Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

1. Mit Klage vom 23. März 2018 beantragte die Europäische Kommission beim EuGH die Feststellung, dass die Republik Österreich im Bereich des Patentanwaltsrechts gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 14 Nr. 1, Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b und c und Abs. 3 sowie Art. 25 der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt (im Folgenden „Dienstleistungsrichtlinie“) ABl. Nr. L 376 vom 12.12.2006 S. 36, und aus den Art. 49 und 56 AEUV verstoßen habe.

Laut EuGH-Urteil vom 29.07.2019, Rs. C-209/18, Europäische Kommission/Republik Österreich, liegen folgende drei Verstöße gegen die Richtlinie 2006/123/EG vor:

             - unzulässige Anforderungen an den Ort des Sitzes für Patentanwalts-Gesellschaften

             - unzulässige Anforderungen an die Rechtsform und die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen für Patentanwalts-Gesellschaften

             - Beschränkung multidisziplinärer Tätigkeiten für Patentanwalts-Gesellschaften.

Der EuGH ist in seinem Urteil in wesentlichen Teilen der Ansicht der Kommission gefolgt.

Das Patentanwaltsgesetz wurde zuletzt durch die Novelle BGBl. I Nr. 39/2019 (im Folgenden „Novelle“) novelliert. Die Prüfung und das Urteil des EuGH erfolgte auf Basis des Patentanwaltsgesetzes in der Fassung vor der jüngsten Novelle, da das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen ist, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde, und dass später etwa eingetretene Veränderungen vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden können.

Aus der Analyse und Evaluierung des EuGH-Urteils ergibt sich, dass das Patentanwaltsgesetz auch in der seit der Novelle BGBl. I Nr. 39/2019 geltenden Fassung zu novellieren ist. Insbesondere sind im Lichte des Urteils des EuGH jene Regelungen, die Beschränkungen in Bezug auf den Sitz, die Rechtsform und die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen von Patentanwaltsgesellschaften vorsehen, richtlinienkonform zu gestalten. Daneben ist auch die Möglichkeit multidisziplinärer Tätigkeiten für Patentanwaltsgesellschaften vorzusehen.

2. Nach der Richtlinie (EU) 2018/958 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen, ABl. Nr. L 173 vom 9.7.2018, S. 25, sind die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, vor der Einführung neuer oder der Änderung bestehender Rechts- und Verwaltungsvorschriften, mit denen der Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung beschränkt wird, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen. Dabei bedarf es einer Beurteilung, ob solche in Aussicht genommene Regelungen durch Ziele des Allgemeininteresses gerechtfertigt und für die Verwirklichung des angestrebten Ziels geeignet sind; zu prüfen ist ferner das Nichtvorliegen einer direkten oder indirekten Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes.

Diese Richtlinie soll durch ein Bundesgesetz über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlassung neuer Berufsreglementierungen (Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetz – VPG), das derzeit als Ministerialentwurf (47/ME) vorliegt, umgesetzt werden. Dieses Gesetz soll auch für die durch die Organe der Patentanwaltskammer zu erlassenden einschlägigen Normen gelten, weshalb von einer sektoralen Umsetzung im Patentanwaltsgesetz abgesehen wird. In der gegenständlichen Novelle sollen lediglich ergänzende Bestimmungen in Bezug auf die Zuständigkeit für die durchzuführende Verhältnismäßigkeitsprüfung sowie zum erforderlichen Begutachtungsverfahren aufgenommen werden.

3. Zur Ermöglichung von Beratungen und der Herstellung der Beschlussfähigkeit von Organen der Patentanwaltskammer in Fällen, in denen nicht alle oder einzelne Teilnehmer physisch anwesend sein können, sollen Sitzungen auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchgeführt und Beschlüsse mittels Videokonferenz gefasst werden können. Darüber hinaus soll dem Vorstand in einfacheren Angelegenheiten die Beschlussfassung auch im Umlaufweg ermöglicht werden. Ferner soll die Pauschalvergütung für die Beiordnung von Patentanwälten inflationsangepasst erhöht werden.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Gesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 8 B–VG (Angelegenheiten der Patentanwälte).

Besonderer Teil

Zu Z 1 und 2 (§ 1a Abs. 2 Z 4 und Abs. 4):

Im Hinblick auf die in § 29d geregelten Erfordernisse betreffend Patentanwalts-Gesellschaften waren die entsprechenden Zitierungen zu ergänzen.

Zu Z 3 (§ 1a Abs. 8):

Gemäß § 1a Abs. 7 gelten die Patentanwälte betreffenden Vorschriften sinngemäß auch für Patentanwalts-Gesellschaften. Nach dem neuen § 29a Z 5 haben sich Gesellschafter, die keinen Patentanwaltsberuf ausüben, zur Einhaltung der für Patentanwälte geltenden Standesregeln vertraglich zu verpflichten. Ein Verstoß dieser Gesellschafter gegen die Standesregeln ist nicht mit einer unmittelbaren gesetzlichen Sanktion belegt und eine solche allenfalls im Gesellschaftsvertrag zu regeln.

Abs. 8 dient lediglich der Klarstellung, dass auch Patentanwalts-Gesellschaften den Disziplinarbestimmungen (Abschnitt V) unterliegen und in weiterer Folge auch bei Gesellschaftern, die sich zur Einhaltung der Standesregeln vertraglich verpflichten, standeswidriges Verhalten, welches der Patentanwalts-Gesellschaft als solcher zuzurechnen ist, ebenfalls nach den für Patentanwälte geltenden Disziplinarbestimmungen gegenüber der Gesellschaft sanktioniert werden kann. Disziplinarstrafen, wie etwa schriftliche Verweise; Geldstrafen, die Einstellung der Ausübung des Patentanwaltsberufs bis zur Dauer eines Jahres sowie der Ausschluss von der Ausübung des Patentanwaltsberufes, können auch gegenüber Patentanwalts-Gesellschaften ausgesprochen werden.

