 (§ 2):

Zur Beratung des Bundesministers wird nunmehr ein Beirat (Corona-Kommission) beim Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz eingerichtet (bisher gestützt auf § 8 des Bundesministeriengesetzes). Die Corona-Kommission ist – außer bei Gefahr in Verzug – vor jeder Verordnungserlassung vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zu konsultieren. Die gutachterliche Stellungnahme dient als fachliche Grundlage für die Bewertung der epidemiologischen Situation gemäß § 1 Abs. 7.

Zu Z 4 (Entfall des § 2a):

Diese Bestimmung wird in § 6 überführt.

Zu Z 5 (§ 3):

Es wird am bisherigen Konzept von Betretungsregeln festgehalten. Zudem wird klargestellt, dass § 3 lex specialis zu § 4 ist.

Bisher waren Verkehrsmittel als bestimmte Orte vom bisherigen § 2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes erfasst. Nunmehr soll § 3 um eine explizite Grundlage erweitert werden. Klargestellt wird, dass von dieser Bestimmung auch private Verkehrsmittel umfasst sind. Dies ist zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 insofern erforderlich, als insbesondere auch in privaten Fahrgemeinschaften mit haushaltsfremden Personen ungünstige epidemiologische Verhältnisse herrschen können. Diese bedürfen daher einer Regelung. Durch die Voraussetzung „soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist“, ist – wie im Übrigen für alle Beschränkungen nach diesem Bundesgesetz – sichergestellt, dass die Reichweite einer allfälligen Regelung privater Verkehrsmittel verhältnismäßig sein muss.

Zudem erfolgt eine Klarstellung, dass Zahl, Zeit oder Auflagen für das Betreten von Betriebsstätten, Arbeitsorten und Verkehrsmitteln unabhängig von Betretungsverboten angeordnet werden dürfen.

Zu Z 7:

§§ 4 und 5:

Es wird am bisherigen Konzept von Betretungsregeln festgehalten.

In seinem Erkenntnis vom 14. 7. 2020, V 363/2020 hat der Verfassungsgerichtshof aus Anlass der Aufhebung von Teilen der Verordnung BGBl. II Nr. 98/2020 ausgesprochen, dass der bisherige § 2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes nur zu Regelungen betreffend „bestimmte“ im Sinne von „bestimmte, eingeschränkte“ Orte ermächtigt. Damit fehlt es nicht nur an einer gesetzlichen Grundlage für ein grundsätzliches Betretungsverbot für öffentliche Orte (mit Ausnahmen), sondern insbesondere auch für bestimmte Voraussetzungen und Auflagen für das Betreten öffentlicher Orte schlechthin.

Auf Basis des Wissensstandes über die Verbreitung von COVID-19 sind hinsichtlich der Voraussetzungen und Auflagen für das Betreten, insbesondere für die Verankerung von Abstandsregeln ausschließlich kleinteilige Regelungen für einzeln aufzuzählende Orte zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 unzureichend. Es ist daher erforderlich, eine gesetzliche Grundlage für aus epidemiologischer Sicht notwendige Voraussetzungen und Auflagen für das Betreten öffentlicher Orte schlechthin zu schaffen. Wie alle Maßnahmen unterliegen diese freilich einer Verhältnismäßigkeitsprüfung.

Nach dem Vorbild des § 3 sieht § 4 die Möglichkeit der Regelung von bestimmten Orten im Sinne von einzelnen Orten oder öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit vor. Auf dieser Grundlage kann auch das Betreten bestimmter Orte untersagt werden, keinesfalls aber das Betreten öffentlicher Orte in ihrer Gesamtheit. Ausgangsbeschränkungen werden nunmehr in einer eigenen Regelung in § 5 verankert.

In seinem Erkenntnis vom 14. 7. 2020, V 363/2020 hat der Verfassungsgerichtshof die in der Verordnung BGBl. II Nr. 98/2020 vorgesehenen grundsätzlichen Betretungsverbote für öffentliche Orte in der Sache als Ausgangsverbot gedeutet. Wie der Verfassungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis betont, kann ein solches Ausgangsverbot bei Vorliegen besonderer Umstände unter entsprechenden zeitlichen, persönlichen und sachlichen Einschränkungen im Lichte des Art. 4 Abs. 1 StGG und des Art. 2 4. ZP EMRK gerechtfertigt sein. Voraussetzung für eine derart eingriffsintensive Maßnahme ist jedoch eine hinreichend konkrete und entsprechend näher bestimmte Grundlage im Gesetz (Rz 68). Mit dem vorliegenden § 5 soll den vom Verfassungsgerichtshof aufgestellten Anforderungen an eine solche hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage für Ausgangsbeschränkungen Rechnung getragen werden.

Angesichts ihrer Eingriffsintensität bedarf es für Ausgangsbeschränkungen sehr enger Voraussetzungen. § 5 sieht demnach mehrfache Schranken vor: Zunächst ist erforderlich, dass Maßnahmen gemäß den §§ 3 und 4 des COVID-19-Maßnahmengesetzes nicht ausreichen. Ob Maßnahmen iSd §§ 3 und 4 ausreichen, ist ex ante abstrakt zu beurteilen. Die in den §§ 3 und 4 festgelegten eingriffsintensivsten Maßnahmen (Betretungsverbote für Betriebsstätten und bestimmte Orte) stehen ihrerseits unter einem doppelten Verhältnismäßigkeitsgebot: Sie müssen zum einen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich sein, und zum anderen dürfen gelindere Mittel nicht ausreichen. Daran anknüpfend dürfen Ausgangsbeschränkungen gemäß § 5 nur als letztes Mittel verfügt werden. Maßnahmen gemäß § 5 stehen damit unter einer dreifachen Verhältnismäßigkeitsschranke. Zweite Voraussetzung ist, dass solche Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 unerlässlich sind, insbesondere um einen drohenden Zusammenbruch der medizinischen Versorgung oder ähnlich gelagerte Notsituationen zu verhindern.

§ 5 Abs. 2 stellt sicher, dass der private Wohnbereich zu gewissen Mindestvoraussetzungen verlassen werden darf. Jedenfalls zulässig bleibt das Verlassen der Wohnung zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum. Der Terminus „Gefahr für Leib und Leben“ orientiert sich am entsprechenden strafrechtlichen Begriff des § 142 StGB, wonach auch das Schutzgut Gesundheit erfasst ist. Unter die zulässige Voraussetzung der Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens fallen alle Verrichtungen, die der Aufrechterhaltung der Grundversorgung dienen; dies umfasst etwa nicht nur die Versorgung mit Grundgütern des täglichen Lebens, sondern auch die Deckung eines Wohnbedürfnisses (zB an Zweitwohnsitzen), den Kontakt mit nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Lebenspartnern, die Befriedigung religiöser Grundbedürfnisse, wie Friedhofsbesuche, individuelle Besuche von Kirchen und Gotteshäusern, und die Grundversorgung von Tieren.

Durch die Z 5 (Zweck des Aufenthalts im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung) soll jedenfalls ein Verlassen der Wohnung für Spaziergänge, für sportliche Betätigungen, für das Verweilen im Freien als Selbstzweck ermöglicht werden. Klargestellt wird, dass der Aufenthalt im Freien als gesetzliche Mindestvoraussetzung finales Ziel sein soll, nicht aber den Weg zur Verfolgung sonstiger Zwecke erfasst. Allfällige Maßnahmen gemäß den §§ 3 und 4, wie Abstand zu haushaltsfremden Personen, sind einzuhalten.

