426 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Familie und Jugend

über den Antrag 115/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Durchführung einer Kinderkosten-Erhebung 

Die Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 11. Dezember 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Im Dezember 2017 forderten 80 Organisationen, darunter unterschiedliche Kinder und Jugendorganisationen, Beratungsstellen, Familien- und Berufsverbände eine Neuerhebung der finanziellen Lage von Familien, insbesondere eine Erhebung der so genannten "Kinderkosten". In einem Offenen Brief an die damalige Regierung wurden die zentralen Argumente wie folgt dargelegt:

"Sachorientierte Politik braucht empirische Grundlagen, anhand derer politische Optionen geprüft und diskutiert werden können. Bei den Kosten, die Familien für ihre Kinder aufwenden müssen, fehlen diese. ... Zwar gibt es die Regelbedarfssätze, die für Kinder je nach Altersstufe einen bestimmten Bedarf festlegen. Diese Werte gehen auf eine 1964 veröffentlichte Statistik des Statistischen Zentralamts über die Haushaltsausgaben für Kinder zurück und werden jährlich lediglich an den Verbraucherpreisindex angepasst. Die zugrundeliegenden Berechnungen sind seit mehr als 50 Jahren unverändert. Seither hat sich aber enorm viel verändert. Während Kosten für Kleidung gesunken sind, sind andere Ausgaben, etwa Mieten, stark angestiegen. Aber nicht nur die Höhe einzelner Komponenten hat sich verändert, auch der Warenkorb insgesamt ist ein ganz anderer geworden. War 1964 das Festnetztelefon der aktuelle technische Stand, sind heute Smartphone, Laptop und Computer aus dem Alltag - auch von Kindern und Jugendlichen - nicht mehr wegzudenken. Auch Schule und Freizeitgestaltung unterliegen einem starken Wandel.

Dementsprechend ist die Ausgabenstruktur von Haushalten mit Kindern mit jener von vor mehr als einem halben Jahrhundert in keiner Weise vergleichbar. Trotzdem nehmen Familienrecht und familienpolitische Maßnahmen auf die Regelbedarfssätze in unterschiedlicher Weise Bezug, etwa im Unterhaltsrecht oder bei der Familienförderung."

In den vergangenen Jahren wies auch die Bundesjugendvertretung immer wieder zu Recht auf die Notwendigkeit einer solchen Erhebung hin. Eine gemeinsame Studie der Bundesjugendvertretung und des Instituts für Soziologie an der Uni Wien ‚Was alle Kinder brauchen!“, vom Mai 2018[1] brachte wichtige Ergebnisse betreffend der Entwicklung eines "Kinderwarenkorbes" zu Tage. Das Erfordernis einer aktuellen Kinderkosten-Erhebung wurde erneut bestätigt.

Laut Statistik Austria lebt in Österreich etwa jedes fünfte Kind bzw. Jugendlicher unter 18 Jahre in einer armuts- und ausgrenzungsgefährdeten Lebenslage. Sozial schwache Familien treffen die steigenden Kosten zur Abdeckung der finanziellen Bedürfnisse von Kindern besonders. Die Forderung nach einer Aktualisierung der Kinderkosten wurde von der SPÖ im Zusammenhang mit dem Projekt "Unterhaltsgarantie" in den parlamentarischen Prozess eingebracht.“

 

Der Ausschuss für Familie und Jugend hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 19. Mai 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Petra Wimmer die Abgeordneten Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Fiona Fiedler, BEd, Christian Ries, Mag. Christian Drobits und Bedrana Ribo, MA. Anschließend wurden die Verhandlungen vertagt.

Im Zuge der Wiederaufnahme der Verhandlungen am 22. Oktober 2020 beteiligten sich die Abgeordneten Petra Wimmer, Barbara Neßler, Michael Bernhard, Rosa Ecker, MBA, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Julia Elisabeth Herr und der Ausschussobmann Abgeordneter Norbert Sieber an der Debatte .

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: S, F, N, dagegen: V, G).

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Barbara Neßler, Norbert Sieber, Kolleginnen und Kollegen einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Durchführung einer Kinderkosten-Erhebung eingebracht, der einstimmig beschlossen wurde.

 

Dieser selbständige Entschließungsantrag war wie folgt begründet:

„Im Regierungsübereinkommen haben die Regierungsparteien die Durchführung einer Kinderkostenstudie verankert.

Die Kinderkostenstudie befindet sich auch schon in Umsetzung: Die Auftragsvergabe durch das Sozialministerium an die Statistik Austria ist erfolgt, ebenso wurde ein Projektbeirat errichtet, in dem Finanz-, Frauen-, Familien- und Justizministerium sowie eine Vertretung der Armutskonferenz (Österreichische Plattform für Alleinerziehende) Mitglieder sind. Weiters soll ein Zwischenbericht sowie ein Endbericht erfolgen.

Diese Bestrebungen sollen von den zuständigen Mitgliedern der Bundesregierung weiter vorangetrieben werden.“

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Barbara Neßler gewählt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Familie und Jugend somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.     diesen Bericht hinsichtlich des Entschließungsantrags 115/A(E) zur Kenntnis nehmen und

2.     die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2020 10 22

                                Barbara Neßler                                                                 Norbert Sieber

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann



[1] https://www.bjv.at/cms/wp-content/uploads/2018/05/studie_was-alle-kinder-brauchen-1.pdf