394 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 847/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zuversichtspaket: Neue Arbeitsplätze ermöglichen

Die Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 23. September 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Tiefe Rezession

Die durch die Pandemie ausgelöste Rezession ist die tiefste in der Geschichte der zweiten Republik. Einkommen, Produktion und Steuereinnahmen werden 2020 in einem nie dagewesenen Ausmaß sinken. Der Live-Indikator der Österreichischen Nationalbank zeigt zwar eine Erholung im Vergleich zum Lockdown an (OeNB, 2020), doch zuletzt hat die Dynamik wieder leicht abgenommen. Aktuelle Prognosen des WIFO von Ende August und der OECD von Mitte September deuten an, dass das Bruttoinlandsprodukt heuer um rund sechs bis sieben Prozent schrumpfen dürfte. Österreich verzeichnet damit im internationalen Vergleich einen weniger dramatischen Einbruch als etwa Italien oder Spanien, aber einen stärkeren als Dänemark, Schweden oder Deutschland. Auf dem Arbeitsmarkt waren die Verwerfungen enorm. In den Monaten März und April ist die Zahl der unselbständig Beschäftigten um fünf Prozent unter dem Vorjahr gelegen, im Lockdown waren 189.000 weniger beschäftigt als noch im Vorjahr. 

Bisherige Maßnahmen

Die Kurzarbeit ist eine wichtige Maßnahme zur Abschwächung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie. Aber sie ist nur eine Überbrückungshilfe und mit der Fortdauer der Krise zeigt sich, dass es noch keine Antwort auf die drängenden Fragen für den Arbeitsmarkt gibt: Wie kann der Übergang von der Kurzarbeit in die normale Beschäftigung unterstützt werden? Und wie kann die Entstehung neuer Jobs vorangetrieben werden? Die Arbeitslosigkeit kann nur dann gesenkt werden, wenn das Hochfahren der Wirtschaft unterstützt wird und mehr Dynamik auf dem Arbeitsmarkt erzeugt wird. Diese Forderung bekommt nur wenig Aufmerksamkeit von der Bundesregierung. Was es hier braucht, ist eine treffsichere Maßnahme, um Unternehmen Anreize zu geben, neue Arbeitskräfte einzustellen. Nur Konservierungsmaßnahmen zu leisten entspricht einer Politik, die an der bevorstehenden Realität vorbeigeht. Wir dürfen den Lauf des Wandels, der durch die Covid-19-Pandemie teilweise auch beschleunigt wurde, nicht aufhalten - denn letztlich verpassen wir damit eine Chance.

Laut Agenda Austria steht fest, dass, wenn weiterhin so wenige Menschen aus der Arbeitslosigkeit herauskommen wie zuletzt, die Arbeitslosigkeit trotz der teuren Kurzarbeit weiter stark zunehmen wird. Auch wenn sich die Arbeitsmarktsituation so entwickelt wie im Jahr vor der Covid-19-Pandemie, würde die Arbeitslosenquote bis Ende 2020 trotzdem auf über 17 Prozent steigen[1]. Kommt es zu keiner Änderung, würde dies die Arbeitslosigkeit in allen Sektoren, wie Grafik 1 zeigt, signifikant erhöhen.

 

Grafik 1: Anstieg der Arbeitslosigkeit im nächsten Jahr

(Quelle: Agenda Austria)

 

Die Erfahrung aus anderen Ländern zeigt, dass Einstellungsförderungen höhere Beschäftigung mit sich bringen und die Dynamik am Arbeitsmarkt erhöhen. So zeigt empirische Evidenz aus Frankreich[2] und Schweden[3], dass Einstellungsförderungen höhere Beschäftigung mit sich bringen. Cahuc et al. (2019) betonen dabei, dass die Programme insbesondere gegen temporäre und unerwartete Schocks wirksam sind – genau wie die derzeitige Krise. Im Vergleich zu den unterschiedlichen Methoden der
aktiven Arbeitsmarktpolitik scheinen Einstellungsförderungen die effektivste Methode zur Schaffung neuer Arbeitsplätze zu sein[4]

Daher fordern wir, dass wenn Unternehmen neue Mitarbeiter_innen einstellen, sie etwa bis zum Ende dieses Jahres nur die Hälfte der Sozialbeiträge für die neuen Stellen zahlen müssten. Die andere Hälfte soll vom Staat subventioniert werden. Hier sollten keine Nachteile bei der Bemessung von Leistungen aus der Krankenversicherung und der Pension entstehen.

Angesichts der hohen Lohnnebenkosten in Österreich werden damit starke Anreize für Neueinstellungen gesetzt und es werden nicht nur bestehende, sondern auch junge Unternehmen und Start-ups unterstützt. Natürlich müsste im Zuge der Umsetzung einer solchen Maßnahme der Missbrauch dieser vermieden werden. So sollte man etwa Fälle von der Förderung ausschließen, in denen erst kürzlich ein Beschäftigungsverhältnis mit der betreffenden Person beim selben Arbeitgeber beendet wurde. Viele der bestehenden Fördermaßnahmen definieren einen Zeitraum von 6 Monaten. Aber auch Unternehmen in Kurzarbeit sind davon ausgeschlossen. Weitere Kriterien könnten etwa vorsehen, dass eine Mindestdauer für die Beschäftigungsverhältnisse Voraussetzung für die Förderung ist, um die dauerhafte Mitnahme mit wechselnden Kurzverträgen zu vermeiden.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 6. Oktober 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Gerald Loacker die Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Mag. Klaus Fürlinger, Mag. Markus Koza, Dr. Dagmar Belakowitsch, Tanja Graf, Rebecca Kirchbaumer, Christoph Zarits, Peter Wurm sowie die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend Mag. (FH) Christine Aschbacher und der Ausschussobmann Abgeordneter Josef Muchitsch.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Stimmenmehrheit
(für den Antrag: F, N, dagegen: V, S, G).

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Tanja Graf gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2020 10 06

                                     Tanja Graf                                                                    Josef Muchitsch

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann



Quellen:

[1] https://www.agenda-austria.at/publikationen/oesterreich-in-der-corona-krise-6/

[2] Cahuc, P., Carcillo, S. & Le Barbanchon, T. (2019). The effectiveness of hiring credits. The Review of Economic Studies, 86(2), 593-626.

[3] Saez, E., Schoefer, B., & Seim, D. (2019). Payroll taxes, firm behavior, and rent sharing: Evi-dence from a young workers‘ tax cut in Sweden. American Economic Review, 109(5), 1717-63.

Quellen:

[4] Sianesi, B. (2008). Differential effects of active labour market programs for the unemployed. Labour economics, 15(3), 370-399