Diese Mindestvoraussetzungen können freilich entsprechend der epidemiologischen Situation auch erweitert werden. Aufgrund der Reichweite dieser Ausnahmen ist der Schutzbereich des Art. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrBVG) und des Art. 5 EMRK nicht berührt. Das Grundrecht auf persönliche Freiheit erfasst nämlich nur qualifizierte Beschränkungen der persönlichen Freiheit in Form des Freiheitsentzugs. Den Ausgangsbeschränkungen in § 5 fehlt es aufgrund der weitreichenden Ausnahmen aber an der dafür erforderlichen Allseitigkeit der Beschränkung (vgl. VfSlg. 3447 zu Art. 8 StGG: Voraussetzung, dass im Wege physischen Zwanges persönliche Ortsveränderungen entweder überhaupt unterbunden oder auf bestimmte, nach allen Seiten hin begrenzte Örtlichkeiten oder Gebiete, die nicht verlassen werden dürfen, eingeschränkt wird; dazu Kopetzki in Korinek/Holoubek, Kommentar zum B-VG, PersFrG Art. 1 Rz 21 ff).

Auch im Erkenntnis V 363/2020 hat der VfGH die im Ergebnis dem § 5 inhaltlich entsprechenden Betretungsverbote gemäß der Verordnung BGBl. II Nr. 98/2020 unter dem Aspekt des Grundrechts auf Freizügigkeit gemäß Art. 4 Abs. 1 StGG und des Art. 2 4. ZP EMRK, nicht aber der persönlichen Freiheit beurteilt (Rz 68; in diesem Sinn auch Kopetzki, RdM 2020/91, Fn 30). Aus § 11 Abs. 3 ergibt sich, dass eine Ausgangsbeschränkung gemäß § 5 auf maximal zehn Tage befristet ist. Dies entspricht dem Stand der Wissenschaft für eine zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderliche Quarantänezeit, die auch dem Erlass zur Kontaktpersonennachverfolgung und den entsprechenden Quarantäneregelungen des Epidemiegesetzes 1950 entspricht.

§ 6:

Entspricht dem bisherigen § 2a.

§ 7:

Dient der Vereinheitlichung der Kaskadenregelung im Hinblick auf die Zuständigkeiten (analog auch im Epidemiegesetz 1950). Da ein bundesweiter Lockdown derzeit kein zweites Mal angedacht ist, muss es möglich sein, je nach regionaler epidemiologischer Situation regional auch differenzierte Maßnahmen setzen zu können.

Das System der regional differenzierenden Regelungen („Ampelsystem“, siehe Erläuterungen zu § 1 Abs. 7) ermöglicht, dass die jeweiligen Gebietskörperschaften nicht nur einheitliche Maßnahmen für deren gesamten räumlichen Geltungsbereich schaffen können, sondern auch Teile derselben – je nach epidemiologischer Situation unterschiedlich – regeln können.

Es wird nunmehr in Abs. 2 vorgesehen, dass, sofern in einer Verordnung des Bundesministers oder des Landeshauptmannes nichts anderes bestimmt ist, durch Verordnung des Landeshauptmannes oder der Bezirksverwaltungsbehörde zusätzliche Maßnahmen auf regionaler Ebene festgelegt werden können. Als zusätzliche Maßnahmen kommen zum einen verschärfende (etwa die Vergrößerung des Mindestabstandes, zusätzliche Personenbeschränkungen, Vorverlegung von Sperrstunden, Ausdehnung der Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes), zum anderen ergänzende Maßnahmen in Betracht. Dies insbesondere in Bereichen, die von einer Verordnung des Bundesministers oder des Landeshauptmannes nicht geregelt sind.

In Abs. 3 wird eine formelle Derogationsmöglichkeit geschaffen, um allfällig entgegenstehende Regelungen aufheben zu können. Damit geht einher, dass dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister alle bestehenden Verordnungen der Landeshauptleute und der Bezirksverwaltungsbehörden bekannt sein müssen. Vor diesem Hintergrund wird in Abs. 4 eine Mitteilungspflicht geschaffen, wonach der Landeshauptmann und die Bezirksverwaltungsbehörden Verordnungen vor dem Inkrafttreten mitteilen müssen.

§ 8:

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen erscheinen die Strafdrohungen im Zusammenhang mit Verstößen gegen das COVID-19-Maßnahmengesetz als zu undifferenziert. Insbesondere sollen der zu Beginn der Krise aus generalpräventiven Gründen erforderliche hohe Strafrahmen zum Teil herabgesetzt und die Straftatbestände präziser gefasst werden. Ferner werden in Übereinstimmung mit § 40 des Epidemiegesetzes 1950 Ersatzfreiheitsstrafen festgelegt, wobei nach § 16 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen nicht zulässig ist.

Der Verpflichtung des Inhabers oder Betreibers, für die Einhaltung von Betretungsverboten oder Auflagen nach § 3 Sorge zu tragen, ist Genüge getan, wenn einschlägige Instruktionen (insbesondere Schulungen), wirksame Kontrollen und Sanktionierungsinstrumente zur Sicherstellung regelkonformen Verhaltens eingeführt werden. Diese Verpflichtung ist jedoch nicht im strengen Sinn der Rechtsprechung des VwGH zu § 9 Abs. 4 VStG zu verstehen.

Zu § 8 Abs. 2 wird klargestellt, dass das Betreten oder Befahren entgegen einer nach § 3 verordnungsmäßig festgelegten Zahl oder Zeit sowie das Betreten oder Befahren entgegen einer nach § 4 verordnungsmäßig festgelegten Zahl nicht strafbar sind. Die diesbezüglichen Verbote sind nur auf Seiten des Inhabers oder Betreibers verwaltungsstrafrechtlich sanktionierbar. Dies gilt im Übrigen auch für die Verpflichtung zur Erstellung von Präventionskonzepten. Eine Strafbarkeit besteht daher nur für die Verletzung von Auflagen, die dem jeweiligen Adressaten zugerechnet werden können.

Im Übrigen wird auf § 22 Abs. 1 VStG, wonach soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar ist, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, hingewiesen.

§ 9:

Es erfolgt eine Klarstellung, dass die Einhaltung von Voraussetzungen oder Auflagen durch die Gesundheitsbehörde auch vor Ort durch Betretungen überprüft werden können.

§ 10:

Die Corona-Kommission ist – außer bei Gefahr in Verzug – vor jeder Verordnungserlassung vom Bundesminister zu konsultieren. Die Einbindung der Corona-Kommission dient der „Legitimation durch Verfahren“, um den Anforderungen aus Art. 18 B-VG bestmöglich gerecht zu werden.

§ 11:

Bei den eingriffsintensivsten Maßnahmen (Betretungsverbot von Betriebsstätten, von Arbeitsorten, von Verkehrsmitteln, von bestimmten Orten oder bei Ausgangsbeschränkungen iSd § 5) soll zur demokratischen Legitimierung in § 11 eine parlamentarische Einbindung in Form der Herstellung des Einvernehmens mit dem Hauptausschuss des Nationalrates erfolgen. Bei Gefahr in Verzug soll es dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister weiterhin möglich sein, die notwendigen Maßnahmen in einer Verordnung zu verankern; als Sicherungsmechanismus ist bei einer derart kundgemachten Verordnung vorgesehen, dass das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss binnen fünf Tagen nach Kundmachung herzustellen ist. Verweigert der Hauptausschuss das Einvernehmen oder wird dieses nicht binnen fünf Tagen hergestellt, ist diese Verordnung aufzuheben.

In einer Verordnung, in der das Betreten oder Befahren von Betriebsstätten, von Arbeitsorten, von Verkehrsmitteln oder von bestimmten Orten iSd § 1 Abs. 3 untersagt wird, ist vorzusehen, dass diese spätestens vier Wochen nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft tritt. In einer Verordnung gemäß § 5 ist vorzusehen, dass diese spätestens zehn Tage nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft tritt. Ist eine Verlängerung der Maßnahmen erforderlich, ist neuerlich das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates herzustellen.

