638 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft

über den Antrag 214/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zum Mercosur-Abkommen

Die Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 22. Jänner 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Seit 1999 verhandelt die EU mit dem Mercosur (die Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) über ein umfangreiches Assoziierungsabkommen. Am 28. Juni 2019 wurde verkündet, eine politische Einigung über den Abkommenstext (‚agreement in principle‘; WK 8483/2019 INIT
EU-Mercosur: Consolidated texts of the trade part of the EU-Mercosur Association Agreement zu 071896/EU XXVI.GP) erzielt zu haben.

Vorweg ist festzuhalten, dass Freihandel an sich für Österreich und seine Unternehmen als Exportnation sehr wichtig ist. Freihandelsabkommen dürfen allerdings nicht zu einer Absenkung von nationalen Lebensmittel-, Umwelt- und Sozialstandards führen und auf Kosten von Klimaschutz und nachhaltiger Entwicklung gehen. Es braucht jedoch transparente Verhandlungen, damit eine breite öffentliche Diskussion über Freihandelsabkommen wie jenem zwischen der EU und Mercosur stattfinden kann. Weiters muss für jeden Abbau von Handelshemmnissen ein Gebot der Fairness gelten, d.h. die hohen europäischen und vor allem österreichischen Qualitätsstandards bei Lebensmitteln müssen unbedingt erhalten bleiben, da in vielen Bereichen, etwa bei Bio-Eigenmarken, die Standards der heimischen Lebensmittelhändler bereits heute höher sind als vom österreichischen Gesetz gefordert. Dieses hohe Niveau und die Top-Qualität unserer heimischen - österreichischen und oftmals regionalen - Produkte dürfen unter keinen Umständen konterkariert werden.

Ein unregulierter Freihandel mit Südamerika würde den europäischen Markt mit 100.000 Tonnen an Rindfleisch und weiteren Agrarrohstoffen überschwemmen. Das wäre zweifelsohne eine Gefahr für unsere kleinstrukturierte österreichische Rinder-Landwirtschaft. Die Standards im Tier- und Pflanzenschutz, unter denen Südamerika aktuell produziert, sind hierfür noch nicht ausreichend. Allein in Brasilien sind mehr als 500 Pestizide genehmigt - darunter sind 150, die in der EU verboten sind. Hinzu kommt: Wenn ein Pestizid in Brasilien einmal registriert ist, verfällt die Lizenz nie und ist auch keinen periodischen Neubewertungen – wie in der EU verpflichtend – unterworfen. Angesichts der Waldbrände in Brasilien wäre es auch fragwürdig, ein Abkommen abzuschließen, das etwa die Abholzung von Regenwald zur Produktion von Wirtschaftsgütern aktiv fördert.

Im Sinne unserer heimischen Landwirtschaft ist es das Gebot der Stunde, dem Mercosur-Abkommen eine klare Absage zu erteilen.“

 

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 9. Februar 2021 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Peter Schmiedlechner die Abgeordneten Alois Kainz,
Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer und
Dietmar Keck sowie der Ausschussobmann Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser und Dipl.-Ing. Olga Voglauer einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Nein zum Mercosur­Abkommen eingebracht, der mit Stimmenmehrheit (für den Antrag: V, G, dagegen: S, F, N) beschlossen wurde.

 

Dieser selbständige Entschließungsantrag war wie folgt begründet:

Die österreichische Bundesregierung unterstützt grundsätzlich eine EU-Handelspolitik, die auf umfassende und ausgewogene internationale Handelsabkommen abzielt. Österreich wirkte bisher, aber auch in Zukunft, auf europäischer und internationaler Ebene protektionistischen Tendenzen entschlossen entgegen. Eine proaktive multilaterale EU-Handelspolitik und die Vertiefung der bilateralen und regionalen Handelsbeziehungen sind von hoher Bedeutung. Eine starke Exportwirtschaft schafft überdies Arbeitsplätze in der EU, insbesondere auch in Österreich, und sichert den Wohlstand. Im Sinne der Versorgungsicherheit ist es besonders wichtig, die landwirtschaftliche Erzeugung Europas zu erhalten. Dies gelingt am besten in einer Ausgewogenheit zwischen der Förderung von fairem internationalem Handel sowie regionaler Produktion und Vermarktung.

Die Bundesregierung bekennt sich dazu, in zukünftigen internationalen Handelsabkommen die hohen europäischen und österreichischen Sozial- Umwelt- Konsumentenschutz- und Lebensmittelstandards zu verteidigen, sowie Transparenz, Rückverfolgbarkeit in den Lieferketten sowie demokratische und nachvollziehbare Kontrollmöglichkeiten, sowie den Schutz der Menschenrechte zu garantieren. Dies beinhaltet u.a.

-       die  vertragliche Verankerung unserer hohen Qualitäts- und Produktstandards in den Handelsabkommen der Europäischen Union zum Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten,

-       die Durchsetzung der europäischen Produktionsstandards als Bedingung für Importe, insbesondere Lebensmittelimporte in die EU (u.a. Tierwohl, kein Raubbau an der Natur, Pestizide, Zusatzstoffe und Hygiene),

-       Transparenz und Rückverfolgbarkeit in den Lieferketten sowie demokratische und nachvollziehbare Kontrollmöglichkeiten,

-       durchsetzbare Standards müssen für soziale Rechte, öffentliche Dienstleistungen und Umwelt- und Klimaschutz sowie gegen Abholzung der Wälder und gegen Sozialdumping und Bodenspekulation in den Handelsverträgen garantiert sein.

-       Internationale Handelsabkommen mit Beteiligung der EU müssen den hohen Standards der EU entsprechen (Menschenrechte, Umweltinteressen, Sustainable Development Goals, Arbeitsrechte).

Die Erfahrungen zeigen, dass eine Ausweitung der Produktion von Soja und Rindfleisch in Brasilien mit der Abholzung von Regenwald einhergeht. Die Folge sind erhöhte Treibhausgasemissionen, Verlust von Biodiversität sowie Verletzungen der Rechte indigener Bevölkerungsgruppen. Der Import landwirtschaftlicher Produkte in die EU darf in Drittstaaten nicht zu umwelt- und klimaschädigenden Maßnahmen oder Verletzung der Menschenrechte beitragen. Damit werden u.a. die Anstrengungen der Europäischen Union und aller beteiligten AkteurInnen, insbesondere der Bäuerinnen und Bauern, konterkariert, bspw. durch eine verstärkte Ökologisierung des Ernährungs- und Landwirtschaftssystems. Die Einhaltung der europäischen Standards, zu denen sich die österreichische Bundesregierung für zukünftige Handelsabkommen bekannt hat, ist u.a. aufgrund der angeführten Probleme durch das Mercosur-Abkommen derzeit nicht gewährleistet.

 

Der den Verhandlungen zu Grunde liegende Entschließungsantrag 214/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit
(für den Antrag: S, F, dagegen: V, G, N).

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.     diesen Bericht hinsichtlich des Entschließungsantrags 214/A(E) zur Kenntnis nehmen und

2.     die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2021 02 09

                        Dipl.-Ing. Olga Voglauer                                               Dipl.-Ing. Georg Strasser

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann