458 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 713/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Nettoersatzrate beim Bezug des Arbeitslosengeldes (COVID-19-Maßnahme)

Die Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 18. Juni 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die von der schwarz-grünen Bundesregierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler gesetzten COVID-19-Maßnahmen seit März 2020 haben massive negative Auswirkungen auf den österreichischen Arbeitsmarkt, die Österreich die höchste Zahl an Arbeitslosen und die meisten Arbeitnehmer in Kurzarbeit seit 1945 beschert haben. Mit Stichtag 13. April 2020 wurden vom Arbeitsmarktservice (AMS) in Österreich insgesamt 588.234 Arbeitslose inklusive Schulungsteilnehmer registriert. Mit Stichtag 1. Juni 2020 wurde vom AMS COVID-19-Arbeitsmarktzahlen von 1.881.735 Arbeitnehmern in Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit dokumentiert.

Gegenüber dem Vergleichszeitraum Mai 2019 hat die Arbeitslosigkeit (ohne Schulungsteilnehmer) im Mai 2020 über alle Branche hinweg ein Plus von 194.352 auf nicht weniger als 473.300 Personen oder +69,7 Prozent zu verzeichnen. Inklusive AMS-Schulungsteilnehmern lag man Ende Mai bei einer Gesamtarbeitslosenzahl von 517.221 Personen.

Bei den männlichen Arbeitskräften stieg die Arbeitslosigkeit um 100.194 oder +67,9 Prozent auf 247.764 Personen ohne Beschäftigung. Bei weiblichen Arbeitskräften stieg die Arbeitslosigkeit um 94.158 oder sogar um +71,7 Prozent auf 225.536 Personen. Die Arbeitslosenquote bei Frauen liegt aktuell bei 11,9 Prozent, die bei Männern per Ende Mai bei 11,3 Prozent. Auch die Ausländerarbeitslosigkeit ist bedingt durch die Auswirkungen der COVID-19-Maßnahmen um 80.542 Personen auf 169.821 oder +90,2 Prozent gestiegen. Demgegenüber stieg die Inländerarbeitslosigkeit um 113.810 oder +60 Prozent auf 303.479 Personen.

Die österreichischen Bundesländer sind ebenfalls in unterschiedlichem Ausmaß von den Folgen der Coronavirus-Pandemie am Arbeitsmarkt betroffen. Negative Spitzenreiter in Sachen Arbeitslosigkeit sind die Tourismusbundesländer Tirol mit einer Steigerung der Arbeitslosigkeit von +111,1 Prozent und Salzburg mit +100,1 Prozent. Es folgen die Steiermark (+84,6 Prozent), Vorarlberg (+77,9 Prozent), Oberösterreich (+77,0 Prozent), Kärnten (+70,6 Prozent), Burgenland (+63,5 Prozent), Niederösterreich (+58,7 Prozent) und Wien (+57,2 Prozent).

Bei den Altersgruppen, die von der COVID-19-Arbeitslosigkeit betroffen sind, sticht die Gruppe der Jugendlichen (bis zum 25. Lebensjahr) heraus, wo es zu einem Anstieg von +103,8 Prozent zum Vergleichszeitraum Mai 2019 gekommen ist. Es folgt die Beschäftigtengruppe im Haupterwerbsalter (25. bis 49. Lebensjahr) mit einem Anstieg von +75,5 Prozent und jene der Altersgruppe der über 50 Jährigen Arbeitnehmer mit +49,8 Prozent.

Bei den Ausbildungskategorien finden sich im Folge der COVID-19-Maßnahmen keine signifikanten Unterschiede zwischen Personen mit Pflichtschulabschluss und Akademikern. Die am stärksten betroffene Gruppe ist jene mit höherer Ausbildung (+74,2 Prozent), gefolgt von Personen mit Lehrausbildung (+70,0 Prozent), Personen mit max. Pflichtschulausbildung (+68,8 Prozent), Personen mit mittlerer Ausbildung (+67,2 Prozent) und Personen mit akademischer Ausbildung (+54,1 Prozent).

Die Wirtschaftssektoren sind ebenfalls in unterschiedlicher Art und Weise vom Wirtschaftseinbruch im Zuge der COVID-19-Krise betroffen. Der Sektor Beherbergung und Gastronomie hatte einen Anstieg von +143,3 Prozent im Vergleich Juni 2020 zu Juni 2019 zu verzeichnen. Es folgt die Bauwirtschaft mit +84,8 Prozent, gefolgt von Verkehr und Lagerei mit +83,6 Prozent, der Herstellung von Waren mit +62,9 Prozent, der Handel mit +59,9 Prozent, die Arbeitskräfteüberlassung mit +59,3 Prozent und das Gesundheits- und Sozialwesen mit +55,6 Prozent.

Dazu kommt, dass die Langzeitarbeitslosigkeit, (Personenkreis, der länger als 12 Monate arbeitslos ist), durch die einschneidenden Wirtschaftsmaßnahmen ebenfalls um 20,4 Prozent angestiegen ist und derzeit nicht weniger als 57.517 Personen beträgt.

Das bedeutet, dass weit mehr als eine halbe Millionen Menschen seit März 2020 mit lediglich 55 Prozent ihres letzten Nettogehalts ihre Lebenshaltung (Nahrungsmittel, Wohn- und Betriebskosten usw.) bestreiten müssen. Die weit überwiegende Anzahl dieser betroffenen Arbeitslosen hat durch die COVID­19-Maßnahmen der Bundesregierung den Arbeitsplatz verloren bzw. wurde der Chance beraubt, nach einer Phase der Arbeitslosigkeit oder einer AMS-Aus-, Fort- und Weiterbildung wieder in den Arbeitsmarkt integriert zu werden.

Um dieser Gruppe von rund 500.000 Personen einen finanziellen Ausgleich für die Arbeitsplatzvernichtung durch die COVID-19-Maßnahmen der Bundesregierung zu gewährleisten und damit ihr ökonomisches Überleben abzusichern, ist aber eine Erhöhung der Nettoersatzrate des Arbeitslosengeldes (inklusive Notstandshilfe) von 55 Prozent auf 70 Prozent dringend notwendig und auch volkswirtschaftspolitisch vernünftig. Dies ist durch eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe inklusive der Familienzuschläge um 30 Prozent (entspricht einer Nettoersatzrate von 70 Prozent) umzusetzen.

Durch diese 15 prozentige Nettorersatzratenerhöhung wird die Kaufkraft und damit auch die innerösterreichische Konjunktur durch vermehrte Konsumausgaben gestärkt. Dies führt wiederum zu vermehrten Einnahmen der Unternehmer, aber auch Steuereinnahmen und schafft dadurch neue Arbeitsplätze bzw. sichert bestehende Arbeitsplätze ab.

Demgegenüber sind die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen der schwarz-grünen Bundesregierung, die von Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) und Sozialminister Rudolf Anschober (Die Grünen) vorgestellt worden sind, absolut untauglich. Ein ‚Arbeitsmarktbonus‘ von lediglich 450 Euro für die Monate Juli bis September, wobei man zwei von diesen drei Monaten durchgehend arbeitslos sein muss, ist weder treffsicher noch sozial. Ganz im Gegenteil, die seit Mitte März durch Regierungsmaßnahmen bewusst produzierte Arbeitslosigkeit wird ignoriert, und man enthält den betroffenen Arbeitnehmern einen gerechten Ausgleich vor. “

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 2. Juli 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch die Abgeordneten Mag. Markus Koza, Mag. Gerald Loacker, August Wöginger, Tanja Graf, Fiona Fiedler, BEd, Alois Stöger, diplômé, Norbert Sieber, Ing. Markus Vogl, Julia Elisabeth Herr, Rebecca Kirchbaumer, Mag. Christian Drobits, Dr. Gudrun Kugler, Bedrana Ribo, MA, Michael Schnedlitz sowie die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend Mag. (FH) Christine Aschbacher und der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober sowie der Ausschussobmann Abgeordneter Josef Muchitsch. Die Verhandlungen wurden vertagt.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 17. September 2020 erneut in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Markus Koza, Mag. Gerald Loacker, Ing. Markus Vogl, Peter Wurm, Lukas Brandweiner, Mag. Klaus Fürlinger, Alois Stöger, diplômé, Dr. Gudrun Kugler sowie die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend Mag. (FH) Christine Aschbacher und der Ausschussobmann Abgeordneter Josef Muchitsch. Die Verhandlungen wurden vertagt.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 11. November 2020 erneut in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Markus Koza, Ing. Markus Vogl, Mag. Verena Nussbaum, Kira Grünberg,
Ralph Schallmeiner, Mag. Gerald Loacker, Dr. Dagmar Belakowitsch und Bettina Zopf sowie die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend Mag. (FH) Christine Aschbacher und der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Stimmenmehrheit
(für den Antrag: S, F, dagegen: V, G, N).

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Bettina Zopf gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2020 11 11

                                   Bettina Zopf                                                                  August Wöginger

                                  Berichterstatterin                                                                Obmannstellvertreter