Zu Z 8 (§ 12 Abs. 1):

Die Geltung des COVID-19-Maßnahmengesetzes wird um ein Jahr verlängert. Dies vor dem Hintergrund, dass mit einem Ende der Epidemie im Dezember 2020 nicht gerechnet werden kann und Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz voraussichtlich auch im Laufe des Jahres 2021 erforderlich sein werden.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 21. September 2020 in Verhandlung genommen. Vor Beginn der Verhandlungen wurde einstimmig die Durchführung eines öffentlichen Hearing gemäß § 37 Abs. 1 Z 3 GOG-NR beschlossen, dem nach § 40 Abs. 1 GOG-NR einstimmig folgende Experten beigezogen wurden:

-       Univ.-Prof. Dr. Michael Geistlinger

-       Hon.-Prof. Dr. Christoph Klein

-       Mag. Georg Krakow, MBA

-       Univ.-Prof. Dr. Konrad Lachmayer

-       Univ.-Prof. Dr. Michael Mayrhofer

Im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Ralph Schallmeiner gaben die Experten ihre Einleitungsstatements ab. Daran anschließend folgte die erste Fragerunde, in der sich die Abgeordneten Gabriela Schwarz, Dr. Josef Smolle, Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Philip Kucher, Mag. Verena Nussbaum, Dietmar Keck, Dr. Susanne Fürst, Dr. Dagmar Belakowitsch, Ralph Schallmeiner, Mag. Gerald Loacker und Dr. Nikolaus Scherak, MA zu Wort meldeten. Die aufgeworfenen Fragen wurden von den Experten beantwortet.

In der zweiten Fragerunde ergriffen die Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Mag. Georg Bürstmayr, Dr. Susanne Fürst, Mag. Gerald Hauser, Ing. Markus Vogl, Mag. Christian Drobits und Dr. Werner Saxinger, MSc das Wort. Die Fragen wurden – inklusive Schlussworten – wieder von den Experten beantwortet.

Nach Beendigung des öffentlichen Hearing gaben die Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Gabriela Schwarz, Mag. Gerald Loacker, Mag. Georg Bürstmayr, Dr. Josef Smolle, Philip Kucher, Dr. Dagmar Belakowitsch, Dr. Nikolaus Scherak, MA und Mag. Verena Nussbaum sowie der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak weitere Wortmeldungen ab.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Gabriela Schwarz und Ralph Schallmeiner einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Art. 1 (Epidemiegesetz 1950):

Zu Z 1 (Abkürzung):

Um einfacher auf das Epidemiegesetz 1950 verweisen zu können, wird diesem eine Abkürzung nachgestellt.

Zu Z 2 (§ 4 Abs. 1):

Hierbei handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung.

Zu Z 3 (§ 5 Abs. 4 neu):

Durch den Beschluss Nr. 1082/2013/EU zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 2119/98/EG, ABl. L 293 vom 5.11.2013 S 1, wurde ein Early Warning und Response System (EWRS) als EU-weites behördeninternes EDV-Kommunikationssystem eingerichtet, das dazu dient, dass die nationalen Behörden und die Europäische Kommission Daten im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren gesichert – auch personenbezogen – austauschen müssen. Zuständige nationale Behörde in Österreich ist – im Gegensatz zur sonstigen Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden zur Maßnahmensetzung – der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK).

Durch schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren, die sich auf ganz Europa auswirken, sind besondere koordinierte Maßnahmen zur Kontrolle von Kontaktpersonen nötig, um Erkrankte und Risikopersonen zu identifizieren. Dazu kann es auch erforderlich sein, dass die Mitgliedstaaten zur Ermittlung von Kontaktpersonen auch sensible gesundheitsbezogenen Daten und Informationen über nachgewiesene Krankheits- und Verdachtsfälle beim Menschen austauschen müssen.

Hier soll normiert werden, dass alle natürlichen und juristischen Personen, die im Rahmen des internationalen Contact-Tracing (Maßnahmen zur Feststellung von Personen, die der Quelle einer schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefährdung ausgesetzt waren und Gefahr laufen, eine Krankheit zu entwickeln oder bereits entwickelt zu haben und diese allenfalls auch weiter zu verbreiten – vgl. im Detail Art. 9 des genannten Beschlusses) sachdienliche Informationen besitzen, diese auch der zuständigen Behörde (BMSGPK) zur Verfügung stellen müssen. Angemerkt sei, dass diese Bestimmung keine Datenerhebungspflicht für die Verpflichteten normiert, sondern nur darauf abstellt, dass Daten, die den Betroffenen ohnehin zur Verfügung stehen, auf Verlangen dem BMSGPK zur Verfügung zu stellen sind. Zu den Personenbeförderungsunternehmen zählen Fluglinien, Kreuzfahrtunternehmen, Eisenbahnunternehmen usw.

Zu Z 4 (§ 5a Abs. 5):

Sreeningprogramme im Schulbereich werden durch den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung gemeinsam mit dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister durchgeführt.

Zu Z 5 (§ 7 Abs. 1a):

Mit der COVID-19-Pandemie und den damit einhergehenden Absonderungen bei Erkrankungs- und Verdachtsfällen wurde eine enorme, weit im fünfstelligen Bereich befindliche Anzahl von Verständigungen an die Bezirksgerichte abgesetzt, weil nach derzeitiger Rechtslage die Bezirksverwaltungsbehörde dem Gericht jede Anhaltung – egal ob befristet oder unbefristet – anzuzeigen hat. Damit wurde auch eine große Menge an von vornherein auf 14 bzw. nunmehr zehn Tage befristeten „Heimquarantäne“-Bescheiden, die von der Bezirksverwaltungsbehörde bei Verdachtsfällen ausgegeben werden, an die Gerichte übermittelt, was durch die bloße Erfassung bei Gericht einen enormen Arbeitsaufwand bedeutet.

Die Erfassung von Anhaltungen, die von vorhinein auf kurze Zeit befristet sind, führte aber in der Regel zu keiner weiteren Tätigkeit des Gerichts, weil die amtswegige Überprüfung von Anhaltungen in der Praxis erst bei länger andauernden Anhaltungen einsetzt (das Gesetz gibt dazu eine dreimonatige Frist vor). Durch die vorgeschlagene Änderung sollen die Gerichte sowie nicht zuletzt die Gesundheitsbehörden entlastet werden, indem die Bezirksverwaltungsbehörde das Bezirksgericht nur mehr von jenen Anhaltungen, die länger als (voraussichtlich) zehn Tage dauern, zu verständigen hat. Da sich die amtswegige Überprüfung ohnehin an der bisherigen Dreimonatsfrist orientiert, führt diese Änderung auch nicht zu einer Einschränkung des Rechtsschutzes. Auch der abgesonderten Person bleibt es weiterhin unbenommen, auch bei befristeten Bescheiden das Gericht anzurufen, das dann binnen sieben Tagen zu entscheiden hat.

Zu Z 6 (§ 15 Abs. 1):

Es wird nunmehr ausdrücklich festgelegt, dass Veranstaltungen iSd § 15 des Epidemiegesetzes 1950 auch einer Bewilligungspflicht unterworfen werden können.

In diesem Zusammenhang wird auf § 68 Abs. 3 AVG hingewiesen, wonach die Behörde – auch begünstigende – Bescheide insoweit abändern kann, als dies zur Beseitigung von das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdenden Missständen notwendig und unvermeidlich ist. Nach dieser Bestimmung kann auch schon dann vorgegangen werden, wenn der Bescheid noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist (siehe VwSlg. 18.183 A/2011). Weicht die Rechtslage zum Zeitpunkt der Durchführung der Veranstaltung – insbesondere im Hinblick auf die zulässige Zuschauerzahl – von jener zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides ab, kann diese Bestimmung herangezogen werden.

Zu Z 7 (§ 15 Abs. 2 Z 5):

Es erfolgt eine Klarstellung, dass auch Präventionskonzepte Voraussetzungen oder Auflagen sein können. Der Inhalt des Präventionskonzepts richtet sich nach der Art der Veranstaltung. So können insbesondere Regelungen zur Steuerung der Besucherströme, spezifische Hygienevorgaben, Regelungen zum Verhalten bei Auftreten einer anzeigepflichtigen Krankheit nach diesem Bundesgesetz, Regelungen betreffend die Nutzung sanitärer Einrichtungen sowie die Verabreichung von Speisen und Getränken vorgeschrieben werden.

Zu Z 8 (§ 15 Abs. 5):

Zudem erfolgt eine Klarstellung, dass die Einhaltung von Voraussetzungen oder Auflagen durch die Behörde auch vor Ort durch Betretungen überprüft werden kann. Im Rahmen von Kontrollen kann Einsicht in Unterlagen genommen werden, die mit der Einhaltung von Voraussetzungen oder Auflagen nach diesem Bundesgesetz im Zusammenhang stehen. Der Bezug auf Unterlagen, die mit der Einhaltung von Voraussetzungen oder Auflagen nach diesem Bundesgesetz im Zusammenhang stehen, stellt sicher, dass Berufsgeheimnisse und sonstige nicht im Zusammenhang mit dem seuchenrechtlichen Auftrag stehende Unterlagen davon nicht erfasst sind. Die Formulierung entspricht inhaltlich gleichgelagerten Regelungen wie etwa jener des § 8 Abs. 1 ArbIG, BGBl. Nr. 27/1993.

Zu Z 9 (§ 25a):

Mit dieser Bestimmung wird eine gesetzliche Grundlage iSd Art. 6 Abs. 1 lit. e iVm Abs. 2 und 3 DSGVO für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch staatliche Stellen geschaffen. Ist in einer Verordnung nach den §§ 16 und 25 des Epidemiegesetzes 1950 („Besondere Meldevorschriften“, „Verkehrsbeschränkungen gegenüber dem Auslande“) vorgesehen, dass bei der Einreise aus bestimmten Staaten die in Abs. 2 dieser Bestimmung genannten Daten bekannt zu geben sind, stellt diese Bestimmung die Rechtsgrundlage für die digitale oder analoge Übermittlung dieser Daten an die Bezirksverwaltungsbehörde des Wohnsitzes oder Aufenthaltes der/des Einreisenden dar.

Dabei ist festzuhalten, dass die Anreise aus einem Risikostaat oder -gebiet nicht nur dann erfolgt, wenn diese Personen direkt aus einem Risikostaat oder -gebiet einreisen, sondern dass es ausreicht, wenn diese sich innerhalb eines bestimmten Zeitraums, z.B. innerhalb der letzten zehn Tage, in einem solchen aufgehalten haben. Daher sind auch Gabelflug-Passagiere oder Personen, die auf dem Landweg sichere Staaten vor der Einreise nach Österreich durchqueren, erfasst.

Zweck dieser Bestimmung ist die Erleichterung der Kontaktpersonennachverfolgung insbesondere für den Fall, dass Personen im Zuge der Einreise kein ärztliches Zeugnis über ihren Gesundheitszustand vorweisen können, worin ein negativer molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 bestätigt wird, und daraufhin eine selbstüberwachte Heimquarantäne anzutreten haben. Die Zeit der Speicherung wird mit 28 Tagen limitiert. Eine längere Speicherung ist aus fachlicher Sicht nicht erforderlich. Nach diesem Zeitraum sind diese Daten – unabhängig davon, ob sie auf digitalem oder analogem Weg übermittelt wurden – zu löschen. Mit dieser Regelung wird nur der Übermittlungsvorgang dargestellt, eine Speicherung dieser Daten über den zuvor genannten Zeitraum hinaus erfolgt nicht. Klargestellt wird auch, dass diese Daten von der Bezirksverwaltungsbehörde nur zu den genannten Zwecken verwendet werden dürfen.

Nach Bekanntgabe der Daten auf elektronischem Weg über ein entsprechendes Formular, abrufbar unter www.oesterreich.gv.at, wird eine Sendebestätigung erstellt. Diese ist bei einer Kontrolle entweder in ausgedruckter Form oder elektronisch gespeichert vorzuweisen.

Konnte eine elektronische Bekanntgabe der Daten nicht erfolgen, etwa weil dem Einreisenden keine entsprechende technische Ausrüstung zur Verfügung steht, kann der Verpflichtung zur Bekanntgabe der in Abs. 2 genannten Daten auch dadurch nachgekommen werden, dass anlässlich der gesundheitsbehördlichen Grenzkontrolle das entsprechende Papierformular ausgefüllt wird.

Die Bundesrechenzentrum GmbH wird für die Bezirksverwaltungsbehörden, die Verantwortliche sind, als Auftragsverarbeiter tätig. Dies erfolgt auf gesetzlicher Grundlage unter Klarstellung, dass die in Art 23 Abs. 3 DSGVO vorgesehenen Verpflichtungen einzuhalten sind. Das macht einen Vertrag mit allen Bezirksverwaltungsbehörden entbehrlich.

Zu Z 10 (§ 32 Abs. 7):

Bescheide, denen unrichtige Angaben des Antragstellers über einen Verdienstentgang zugrunde liegen, unterliegen einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler.

Zu Z 11 (§ 43a):

Dient der Klarstellung und der Vereinheitlichung der Kaskadenregelung im Hinblick auf die Zuständigkeiten (analog auch im COVID-19-Maßnahmengesetz) in Bezug auf eine aufgrund von COVID-19 erlassene Verordnung. Es handelt sich im Hinblick auf die Besonderheiten von COVID-19 und den pandemischen Verlauf um eine erforderliche lex specialis; die sonstigen Zuständigkeitsregeln bleiben davon unberührt. Da derzeit ein kompletter Lockdown kein zweites Mal angedacht ist, muss es möglich sein, je nach regionaler epidemiologischer Situation auch differenzierte Maßnahmen setzen zu können. Es wird zudem auf die Erläuterungen zu § 7 des COVID-19-Maßnahmengesetzes verwiesen.

Die Mitteilungspflicht dient der Transparenz der regional erlassenen Verordnungen, eine Verletzung der Mitteilungspflicht hat keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit bzw. die Rechtswirkungen der Verordnung. Klargestellt wird zudem, dass die Verpflichtung zur Mitteilung vor Inkrafttreten, nicht aber vor Erlassung besteht und das Inkrafttreten nicht verzögert.

Zu Z 12 (§ 50 Abs. 14 und 15):

Die Änderung des § 7 Abs. 1a soll mit dem der Kundmachung folgenden Tag wirksam werden. Die Verständigungspflicht der Behörde soll alle mit dem Inkrafttreten noch aufrechten Anhaltungen betreffen; somit muss eine allenfalls länger als zehn Tage andauernde Anhaltung auch doppelt – unmittelbar nach Beginn der Anhaltung und nach Erreichen der zehn Tage – gemeldet werden, damit die Gerichte die Fristüberwachung nicht weit über das Inkrafttreten fortsetzen müssen. Die vorliegende Änderung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft. Ab 1. Jänner 2022 gilt wieder die bisherige Rechtslage.

Zu Z 13 (§ 51):

Anpassung der Vollzugsklausel.

Zu Art. 2 (Tuberkulosegesetz):

Zu Z 1 (§ 9 Abs. 1 Z 9 lit. a):

Hierbei handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung.

Zu Z 2 (§ 17 Abs. 4):

Mit § 1 Abs. 1 der 1. COVID-19-ZiviljustizVO, BGBl. II Nr. 163/2020, wurde die Möglichkeit der E-Mail-Eingabe des Überprüfungsantrages der in „Heimquarantäne“ angehaltenen Person aufgrund der COVID-19-Pandemie befristet bis zum 31. Dezember 2020 eingeführt. Da auch nach Lockerung bzw. Aufhebung der Ausgangsbeschränkungen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 dasselbe Rechtsschutzbedürfnis bei angehaltenen Personen besteht, soll die Möglichkeit der E-Mail-Eingabe in das Dauerrecht überführt werden. Dabei soll dies aus Gründen der Gleichbehandlung nicht nur wegen COVID-19, sondern auch wegen Tuberkulose oder wegen einer anderen nach § 7 Abs. 1 des Epidemiegesetzes 1950 anzeigepflichtigen Krankheit angehaltenen Personen offenstehen (§ 7 Abs. 1a des Epidemiegesetzes 1950 verweist auf den zweiten Abschnitt des Tuberkulosegesetzes).

Wie nach § 1 Abs. 1 der 1. COVID-19-ZiviljustizVO ist es daher notwendig, dass die angehaltene Person zunächst beim zuständigen Bezirksgericht ihres Wohnortes anruft und zum Zweck der Antragstellung die E-Mail-Adresse des Gerichts erfragt. Dem per E-Mail eingegebenen Antrag ist die Abbildung eines Identitätsnachweises – etwa der eingescannte oder abfotografierte Personalausweis, Reisepass oder Führerschein – und des Bescheides, mit dem die Quarantäne angeordnet wird, anzuschließen. Das Gericht kann gegebenenfalls auch per E-Mail mit dem Antragsteller korrespondieren, etwa wenn der Antrag zu verbessern ist.

Zu Art. 3 (COVID-19-Maßnahmengesetz):

Zu Z 1 (Abkürzung):

Um einfacher auf das COVID-19-Maßnahmengesetz verweisen zu können, wird diesem eine Abkürzung nachgestellt.

Zu Z 2 (§ 1):

In § 1 werden Begriffsbestimmungen aufgenommen.

In Reaktion auf die Erkenntnisse LVwG-S-1161/001-2020 und VGW-031/092/6228/2020-2 wird nunmehr einerseits ausdrücklich festgehalten, dass die Regeln über das Betreten auch für das Verweilen gelten, andererseits klargestellt, dass durch Verordnung auch Regeln über das Befahren sowie über das Benutzen von Verkehrsmitteln getroffen werden können. Mit der Aufnahme dieser Begriffe geht keine Änderung der Rechtslage einher; sie dient lediglich der Klarstellung. Die Begriffe des Betretens und Befahrens sind im Übrigen weit auszulegen.

Bestimmte Orte sind im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom 14. 7. 2020, V 363/2020, als eingeschränkte Orte zu verstehen. Sie umfassen sowohl bestimmte öffentliche als auch bestimmte private Orte, keinesfalls aber den privaten Wohnbereich. Der Begriff des privaten Wohnbereichs ist im Lichte der EGMR-Judikatur (EGMR, 24. 11. 1986, Beschw.Nr. 9063/80, Gillow gegen UK) weit auszulegen. Davon umfasst sind auch Nebengebäude zu Wohnungen und Häusern, wie beispielsweise Kellerabteile, Garagen etc. sowie Gärten und Wohnmobile. Bestimmte private Orte, die nicht zum privaten Wohnbereich gehören und damit von der Bestimmung erfasst sind, sind etwa Vereinslokale, nicht öffentliche Sportstätten, nicht zum Wohnzweck angemietete Räumlichkeiten etc.

Die Definition der öffentlichen Orte entspricht jener des § 27 Abs. 2 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991.

Als Auflagen kommen etwa Abstandsregeln, die Verpflichtung zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung, sonstige Schutzmaßnahmen und Präventionskonzepte zur Minimierung des Infektionsrisikos und des Ausbreitungsrisikos in Betracht. Als räumliche Maßnahmen gelten auch bauliche Maßnahmen, wie z. B. Plexiglaswände. Der Inhalt von Präventionskonzepten soll sich nach dem jeweiligen Angebot richten und daher je nach dem Bereich variieren, in dem es verpflichtend vorgeschrieben ist. So können etwa in Präventionskonzepten zur Sportausübung insbesondere Verhaltensregeln von Sportlern, Betreuern und Trainern, Vorgaben für Trainings- und Wettkampfinfrastruktur, Hygiene- und Reinigungspläne sowie Regelungen zum Verhalten beim Auftreten einer SARS-CoV-2-Infektion vorgeschrieben werden.

Voraussetzungen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bestimmte Arten oder Zwecke der Nutzung von Orten. Als gelinderes Mittel zu einem gänzlichen Betretungsverbot können zulässige Zwecke einer Nutzung vorgeschrieben werden, etwa dass Betriebsstätten nur zum Zweck des Erwerbs bestimmter Waren oder Parkanlagen nur zur Erholung, nicht aber zum Zweck des Zusammentreffens betreten werden dürfen. Weiters kann etwa die Nutzung von Sportstätten geregelt werden. Insbesondere können auf dieser Grundlage Regelungen betreffend die Sportausübung getroffen werden.

Es werden nunmehr im Gesetzestext demonstrativ quantitative und qualitative Kriterien gelistet, anhand derer die epidemiologische Situation zu bewerten ist. Diese umfassen mehrere Indikatoren, in deren Zusammenschau sowohl das Verbreitungs- als auch das Systemrisiko eingeschätzt werden. Für die jeweiligen Indikatoren werden teilweise unterschiedliche Zeitperioden, Datenquellen sowie regionale Zuordnungen herangezogen.

Insbesondere anhand dieser Kriterien erfolgt die Beurteilung der epidemiologischen Situation durch die auf Grundlage dieses Bundesgesetzes eingerichtete „Corona-Kommission“ (bisher gestützt auf § 8 des Bundesministeriengesetzes). Die „Corona-Kommission“ gibt als Beirat auf Basis dieser Kriterien fachliche Empfehlungen hinsichtlich der Risikoeinschätzung ab. Diese dienen als eine fachliche Grundlage für epidemiologische Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz.

Maßgeblich für das Kriterium der Übertragbarkeit sind derzeit die Indikatoren Tages-Fallzahlen bzw. Tages-Inzidenzen (neue aufgetretene Fälle pro 100 000 Einwohner), Anzahl von neuen Clustern innerhalb einer Kalenderwoche, Anzahl der Bezirke mit neuen Clusterfällen innerhalb einer Kalenderwoche und Anzahl der Clusterfall-freien Bezirke innerhalb einer Kalenderwoche. Diese sollen dazu beitragen, die epidemiologische Entwicklung der SARS-CoV-2-Verbreitung einzuschätzen.

Maßgeblicher Indikator für die Clusteranalyse ist die Anzahl der „Fälle mit geklärter Quelle“. Er zeigt die Rückverfolgbarkeit der Übertragungskette (Transmission) als Ergebnis von Quellensuche und Kontaktpersonennachverfolgung auf. Hierbei wird die Infektionsquelle identifiziert und aufgezeigt, ob es sich beispielsweise um eine Übertragung im Ausland (reiseassoziierte Übertragung) handelt oder ob sich die Infektionsquelle im Inland befindet (lokale Übertragung). Des Weiteren werden neu aufgetretene Fälle hinsichtlich ihrer klinischen Manifestation der SARS-CoV-2 Infektion (symptomatisch/asymptomatisch) beurteilt.

Bei der Beurteilung der Ressourcen und Kapazitäten im Gesundheitswesen kommen Indikatoren zum Einsatz, die vorhandene und benötigte Versorgungskapazitäten abbilden. Sie beinhalten die aktuelle Belegung auf Normal- und Intensivstationen sowie die aktuelle Auslastung der vorhandenen Spitalskapazitäten.

Die Indikatoren „Tests je 100 000 Einwohner/innen“, Tests über einen bestimmten Zeitraum hinweg und die Positivrate (Anteil der positiven Tests an allen Tests je Region) erlauben Aussagen über die Testaktivität und geben Hinweise auf das Übertragungsgeschehen in der jeweiligen Region.

Die demonstrative Aufzählung in § 1 Abs. 7 erlaubt allfällige Ergänzungen bzw. eine Weiterentwicklung der Kriterien im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Standes der Wissenschaft.

Sofern der Corona-Kommission entsprechende Daten (z. B. Nächtigungszahlen, Einfluter) vorliegen, können diese im Rahmen der epidemiologischen Bewertung berücksichtigt werden und so regional begründete Abweichungen hinsichtlich der Risikobewertung ermöglichen. Dies betrifft vor allem Tourismusregionen, von denen eine andere Verbreitungsdynamik ausgehen kann.

Die Bewertung der epidemiologischen Situation soll nunmehr vorzugsweise regional erfolgen, um eine bundesweite Ausbreitung und damit bundesweit erforderliche Maßnahmen hintanzuhalten. An unterschiedliche regionale epidemiologische Bewertungen sollen auch unterschiedliche Maßnahmen geknüpft werden können. Zu diesem Zweck können in einer auf Grundlage dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung typisierende Abstufungen vorgenommen und in ihrer Reichweite unterschiedliche Maßnahmen festgelegt werden. Primäre Stoßrichtung der Risikostufen soll die Verhinderung der Weiterverbreitung im Sinne des seuchenrechtlichen Auftrags der Prävention sein. In Zusammenschau mit § 7 ergibt sich, dass in entsprechenden Verordnungen je nach epidemiologischer Situation auch regional differenziert werden kann („Ampelsystem“).

Zu Z 3 (§ 2):

Zur Beratung des Bundesministers wird nunmehr ein Beirat (Corona-Kommission) beim Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz eingerichtet (bisher gestützt auf § 8 des Bundesministeriengesetzes). Die Corona-Kommission ist – außer bei Gefahr in Verzug – vor jeder Verordnungserlassung vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zu konsultieren. Die gutachterliche Stellungnahme dient als fachliche Grundlage für die Bewertung der epidemiologischen Situation gemäß § 1 Abs. 7.

Zu Z 4 (Entfall des § 2a):

Diese Bestimmung wird in § 6 überführt.

Zu Z 5 (§ 3):

Es wird am bisherigen Konzept von Betretungsregeln festgehalten. Zudem wird klargestellt, dass § 3 lex specialis zu § 4 ist.

Bisher waren Verkehrsmittel als bestimmte Orte vom bisherigen § 2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes erfasst. Nunmehr soll § 3 um eine explizite Grundlage erweitert werden. Klargestellt wird, dass von dieser Bestimmung auch private Verkehrsmittel umfasst sind. Der seuchenrechtliche Regelungsbedarf ergibt sich bei diesen insbesondere daraus, dass auch in privaten Fahrgemeinschaften mit haushaltsfremden Personen ungünstige epidemiologische Verhältnisse herrschen können. Durch die Voraussetzung „soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist“, ist – wie im Übrigen für alle Beschränkungen nach diesem Bundesgesetz – sichergestellt, dass die Reichweite einer allfälligen Regelung privater Verkehrsmittel verhältnismäßig sein muss.

Zudem erfolgt eine Klarstellung, dass Zahl, Zeit oder Auflagen für das Betreten oder Befahren von Betriebsstätten und Arbeitsorten sowie für das Benutzen von Verkehrsmitteln unabhängig von Betretungsverboten angeordnet werden dürfen.

Ein Befahren von Betriebsstätten liegt beispielsweise beim Befahren von Tiefgaragen eines Einkaufszentrums sowie beim Befahren einer Tankstelle oder eines Autokinos vor. Ein Befahren von Arbeitsorten liegt beispielsweise beim Befahren von Baustellen vor.

Zu Z 7:

§§ 4 und 5:

Es wird am bisherigen Konzept von Betretungsregeln festgehalten.

In seinem Erkenntnis vom 14. 7. 2020, V 363/2020 hat der Verfassungsgerichtshof aus Anlass der Feststellung der Gesetzwidrigkeit von Teilen der Verordnung BGBl. II Nr. 98/2020 ausgesprochen, dass der bisherige § 2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes nur zu Regelungen betreffend „bestimmte“ im Sinne von „bestimmte, eingeschränkte“ Orte ermächtigt. Damit fehlt es nicht nur an einer gesetzlichen Grundlage für ein grundsätzliches Betretungsverbot für öffentliche Orte (mit Ausnahmen), sondern insbesondere auch für bestimmte Voraussetzungen und Auflagen für das Betreten öffentlicher Orte schlechthin.

Auf Basis des Wissensstandes über die Verbreitung von COVID-19 sind hinsichtlich der Voraussetzungen und Auflagen für das Betreten, insbesondere für die Verankerung von Abstandsregeln ausschließlich kleinteilige Regelungen für einzeln aufzuzählende Orte zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 unzureichend. Es ist daher erforderlich, eine gesetzliche Grundlage für aus epidemiologischer Sicht notwendige Voraussetzungen und Auflagen für das Betreten öffentlicher Orte schlechthin zu schaffen. Wie alle Maßnahmen unterliegen diese freilich einer Verhältnismäßigkeitsprüfung.

Nach dem Vorbild des § 3 sieht § 4 die Möglichkeit der Regelung von bestimmten Orten im Sinne von einzelnen Orten oder öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit vor. Auf dieser Grundlage kann auch das Betreten oder Befahren bestimmter Orte untersagt werden, keinesfalls aber das Betreten oder Befahren öffentlicher Orte in ihrer Gesamtheit. Ausgangsbeschränkungen werden nunmehr in einer eigenen Regelung in § 5 verankert.

In seinem Erkenntnis vom 14. 7. 2020, V 363/2020 hat der Verfassungsgerichtshof die in der Verordnung BGBl. II Nr. 98/2020 vorgesehenen grundsätzlichen Betretungsverbote für öffentliche Orte in der Sache als Ausgangsverbot gedeutet. Wie der Verfassungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis betont, kann ein solches Ausgangsverbot bei Vorliegen besonderer Umstände unter entsprechenden zeitlichen, persönlichen und sachlichen Einschränkungen im Lichte des Art. 4 Abs. 1 StGG und des Art. 2 4. ZP EMRK gerechtfertigt sein. Voraussetzung für eine derart eingriffsintensive Maßnahme ist jedoch eine hinreichend konkrete und entsprechend näher bestimmte Grundlage im Gesetz (Rz 68). Mit dem vorliegenden § 5 soll den vom Verfassungsgerichtshof aufgestellten Anforderungen an eine solche hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage für Ausgangsbeschränkungen Rechnung getragen werden.

Angesichts ihrer Eingriffsintensität bedarf es für Ausgangsbeschränkungen sehr enger Voraussetzungen. § 5 sieht demnach mehrfache Schranken vor:

Zunächst ist erforderlich, dass Maßnahmen gemäß den §§ 3 und 4 des COVID-19-Maßnahmengesetzes nicht ausreichen. Ob Maßnahmen iSd §§ 3 und 4 ausreichen, ist ex ante abstrakt zu beurteilen. Die in den §§ 3 und 4 festgelegten eingriffsintensivsten Maßnahmen (Betretungsverbote für Betriebsstätten und bestimmte Orte) stehen ihrerseits unter einem strengen Verhältnismäßigkeitsgebot: Sie müssen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich sein, gelindere Mittel dürfen nicht ausreichen. Daran anknüpfend dürfen Ausgangsbeschränkungen gemäß § 5 nur als letztes Mittel verfügt werden. Maßnahmen gemäß § 5 stehen damit unter einer mehrfachen Verhältnismäßigkeitsschranke.

Zweite Voraussetzung ist, dass solche Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 unerlässlich sind, um einen drohenden Zusammenbruch der medizinischen Versorgung oder ähnlich gelagerte Notsituationen zu verhindern.

§ 5 Abs. 2 stellt sicher, dass der private Wohnbereich zu gewissen Mindestzwecken verlassen werden darf. Jedenfalls zulässig bleibt das Verlassen der Wohnung zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum. Der Terminus „Gefahr für Leib und Leben“ orientiert sich am entsprechenden strafrechtlichen Begriff des § 142 StGB, wonach auch das Schutzgut Gesundheit erfasst ist.

Die Z 2 erlaubt die Betreuung von und Hilfeleistung für unterstützungsbedürftige Personen sowie die Ausübung familiärer Rechte und Erfüllung familiärer Pflichten. Damit ist unter anderem auch klargestellt, dass der Kontakt zu nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden minderjährigen Kindern – unbeschadet anderer rechtlicher Bestimmungen – zulässig sein muss.

Unter die zulässige Voraussetzung der Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens fallen alle Verrichtungen, die der Aufrechterhaltung der Grundversorgung dienen; dies umfasst etwa nicht nur die Versorgung mit Grundgütern des täglichen Lebens, sondern auch die Deckung eines Wohnbedürfnisses (zB an Zweitwohnsitzen), den Kontakt mit nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Lebenspartnern, die Befriedigung religiöser Grundbedürfnisse, wie Friedhofsbesuche, individuelle Besuche von Kirchen und Gotteshäusern, und die Grundversorgung von Tieren sowie alle – auch nicht akuten – Arztbesuche.

Berufliche Zwecke gemäß § 5 Abs. 2 Z 4 sind weit auszulegen. In verfassungskonformer Interpretation fällt darunter jedenfalls die Wahrnehmung der Tätigkeit allgemeiner Vertretungskörper, der Organe von Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts und sonstiger Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Verwaltung. Diese beruflichen Zwecke sind stets erforderlich, um die Funktionsfähigkeit der allgemeinen Vertretungskörper und der Vollziehung sicherzustellen (zum Gebot der extensiven und verfassungskonformen Auslegung am Beispiel der Verordnung BGBl. II Nr. 98/2020 siehe Eberhard/Kopetzki, Gutachterliche Stellungnahme zum Aktionsradius der Abgeordneten in der aktuellen Krisensituation, 18, abrufbar unter https://www.parlament.gv.at/).

Durch die Z 5 (Zweck des Aufenthalts im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung) soll jedenfalls ein Verlassen der Wohnung für Spaziergänge, für sportliche Betätigungen, für das Verweilen im Freien als Selbstzweck ermöglicht werden. Klargestellt wird, dass der Aufenthalt im Freien als gesetzliche Mindestvoraussetzung finales Ziel sein soll, nicht aber den Weg zur Verfolgung sonstiger Zwecke erfasst. Allfällige Maßnahmen gemäß den §§ 3 und 4, wie Abstand zu haushaltsfremden Personen, sind einzuhalten.

Diese Mindestvoraussetzungen können freilich entsprechend der epidemiologischen Situation auch erweitert werden. Aufgrund der Reichweite dieser Ausnahmen ist der Schutzbereich des Art. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrBVG) und des Art. 5 EMRK nicht berührt. Das Grundrecht auf persönliche Freiheit erfasst nämlich nur qualifizierte Beschränkungen der persönlichen Freiheit in Form des Freiheitsentzugs. Den Ausgangsbeschränkungen in § 5 fehlt es aufgrund der weitreichenden Ausnahmen aber an der dafür erforderlichen Allseitigkeit der Beschränkung (vgl. VfSlg. 3447 zu Art. 8 StGG: Voraussetzung, dass im Wege physischen Zwanges persönliche Ortsveränderungen entweder überhaupt unterbunden oder auf bestimmte, nach allen Seiten hin begrenzte Örtlichkeiten oder Gebiete, die nicht verlassen werden dürfen, eingeschränkt wird; dazu Kopetzki in Korinek/Holoubek, Kommentar zum B-VG, PersFrG Art. 1 Rz 21 ff).

Auch im Erkenntnis V 363/2020 hat der Verfassungsgerichtshof die im Ergebnis dem § 5 inhaltlich entsprechenden Betretungsverbote gemäß der Verordnung BGBl. II Nr. 98/2020 unter dem Aspekt des Grundrechts auf Freizügigkeit gemäß Art. 4 Abs. 1 StGG und des Art. 2 4. ZP EMRK, nicht aber der persönlichen Freiheit beurteilt (Rz 68; in diesem Sinn auch Kopetzki, RdM 2020/91, Fn 30). Aus § 11 Abs. 3 ergibt sich, dass eine Ausgangsbeschränkung gemäß § 5 auf maximal zehn Tage befristet ist. Dies entspricht dem Stand der Wissenschaft für eine zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderliche Quarantänezeit, die auch dem Erlass zur Kontaktpersonennachverfolgung und den entsprechenden Quarantäneregelungen des Epidemiegesetzes 1950 entspricht.

§ 6:

Entspricht dem bisherigen § 2a.

§ 7:

Dient der Vereinheitlichung der Kaskadenregelung im Hinblick auf die Zuständigkeiten (analog auch im Epidemiegesetz 1950). Da ein bundesweiter Lockdown derzeit kein zweites Mal angedacht ist, muss es möglich sein, je nach regionaler epidemiologischer Situation regional auch differenzierte Maßnahmen setzen zu können.

Das System der regional differenzierenden Regelungen („Ampelsystem“, siehe Erläuterungen zu § 1 Abs. 7) ermöglicht, dass die jeweiligen Gebietskörperschaften nicht nur einheitliche Maßnahmen für deren gesamten räumlichen Geltungsbereich schaffen können, sondern auch Teile derselben – je nach epidemiologischer Situation unterschiedlich – regeln können.

Um Zuständigkeitskonflikte zu vermeiden, wird nunmehr festgelegt, dass Verordnungen nach diesem Bundesgesetz primär vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zu erlassen sind. Eine Verordnungserlassung durch den Landeshauptmann ist nur dann vorgesehen, wenn keine Bundesverordnung erlassen wurde oder zusätzliche Maßnahmen zu treffen sind. Verordnungen nach § 5, die vom Landeshauptmann (nach Maßgabe des Abs. 2) erlassen werden, bedürfen der Zustimmung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers (zur Konstruktion siehe Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht5, Rz 417). Eine Verordnungserlassung durch die Bezirksverwaltungsbehörde ist nur dann vorgesehen, wenn keine Bundesverordnung oder keine Landesverordnung erlassen wurde oder zusätzliche Maßnahmen zu treffen sind. Verordnungen nach § 5, die von Bezirksverwaltungsbehörden (nach Maßgabe des Abs. 3) erlassen werden, bedürfen der Zustimmung des Landeshauptmanns (zur Konstruktionsiehe Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht5, Rz 417).

Als zusätzliche Maßnahmen kommen zum einen verschärfende Maßnahmen (etwa die Vergrößerung des Mindestabstandes, zusätzliche Personenbeschränkungen, Vorverlegung von Sperrstunden, Ausdehnung der Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes), zum anderen ergänzende Maßnahmen in Betracht. Dies insbesondere in Bereichen, die von einer Verordnung des Bundesministers oder des Landeshauptmannes nicht geregelt sind.

In Abs. 5 wird eine formelle Derogationsmöglichkeit geschaffen, um allfällige Regelungen aufheben zu können. Damit geht einher, dass dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister alle bestehenden Verordnungen der Landeshauptleute und der Bezirksverwaltungsbehörden bekannt sein müssen.

Vor diesem Hintergrund wird in Abs. 6 eine Mitteilungspflicht geschaffen, wonach der Landeshauptmann und die Bezirksverwaltungsbehörden dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister Verordnungen vor dem Inkrafttreten mitteilen müssen. Die Mitteilungspflicht dient der Transparenz der regional erlassenen Verordnungen, eine Verletzung hat keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit bzw. die Rechtswirkungen der Verordnung. Klargestellt wird zudem, dass die Verpflichtung zur Mitteilung vor Inkrafttreten, nicht aber vor Erlassung besteht und das Inkrafttreten nicht verzögert.

§ 8:

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen erscheinen die Strafdrohungen im Zusammenhang mit Verstößen gegen das COVID-19-Maßnahmengesetz als zu undifferenziert. Insbesondere sollen der zu Beginn der Krise aus generalpräventiven Gründen erforderliche hohe Strafrahmen zum Teil herabgesetzt und die Straftatbestände präziser gefasst werden. Ferner werden in Übereinstimmung mit § 40 des Epidemiegesetzes 1950 Ersatzfreiheitsstrafen festgelegt, wobei nach § 16 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen nicht zulässig ist.

Der Verpflichtung des Inhabers oder Betreibers, für die Einhaltung von Betretungsverboten oder Auflagen nach § 3 Sorge zu tragen, ist Genüge getan, wenn einschlägige Instruktionen (insbesondere Schulungen), wirksame Kontrollen und Sanktionierungsinstrumente zur Sicherstellung regelkonformen Verhaltens eingeführt werden. Diese Verpflichtung ist jedoch nicht im strengen Sinn der Rechtsprechung des VwGH zu § 9 Abs. 4 VStG zu verstehen.

Zu § 8 Abs. 2 wird klargestellt, dass das Betreten oder Befahren einer Betriebsstätte oder eines Arbeitsortes oder das Benutzen eines Verkehrsmittels entgegen einer nach § 3 verordnungsmäßig festgelegten Zahl oder Zeit sowie das Betreten oder Befahren entgegen einer nach § 4 verordnungsmäßig festgelegten Zahl nicht strafbar sind. Die diesbezüglichen Verbote sind nur auf Seiten des Inhabers oder Betreibers verwaltungsstrafrechtlich sanktionierbar. Dies gilt im Übrigen auch für die Verpflichtung zur Erstellung von Präventionskonzepten. Eine Strafbarkeit besteht daher nur für die Verletzung von Auflagen, die dem jeweiligen Adressaten zugerechnet werden können.

Die Wendung „gemäß § 4 hinsichtlich bestimmter privater Orte Verpflichtete“ in Abs. 3 und 4 erfasst als Normadressaten jene Personen, die nach einer auf Grundlage des § 4 erlassenen Verordnung verpflichtet sind, für die Einhaltung von Betretungsverboten oder etwa von Voraussetzungen oder Auflagen Sorge zu tragen. Dies betrifft praktisch vor allem Sportvereine, die zur Erstellung von Präventionskonzepten verpflichtet sind. Das Betreten oder Befahren selbst fällt nicht unter die Abs. 3 und 4, sondern unter die Abs. 1 und 2.

Im Übrigen wird auf § 22 Abs. 1 VStG, wonach soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar ist, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, hingewiesen.

§ 9:

Es erfolgt eine Klarstellung, dass die Einhaltung von Voraussetzungen oder Auflagen durch die Gesundheitsbehörde auch vor Ort durch Betretungen überprüft werden kann. Im Rahmen von Kontrollen kann Einsicht in Unterlagen genommen werden, die mit der Einhaltung von Voraussetzungen oder Auflagen nach diesem Bundesgesetz im Zusammenhang stehen. Der Bezug auf Unterlagen, die mit der Einhaltung von Voraussetzungen oder Auflagen nach diesem Bundesgesetz im Zusammenhang stehen, stellt sicher, dass Berufsgeheimnisse und sonstige nicht im Zusammenhang mit dem seuchenrechtlichen Auftrag stehende Unterlagen davon nicht erfasst sind. Die Formulierung entspricht inhaltlich gleichgelagerten Regelungen wie etwa jener des § 8 Abs. 1 ArbIG, BGBl. Nr. 27/1993.

Aufgrund der Legaldefinition in § 1 Abs. 3 ist klargestellt, dass der private Wohnbereich von einer allfälligen Kontrolle nicht erfasst ist. Es bedarf daher keiner ausdrücklichen Regelung; dies insbesondere um unzutreffende Umkehrschlüsse auf andere Bestimmungen zu vermeiden.

§ 10:

Die Corona-Kommission ist – außer bei Gefahr in Verzug – vor jeder Verordnungserlassung vom Bundesminister zu konsultieren. Die Einbindung der Corona-Kommission dient der „Legitimation durch Verfahren“, um den Anforderungen des Art. 18 B-VG bestmöglich gerecht zu werden.

§ 11:

Bei den eingriffsintensivsten Maßnahmen (Betretungsverbot von Betriebsstätten, von Arbeitsorten, von Verkehrsmitteln, von bestimmten Orten oder bei Ausgangsbeschränkungen iSd § 5) soll zur demokratischen Legitimierung in § 11 eine parlamentarische Einbindung in Form der Herstellung des Einvernehmens mit dem Hauptausschuss des Nationalrates erfolgen. Bei Gefahr in Verzug soll es dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister weiterhin möglich sein, die notwendigen Maßnahmen in einer Verordnung zu verankern; als Sicherungsmechanismus ist bei einer derart kundgemachten Verordnung vorgesehen, dass das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss binnen drei Tagen nach Kundmachung herzustellen ist. Kann binnen vier Tagen das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss nicht hergestellt werden, belastet dies die Verordnung mit Rechtswidrigkeit.

In einer Verordnung, in der das Betreten oder Befahren von Betriebsstätten, von Arbeitsorten, von Verkehrsmitteln oder von bestimmten Orten iSd § 1 Abs. 3 untersagt wird, ist vorzusehen, dass diese spätestens vier Wochen nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft tritt. In einer Verordnung gemäß § 5 ist vorzusehen, dass diese spätestens zehn Tage nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft tritt. Ist eine Verlängerung der Maßnahmen erforderlich, ist neuerlich das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates herzustellen.

Zu Z 8 und 9 (§ 12 Abs. 1):

Die Geltung des COVID-19-Maßnahmengesetzes wird um ein halbes Jahr verlängert. Dies vor dem Hintergrund, dass mit einem Ende der Epidemie im Dezember 2020 nicht gerechnet werden kann und Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz voraussichtlich auch im Laufe des Jahres 2021 erforderlich sein werden.

Die neue Geltungsdauer ist zunächst bis 30. Juni 2021 festgelegt. Sollte eine Weitergeltung epidemiologisch für notwendig erachtet werden, räumt § 12 Abs. 1 der Bundesregierung eine Möglichkeit der Verlängerung mit Verordnung bis längstens 31. Dezember 2021 ein.

Zu Z 10 (§ 12 Abs. 3):

Anpassung an die neuen Paragraphenbezeichnungen und Zuständigkeiten.“

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Gabriela Schwarz und Ralph Schallmeiner mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, G, dagegen: F, N) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2020 09 21

                             Ralph Schallmeiner                                                      Mag. Gerhard Kaniak

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann