Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Israel über die Nutzung von Reproduktionen bestimmter Archivalien ist gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem wurde 1953 vom Staat Israel auf Grundlage des Gesetzes zur Erinnerung an Holocaust und Heldentum - Yad Vashem (5713/1953) gegründet. Als wissenschaftliche Dokumentations- und Forschungseinrichtung verfügt sie heute über das weltweit größte Archiv betreffend die Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden im Zuge des Holocaust sowie zu den untergegangenen jüdischen Gemeinden Europas, welches laufend ergänzt wird.

Yad Vashem und das Österreichische Staatsarchiv sowie die KZ-Gedenkstätte Mauthausen/Mauthausen Memorial (im Folgenden: KZ-Gedenkstätte Mauthausen) sind bestrebt, erstellte elektronische (das heißt mittels digitalem Film, digitaler Fotografie oder Scantechnik angefertigte) Reproduktionen („Digitalisate“) ihrer jeweiligen umfangreichen Bestände mit Holocaust-Bezug zum Zweck der weiteren wissenschaftlichen Nutzung in ihre jeweiligen eigenen Archive zu übernehmen. Im Rahmen der bestehenden Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz), BGBl. I Nr. 162/1999, und auf Grund datenschutzrechtlicher Vorgaben ist eine Verbringung der erstellten Digitalisate derzeit rechtlich nicht möglich.

Auf Grund des Beschlusses der Bundesregierung vom 8. Mai 2019 (Pkt. 19 des Beschl.Prot. Nr. 56) wurde das vorliegende Abkommen als besonderes Zeichen des Gedenkens am 8. Mai 2019, dem Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges und der Befreiung vom Nationalsozialismus, in Wien unterzeichnet.

Das Abkommen regelt den wechselseitigen Zugang zu relevanten Archivalien für ausgewählte Forscherinnen und Forscher sowie die Herstellung von Digitalisaten davon, damit diese für Forschungszwecke und zur Veröffentlichung genutzt werden können.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zum Abschluss des gegenständlichen Abkommens ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 2 B-VG („Abschluss von Staatsverträgen“).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Besonderer Teil

Zur Präambel:

Die Präambel soll das Bestreben zum Ausdruck bringen, die Kooperation zwischen den beiden Staaten sowie ihrer Gedenkstätten und Dokumentationseinrichtungen im Bereich der Forschung auf dem Gebiet des Holocaust zu verstärken. Das gegenständliche Abkommen wurde Großteils vor der mit Wirksamkeit per 1. Jänner 2017 erfolgten Ausgliederung der Bundesanstalt KZ-Gedenkstätte Mauthausen verhandelt, weshalb im Text der Präambel noch auf das Bundesministerium für Inneres verwiesen wird.

Zu Art. 1:

Art. 1 regelt den Zugang von Forscherinnen und Forschern, die von der Gedenkstätte Yad Vashem nominiert wurden, zu Archivalien des Österreichischen Staatsarchivs und der KZ-Gedenkstätte Mauthausen. Diese Forscherinnen und Forscher sollen berechtigt werden, elektronische Reproduktionen der gegenständlichen Archivalien herzustellen bzw. zu erlangen und die Reproduktionen für Forschungszwecke zu nutzen, in Yad Vashem der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und zu veröffentlichen. Hervorgehoben wird, dass die Kosten für die Herstellung der elektronischen Reproduktionen von den Forscherinnen und Forschern bzw. Yad Vashem selbst zu tragen sind.

Der Zugang zu Archivalien des Österreichischen Staatsarchivs soll gemäß Abs. 1 auf die im Anhang zum Abkommen angeführten Archivalien mit Holocaust-Bezug beschränkt sein. Gemäß Abs. 4 kann dieser Anhang durch eine Vereinbarung zwischen dem Österreichischen Staatsarchiv und Yad Vashem ergänzt werden.

Die Herstellung elektronischer Reproduktionen soll durch die Forscherinnen und Forscher selbst erfolgen. Darüber hinaus wird gleichzeitig nur bis zu vier von Yad Vashem für einen klar festzulegenden Zeitraum nominierten Forscherinnen und Forschern Zugang zum Österreichischen Staatsarchiv gewährt. Erst nach Ausscheiden einer oder eines dieser Forscherinnen bzw. Forscher kann eine Nachnominierung erfolgen. Diese Bedingungen sind auf Grund der beschränkten Kapazitäten des Österreichischen Staatsarchivs erforderlich. Abs. 3 regelt, dass Yad Vashem dem Österreichischen Staatsarchiv unentgeltlich Kopien der hergestellten elektronischen Reproduktionen zur Verfügung stellt.

Der Zugang zu Archivalien der KZ-Gedenkstätte Mauthausen soll gemäß Abs. 2 auf solche Archivalien beschränkt sein, die im Eigentum der KZ-Gedenkstätte Mauthausen stehen oder zu deren Weitergabe an Dritte diese berechtigt ist. Die Herstellung elektronischer Reproduktionen soll durch die KZ-Gedenkstätte Mauthausen selbst gemäß ihrer zum jeweiligen Zeitpunkt geltenden Richtlinien, Standards und Gebühren (Abs. 3) erfolgen.

Zu Art. 2:

Abs. 1 regelt den Zugang von Forscherinnen und Forschern, die vom Österreichischen Staatsarchiv oder der KZ-Gedenkstätte Mauthausen nominiert wurden, zu Archivalien von Yad Vashem. Diese Forscherinnen und Forscher sollen berechtigt werden, elektronische Reproduktionen der Archivalien von Yad Vashem zu erlangen und die Reproduktionen für Forschungszwecke zu nutzen und zu veröffentlichen. Der Zugang soll auf Archivalien mit Österreichbezug beschränkt sein, die im Eigentum von Yad Vashem stehen oder zu deren Weitergabe an Dritte es berechtigt ist.

Nach Abs. 2 soll die Herstellung elektronischer Reproduktionen durch Yad Vashem selbst gemäß seiner zum jeweiligen Zeitpunkt geltenden Richtlinien, Standards und Gebühren erfolgen.

Zu Art. 3:

Art. 3 enthält die Definition des Begriffs „Archivalien“. Für den österreichischen Rechtsbereich wird diesbezüglich auf § 25 Abs. 1 Bundesgesetz betreffend den Schutz von Denkmalen wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung (Denkmalschutzgesetz - DMSG), BGBl. Nr. 533/1923, verwiesen.

Zu Art. 4:

Art. 4 regelt den Schutz personenbezogener Daten.

Die Abs. 1 und 2 legen den Grundsatz fest, dass jegliche Verwendung von Reproduktionen von Archivalien, die gemäß Art. 1 oder 2 hergestellt wurden und die personenbezogene Daten enthalten, den jeweils anwendbaren nationalen Gesetzen und Vorschriften der jeweiligen Vertragspartei über den Schutz der Privatsphäre im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten zu entsprechen hat. Dies umfasst für Österreich auch jene Vorgaben, die sich aus unmittelbar anwendbarem Unionsrecht ergeben.

Abs. 3 enthält eine spezifische Regelung für Reproduktionen von Archivalien des Österreichischen Staatsarchivs und der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, die personenbezogene Daten enthalten. Solche Reproduktionen sollen jedenfalls nur veröffentlicht werden dürfen, wenn ein vorrangiges öffentliches Interesse an der Dokumentation und Erforschung nationalsozialistischer Verbrechen besteht. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist jeweils im Einzelfall durchzuführen. Überwiegen die Interessen oder Grundrechte der betroffenen Person, die den Schutz der personenbezogenen Daten erfordern, das öffentliche Interesse, hat die Veröffentlichung zu unterbleiben. Zur Durchführung der notwendigen Abwägung wird in der Regel, sofern möglich, mit der im konkreten Fall betroffenen Person Kontakt aufzunehmen sein.

Abs. 4 regelt den Fall der Veröffentlichung der Reproduktionen von Archivalien, die gemäß Art. 1 oder 2 hergestellt wurden, durch Verleger. Die Institution, die einem Verleger solche Reproduktionen zu Verfügung stellt, hat diesen gleichzeitig zu verpflichten, jener Institution, die die Originale der Archivalien verwahrt, unentgeltlich Kopien der Veröffentlichung zur Verfügung zu stellen.

Zu Art. 5:

Gemäß Art. 5 sollen die Kosten, die einer Vertragspartei bei der Umsetzung des Abkommens entstehen, jeweils von dieser selbst getragen werden.

Zu Art. 6, 7 und 8:

Die Art. 6 bis 8 enthalten die Schlussbestimmungen, die die Vorgangsweise für das Inkrafttreten, allfällige Änderungen und die Kündigung des Abkommens regeln.