Zu Z 4 (§ 2 Abs. 1 lit. c):

Korrespondierend mit § 2 Abs. 2, wonach die Staatsangehörigkeit eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft der österreichischen Staatsbürgerschaft gleichzuhalten ist, und der in § 25 Abs. 1 enthaltenen Definition des Kanzleisitzes wird das Erfordernis betreffend den ständigen Kanzleisitz räumlich auf die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und die Schweizer Eidgenossenschaft ausgedehnt.

Zu Z 5 (§ 24 Abs. 2):

Die Pauschalvergütung für die Beiordnung von Patentanwälten zur unentgeltlichen Vertretung von Parteien war ursprünglich an die Anmeldegebühr gekoppelt und betrug das Einhundertfünzigfache derselben. Aufgrund einer Änderung des Gebührensystems wurde mit der Novelle zum Patentanwaltsgesetz BGBl I Nr. 15/2008 diese Vergütung von der Anmeldegebühr entkoppelt und ziffernmäßig mit dem seinerzeit errechneten Wert von 7 500 € festgelegt.

Da die Pauschalvergütung seit 1983 der Höhe nach unverändert blieb, soll sie nunmehr inflationsangepasst annähernd verdoppelt werden (Veränderungsrate auf Grundlage des Verbraucherpreisindex 1976 seit 1983: 125 %). Um in Hinkunft weitere inflationsbedingte Anpassungen entbehrlich zu machen, wird die Vergütung an die Recherchen- und Prüfungsgebühr des Patentamts-Gebührengesetzes, BGBl. I Nr. 149/2004 gekoppelt. Das Fünfzigfache dieser Gebühr beträgt derzeit 14 600 €.

Zu Z 6 (§ 25 Abs. 1):

In dieser Bestimmung, die lediglich eine Definition des Begriffs „Kanzleisitz“ enthält, wird der nicht erforderliche örtliche Bezug gestrichen.

Zu Z 7 (§ 29a):

Zum ersten Klagsgrund führte der EuGH in seinem Urteil C-209/18 aus, dass sich aus dem bisherigen § 29a Z 7 (idF vor Inkrafttreten der Novelle; danach § 29a Z 5) im Zusammenhang mit § 2 Abs. 1 lit. c für Patentanwalts-Gesellschaften die Pflicht ergebe, ihren satzungsmäßigen Sitz in Österreich zu haben, was gegen Art. 14 der Dienstleistungsrichtlinie verstoße. Die nunmehrige, der vormaligen Z 7 entsprechende Z 5 betreffend die Regelung über den Sitz bzw. Kanzleisitz von Patentanwalts-Gesellschaften soll daher zur Gänze entfallen.

Hinsichtlich des zweiten Klagsgrundes stellte der EuGH fest, dass die Anforderungen, die für Patentanwälte in Bezug auf die Beteiligung am Vermögen gelten, insofern gegen Art. 15 der Dienstleistungsrichtlinie verstoßen, als nur Patentanwälte selbst, manche ihrer nächsten Angehörigen und von diesen natürlichen Personen errichtete Stiftungen an einer Patentanwaltsgesellschaft beteiligt sein dürfen (§ 29a Z 1 idF vor Inkrafttreten der Novelle), während diese Möglichkeit für einschlägig tätige Gesellschaften, die in anderen Mitgliedstaaten als der Republik Österreich niedergelassen sind, nicht vorgesehen ist. Ferner sei geregelt, dass den Patentanwälten in einer solchen Gesellschaft ein bestimmender Einfluss zukommen müsse (§ 29a Z 11 idF vor Inkrafttreten der Novelle).

Die vom Erkenntnis des EuGH als Verstoß gegen Art. 25 der Dienstleistungsrichtlinie erkannte Beschränkung der Tätigkeit von Patentanwalts-Gesellschaften auf die Ausübung des Patentanwaltsberufs einschließlich der erforderlichen Hilfstätigkeiten und der Verwaltung des Gesellschaftsvermögens (§ 29a Z 6 idF vor Inkrafttreten der Novelle) sowie die Bestimmung, dass Patentanwälten in einer Patentanwalts-Gesellschaft ein bestimmender Einfluss zukommen müsse (§ 29a Z 11 idF vor Inkrafttreten der Novelle), wurden bereits aufgehoben.

In § 29a Z 1 wurde nunmehr im Sinne der erforderlichen Liberalisierung die Möglichkeit, Gesellschafter einer Patentanwalts-Gesellschaft zu werden, neben den in die Liste der Patentanwaltskammer eingetragenen Patentanwälten auch auf natürliche Personen und Gesellschaften, mit denen Patentanwälte gemäß § 29d Abs. 1 beruflich zusammenarbeiten (lit. a; vgl. die Erläuterungen zu Z 8) sowie auf andere natürliche Personen und Gesellschaften, die in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Vertragsstaat des EWR oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft niedergelassen sind, ausgedehnt (lit. b). Die bisher für Rechtsnachfolger eines verstorbenen Gesellschafters vorgesehenen Sonderbestimmungen konnten daher ersatzlos entfallen.

Z 2 war im Hinblick auf die Erweiterung des Gesellschafterkreises und die Ermöglichung der beruflichen Zusammenarbeit mit anderen Berufsträgern (vgl. § 29d) dahingehend anzupassen, dass die organschaftliche Vertretung und Geschäftsführung der Gesellschaft für den Bereich der patentanwaltlichen Tätigkeiten ausnahmslos durch Gesellschafter mit aufrechter Patentanwaltsbefugnis erfolgen kann.

Die in der bisherigen Z 3 enthaltene Regelung erweist sich im Hinblick auf die neue Z 4 insofern als redundant, als durch die vorübergehende Einstellung der Ausübung des Berufs eines Gesellschafters gemäß Z 1 lit. a dieser Gesellschafter zu einem solchen gemäß Z 1 lit. b wird und damit auch nach Z 4 keine Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis mehr hat. Die bisherige Z 3 konnte mithin ersatzlos entfallen.

Die bisherige Z 4 wird zu Z 3 und bleibt inhaltlich unverändert. Ferner wurde der zweite Satz der bisherigen Z 2 mit einer durch die Erweiterung des Gesellschafterkreises erforderlichen Umformulierung als neue Z 4 übernommen.

Zur Sicherstellung, dass die Unabhängigkeit und die Unparteilichkeit, die bestimmte Tätigkeiten der Patentanwalts-Gesellschaft erfordern, gewährleistet sind, sowie die Anforderungen allfälliger Standesregeln und die Verhaltensweisen der Gesellschafter hinsichtlich verschiedener Tätigkeiten der Gesellschaft insbesondere im Hinblick auf das Berufsgeheimnis miteinander vereinbar sind, wurde in Z 5 normiert, dass Gesellschafter, die keinen Patentanwaltsberuf ausüben, zur Einhaltung dessen Standesregeln vertraglich zu verpflichten sind und Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern, die diesen Standesregeln widersprechen, unwirksam sind.

Dem gleichen Gedanken folgend sowie zur Erhaltung der insbesondere für Konsumenten notwendigen Dienstleistungsqualität normiert Z 6, dass über die fachlichen Fragen der Berufsausübung der Patentanwalts-Gesellschaft in den jeweils zuständigen Geschäftsorganen ausschließlich die Gesellschafter, die eine entsprechende Berufsbefugnis innehaben, entscheiden können. Darüber hinaus wird der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der fachlich befugten Gesellschafter insofern Rechnung getragen, als gegen deren Willen keine Entscheidung getroffen werden kann, sofern der Gegenstand der Entscheidung einschlägige Befugnis erfordert. Jedenfalls ist die Unabhängigkeit der Patentanwälte bei der Ausübung ihres Patentanwaltsberufs zu gewährleisten. Eine in der bisherigen Z 9 enthaltene Bestimmung mit vergleichbarem Regelungsziel konnte daher ersatzlos entfallen.

Z 7 entspricht dem zweiten Satz der bisherigen Z 8 und bleibt unverändert. Der erste Satz der bisherigen Z 8 konnte im Hinblick auf die Erweiterung des Gesellschafterkreises und Regelung der Vertretung und Geschäftsführung einer Patentanwalts-Gesellschaft in Z 2 ersatzlos entfallen. Die in der bisherigen Z 7 enthaltene Regelung erweist sich im Hinblick auf die Erweiterung des Gesellschafterkreises und die neue Z 4 als obsolet.

Zur Sicherstellung der Dienstleistungsqualität und vor allem der Objektivität und Unabhängigkeit des Berufsstandes der Patentanwälte wird in Z 8 geregelt, dass mindestens die Hälfte des Kapitalanteils an der Gesellschaft von Gesellschaftern, die den Patentanwaltsberuf befugt ausüben, gehalten werden muss und somit die Beteiligung berufsfremder Personen oder Gesellschaften an Patentanwalts-Gesellschaften das Ausmaß von 50 % nicht übersteigen darf.

In Z 9 hatten im Hinblick auf die Erweiterung des Gesellschafterkreises in Z 1 bis auf den ersten sprachlich angepassten Halbsatz die Regelungen betreffend Patentanwalts-Partnerschaften, deren einziger Komplementär eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist, zu entfallen. Die in der bisherigen Z 9 enthaltenen Regelungen finden sich sinngemäß in der neuen Z 6 wieder.

Z 10 stellt ergänzend sicher, dass die der Patentanwalts-Gesellschaft gemäß § 16 zukommenden Befugnisse der Patentanwälte zur berufsmäßigen Beratung und Vertretung ausschließlich durch Personen ausgeübt werden kann, denen die dem Patentanwaltsberuf vorbehaltenen Befugnisse zukommen. Die einem Patentanwaltsanwärter oder sonstigen Angestellten einer Patentanwalts-Gesellschaft zustehenden Befugnisse gemäß §§ 26 bis 29, wie etwa die Ermächtigung fachlich befähigter Angestellter zu Besprechungen, zur Entgegennahme von Aufträgen, zur Akteneinsicht und zur Empfangnahme von Urkunden und Erledigungen oder die Berechtigung eines Patentanwalts, sich unter seiner Verantwortung von einem bei ihm beschäftigten Patentanwaltsanwärter vertreten zu lassen, sollen unberührt bleiben.

Die vor der Einführung neuer oder der Änderung bestehender Rechts- und Verwaltungsvorschriften, mit denen der Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung beschränkt wird, durchgeführte Verhältnismäßigkeitsprüfung lässt zunächst die im Entwurf formulierten Beschränkungen als erforderlich erscheinen:

Der patentanwaltliche Beruf ist ein freier Beruf mit eigenen beruflichen Standesregeln, der unter anderem zur berufsmäßigen Beratung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes, ferner zur berufsmäßigen Vertretung vor dem Patentamt, in Rechtsmittelverfahren gegen Entscheidungen des Patentamts vor dem Oberlandesgericht Wien sowie zur berufsmäßigen Erstellung von Gutachten und zur Tätigkeit als Sachverständiger berechtigt. Darüber hinaus werden Patentanwälte auch für die fachmännische Zusammenstellung von Senaten von Gerichten (zB. Oberlandesgericht Wien; Oberster Gerichtshof) im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes herangezogen.

Im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit – und mit dieser notwendigerweise untrennbar verbunden – besteht die Verpflichtung der Patentanwälte, übernommene Vertretungen mit Gewissenhaftigkeit zu führen und die Interessen der Parteien mit Eifer und Treue zu wahren. Die besondere patentanwaltliche Verschwiegenheitspflicht führt sogar dazu, dass diesem Berufsstand ein originäres Zeugnisverweigerungsrecht vor den Gerichten und vor den Verwaltungsbehörden zusteht.

Der EuGH hat in seinem Urteil C-209/18 wiederholt die Ziele des Schutzes von Dienstleistungsempfängern und der Sicherstellung der Dienstleistungsqualität als zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkannt, die eine Beschränkung der unionsrechtlich verbürgten Freiheiten rechtfertigen können. Der Gerichtshof räumt zudem ein, dass die Gewährleistung der Objektivität und Unabhängigkeit des Berufsstandes sowie die Sicherstellung von Rechtssicherheit in Zusammenhang mit den genannten Zielen stehen.

Patentanwaltliche Dienstleistungen müssen zunächst vor allem im Sinne des Klienten- und Konsumentenschutzes unabhängig von den Interessen anderer Schutzrechtsinhaber sowie davon verschiedenen Herstellern, Konzernen und Investoren erbracht werden. Geforderte Objektivität und Unabhängigkeit sind auch Grundbedingung für das Vertrauensverhältnis zwischen Patentanwälten und Mandanten. Dieses Vertrauensverhältnis würde massiv beeinträchtigt werden, wenn man es dem einzelnen Patentanwalt erlauben würde, sich im Ergebnis mit einzelnen Berufsgruppen zu verbinden und gemeinsame Dienste in einer Berufsausübungsgemeinschaft anzubieten, ohne sicherzustellen, dass diese Grundforderungen an die patentanwaltliche Tätigkeit erfüllt werden. Darüber hinaus ist die Garantie der Unabhängigkeit auch im Zusammenhang mit Sachverständigengutachten und mit der Teilnahme an der geordneten Rechtspflege unabdingbar.

Wäre der Berufsstand von wirtschaftlichen Einmischungen und Zwängen abhängig, würde dies einerseits die Qualität seiner Leistungen gefährden, andererseits würde der mit der Aufnahme von berufsfremden Wagniskapitalgebern einhergehende wirtschaftliche Druck auf die patentanwaltlichen Berufsträger sich mit dem Grundverständnis der uneingeschränkten Unabhängigkeit nicht in Einklang bringen lassen.

Das grundlegendste Erfordernis zur Erreichung des Schutzes von Dienstleistungsempfängern, der Sicherstellung der Dienstleistungsqualität und der ungefährdeten Gewährleistung der Objektivität und Unabhängigkeit des Berufsstandes ist, die unabhängige Entscheidungsmöglichkeit und die Unparteilichkeit von Patentanwälten unter allen Umständen von äußeren oder durch die Vergesellschaftung entstandenen Einflüssen freizuhalten. Bloße Kommerzialisierungsgesichtspunkte würden eine Beeinträchtigung der Frage der beruflichen Unabhängigkeit nicht rechtfertigen.

Die in § 29a vorgesehenen Änderungen führen neben bisherigen Normen, bei denen vorhandene Beschränkungen zum Teil aufgehoben werden, auch Normen ein, die durch neue Grundsätze zur Regelung der gesellschaftlichen Organisation zu Beschränkungen führen.

1. Strikte Standesregeln des Berufsstands der Patentanwälte reichen zur Erreichung der Ziele der Unabhängigkeit und der Vertraulichkeit bei Patentanwälten aus, andere Berufsgruppen sind jedoch keinen oder in seltenen Fällen oft unterschiedlichen Standesregeln unterworfen, weshalb Gesellschafter, die keinen Patentanwaltsberuf ausüben, zur Einhaltung dessen Standesregeln vertraglich zu verpflichten sein sollen.

2. Viele spezialisierte Berufe benötigen zur Berechtigung der Berufsausübung bestimmte Qualifikationen. Im Sinne der interdisziplinären Zusammenarbeit können Angehörige verschiedenster Berufe vergesellschaftet und damit vertretungsbefugte Gesellschafter werden. Insbesondere bei Patentanwalts-Gesellschaften, denen als solchen etwa ebenso wie natürlichen Personen Vollmacht erteilt werden kann und die im Zusammenhang mit jenen dem Patentanwaltsberuf vorbehaltenen berufsmäßigen Tätigkeiten wie Patentanwälte zu behandeln sind, ist es einerseits aus Gründen der Dienstleistungsqualität und andererseits aus dem bestehenden Verbot der Winkelschreiberei (§ 78 Patentgesetz) geboten, die Geschäftsführung für den Bereich der patentanwaltlichen Tätigkeiten auf Gesellschafter mit aufrechter Patentanwaltsbefugnis zu beschränken. Zur weiteren Sicherstellung der Dienstleistungsqualität sollen darüber hinaus (ausschließlich) über fachliche Fragen der jeweiligen Berufsausübung nur jene Gesellschafter entscheiden, die die entsprechende berufliche Befugnis und Qualifikation innehaben, und gegen deren Willen keine Entscheidung getroffen werden dürfen. Die einer Patentanwalts-Gesellschaft gemäß § 16 zukommenden patentanwaltlichen Befugnisse zur berufsmäßigen Beratung und Vertretung soll ausschließlich durch Personen ausgeübt werden können, denen die dem Patentanwaltsberuf vorbehaltenen Befugnisse zukommen.

3. Ferner soll die Regelung der Beteiligung berufsfremder Personen oder Gesellschaften an Patentanwalts-Gesellschaften im Ausmaß von nicht mehr als 50% neben der Dienstleistungsqualität vor allem die Objektivität und Unabhängigkeit des Berufsstandes sicherstellen.

Nach ihrer Eintragung firmiert die Gesellschaft als „Patentanwalts-Gesellschaft“. Demgemäß wird im Rechtsverkehr die Erwartung geweckt und sollen Mandanten darauf vertrauen können, dass Patentanwälte den Charakter der Gesellschaft, gegebenenfalls neben anderen Berufsträgern bzw. Gesellschaftern, in nennenswerter Weise prägen. Wenn in einer Gesellschaft mehr als die Hälfte des Kapitals von Nicht-Patentanwälten gehalten wird, besteht eine Gefährdung der oben genannten Schutzzwecke, insbesondere die der mit dem Patentanwaltsberuf untrennbar verbundenen notwendigen Wahrung von Objektivität und Unabhängigkeit, weil die Ziele der Gesellschaft und der Weg zur Erreichung dieser Ziele nicht mehr ausschließlich durch Patentanwälte bestimmt werden können, sondern die Interessen anderer Berufsträger bzw. der Kapitalgeber befriedigt werden müssen. Geschäftsführer könnten von Investoren durch gesetzwidrige Weisungen oder die Androhung der Abberufung unter Druck gesetzt werden und daher zu dem Schutzziel widersprechenden Entscheidungen gezwungen werden.

Den patentanwaltlichen Berufsträgern soll es mithin möglich sein, Änderungen des Gesellschaftsvertrages bzw. der Satzung, durch welche die Beachtung des Berufsrechts der Patentanwälte durch alle anderen Gesellschafter in Frage gestellt würde, zu verhindern.

Patentanwälte haben ausschließlich die Interessen ihrer Mandanten zu vertreten und tun dies auch in ihrem eigenen Interesse, um weitere Aufträge zu erhalten. Investoren hingegen haben per se vorrangig zum Ziel, hohe Renditen aus der Gesellschaft zu lukrieren. Dieses Ziel steht den Interessen der Mandanten und Konsumenten, die diese Renditen letztlich mitfinanzieren, häufig entgegen. Auch wenn Patentanwälte ebenfalls das Ziel verfolgen, Gewinne zu erzielen, ist in erster Linie deren Handeln von Unabhängigkeit und Objektivität und nicht nur von rein wirtschaftlichen Zwecken bestimmt. Durch ihr Berufsrecht und ihre standesrechtlichen Verpflichtungen steht die Gewinnerzielungsabsicht nicht im Vordergrund. Zudem kann ein Verstoß gegen einschlägige Rechtsnormen insbesondere der Standesregeln bis zum Ausschluss von der Ausübung des Patentanwaltsberufes und damit zu einem Verlust der beruflichen Existenz führen. Für berufsfremde Personen besteht hingegen nur das Risiko eines Investitionsverlusts. Vor diesem Hintergrund ist die Gefahr der Nichteinhaltung berufsrechtlicher Vorschriften (und damit verbunden eine Gefährdung der erwähnten Schutzziele) durch andere Berufsgruppen bzw. reine Kapitalgeber ungleich höher. Patentanwalts-Gesellschaften, hinter denen kaum mehr Patentanwälte stehen, könnten hohe Gewinne ohne Gefährdung ihrer beruflichen Zukunft und daher unter Vernachlässigung der Dienstleistungsqualität erzielen.

Um die Unabhängigkeit und Objektivität der Berufsausübung zu erhalten und die Gefahr einer ausschließlich auf Gewinnerzielung gerichteten Fremdbestimmung wirksam zu verhindern, ist es unumgänglich, dass Patentanwälte und/oder Patentanwalts-Gesellschaften mindestens die Hälfte des Kapitals innehaben. Die zur Sicherstellung der Dienstleistungsqualität geplante Regelung, dass über fachliche Fragen der jeweiligen Berufsausübung nur jene Gesellschafter entscheiden, die die entsprechende berufliche Befugnis und Qualifikation innehaben, bietet für sich alleine keine gleichwertige Garantie, um auch die Unabhängigkeit und Objektivität der Berufsausübung zu sichern. Und auch wenn in einem Gesellschaftsvertrag aufgenommen würde, dass andere Berufsträger bzw. Gesellschafter Berufspflichten nach patentanwaltlichen Standesregeln einzuhalten hätten, wäre ein Verstoß gegen anwaltliche Berufspflichten hier lediglich einer Sanktionierung im Gesellschaftsverhältnis unterworfen, sei es durch eine Vertragsstrafe oder die Entziehung von Anteilen.

Die oben dargestellten Beschränkungen sind im Hinblick auf Schutzzweck und Eignung zur Erreichung der Schutzziele auch verhältnismäßig:

1. Ein Verstoß gegen die patentanwaltlichen Pflichten, insbesondere der Verschwiegenheitspflicht, die auch die Patentanwalts-Gesellschaft und ihre Gesellschafter trifft, ist im Regelfall nur beim Patentanwalt und allenfalls bei anderen reglementierten Berufen im Wege von Standesregeln mit Sanktionen bedroht, weshalb eine prohibitive Maßnahme erforderlich ist, die auch andere Gesellschafter von einem solchen Verstoß abzuhalten geeignet ist.

Besondere Versicherungs- oder Gewährleistungsregeln, wie sie bereits existieren, sind zur Vermeidung des Eintritts eines Verstoßes gegen diese Pflicht nicht geeignet, denn sie wirken einerseits nicht prohibitiv gegen den Handelnden und greifen andererseits erst dann, wenn der Schadensfall eingetreten ist.

Als Alternative, eine Regelung mit gesetzlichen Sanktionen bei Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht zu schaffen, ist die Maßnahme der Verpflichtung zur vertraglichen Einhaltung der Pflichten und der eigenverantwortlichen Gestaltung von sinnvollen Sanktionsmaßnahmen durch die Gesellschafter der Gesellschaft selbst, insbesondere bei Gefahr der Eröffnung von Disziplinarverfahren gegen die Gesellschaft, das am wenigsten in die Gestaltung der Gesellschaft und ihrer Dienstleistungen eingreifende Mittel.

2. Bestimmte Tätigkeiten auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes können und dürfen ex lege nur von (speziell und intensiv ausgebildeten) Patentanwälten ausgeübt werden. Gleiches oder ähnliches gilt auch für manche anderen Berufsgruppen, mit denen Patentanwälte vergesellschaftet sein können.

Um die Dienstleistungsqualität abzusichern und Schadenseintritte von vornherein abzuwenden sowie um der geforderten Entscheidungsunabhängigkeit zumindest in Fachfragen nachzukommen, sind Maßnahmen erforderlich, welche im Fall, dass die Gesellschaft patentanwaltliche Tätigkeiten berufsmäßig ausübt bzw. die fachliche Berufsausübung nur mit spezieller Fachkompetenz durchgeführt werden kann, geeignet sind, die betreffenden Handlungen und Entscheidungen der Gesellschaft von Personen mit der geforderten Befugnis bzw. Fachkompetenz treffen zu lassen.

Besondere Versicherungs- oder Gewährleistungsregeln bieten, wie oben dargestellt, keine vorbeugende Sicherheit; gesetzliche Regelungen wie beim Patentanwalt etwa das Verbot der Winkelschreiberei reichen nur aus, die Handlungen der Gesellschaft nach außen hin zu beeinflussen. Zur Vermeidung, dass Handlungen und Entscheidungen der Gesellschaft in ausschließlich fachlichen Fragen ohne die geforderte Fachkompetenz bzw. ohne die geforderten gesetzlichen Voraussetzungen zur Berufsausübung bereits von vornherein im Innenverhältnis getroffen werden, ist es unabdingbar, diese Entscheidungen durch fachkompetente Gesellschafter treffen zu lassen. Nur durch die geplanten Maßnahmen ist es möglich, Mandanten ohne widerstehende Gesellschafterbeschlüsse oder Weisungen berücksichtigen zu müssen, auf die bestmögliche Weise unabhängig und qualitativ hochwertig zu vertreten und etwa in den Besitz starker gewerblicher Schutzrechte zu bringen oder allfällige Klagen gegen ihre Schutzrechte abzuwehren.

3. Die Beteiligungsregeln leisten ihren Beitrag zu allen der vorgenannten Schutzziele, dienen jedoch in erster Linie der Erreichung der erforderlichen Objektivität und Unabhängigkeit, da die zu Pkt. 1 und 2 dargestellten neuen Grundsätze alleine nicht weitreichend genug sind und lediglich eine begleitende Maßnahme darstellen, das geforderte Schutzziel zu erreichen.

Hinsichtlich der vertraglichen Verpflichtung von Berufsfremden, die patentanwaltlichen Standesregeln einzuhalten, ist zunächst festzuhalten, dass Berufsfremde per se nahezu regelmäßig nicht der Disziplinarhoheit der Patentanwaltskammer unterliegen und somit gegen diese bei einem Verstoß gegen Standesregeln auch kein Disziplinarverfahren mit weitreichenden Sanktionen durchgeführt werden kann. Die Einhaltung der Standesregeln könnte somit allenfalls aufgrund der vertraglichen Verpflichtung zivilrechtlich durchgesetzt werden. Ob es tatsächlich zu einer Sanktionierung eines Pflichtenverstoßes eines nichtpatentanwaltlichen Gesellschafters kommt, hängt jedenfalls allein von dem Willen der Mitgesellschafter ab, die auf die Geltendmachung einer Vertragsstrafe oder die Entziehung von Anteilen freilich auch verzichten können. Reine gesellschaftsvertragliche Beschränkungen bieten keine ausreichende Möglichkeit zur Erreichung des Schutzziels, da ihre Einhaltung letztendlich – zeitaufwändig und mit hohen Prozesskosten verbunden – gerichtlich erzwungen werden muss bzw. Gesellschafterbeschlüsse bei Nichteinhaltung angefochten werden könnten. Von Kapitalinteressen gesteuerte Entscheidungen gegen die Unabhängigkeit und Objektivität werden durch diese Maßnahme nicht von vornherein verhindert und allfälligen Schadenseintritten in keinster Weise vorausschauend vorgebeugt, sondern könnten diese allenfalls nachträglich angefochten werden.

Hinsichtlich einer Regelung, dass über die fachlichen Fragen der Berufsausübung nur mit spezieller Fachkompetenz entschieden werden soll, ist allenfalls die Objektivität und Unabhängigkeit in eben jenen fachlichen Fragen gewährleistet, nicht jedoch in allen anderen Fragen. Hinsichtlich einer Maßnahme, die nur Versicherungs- oder Gewährleistungsregeln umfasst, ist neben den obigen Feststellungen auch auf die Auffassung des EuGH Bedacht zu nehmen, wonach die Gefahren für die berufliche Unabhängigkeit durch eine Versicherungspflicht nicht beseitigt werden können (C- 171/07 und C-172/07).

Eine Kapitalmehrheit im Besitz von Berufsfremden schafft jedenfalls ein Machtverhältnis, das die Unabhängigkeit der Patentanwälte im Zusammenhang mit ihrer Beratungs- und Vertretungstätigkeit sowie als Teil der geordneten Rechtspflege als nicht ausreichend gewährleistet erscheinen lässt. Andere „gelinde Mittel“ sind nicht in vollem Maße wirksam und haben kaum vorbeugenden, schadensabwehrenden Charakter, weil erst nach Eintritt des schutzzielwidrigen Zustands der Zivilrechtsweg beschritten werden kann, der zudem oft nur mit hohem Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist. Es gibt daher kein gelinderes Mittel, das auch nur annähernd im gleichen Ausmaß vollumfänglich geeignet wäre, die Schutzziele zu erreichen.

Zu Z 8 (§ 29d):

Der neue § 29d betrifft die vom EuGH festgestellte und gegen Art. 25 der Dienstleistungsrichtlinie verstoßende Beschränkung multidisziplinärer Tätigkeiten für Patentanwalts-Gesellschaften und regelt nunmehr die berufliche Zusammenarbeit von in die Liste der Patentanwaltskammer eingetragenen Patentanwälten mit den verschiedenen Berufsgruppen.

Die in diesem Zusammenhang vom Urteil des EuGH angesprochene Beschränkung der Tätigkeit von Patentanwalts-Gesellschaften (§ 29a Z 6 idF vor Inkrafttreten der Novelle) wurde bereits aufgehoben (vgl. die Erläuterungen zu Z 7).

Nunmehr wird die der beruflichen Zusammenarbeit dienende Vergesellschaftung der in die Liste der Patentanwaltskammer eingetragenen Patentanwälte mit in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Vertragsstaat des EWR oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft niedergelassen natürlichen Personen und Gesellschaften ermöglicht, sofern die entsprechende berufliche Tätigkeit dort befugt ausgeübt wird. Während Z 1 und 3 von Abs. 1 die Zusammenarbeit mit Personen, die den Patentanwaltsberuf ausüben, betrifft, regelt Z 2 und 4 die Zusammenarbeit mit anderen, auch nicht reglementierten Berufsgruppen. In diesem Kontext beziehen sich daher Begriffe und Wendungen wie etwa ‚berufliche Befugnisse‘, ‚Berufsrecht‘ und ‚befugt ausüben‘ auf sämtliche innerhalb der Gesellschaft selbständig ausgeübten beruflichen Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um einen reglementierten Beruf oder um die Ausübung eines reglementierten oder freien Gewerbes handelt.

Bei beruflicher Zusammenarbeit mit Gesellschaftern aus anderen Berufen wird ergänzend zu den Vorschriften für Firma oder Bezeichnung einer den Patentanwaltsberuf ausübenden Patentanwalts-Gesellschaft (§ 1b) in Abs. 2 vorgesehen, dass die Firma oder die Bezeichnung auch einen Hinweis auf die anderen ausgeübten Berufe zu enthalten hat. Darüber hinaus können die Namen von Gesellschaftern aus den anderen zulässigen Berufsgruppen in die Firma oder die Bezeichnung einer Patentanwalts-Gesellschaft zusätzlich aufgenommen werden.

In Abs. 3 wird klargestellt, dass Patentanwalts-Gesellschaften, abhängig davon, welche zusätzlichen Berufe sie ausüben, den diesbezüglichen inländischen Berufsvorschriften unterliegen (Z 1) und Mitglied in den anderen jeweils zuständigen Interessensvertretungen zu sein haben, sofern eine derartige Interessensvertretung existiert (Z 2). Darüber hinaus wurde ergänzend zu § 18 Abs. 1, wonach Patentanwälte die Beratung oder Vertretung einer Partei ablehnen müssen, wenn sie die Gegenpartei in dieser oder in einer damit unmittelbar zusammenhängenden Sache vertreten oder vertreten haben oder wenn sie gewahr werden, dass die Beratung oder Vertretung sie mit übernommenen Pflichten in Widerstreit bringen könnten, normiert, dass keine Mandanten vertreten werden dürfen, deren Interessen durch Ausübung der Berufsbefugnis und anderer beruflicher Tätigkeiten der Gesellschaft und der Gesellschafter einander widerstreiten (Z 3).

Im Hinblick darauf, dass der Unternehmensgegenstand der Patentanwalts-Gesellschaft aufgrund der im Zusammenhang mit der Ermöglichung der beruflichen Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Berufe nicht mehr nur auf die Ausübung des Patentanwaltsberufs einschließlich der erforderlichen Hilfstätigkeiten und der Verwaltung des Gesellschaftsvermögens beschränkt ist, war auch die Beschränkung des Kreises der Liquidatoren auf Patentanwälte aufzuheben (bisheriger § 29d).

Zu Z 9 und 11 (§ 34 Abs. 1 und § 35 Abs. 1):

Zur Ermöglichung der Abhaltung der Hauptversammlung, von Beratungen und der Herstellung der Beschlussfähigkeit der Organe der Patentanwaltskammer in Fällen, in denen nicht alle oder einzelne Teilnehmer physisch anwesend sein können, etwa bei Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Viren (COVID-19), soll es in Hinkunft möglich sein, Sitzungen auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchzuführen und Beschlüsse mittels Videokonferenz zu fassen.

Im Hinblick auf die Hauptversammlung ist deren Abhaltung in Form einer Videokonferenz unzulässig, sofern ein Fünftel der Kammermitglieder dem widerspricht. Darüber hinaus sollen in einfacheren Angelegenheiten Beschlüsse des Vorstands auch im Umlaufweg gefasst werden können, sofern dem keines der Vorstandsmitglieder widerspricht. Bei diesen gemäß § 35 Abs. 2 in den Wirkungskreis des Vorstands fallenden Angelegenheiten handelt es sich um die Führung der Liste der Patentanwälte, der Liste der Patentanwalts-Gesellschaften und des Meldeverzeichnisses der dienstleistenden Vertreter sowie die Entscheidung über die Eintragung in diese (lit. a), die Führung der Liste der Patentanwaltsanwärter und die Entscheidung über die Eintragung in diese (lit. b), die Erstattung von Gutachten über die Angemessenheit eines Honorars (lit. f), die Erstattung von Gutachten über Gesetzes- und Verordnungsentwürfe (lit. g), die Bestellung eines Stellvertreters für einen aus der Liste der Patentanwälte gestrichenen Patentanwalt sowie für einen Patentanwalt, der länger als drei Monate an der Ausübung seines Berufs gehindert ist und keinen Vertreter bestellt hat, im Umfang der dem gestrichenen oder verhinderten Patentanwalt erteilten Vollmacht für die Dauer von drei Monaten, die einmal um weitere drei Monate erstreckt werden kann (lit. i), die Bestimmung eines Vertreters gemäß § 23 Abs. 4 (lit. j) sowie die Vormerkung rechtskräftiger Disziplinarstrafen (lit. n).

Zu Z 10 und 12 (§§ 34a und 35 Abs. 5):

Die Verpflichtung, vor der Einführung neuer oder der Änderung bestehender Rechts- und Verwaltungsvorschriften, mit denen der Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung beschränkt wird, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen, betrifft im Bereich des Patentanwaltsberufs auch entsprechende Regelungsvorschläge der Hauptversammlung der Patentanwaltskammer (§ 34 Abs. 2 lit. a: Erlassung der Geschäftsordnung der Kammer und des Vorstandes) und des Vorstandes (§ 35 Abs. 2 lit. d: Erlassung von Richtlinien zur Ausübung des Patentanwaltsberufs), wobei gegebenenfalls diese Aufgabe bei den genannten Regelungsvorhaben aus praktischen Gründen dem Vorstand zukommen soll (§§ 34a Abs. 1 und 35 Abs. 5). Ferner werden im § 34a Abs. 2 hinsichtlich des im Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeitsprüfung erforderlichen Begutachtungsverfahrens Mindestfristen und Zugänglichmachung der jeweiligen Vorschläge geregelt.

Die erforderliche Sicherung der Objektivität und Unabhängigkeit der Prüfung wird neben den vorgesehenen Qualitätskriterien vor allem aber durch die der Erlassung neuer Vorschriften vorgeschalteten Genehmigungsverfahren nachgekommen. Während die Erlassung der Geschäftsordnung der Kammer und des Vorstandes durch die Hauptversammlung der Genehmigung der Präsidentin des Patentamts als Leiterin der Zentralbehörde für den gewerblichen Rechtsschutz unterliegt (§ 34 Abs. 4), bedürfen die vom Vorstand zu erlassenden Richtlinien zur Ausübung des Patentanwaltsberufs der vorherigen Genehmigung durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (35 Abs. 4). Die Verhältnismäßigkeitsprüfung stellt eine Vereinbarkeit der betreffenden Beschlüsse der Organe der Patentanwaltskammer mit österreichischem und europäischem Wettbewerbsrecht für sich allein nicht sicher, weshalb die Wettbewerbsaufsicht der österreichischen und europäischen Wettbewerbsbehörden unberührt bleibt.

Zu Z 13 (§ 76 Abs. 3 dritter Satz):

Diese Bestimmung wird insofern an die aktuelle Fassung des § 56 Abs. 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 angepasst, als das Wort „Berufung“ durch „Beschwerde“ ersetzt wird.

Zu Z 14 (§ 80a Abs. 4 und 5):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten. Während die Bestimmungen betreffend eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Sinne der Richtlinie (EU) 2018/958 nicht vor dem Inkrafttreten eines Bundesgesetzes, mit dem diese Richtlinie in österreichisches Recht umgesetzt wird, in Kraft treten sollen (Abs. 5), treten die übrigen Bestimmungen mit Beginn des auf die Kundmachung folgenden Tages in Kraft (Abs. 4).