382 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über die Regierungsvorlage (349 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005 und das
BFA-Verfahrensgesetz geändert werden

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Vor dem Hintergrund eines anhängigen Vertragsverletzungsverfahrens der Europäischen Kommission gegen die Republik Österreich (Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2011/2034) betreffend die Umsetzung des Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG, ABl. L 158 vom 30.04.2004 S. 77 in der Fassung der Berichtigung ABl. L 229 vom 29.06.2004 S. 35 (im Folgenden: Freizügigkeitsrichtlinie) soll der vorgeschlagene Entwurf zunächst der weiteren Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung dienen.

So sollen in Umsetzung des Art. 3 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie ergänzend zu den bereits bestehenden Erleichterungen im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) für Personen des erweiterten Angehörigenkreises von Unionsbürgern gemäß Abs. 2 lit. a und b leg. cit., deren Einreise und Aufenthalt entsprechend den Vorgaben der Richtlinie nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts zu erleichtern ist, weitere Begünstigungen geschaffen werden. In diesem Sinne soll dieser Personengruppe bei Vorliegen der Voraussetzungen künftig eine „Niederlassungsbewilligung“ erteilt und damit bereits von Beginn an die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet eingeräumt werden. Nach rechtmäßiger Niederlassung von zwei Jahren und bei Vorliegen der Voraussetzungen soll ein Umstieg auf einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ in weiterer Folge quotenfrei möglich sein. Überdies soll es den betreffenden Fremden mit dem gegenständlichen Gesetzesentwurf ermöglicht werden, ihren Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Inland einzubringen und soll abweichend von der grundsätzlich geltenden sechsmonatigen Entscheidungsfrist des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, die deutlich kürzere Frist von 90 Tagen vorgesehen werden. Darüber hinaus soll der – für den Erhalt eines Aufenthaltstitels allgemein erforderliche – Nachweis eines Rechtsanspruches auf eine ortsübliche Unterkunft gemäß § 11 Abs. 2 Z 2 NAG für diese Personengruppe entfallen.

Weiters soll mit dem gegenständlichen Entwurf die zur Durchführung des Brexit-Austrittsabkommens mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2018, BGBl. I Nr. 56/2018, geschaffene Verordnungsermächtigung des § 57a NAG adaptiert werden. So ist das Abkommen grundsätzlich unmittelbar anwendbar, beinhaltet jedoch in seiner finalen Fassung bestimmte Vorgaben, die nicht nur hinsichtlich des Aufenthalts von britischen Staatsangehörigen und deren Familienangehörigen zunächst einer Umsetzung in innerstaatliches Recht bedürfen, sondern nunmehr auch in Bezug auf Einreise und Aufenthaltsbeendigung. Die bestehende Verordnungsermächtigung soll vor diesem Hintergrund daher entsprechend erweitert werden.

Ferner soll der gegenständliche Entwurf im NAG der weiteren Förderung der Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften dienen, indem der Erhalt des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot–Karte“ durch Entfall des Nachweises des Rechtsanspruches auf eine ortsübliche Unterkunft erleichtert wird.

Im Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) soll in Umsetzung von höchstgerichtlicher Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs die Legaldefinition des „Familienangehörigen“ im Anwendungsbereich des AsylG 2005 adaptiert werden und im BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland vor dem Hintergrund dessen Austritts aus der Europäischen Union durch Adaptierung des § 19 Abs. 4 BFA-VG weiterhin als sicherer Herkunftsstaat festgelegt werden. In Umsetzung des im Regierungsprogramm 2020–2024 im Kapitel „Asyl“ festgelegten Zieles einer „Stärkung der freiwilligen Rückkehr und Reintegration“ sieht der Gesetzesentwurf überdies Änderungen der Bestimmungen zur Rückkehrberatung von Fremden im BFA-VG vor.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung eines diesem Entwurf entsprechenden Bundesgesetzes gründet sich hinsichtlich

-       des Artikels 1 (NAG) auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 B-VG (Ein- und Auswanderungswesen einschließlich des Aufenthaltsrechtes aus berücksichtigungswürdigen Gründen),

-       des Artikels 2 (AsylG 2005) auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 B-VG (Asyl, Ein- und Auswanderungswesen einschließlich des Aufenthaltsrechtes aus berücksichtigungswürdigen Gründen),

-       des Artikels 3 (BFA-VG) auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 B-VG (Ein- und Auswanderungswesen einschließlich des Aufenthaltsrechtes aus berücksichtigungswürdigen Gründen; Aufenthaltsverbot, Ausweisung und Abschiebung; Asyl).

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 1. Oktober 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Georg Bürstmayr die Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Mag. Felix Eypeltauer, Ing. Reinhold Einwallner, Mag. Wolfgang Gerstl sowie der Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, G, N, dagegen: S, F) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (349 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2020 10 01

                         Mag. Georg Bürstmayr                                                        Karl Mahrer, BA

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann