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UMWELTAUSSCHUSS

 


Auszugsweise Darstellung
verfasst von der Abteilung 1.4/2.4
– Stenographische Protokolle

 

11. Sitzung

Mittwoch, 13. Jänner 2021

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

TOP 1

Volksbegehren Klimavolksbegehren (348 d.B.)

15.06 Uhr – 18.30 Uhr

Großer Redoutensaal

Beginn der Sitzung: 15.06 Uhr

Obmann Lukas Hammer eröffnet die 11. Sitzung des Umweltausschusses.

1. Punkt

Volksbegehren Klimavolksbegehren (348 d.B.)

Obmann Lukas Hammer geht in die Tagesordnung ein und kommt sogleich zu Tagesordnungspunkt 1 und der Wiederaufnahme der am 16. Dezember 2020 vertagten Verhandlungen.

Es sei vereinbart, ein öffentliches Hearing zum heutigen Tagesordnungspunkt abzuhalten, für das folgende Expertinnen und Experten nominiert seien:

III. Zukunft fördern: Klimaschutz belohnen und niemanden zurücklassen

Michael Soder, MSc PhD (Wirtschaftsuniversität Wien)

Univ.-Prof. Mag. Dr. Karl Steininger (Universität Graz)

Dr. Angela Köppl (Wifo)

IV. Zukunft gestalten: Mobilität und Energie nachhaltig machen

Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Bergthaler (Johannes-Kepler-Universität)

Dipl.-Ing. Dr. Dietrich Wertz (Gemeindevorstand Bad Tatzmannsdorf)

Dipl.-Ing. Dr. Harald Frey (Technische Universität Wien)

*****

Einstimmige Annahme.

Der Obmann weist darauf hin, dass die heutige Sitzung des Umweltausschusses gemäß § 37a Abs. 1 Z 4 der Geschäftsordnung öffentlich sei und somit auch Ton- und Bildaufnahmen während des Hearings zulässig seien.

Über das öffentliche Hearing werde eine auszugsweise Darstellung verfasst.

Abstimmung darüber, die auszugsweise Darstellung zu veröffentlichen. – Einstimmige Annahme.

Anschließend ersucht Obmann Hammer darum, den Livestream der Sitzung zu starten, und begrüßt Frau Bundesministerin Leonore Gewessler, BA und Herrn Staatssekretär Dr. Magnus Brunner, LL.M. sowie anschließend die ProponentInnen des Volksbegehrens, die Bevollmächtigte des Volksbegehrens, Frau Katharina Rogenhofer, MSc, sowie die von ihr für diese Sitzung nominierten Stellvertreter, Herrn Florian Schlederer, BA MSc und Herrn Stefan Weiß-Fanzlau, MSc, die gemäß § 37 Abs. 4 der Geschäftsordnung den Verhandlungen über das Klimavolksbegehren beizuziehen seien.

Weiters begrüßt der Obmann die gemäß § 40 der Geschäftsordnung geladenen Expertinnen und Experten und bedankt sich, dass diese der Einladung des Umweltausschusses gefolgt seien.

Der Obmann macht darauf aufmerksam, dass es nun das zweite ExpertInnenhearing, sei, das der Umweltausschuss zum Klimavolksbegehren abhält. Beim letzten Mal, am 16. Dezember, sei es einerseits um die Fragestellung Klimaschutz in die Verfassung, Grundrecht auf Klimaschutz gegangen. Dazu habe es zum Teil divergierende Meinungen der beigezogenen Expertinnen und Experten gegeben. Dabei sei klargeworden, dass es unterschiedliche Einschätzungen dazu gibt, was die rechtlichen Konsequenzen seien. Klar sei auf jeden Fall gewesen, dass im österreichischen Rechtssystem zum Beispiel bei der Genehmigung von großen Industrieanlagen der Klimaschutz kein Kriterium ist.

Obmann Hammer erinnert daran, dass in der letzten Sitzung über das CO2 -Budget diskutiert wurde. Es habe im Prinzip die einhellige Meinung der beigezogenen ExpertInnen gegeben, dass es ein CO2 -Budget brauche. Es sei auch einhellige Meinung gewesen, dass man alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen im Klimaschutz ausschöpfen müsse, um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen, und dass es auch Wertschöpfung nach Österreich gebe.

Er erinnert daran, dass in der letzten Sitzung ein Experte, der sich am nächsten Tag dem Nationalrat als neuer Arbeitsminister präsentieren werde, erklärt habe, dass ein sehr wesentliches Element der Klimaschutzpolitik die Preissignale seien. Über diese Preissignale werde man im heutigen ExpertInnenhearing sehr detailliert sprechen.

Betreffend Ablauf der heutigen Sitzung hält der Obmann fest: Zunächst komme man zum dritten Block: Forderung des Abbaus klimaschädigender Subventionen und einer ökosozialen Steuerreform, im vierten Block gehe es um die Fragen der Mobilitätswende und auch der Finanzierung der Energiewende, also des Umstiegs auf erneuerbare Energien.

Er, Hammer, freue sich heute wieder auf eine sehr sachliche Diskussion, die der Ausschuss zusammen mit der Ministerin, dem Staatssekretär, den Expertinnen und Experten und den InitiatorInnen des Volksbegehrens führen werde. Das werde die Grundlage für eine gemeinsame parlamentarische Initiative sein. Das Ziel sei ein überparteilicher Antrag, in dem so viele Forderungen wie möglich, die dieses Klimavolksbegehren an das Hohe Haus richte, umgesetzt werden.

Es folgen technische Mitteilungen betreffend die Redeordnung.

Einleitungsstatement der Bundesministerin

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte Abgeordnete! Liebe Menschen in Österreich, die Sie uns heute via Livestream zuschauen! Ich möchte auch heute wieder mit einem Danke an die InitiatorInnen des Klimavolksbegehrens beginnen und auch einmal wirklich große Wertschätzung für das Engagement ausdrücken. Ihr zeigt eindrucksvoll, wie wichtig das Klimathema ist, und ihr zeigt, dass die österreichische Bevölkerung zu einem ambitioniertem Klimaschutz steht.

Im heutigen Hearing diskutieren wir gemeinsam mit Expertinnen und Experten Themen, die zum Erreichen unserer Klimaziele ganz, ganz wesentlich sind. Daher freue ich mich auch ganz besonders auf Ihren Input, möchte mich auch von meiner Seite her herzlich dafür bedanken, dass Sie sich die Zeit nehmen, um uns heute mit Ihrer Expertise wertvolle Hilfestellungen und Ideen zu geben.

Im Ministerium haben wir in den letzten Monaten sehr, sehr intensiv an all diesen Fragestellungen gearbeitet und ich möchte gleich zu Beginn festhalten: Wir haben noch sehr viel zu tun. Es liegen noch große Brocken auf dem Weg, die wir wegräumen müssen, aber, und auch damit möchte ich heute beginnen, es ist auch schon wirklich einiges gelungen.

Gerade in der Finanzierung des Klimaschutzes, der Energiewende, der klimafreundlichen Mobilität haben wir sehr viel weitergebracht. Wir haben 2021 und 2022 mehrere Milliarden Euro für den Klimaschutz verfügbar. Das ist etwas, das mich – jetzt mache ich kurz den Schwenk – als ehemalige Vertreterin der Zivilgesellschaft besonders freut, weil das etwas ist, das ich selbst sehr lange gefordert habe und das wir nun endlich umsetzen konnten.

Ich möchte jetzt nicht auf jeden einzelnen Budgetposten eingehen, darum geht es heute nicht, aber wir erwähnen, dass wir erst gestern zum Beispiel mit der Förderung für PV-Anlagen in der Höhe von 100 Millionen Euro gestartet sind. Das ist eine Verdoppelung des Budgets. Das hat es in Österreich noch nicht gegeben. Auch die Radwege, die E-Mobilität, die Sanierungsoffensive und vieles weitere haben beispiellose Dimensionen.

Auch die für unsere wirtschaftliche Erholung so wichtige Investitionsprämie, die wir im Rahmen des Covid-Konjunkturpakets auf den Weg gebracht haben, hat ein ganz besonderes Augenmerk auf den Klimaschutz und auf die Ökologisierung gelegt. Wir haben Investitionen in diesem Bereich doppelt so hoch unterstützt wie andere. Auf der anderen Seite haben wir klimaschädliche Investitionen ausgeschlossen, was in Österreich ebenfalls ein Novum ist. Ich erwähne das deswegen, weil diese Investitionen die Schwungmasse sind, mit der wir diesen Umbau Österreichs Richtung Klimaschutz schaffen können, ein Upgrade, mit dem unser Land schöner, sauberer und noch lebenswerter als heute wird.

Vor allem die Stärkung des öffentlichen Verkehrs – da komme ich zu einem Thema, das wir heute auch intensiver diskutieren werden – spielt, wie wir alle hier in diesem Saal wissen, eine ganz wesentliche Rolle. Der Verkehr ist und bleibt das Sorgenkind bei unseren CO2-Emissionen. Hier setzen wir an den Hebeln Infrastrukturausbau, Angebotsausweitung und natürlich auch Verbesserung des Tarifangebots an.

Wir haben mit dem aktuellen ÖBB-Rahmenplan eine noch nie dagewesene Investitionsoffensive in die Bahn gestartet, nämlich mit 17,5 Milliarden Euro für den Ausbau unserer Schieneninfrastruktur. Auch die Nachtzugoffensive möchte ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen. Mit den Taktverbindungen, die wir im Fahrplan aufgestockt haben, haben wir noch mehr Komfort für die Bahnfahrenden in Österreich.

Ganz besonders am Herzen liegt mir natürlich das 1-2-3-Klimaticket, bei dem wir auch schon sehr weit gekommen sind. Unser Ziel ist, dass wir wirklich den Reisenden, den Nutzerinnen und Nutzern des öffentlichen Verkehrs, den Pendlerinnen und Pendlern ein ganzheitliches Angebot im öffentlichen Verkehr zu attraktiven Preisen bieten können.

Vieles ist schon gelungen, aber wir haben auch noch sehr viel vor, denn wir sind – auch das habe ich an dieser Stelle und von diesem Platz aus schon gesagt – im Klimaschutz auf Aufholjagd in Österreich. Diese Aufholjagd machen wir nicht in einem kurzen Sprint, sondern die können wir nur mit Ausdauer gewinnen, und zwar indem wir mit jedem neuen Gesetz, mit jedem fertigen Gesetz, mit jeder Klimaschutzinvestition ein paar Meter gutmachen.

Das heißt, 2021 haben wir auch viel auf der legislativen Agenda stehen. Ein ganz wichtiges Projekt ist natürlich die ökosoziale Steuerreform mit der CO2-Bepreisung ab 2022. Bei der Steuerreform haben wir ja mit der Ökologisierung der NoVA, gekoppelt mit dem Steuerbonus für klimafreundliche Mobilitätslösungen als zentrale Elemente, schon erste Schritte gemacht, aber die setzen wir jetzt auch mit dem nötigen Nachdruck fort. Ich freue mich auch schon sehr auf die Inputs zu diesem Thema.

Insofern freut es mich heute umso mehr, dass wir alle heute hier zusammensitzen, denn für wirksamen Klimaschutz – auch da sind wir uns, glaube ich, alle einig – ist es unerlässlich, dass wir die Rahmenbedingungen richtig setzen, nämlich auch in Richtung Kostenwahrheit. Ich habe es im letzten Ausschuss schon gesagt und möchte es auch heute hier noch einmal diesem Hearing als Appell, aber auch als meine Überzeugung voranstellen:

Die Klimakrise ist die historische Aufgabe aller, jeder und jedes Einzelnen von uns, die wir im Jahr 2021 Politik machen. Scheitern ist keine Option, und je mehr Menschen sich dessen bewusst sind und aktiv an Lösungen arbeiten, desto besser können wir diese Herausforderung bewältigen. In diesem Sinne noch einmal danke dafür, dass sich mehrere Hunderttausend Menschen mit euch gemeinsam für den Klimaschutz ausgesprochen haben! Das ist beeindruckend. Dazu möchte ich noch einmal gratulieren, und ich freue mich auf die kommende Debatte.

Eingangsstatements der Vertreter des Klimavolksbegehrens

Stefan Weiß-Fanzlau, MSc: Vielen Dank, Frau Ministerin! Ich gebe ehrlich zu, Sie haben uns mit Ihrem Appell jetzt gerade sehr viel Wind aus den Segeln genommen, weil wir natürlich sehr viele dieser Punkte hier heute auch noch einmal vorbringen wollten. Erlauben Sie mir aber zunächst einmal, ein Dankeschön zu sagen, auch im Namen der Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen, dass es wieder möglich war, hier via Livestream dabei zu sein!

Ich glaube, ich rede für alle, wenn ich sage, dass wir mit 2020 ein sehr aufwühlendes Jahr hinter uns gebracht haben und jetzt vielleicht zumindest vorsichtig optimistisch ins nächste Jahr schauen können, was aber natürlich nicht für die Klimakrise gilt.

Wir wissen seit ein paar Wochen, dass 2020 nicht nur das heißeste Jahr in Europa seit Beginn der Aufzeichnungen war, sondern dass es auch gleichzeitig das heißeste Jahrzehnt, das es je gegeben hat, beschlossen hat. Zusätzlich wissen wir auch, dass sich die Erderhitzung noch weiter und noch schneller fortsetzt, als ursprünglich angedacht. Werte Damen und Herren, ich glaube, uns kann niemand verübeln, dass wir sehr beunruhigt sind und Angst um unsere Zukunft und Angst um die Zukunft unserer Kinder haben.

Im der heutigen Ausschusssitzung sollen die für Österreich wahrscheinlich wichtigsten Stellschrauben zur Erreichung der Pariser Klimaziele diskutiert werden, unsere Forderungen nach den politischen Rahmenbedingungen und Investitionen, die eine Energie- und Mobilitätswende voranbringen, die rasche Abkehr von klimaschädigenden Subventionen und die sozial ausgewogene Ökologisierung unseres Steuersystems als essenzielles Steuerinstrument. Das sind großteils Versprechen des Anfang 2020 verlautbarten Regierungsprogramms, aber es sind auch großteils Versprechen, die bis dato noch nicht eingelöst wurden.

Wie auch die Frau Bundesministerin gesagt hat, ist der Verkehr eines unserer größten Sorgenkinder, denn statt einer angestrebten fortschreitenden Reduktion steigen die CO2-Emissionen im Verkehrssektor immer noch an und sind mittlerweile um 75 Prozent höher als noch 1990. Seit 2015 übersteigen die Emissionen die im Klimaschutzgesetz vorgesehenen Höchstgrenzen jedes Jahr.

Das ist zum großen Teil auch dem Mangel von echten Alternativen zum Individualverkehr geschuldet. Bisherige Maßnahmen, wie die Förderung der E-Autos, die NoVA-Anpassungen, das 1-2-3-Ticket – das dieses Jahr hoffentlich wirklich das Licht der Welt erblicken kann – sind punktuelle Maßnahmen, die sicherlich richtig und auch wichtig, jedoch nur einzelne Bausteine sind. Darüber hinaus können sie alleine einen Großteil der Bevölkerung noch nicht mitnehmen.

Wir vermissen das Tempo bei den gezielten Förderungen und Umsetzungen von klimafreundlichen Mobilitätskonzepten, die bis an den Wohnort und auch im ländlichen Raum gedacht werden. Auch müssen jetzt Entwicklungskonzepte für einzelne Regionen und Städte zum Zug kommen, welche die räumlichen Distanzen zwischen Wohnstätte, Arbeitsplätzen, Nahversorgung, Dienstleistungen, Freizeit- und Bildungsorten verringern – und damit auch das lokale Verkehrsaufkommen. Dem natürlichen Bedarf an Nah- und Fernverkehr muss klimafreundlich und durch leistbare Alternativen zum Pkw begegnet werden. Wo möglich sollen natürlich Zug und Bus in richtigen Intervallen Menschen von A nach B bringen, aber dort, wo kein Zug und kein Bus hinkommt, müssen für die letzten Kilometer zur Wohnstätte andere klimafreundliche Maßnahmen gefunden und auch entsprechend gefördert werden.

Werte Damen und Herren, wir sind davon überzeugt: Die Menschen wollen das Richtige tun, und viele Pendler wären auch bereit, auf klimafreundliche Alternativen zum Auto umzusteigen, ihnen fehlen aber einfach oft die Möglichkeiten dazu. Wir bitten Sie, ermöglichen Sie der Bevölkerung, Teil der Lösung zu werden, und wälzen Sie die Verantwortung nicht auf Einzelne ab! Wir fordern jetzt Strategien für eine flächendeckende Versorgung mit nachhaltiger Mobilität und deren zügige Umsetzung, und wir fordern, dass sie für alle leist- und vor allem nutzbar ist.

Der Umstieg auf erneuerbare Energien und die Erhöhung der Energieeffizienz bei gleichzeitiger Energiereduktion sind bekannterweise das A und O zur Bekämpfung der Klimakrise, und auch da brauchen die Menschen und Unternehmen genau Ihre Unterstützung, zum Beispiel beim Umstieg von aktuell 60 000 Ölheizungen und mehr als einer Million Gasheizungen in privaten Haushalten, bei der Wärmedämmung von Wohnräumen und der dezentralen Erzeugung und dem leistbaren Bezug von Ökostrom, bei der Umstellung des Betriebs auf eine klimafreundlichere Produktion.

Wir fordern deshalb ausreichend dimensionierte staatliche Investitionen, die Schaffung entsprechender Klimagesetze und zweckmäßige Anreizsysteme, um die Energie- und Mobilitätswende zu schaffen, und wir fordern hierfür auch langfristige Strategien, die Planungssicherheit auch über Legislaturperioden hinaus geben.

In diesem Zusammenhang fordern wir auch alle Fraktionen dazu auf, zusammenzuarbeiten, sei es auf Bundes-, auf Landes- oder auf Gemeindeebene. Seien Sie bitte ein verlässlicher Partner, denn damit kämpfen Sie nicht nur für eine lebenswerte Zukunft für uns und unsere Kinder, Sie schaffen zeitgleich auch den so wichtigen Konjunkturmotor aus der jetzigen Krise – und wie unzählige Studien bestätigen: Sie schaffen damit auch die Jobs von morgen. – Danke schön.

Florian Schlederer, BA MSc: Verehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Menschen aus der Wissenschaft, aus dem Journalismus und zu Hause via Livestream! Wir haben soeben von meinem Kollegen gehört, was die richtigen Maßnahmen wären: eine rasche Energie- und Mobilitätswende. Es reicht aber nicht, das Richtige zu tun, sondern wir müssen auch das Falsche unterlassen.

Was kostet uns der fossile Status quo derzeit? – Wir zahlen jährlich 1 Milliarde Euro für die Anpassung an die Erderhitzung, also Schutzmaßnahmen gegen jene Naturkatastrophen, die wir weiter verschlimmern. Wir zahlen weitere 2 Milliarden Euro für Klimaschäden – von denen können LandwirtInnen und FörsterInnen im ganzen Land berichten. Wir zahlen zudem 4 Milliarden Euro klimaschädigende Subventionen, also staatliche Förderungen, um Treibstoffe wie Kerosin und Diesel billiger zu machen. Und wir zahlen zusätzlich 8 Milliarden Euro für Importe fossiler Energie – 8 Milliarden Euro! Das sind ungefähr 1 000 Euro pro Österreicherin und Österreicher. Jeder und jede von uns schickt quasi einen Tausender ins Ausland, während wir stattdessen heimische erneuerbare Energie nutzen könnten.

Die vier Faktoren – also Anpassung, Schadenskosten, klimaschädigende Subventionen und Importe von fossiler Energie – verursachen Ausgaben von 15 Milliarden Euro jährlich. Das sind 15 Milliarden Euro, die Österreich jedes Jahr fürs Nichthandeln zahlt, Kosten, die bis 2050 noch weiter drastisch steigen werden, wenn wir nichts tun. Und das lässt sich verhindern.

Knapp 400 000 Menschen, Hunderte Unternehmen und Organisationen fordern gemeinsam die Beherzigung der Lösungen des Klimavolksbegehrens. Diese Lösungen werden die Anpassungs- und Schadenskosten langfristig senken, sie werden die Energie- und Mobilitätswende vorantreiben und die Kosten importierter Fossilenergie reduzieren. Ja, 2020 wurde diesem Zweck bereits eine Klimamilliarde gewidmet, es stehen da neue Milliarden im Plan, doch gleichzeitig zahlen wir 4 Milliarden Euro in die fossile Vergangenheit – obwohl wir wissen, wie wirtschaftsfeindlich das ist, obwohl sich die Wissenschaft dagegen ausspricht, obwohl wir damit Österreich und den Menschen in diesem Land schaden. Es ist schlichtweg unverantwortlich, 2021, inmitten der Klimakrise, inmitten der Wirtschaftskrise weiterhin Geld in die fossile Sackgasse zu lenken. Wir fordern darum den Stopp klimaschädigender Subventionen.

Dafür müssen wir die Spielregeln der Wirtschaft ökologisieren. Da haben wir uns von visionärer, klimamutiger Politik inspirieren lassen. Einige Zitate:

Wir müssen die Umweltpolitik aus der Reparatur- in die Gestaltungsabteilung bringen. Steuerliche Entlastung von Arbeit, Kostenwahrheit für fossile Energieträger. – Zitatende.

Oder ein anderes Zitat: „Die derzeitigen Preise reflektieren“ die Tatsachen „nicht“. „Solange das Emittieren von CO2 nichts oder so wenig kostet wie jetzt, wird eine Reduktion im marktwirtschaftlichen System nicht funktionieren“.

Ein weiteres Zitat: Die ökosoziale Steuerreform hat die ökologische Frage zum zentralen Anliegen der Volkspartei in der Regierungsarbeit gemacht. „Neu denken. Für Wirtschaft und Umwelt“.

Oder: „Alte Denkschemata sind abzulegen, um dieser zentralen Herausforderung der Politik der neunziger Jahre gerecht zu werden.“

Alle diese Zitate stammen von hohen Funktionären der Volkspartei, die meisten aus dem Jahr 1989. Jetzt stellen Sie sich einmal vor, welch überragendes internationales Vorbild Österreich heute wäre, wenn wir das vor 30 Jahren umgesetzt hätten, wenn klimaschädigendes Handeln seinen Preis und klimafreundliches Handeln leistbar wäre, wenn ich und jeder Mensch in Österreich täglich im Supermarkt das Richtige tun und das Falsche hätte unterlassen können! Es ist also nicht die Frage, ob es eine ökosoziale Steuerreform baucht – hier sind wir uns alle einig –, die einzige Frage ist, wie das ökosoziale Modell ausgestaltet wird. Und wie das konkret aussieht, ist Ihre politische Entscheidung. Warten Sie darum bitte nicht länger, handeln Sie im Interesse unserer aller Kinder! Der Erfolg dieser Sitzungen wird Ihr und unser gemeinsamer Erfolg sein. Stellen Sie im Schulterschluss einen starken Mehrparteienantrag zur Umsetzung des Klimavolksbegehrens! Die Zeit ist reif, um Österreich zum Vorbild zu machen. – Danke.

III. Zukunft fördern: Klimaschutz belohnen und niemanden zurücklassen

Statements der ExpertInnen

Michael Soder, MSc PhD: Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Abgeordnete! Sehr geehrte VertreterInnen des Klimavolksbegehrens, ZuschauerInnen zu Hause und MedienvertreterInnen! Die Klimakrise stellt die größte Herausforderung dar, der wir bisher gegenübergestanden sind. Es geht um nichts Geringeres als den Umbau der energetischen Basis, weg von fossilen Energieträgern und davon, wie wir arbeiten, produzieren, konsumieren und leben.

Die Klimakrise ist dabei nicht ein rein ökologisches Problem. Es ist kein rein technisches Problem oder auch gar ein rein ökonomisches Problem. Im Kern ist die Klimakrise die soziale Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Warum ist das so? – Weil die meisten Bedürfnisse, die wir jeden Tag zu stillen versuchen, bisher zu größten Teilen noch auf einer fossilen energetischen Basis beruhen, auf der Nutzung fossiler Energieträger und damit auf der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und der Lebensräume.

Die Klimawissenschaftlerin Gotelind Alber und andere meinen dazu, dass wir, wenn wir die Klimaziele ernst nehmen, fast jede Alltagsroutine in Richtung der CO2-Neutralität und in Richtung der Nachhaltigkeit weiterentwickeln müssen. Ohne dass wir dabei soziale Aspekte berücksichtigen, kann dies nicht gelingen, und die Klimapolitik läuft Gefahr, zu scheitern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist tatsächlich etwas, das wir uns nicht leisten können, denn die sozialen Aspekte wie Einkommen, Geschlechterrollen, Alter, Bildungsgrad und Gesundheitszustand sind ausschlaggebend dafür, welche Strategien und Maßnahmen gesellschaftlich präferiert und akzeptiert werden. Sie sind außerdem ausschlaggeben dafür, welche Möglichkeiten und Chancen der oder die Einzelne hat, mit den klimatischen Veränderungen und mit den großen Veränderungen der Dekarbonisierung umgehen zu können. Das heißt, wie AutorInnen wie James Boyce, Kate Raworth, Tim Jackson, Ann Pettifor und andere in ihren Arbeiten argumentiert haben, ist der Kampf gegen die Klimakrise vor allem auch ein Kampf darüber, dass die Lastenverteilung innerhalb des Prozesses der Transformation möglichst fair und gerecht gestaltet und auch als solcher empfunden wird.

Die Klimafrage ist deswegen auch zentral eine Frage der Gerechtigkeit, über die wir hier sprechen müssen, Gerechtigkeit gegenüber zukünftigen Generationen, aber auch Gerechtigkeit im Hier und Jetzt. Aus unzähligen empirischen Studien wissen wir bereits, dass ärmere Haushalte das Klima weniger belasten. Sie sind aber im Gegenteil auch stärker von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen und haben weniger Möglichkeiten, mit diesen drastischen Veränderungen umzugehen und auf diese zu reagieren.

Die direkten Verteilungswirkungen von Maßnahmen, zum Beispiel der Besteuerung, treten auch dort am stärksten zutage, wo Kosten direkt auf die Haushalte überwälzt werden können und die Möglichkeiten zur Nutzung von Alternativen nur beschränkt möglich sind. Das betrifft insbesondere die Grundbedarfsdeckungen, Strom, Mobilität, Wärme und Lebensmittel. Das heißt, wenn wir Kostenwahrheit herstellen, müssen wir ein besonderes Auge auf diese Themenbereiche legen und parallel Begleitmaßnahmen dazu umsetzen.

Ein plakatives Beispiel dazu ist immer auch das Thema des Ausstiegs aus der fossilen Raumwärme in Kombination mit dem Thema Energiearmut. Das ist ein sehr anschauliches Beispiel, das auch auf der europäischen Ebene aufgrund seiner Bedeutung immer an Wichtigkeit gewinnt. Gerade einkommensschwache Haushalte haben oft nicht die finanziellen, technischen oder rechtlichen Voraussetzungen, um an diesem Dekarbonisierungsprozess aktiv teilhaben zu können. Dem gegenüber haben sie Sorgen oder Schwierigkeiten, ihren Grundenergiebedarf zu decken, und wenn sie Energie sparen, dann aus Not.

Einkommensschwache Haushalte wohnen auch meist in Miete und können gar nicht über ihr Heizsystem entscheiden; und wenn sie darüber entscheiden können, fehlen ihnen die finanziellen Mittel. Ein Heizungsaustausch kostet ja in etwa zwischen 10 000 und 20 000 Euro. Auch hier helfen finanzielle Anreize, die teilweise kompensieren, oder Verbote nicht viel weiter. Es braucht im Konkreten begleitende Maßnahmen. Dabei ist nicht nur der Bund gefordert, aktiv zu werden, sondern auch die Länder und Gemeinden.

An diesen konkreten Fragen zeigt sich auch, dass die Klima-, Umwelt- und Energiepolitik nur dann erfolgreich sein kann, wenn die sozialen Aspekte der Klimawende ernstgenommen werden und das Entstehen einer Zweiklassenenergiegesellschaft aktiv verhindert wird.

Ein weiterer wichtiger Punkt im wirtschaftlichen Umgang mit dem Strukturwandel – und das wissen wir vor allem im Bereich der Sektoren, Branchen und Geschäftsmodelle, die sehr stark von fossilen Energieträgern abhängig sind – ist, dass diesen Bereichen in den nächsten Jahren eine große Umorientierung bevorsteht. Die Dekarbonisierung wird dabei in diesem Prozess nicht regional gleichmäßig vonstattengehen, sondern spezifisch und regional sehr unterschiedlich. Das wird in manchen Bereichen auch zu einem Verschwinden von Tätigkeitsbereichen führen. Manche Berufe werden verschwinden, aber andererseits bietet dieser Strukturwandel auch enorme Potenziale für Wertschöpfung und Beschäftigung, auch hier in Österreich.

Vor dem aktuellen Hintergrund der Rekordarbeitslosigkeit bedeutet das, dass in den nächsten Jahren besondere Anstrengungen im Bereich der Arbeitsmarkt- und der Bildungspolitik notwendig werden, um eben Perspektiven im Prozess der Transformation zu schaffen, Arbeitsplätze zu schaffen und Perspektiven und Arbeitsplätze zu sichern.

Wie das funktionieren kann, zeigen uns auch die einschlägige Forschung oder die einschlägigen Forschungsarbeiten, insbesondere im Themenkomplex der Just Transition.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier möchte ich zwei Punkte besonders hervorheben, einerseits den Punkt der sogenannten Mehrfachdividende, der doppelten Dividende. Grüne Investitionen nutzen nämlich nicht nur dem Klima und schützen die Umwelt, sondern sie schaffen auch Wertschöpfung und Beschäftigung in Österreich. Und der zweite Punkt ist: Um niemanden auf der Strecke dieses Wandelprozesses in eine dekarbonisierte Zukunft zu verlieren oder zurückzulassen, braucht es eben auch auf der Ebene des ökologischen Wandels Mitbestimmung, Partizipation und demokratischen Diskurs.

Es muss uns angesichts der massiven wirtschaftlichen Folgen der Pandemie jedoch auch klar sein, dass Arbeitsmarktpolitik alleine nicht ausreichen wird. Österreich braucht dahin gehend dringend eine aktive öffentliche Beschäftigungspolitik, die es leistet, eine konsequente Klimapolitik mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze und der Generierung von Wertschöpfung zu verbinden.

Der gesellschaftliche Bedarf ist in diesen Bereichen gegeben. Wir sehen das in vielen, vielen Studien von IHS, Wifo und so weiter, und so fort, dass gerade in den Bereichen erneuerbare Energieträger, thermische Sanierung, Ausstieg aus fossilen Heizsystemen, aber auch in anderen Bereichen wie dem Gesundheitssystem oder dem Bildungsbereich enormes Potenzial auch für Beschäftigung in der Zukunft vorhanden ist.

Meine sehr geehrte Damen und Herren! Damit uns dieser Wandel gelingt, müssen wir dazu übergehen, diese unterschiedlichen Politikfelder, die wir vormals oftmals getrennt gedacht haben, zusammen zu denken und ein wirtschaftspolitisches Programm umzusetzen, das uns erlaubt, einerseits die klimapolitischen Ziele zu erreichen und andererseits Fairness und soziale Ausgewogenheit zu garantieren. Das Klimavolksbegehren ist meiner Ansicht nach ein erster wesentlicher und wichtiger Schritt dazu. Und diesen müssen wir nicht übermorgen setzen, nicht morgen tun, sondern bereits heute im Hier und Jetzt. – Danke.

Univ.-Prof. Mag. Dr. Karl Steininger: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte ProponentInnen und Interessierte via Stream! Wenn wir von Klimaschutz sprechen, denken viele noch immer zuerst und meist nur an Kosten. (Der Redner unterstützt in der Folge seine Ausführungen mittels einer Powerpoint-Präsentation.) Dabei hat sich das globale Umfeld deutlich gewandelt. Mittlerweile müssen wir vor allem dann von hohen wirtschaftlichen Kosten reden, wenn wir Klimaschutz nicht oder nicht rechtzeitig tun, weil wir als exportorientiertes Land dann den Anschluss verlieren würden und im internationalen Umfeld mit unseren Produkten abgeschlagen zurückbleiben.

Denken Sie nur an die technologischen Durchbrüche der letzten zehn Jahre: Die Kosten von Fotovoltaikmodulen haben sich um den Faktor zehn verringert, jene von Batterien um den Faktor acht, dann der 3D-Druck, die Blockchaintechnologie und vieles andere – aber nicht nur technologisch, auch organisatorisch, wie zum Beispiel über das ganze Land hinweg Carsharingmodelle. Institutionell geben Nationalbanken ökologische Vorgaben und die Präferenzen der Konsumenten ändern sich, in der klimafreundlichen Ernährung zum Beispiel, aber auch jene der Anleger. Blackrock, einer der größten weltweiten institutionellen Anleger, zieht sich aus nicht nachhaltigen Anlagen zurück.

Und diese Entwicklung hat sich, seitdem die Österreicherinnen und Österreicher das Volksbegehren unterzeichnet haben, noch deutlich verstärkt. Blackrock zum Beispiel hat im Jänner 2020 angekündigt, mehr auf Umweltkriterien zu achten und hat bisher 440 Konzerne angemahnt, da sie nicht genügend Fortschritte im Klimathema erreicht haben, und bisher bei 50 Unternehmen einzelne Mitglieder oder den gesamten Aufsichtsrat oder Vorstand nicht bestätigt.

Der Umstieg auf Erneuerbare wird global ganz andere wirtschaftliche Machtverhältnisse schaffen, so hat es „The Economist“ im September 2020 getitelt. – Wir müssen aufpassen, dass wir das in Österreich nicht verschlafen!

Andere Länder in Europa sind längst auf diesen Zug aufgesprungen. Dänemark hat bereits 2019 sein Reduktionsziel für 2030 auf 70 Prozent erhöht und auch die Maßnahmen implementiert. UK hat vor einem Monat sein Reduktionsziel für 2030 auf 68 Prozent gesetzt. Das Climate Change Committee in UK hält fest, dass die Kosten für den Klimaschutz gegenüber seinem Bericht aus einem Jahr davor deutlich gesunken sind. Der Umstieg sei wirtschaftlich attraktiv, und dass wir uns Klimaschutz nicht leisten könnten, sei Nonsens.

Andere Länder setzen also das EU-55-Prozent-Klimaziel um, wollen es übertreffen. Die faktische Lage hat sich geändert. Wenn wir in Österreich – gerade jetzt, wir haben es heute schon zweimal gehört – bei den Wiederaufbaumaßnahmen nach Corona nicht in diese Richtung lenken, dann verlieren wir durch den Lockdown Arbeit nicht nur vorübergehend, sondern auch dauerhaft, weil unsere Produkte nicht mehr zukunftsfähig sind.

Wie können wir das nationale Umfeld gestalten? Auf den Folien sehen Sie diese fünf Bereiche von Maßnahmenklassen, ein gutes Zusammenspiel aus diesen. Ich möchte heute, da das Thema „Klimaschutz belohnen“ ist, die finanziellen Anreize herausgreifen.

Wenn mir ein Freund erzählt, er kauft sich bewusst ein billigeres Grundstück weiter weg vom öffentlichen Verkehr, weil er die Automehrkosten ohnehin durch die Pendlerpauschale ersetzt bekommt, dann erkennen wir schnell, dass wir in Österreich zuerst einmal das Fördern des Falschen abstellen müssen. Allein im Verkehrsbereich gehen jährlich 5 Prozent des BIPs in solche Förderungen. Bei der Pendlerpauschale gilt es, den Pkw nicht mehr zu bevorzugen.

Es gilt, nicht das Falsche zu fördern, sondern das Richtige, wie eben Gebäudesanierungsinvestitionen, Investitionen bei der Mobilität, den Umweltverbund, bei Unternehmen Investitionen für klimaneutrale Produktionsverfahren. Finanzieren können wir das aus einer Bepreisung von Verhalten, von dem wir wegkommen wollen, insbesondere eben vom fossilen Energieeinsatz. Zum sozialen Ausgleich bieten sich bei einer weiteren Verwendung Pro-Kopf-Direktzahlungen an, ein größerer Teil vielleicht gleich zu Beginn, bevor man die CO2-Bepreisung einführt.

Durch die Wirtschaftskrise wurde die soziale Kluft größer, eine Steuerreform kann diese wieder verringern.

In der Planung, wohin wir gehen, ist es wichtig, die Argumentation umzudrehen, also nicht zuerst einmal die Energie auszubauen, sondern sich das anzusehen, woran wir eigentlich interessiert sind, etwa den Zugang zu Personen und Gütern. Dann sehen wir schnell, mit welchen Wegen wir dorthin kommen, etwa durch eine andere Raumordnung und weniger physische Mobilität und diese im Umweltverbund – und dafür brauchen wir dann die Energie.

Was wir brauchen, ist das Wissen aller Stakeholdergruppen, es in Dialogforen auf Augenhöhe einzubringen und gemeinsam Lösungen und Zielpfade zu entwickeln. Für kritische Entscheidungen mit Auswirkungen auf die breite Bevölkerung bieten sich da klar BürgerInnenrätInnen an.

In der Industrie gibt es Unternehmen, die schon in den Startlöchern stehen, eine Kreislaufwirtschaft, das Carbonmanagement einführen wollen. Hier auf den Folien ist das Carbon Capture and Use der Zementindustrie abgebildet  Lafarge und die Nutzung im Zusammenspiel mit OMV, Verbund, Borealis.

Dem Ministerratsvortrag vom 18. November entnehme ich, dass der im Regierungsprogramm vorgesehene Green Deal für Industrie und Gewerbe nun umgesetzt werden soll. Wenn das im Zusammenspiel mit allen Ministerien, vor allem mit dem Finanzministerium, aber natürlich auch mit dem Bundeskanzleramt, dem Klimaministerium, dem Ministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort gelingt, dann würde Österreich Innovation am Wirtschaftsstandort beweisen und uns positionieren.

Unsere Bewertungen im Wegener Center zeigen übrigens  schon auf Österreich umgelegt –, wenn wir auf dem Pfad zur Klimaneutralität die EU-2030-Ziele auf 55 Prozent vorziehen, dann haben wir selbst im traditionellen BIP im Durchschnitt einen Vorteil von zusätzlichen zwei Zehntel BIP im Zeitraum 2020 bis 2050, 60 Prozent würden da sogar ein halbes Prozent mehr BIP bewirken. Und das ist mit Lebensqualitätsverbesserungen deutlich darüber hinaus verbunden, die nicht im BIP abgebildet sind – allein durch die Gesundheitsvorteile aufgrund der besseren Luftqualität in Höhe von zumindest 3 Milliarden Euro pro Jahr.

Wenn wir auf den Bereich Energie schauen, dann zeigt sich, dass wir nicht nur zeitlich und örtlich den richtigen bedarfsgerechten Ausbau der Infrastruktur brauchen, wir sehen auch einen steigenden erneuerbaren Strombedarf im Bereich der Industrie, der Wärmepumpen, also im Heizungsbereich, aber auch bei der Mobilität. Und wir sehen, dass der im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geplante Ausbau bis 2030 um 27 Terawattstunden dann 2030 schon gar nicht mehr ausreicht, wenn auch Stahl und Zement, also CCU, in einem signifikanten Ausmaß umsteigen. Das heißt, es gilt auch hier die Argumentation umzudrehen.

Wenn wir zum Beispiel Zwischendecken mit ausreichender Belastbarkeit brauchen, dann können wir das viel materialsparender einführen, da um 60 Prozent weniger Beton einsetzen, und die Zwischenräume, die zur Bauteilaktivierung gewonnen werden, als Energiespeicherung verwenden, neue Wertschöpfung damit schaffen, oder auch integrierend über die Wertschöpfungkette eine Integration, wie wir sie aus der Mobilität kennen, über die Verkehrsträger hinweg, zum Beispiel durch Mobilitätshubs, Fahrrad am Bahnhof, Innovationen, wie wir sie im Lafarge-Beispiel schon gesehen haben. So viele Menschen wollen das tun. Ermöglichen wir es ihnen doch!

So weit mein wissenschaftlicher Input. Ich möchte aber abschließend noch eine persönliche Bemerkung abgeben. Ich habe in den letzten Wochen so oft Menschen getroffen, aus privaten Haushalten oder aus Leitungsfunktionen in Unternehmen, die Klimaneutralität wirklich real umsetzen wollen, aber derzeit noch den notwendigen Rahmen auf Ebene des Bundes, aber auch der Länder vermissen. Es tut weh, gerade als Volkswirt, das sehen zu müssen, denn ich weiß, das ist unsere wirtschaftliche Zukunft. Hier im Nationalrat können Sie die Basis legen, damit dann dieses blühende Bild entsteht.

Meine Bitte an die Entscheidungsträger in den Bundesministerien, an die Sozialpartner ist, auch zusammenzuarbeiten, jeder in seiner, in ihrer Partei, damit wir die Blockaden beseitigen und Zukunftswege für Österreich wirklich frei machen, sodass wir 2040 sagen können: Österreich ist frei! Österreich ist frei von Treibhausgasemissionen  also von Nettotreibhausgasemissionen, denn wir werden schon noch den Kohlenstoff weiter im Kreis führen. Wir haben dann ein gutes Leben, ja, ein sehr gutes Leben. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit und alles Gute für Ihre Arbeit in diese Richtung.

Dr. Angela Köppl: Sehr geehrte Mitglieder des Umweltausschusses! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte ProponentInnen des Klimavolksbegehrens! (Die Rednerin unterstützt in der Folge ihre Ausführungen mittels einer Powerpoint-Präsentation.)

Für die heutige Diskussion ist es aus meiner Sicht wichtig, dass man immer das Gesamtkonzept im Auge behält. Auf EU-Ebene hat der von der Europäischen Kommission vorgelegte Green Deal zum Ziel, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Österreich will bis 2040 klimaneutral sein. Und das steckt also den Rahmen für die Politik in unserem Land ab.

Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, braucht es einen tiefgreifenden Strukturwandel. Da geht es nicht darum, dass man irgendwo inkrementell an einzelnen Bereichen dreht der Weg zu einer dekarbonisierten Wirtschaft und Gesellschaft ist als transformativer Prozess zu sehen! Wir dürfen nicht vergessen, dass die Politik von heute die Richtung bestimmt. Deswegen sind Sie auch so wichtig in diesem Prozess.

Was braucht es dafür? – Es braucht, dass Klimawandel in allen Bereichen berücksichtigt wird, dass es also zu einem sogenannten Climate Mainstreaming in allen Bereichen kommt, und es braucht radikal andere Wirtschaftsstrukturen.

Die bestehenden sektoralen Abgrenzungen, die wir heute gewohnt sind, können sich als hemmend für die Durchsetzung von disruptiven Technologien und sozialen Innovationen darstellen. Hingegen eröffnen sich Innovationschancen durch die Ausweitung der Perspektive auf die gesamte Wertschöpfungskette und wie wir in unseren Forschungen immer wieder betonen mit einer Perspektive auf Funktionalitäten. Das umschließt einmal Materialien, Prozesse und Dienstleistungen, aber genauso neue Geschäftsmodelle. Es braucht eine aktive Kooperation über gesamte Wertschöpfungsketten und über Sektoren hinweg. Eine solche Perspektive könnte einen radikalen Strukturwandel und die Entwicklung zukunftsfähiger Wirtschaftsstrukturen unterstützen.

Welche Instrumente stehen nun zur Verfügung, um diesen transformativen Prozess anzustoßen? – Ich diskutiere die Einzelheiten auf dieser Folie nicht, sondern verweise nur auf die Unterscheidung zwischen marktbasierten und nicht marktbasierten Instrumenten, die zur Verfügung stehen. Nicht zu vergessen: Zu dieser Unterscheidung ist natürlich auch die Reform klimaschädlicher Subventionen notwendig.

Heute interessieren zwei geforderte Instrumente, wie sie im Klimavolksbegehren angeführt sind: eine ökologische Steuerreform und die Reform klimaschädlicher Subventionen. Die Themen Umweltsteuern und ökologische Steuerreform gehören zu den am besten untersuchten Themenbereichen in der Umweltökonomie. Das steht im eklatanten Gegensatz dazu, welche Rolle sie in der politischen Umsetzung spielen.

CO2-Steuern sollen ja dem Verursacher die Diskrepanz zwischen privaten und sozialen Kosten anlasten. Das Konzept der ökologischen Steuerreform erweitert das um den Aspekt der Mittelverwendung. Die einzelnen Gestaltungselemente beziehungsweise Gestaltungsmerkmale einer solchen Steuerreform sind die Schlüsselfaktoren für die Effektivität und die dann tatsächlichen, weitergehenden Auswirkungen, sei es in der Wirtschaft, aber auch im Hinblick auf die Emissionsreduktion.

Drei Schlüsselparameter sind dafür entscheidend: die Bemessungsgrundlage – welche Sektoren und welche Emissionen werden besteuert? –, der Emissionspreis oder der Steuersatz – da ist es auch ganz wichtig, dass man von vornherein eine entsprechende zeitliche Entwicklung mitbedenkt – und dann natürlich die Frage: Was geschieht mit den Einnahmen?

Ein angemessener Steuersatz ist ein ganz wichtiges Element, es ist aber angesichts der Komplexität des Klimawandels nicht so leicht, den richtigen Preis festzusetzen. CO2-Steuern sollten hoch genug sein, damit sie tatsächlich die Entscheidungsfindung von Haushalten und Unternehmen beeinflussen, sie sollen aber gleichzeitig nicht zu stark negative wirtschaftliche Folgen und Verteilungseffekte haben.

In diesem Zusammenhang kommt der Rückverteilung natürlich eine besondere Bedeutung zu. In der empirischen Forschung besteht breiter Konsens, dass die Ausgestaltung der Rückverteilung jeweils sehr differenzierte Verteilungseffekte hat. Am häufigsten werden in der Wissenschaft drei Optionen diskutiert: der Ökobonus, die Senkung von arbeitskostenrelevanten Steuern und Abgaben oder die Verwendung der Steuereinnahmen für Klimainvestitionen. Jede Option hat jeweils Vor- und Nachteile, auf der Folie sind sie zusammengefasst, ich kann sie hier aus zeitlichen Gründen nicht detailliert ausführen.

Steuerliche Anreize sind ganz wichtige Instrumente der Klimapolitik, sie brauchen aber ergänzende Maßnahmen, da etwa Marktbarrieren wie zum Beispiel das Mieter-/Eigentümerverhältnis die Emissionsreduktion alleine durch das Preissignal einschränken können. Die Forschung legt nahe, dass der Gesamtkontext einer ökologischen Steuerreform für deren Wirksamkeit wichtig ist. Paketlösungen, die mehrere Maßnahmen kombinieren, sind in der Regel effektiver als einzelne isolierte Steuern.

Im Gegensatz zu den Steuern untergraben die umweltschädlichen Subventionen die politischen Bemühungen für Emissionsminderungen. Dementsprechend empfehlen internationale Organisationen – sei es die OECD, die Weltbank, die EU – schon seit Langem eine Reform der Subventionen für fossile Energie. Die OECD hat schon 1998 alle Arten von finanziellen Unterstützungen und Regulierungen, die zusammen mit dem vorherrschenden Steuersystem gute Umweltpraktiken benachteiligen, als klimaschädliche Subventionen bezeichnet.

Daraus leiten sich dann auch Gründe für eine Reform von klimaschädlichen, umweltschädlichen Subventionen ab. Grundsätzlich können Subventionen nützliche wirtschafspolitische Instrumente sein, aber sie können eben auch gleichzeitig die Umwelt schädigen. Subventionen stellen also eine Belastung für den Staatshaushalt dar, wenn sie dann zusätzlich noch umweltschädlich sind, dann sind sie umso mehr zu hinterfragen. Die fiskalische Belastung durch Subventionen bedeutet, dass potenziell weniger Mittel für andere Zwecke eingesetzt werden können, sei es zum Beispiel für Forschung im Bereich sauberer Energien. Unterstützung für eine Reform von klimaschädlichen Subventionen ist immer dort leichter, wo zusätzlich positive Effekte auf andere Bereiche und dadurch auch positive Beschäftigungseffekte entstehen.

Zum Abschluss: Sowohl die Reform der klimaschädlichen Subventionen als auch die Umsetzung einer ökologischen Steuerreform findet in der wissenschaftlichen Literatur in den Analysen von internationalen Organisationen eine große Unterstützung. Für beides braucht es aber eine klare Umsetzung, Schritte und ein planbares Vorgehen. – Vielen Dank.

Erste Fragerunde der Abgeordneten

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Vorsitzender! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Initiatoren, Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal recht herzlichen Dank für die Erwähnung der ÖVP. Das ist natürlich ein bisschen ungerecht gegenüber den anderen Fraktionen, dass Sie uns hier herausgestellt haben, dass wir historisch vor allem mit der ökosozialen Marktwirtschaft schon die Pioniere in diesem Bereich, was Umweltfragen angeht, waren.

Ich glaube aber, man muss das doch im Gesamtkontext betrachten, dass wir heute zum Teil auf Schienen verkehren, die damals gelegt wurden, und das zu einer Zeit, in der vielleicht das Bewusstsein noch gar nicht so da war. Also da sollte man diesen Vorreitern doch Respekt zollen.

Ich denke, das bringt einen guten Gesamtkontext in der Sicht auf dieses Bild, denn wenn wir heute sehen, dass wir in dieser Übergangsphase von fossiler Energie hin zu erneuerbaren Energien sind – ich hoffe, es glückt uns entsprechend –, dann werden Historiker diese Epoche später einmal betrachten und sagen: Na ja, da hat es halt zuerst eine Zeit lang fossile Energie gegeben, dann die Übergangsphase und jetzt sind wir aus diesem Thema draußen. Wir sind gerade die Generation, die in dieser Umbauphase lebt, das heißt, wir sind weder am Anfang dieser Phase, noch am Ziel angelangt. Wir werden es hoffentlich innerhalb unserer Generation erreichen, aber wir müssen diesen Umbau so gestalten, dass die Menschen, die heute in Österreich leben, das bewerkstelligen und in ihren Lebensalltag miteinbauen können.

Das ist die wesentliche politische Frage, daher müssen wir das, glaube ich, unterstützen, müssen am Ende des Tages aber auch sagen: Wir müssen auch absolut technologieoffen das heißt, offen für Wasserstofftechnologie et cetera sein, sodass wir sehen, wohin wir da kommen, wenn wir die Fossilen effektiv ersetzen wollen.

Ich möchte schon meine zwei Fragen stellen, und zwar eine Frage an Herrn Steininger: Sie haben das mit Ihren Parametern sehr klar dargestellt. Ich hätte jetzt die Schlussfolgerung, dass quasi die Urbanisierung noch stärker, sage ich einmal, vorangetrieben wird, wenn man diese Parameter, die Sie herangezogen haben, als Grundlage nähme. Wenn es sozusagen eine größere Konglomeration – größere Häuser statt viele einzelne Häuser et cetera – gibt, was würde das letztendlich für den ländlichen Raum bedeuten? Das ist ja die politische Frage, die wir uns stellen müssen: Wird dann das Leben am Land per se teurer oder nicht? Da haben wir sowieso schon die Themen im Zugang zu Bildung, Gesundheit et cetera.

Eine Frage an Frau Köppl: Auch da gibt es die Lenkungseffekte durch Steuern, also eine CO2-Steuer in Österreich. Ich bin sehr für eine CO2-Bepreisung, aber die Frage ist, wie weit wir da alleine gehen können und wie notwendig da eine gesamteuropäische Sicht ist, dass wir nicht in einzelnen Sektoren wirtschaftliche Verwerfungen sowohl zur positiven Seite wie aber auch zur negativen Seite haben.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Auch von meiner Seite natürlich ein erneutes Danke sowohl an die ExpertInnen als auch an die VertreterInnen des Volksbegehrens, die uns hier zur Behandlung der zentralen Fragen unserer Zukunft bringen.

Klimafreundliches Leben billiger zu machen, klimaschädliches Leben teurer zu machen, das ist sicher ein Hebel in der Klimakrise, im Kampf gegen die Klimakrise, den wir haben, in dem man durch Preissignale einen Lenkungseffekt erzielen will, also die Leute auf den Umstieg zum klimafreundlichen Leben animieren will. Das ist in einigen Bereichen schnell machbar und sicher auch sinnvoll, in anderen Bereichen schwer. Warum? Weil es die umweltfreundliche Alternative noch nicht gibt.

Wenn wir jetzt beispielsweise das Autofahren teurer machen, ohne dass es in einer Region den Umstieg auf öffentlichen Verkehr überhaupt gibt, weil dort kein Bus fährt, dann kann die Person nicht umsteigen, der Lenkungseffekt wird nicht eintreten. Es wird nur der Verkehr teurer werden. Wenn wir Energiekosten, das Heizen teurer machen, ohne dass sich die Personen den Heizungstausch leisten können der kostet oft bis zu 1 000 Euro , dann wird kein Lenkungseffekt eintreten. Man kann nicht das Heizungssystem tauschen, man wird nur mehr für Energie zahlen.

Sie sehen schon, was für uns der springende Punkt ist: Es darf nicht passieren, dass die Haushalte, die ohnehin schon am wenigsten Einkommen oder Vermögen verzeichnen, durch Maßnahmen die beispielsweise dann den Bereich Verkehr, den Bereich Wohnen oder den Bereich Konsum betreffen  am härtesten getroffen werden. Wir müssen auch bedenken, dass beispielsweise die Themen Heizen oder Sanieren natürlich für Menschen, die im mehrgeschossigen Wohnbau in Mietverhältnissen stehen, viel schwieriger zu lösen ist als für Menschen mit Eigenheimen. Das heißt, wir stehen vor unterschiedlichen Voraussetzungen.

Dahin gehend meine Frage: Wie kann man verhindern, dass bei einem Fixpreis einer CO2-Tonne, den die Regierung ja auch plant, diejenigen am meisten getroffen werden, die ohnehin am wenigsten haben? Sollte ein Ökobonus eingeführt werden, um da gegenzusteuern, wie schafft man dann den Lenkungseffekt, wenn dieser Ökobonus die Summe komplett ersetzt? Also wenn die Kosten für die Haushalte mit wenig Einkommen komplett gedeckt werden, dann ist auch wieder die Frage des Anreizes gegeben.

In diesem schwierigen Feld würde ich die Frage an alle drei Experten, Expertinnen richten, wie wir es schaffen können, eine wirkliche Ökologisierung durchzuführen, die aber trotzdem nicht diejenigen trifft, die wir am allerwenigsten treffen wollen.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Initiatoren dieses Volksbegehrens! Sehr geehrte Experten! Sehr geehrter Ausschuss! „Klimaschutz belohnen und niemanden zurücklassen“ – das sollte das Ziel sein. Es gibt aber viele Aspekte, die aufzuarbeiten sind, ein Aspekt ist der soziale Aspekt.

Frau Kollegin Herr hat es gerade angesprochen, der soziale Aspekt ist einer der wichtigsten, denn man kann über Wohnen sprechen, man kann über thermische Sanierung sprechen, man kann über Energiekosten sprechen, aber das muss jemand bezahlen. Dafür braucht es natürlich ein Umfeld, das sich das auch sozial leisten kann. Wir haben das auch von den Experten gehört, es gibt Unterschiede im sozialen Bereich: Wer kann sich was leisten und wer nicht?

Das beste Beispiel ist die Erhöhung der Normverbrauchsabgabe, die kurz vor Weihnachten hier im Haus beschlossen wurde. Die Normverbrauchsabgabe hat darauf abgezielt, unter Anführungszeichen  „die Stinker“ entsprechend höher zu belasten und die Niedrigverbraucher, die weniger CO2 ausstoßen, weniger zu belasten. Was war das Ergebnis? Ein Renault Clio kostet um 500 Euro mehr. Ich glaube nicht, dass das Ziel war, und der große SUV, der immer als Stinker dargestellt wird, hat einen Hybrid für 30, 40 Kilometer eingebaut und zahlt keine Normverbrauchsabgabe. Da ist der Effekt genau nach hinten losgegangen. Also muss man schon die Wirtschaftlichkeit auf der einen Seite, aber natürlich auch die sozialen Komponenten auf der anderen Seite mitbetrachten. Das ist in diesem Bereich zum Beispiel nicht passiert.

Jetzt konkrete Fragen: Herr Prof. Steininger hat die Landflucht angesprochen ich bezeichne es wirklich als Landflucht in den urbanen Raum , aber die Fragen gehen an alle drei Experten. Ich bitte sie, auch zu beantworten: Was sind das für Auswirkungen, auch für die Zukunft, für den ländlichen Raum? Ich brauche ja genauso den öffentlichen Verkehr im ländlichen Bereich wie natürlich auch in den Städten.

Und noch eine Frage, Herr Vorsitzender: Der Lenkungseffekt bei der Mobilität und auch bei den CO2-Steuern: In welche Richtung soll das gehen?

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Herr Vorsitzender! Geschätzte Damen und Herren! Vielen Dank für die Präsentationen und auch das Darstellen des Race to Zero, also dieses Wettrennens gegen null bei dem Österreich, glaube ich, den Anschluss nicht verlieren darf –, und auch für die Klarheit, mit der Sie zeigen, dass Preissignale und das Steuersystem eine entscheidende Rolle dabei spielen.

Die Bundesregierung hat sich ja sehr ambitionierte Ziele gesetzt, was die Umstellung des Steuersystems und die umweltschädlichen Subventionen betrifft, und hat auch schon einiges in dieser ersten Phase der Steuerreform auf den Weg gebracht. Also wir haben den einzigen nationalen Hebel, den es im Flugverkehr gibt, diese Ticketabgabe, genützt. Wir haben die NoVA gespreizt. Es ist eben nicht so, wie Sie (in Richtung Abg. Rauch) behauptet haben, dass quasi die kleinen Autos teurer geworden sind und die großen billig bleiben, sondern dass es sich tatsächlich an CO2-Emissionswerten misst. Also da kommt quasi einfach die Physik nicht aus, der Preis ist direkt in einer Formel an den CO2-Emissionswert geknüpft.

Wir haben die Abgabe für den Bahnstrom reduziert, wir haben die USt auf Reparaturen gesenkt. Wir haben im Gegenzug die USt-Rückerstattung bei der Mineralölsteuer für Lkws aus Drittländern abgeschafft, bei der Investitionsprämie gibt es eine Staffelung, die quasi davon abhängt, wie ökologisch die Investition ist. In all diesen Bereichen haben wir bereits eine Ökologisierung des Steuersystems durchgeführt. Jetzt ist klar, dass wir noch eine relativ ambitionierte CO2-Bepreisung brauchen, die ist jetzt sozusagen im Kommen. Wir wissen, wie Sie auch in Ihren Präsentationen gezeigt haben, dass das gut für die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Unternehmen ist, dass das Co-Benefits für die Gesundheit hat, dass es zur sozialen Gerechtigkeit beitragen kann und so weiter.

Trotzdem – da komme ich jetzt zur Frage an Herrn Prof. Steininger und Frau Dr. Köppl – gibt es immer eine gewisse Zurückhaltung, auch hier im Ausschuss. Die einen glauben, dass es keinen großen Lenkungseffekt gibt, andere haben Zweifel in Bezug auf das Ambitionsniveau und machen sich Sorgen, dass es quasi zu Mehrbelastungen kommt. Das spiegelt auch teilweise Gruppen in der Bevölkerung wider, die sich diesbezüglich Sorgen machen.

Wie kann man die mitnehmen und davon überzeugen, dass diese Steuerreform der Schlüssel zur Bewältigung der Klimakrise ist?

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Auch vonseiten der NEOS nochmal einen herzlichen Dank an die Initiatorinnen und Initiatoren und dafür dass wir heute hier die Möglichkeit haben, uns mit wichtigen Themen auseinanderzusetzen.

Einleitend wollte ich nur zwei Dinge sagen, das eine ist: Dass die ÖVP in der Vergangenheit so progressiv in Umweltdingen war, das habe ich in meinem Alter noch nicht erlebt, aber wenn das jetzt wieder durch einen gemeinsamen Antrag und die Schritte, die wir dann gemeinsam gehen können, aufflammt, freue ich mich sehr und werde das auch immer lobend in meinen nicht vorhandenen Sonntagsreden erwähnen.

Das andere, was ich schon auch sagen möchte, ist, dass wir sehr vorsichtig in allen Wortmeldungen sind. Ich glaube, wir sollten als Politikerinnen und Politiker manchmal auch den Mut haben, uns zu trauen, ein bisschen revolutionärer zu denken, irgendwie auf die grüne Wiese zurückzugehen und zu schauen, wie denn das Österreich 2040 oder 2050 ausschauen soll. Das gilt sowohl für das Bundesministerium als auch für die Abgeordneten. Vielleicht kommen wir dabei zu anderen Antworten, wenn wir nicht immer die Sorge haben, den kleinstmöglichen Schritt zu gehen, damit niemand zurückgelassen wird. Man kann auch zuerst einmal einen großen Schritt gehen und dann Sorge dafür tragen, dass trotzdem niemand zurückgelassen wird. Ich glaube, das würde uns jetzt unabhängig von der Parteifarbe gut zu Gesicht stehen.

Von unseren inhaltlichen Fragen an die ExpertInnen in dieser Runde möchte ich die erste an Frau Dr. Köppl richten: Sie haben uns eine schöne Darstellung der umweltschädlichen Subventionen auf internationaler und nationaler Ebene gezeigt. Wir wissen, dass wir seit Jahren auf eine Auflistung durch das Finanzministerium warten.

Haben Sie eine Erklärung, warum es da keine offizielle Darstellung vonseiten des Finanzministeriums gibt? Kann dabei der Föderalismus eine Rolle spielen, dass viele Dinge, die wir wissen müssen, auf Bundesebene vielleicht gar nicht im ausreichenden Maße bekannt sind?

Die zweite Frage ist an Herrn Prof. Steininger gerichtet: Sowohl in Österreich als auch in Europa wird immer wieder eine Ausweitung des Zertifikatehandels als Alternative für eine Steuer genannt. Wie sehen Sie solche Ansätze?

Und abschließend eine ganz kurze Frage an Herrn Dr. Soder: Wir haben die Situation, dass gerade in Wien viele Wohnungen am privaten Wohnungsmarkt sanierungsbedürftig sind. Welche Möglichkeiten sehen Sie, dass wir Kapital mobilisieren, um diese entsprechend zu sanieren?

Erste Antwortrunde der ExpertInnen

Michael Soder, MSc PhD: Danke schön für die Fragen. Ich versuche jetzt, ganz knapp und rudimentär all diese Fragen zu beantworten.

Der erste Themenkomplex war die Frage der sozialen Dimension auch im Sinne der Besteuerung von CO2. Ich glaube, dass es eine CO2-Bepreisung in der einen oder anderen Form braucht, das ist unbestritten. Dort, wo es interessant wird, das sind dann die einzelnen Modelle, wenn es darum geht, wie diese auf den drei Ebenen der Besteuerungsbasis ausgestaltet sind. Es macht einen Unterschied, was als Basis herangezogen wird, Höhe des CO2-Preises und des Steuersatzes.

Ich möchte aber schon auch darauf hinweisen, dass eine CO2-Bepreisung natürlich nie als sogenannte Silver Bullet funktionieren kann, also es kann nicht eine losgelöste Maßnahme ohne begleitende Maßnahmen sein. Darauf hinzuweisen habe ich in meinem Eingangsstatement versucht. Das heißt, wir brauchen eine Form der CO2-Bepreisung, aber – das hat Kollegin Köppl auch schon in einer Präsentation angeführt – eingebettet in einen breiteren Maßnahmenmix. Zusätzlich braucht es klare Zielpfade und Rahmenbedingungen. Das ist, wie gesagt, auch wettbewerbseffizienzfördernd, schafft auch Wertschöpfung und Beschäftigung in der Zukunft.

Zwei Fragen hat es zu den Subventionen gegeben. Wesentlich wäre hier die vollständige Liste aller Subventionen, dann müsste man sich die Subventionen im Detail ansehen und natürlich breiter analysieren, auch hinsichtlich der anderen Effekte, denn: Subvention ist nicht gleich Subvention, und das müsste man entsprechend bewerten.

Zur thermischen Sanierung, zur immensen Aufgabe der Finanzierung der Sanierungsquoten: Da gibt es natürlich unterschiedliche Ansätze. Es wird vermutlich ein Mix sein aus einerseits privaten Geldern, die dazu aufgewendet werden müssen, aber andererseits auch einem großen Block öffentlicher Investitionen, die in diesen Bereich miteinfließen müssen, um diese thermische Sanierung bewerkstelligen zu können und auch die Effizienzpotenziale in diesem Bereich zu heben.

Univ.-Prof. Mag. Dr. Karl Steininger: Vielen Dank für die Fragen und den damit verbundenen Austausch.

Zuerst zur Frage von Herrn Schmuckenschlager; ich habe sie so verstanden: Stadt/Land, das ist ein zentraler Punkt hier. Was den Energieverbrauch selber betrifft, Heizung, Passivhäuser et cetera, das schaffen wir am Land sowieso gut. Es geht um die Mobilität. Da ist mein Bild davon, dass man am Land zentrale Orte hat, die durch den ÖV gut mit der Stadt verbunden sind, und bis zu diesen hat man den Mikro-ÖV. Also wenn ich sage: den Pkw nicht bevorzugen, dann meine ich damit: nur auf der letzten Strecke. Dort soll der Pkw seine Refundierung im Rahmen der Pendlerpauschale bekommen, besser noch ist ein Shared Pkw et cetera, aber nicht über die ganze Strecke. Für den Rest, vom ersten ÖV-Hub, der erreichbar ist, bis zur Stadt, sollte es dann einen anderen Abgleich geben.

Ich glaube auch, dass die Lebensqualität in der Stadt stark steigen wird. Vielleicht ist diese Flucht aus der Stadt aufs Land dann gar nicht mehr so groß, wenn man Dachgärten hat, wenn man die Straßen – einige zumindest – wieder stärker zum Lebensraum macht, et cetera.

Ja, in der Vergangenheit waren wir in Österreich gut im Ausbau der Erneuerbaren, da sind wir wirklich gut. Wo wir, glaube ich, Nachholbedarf haben, das ist bei der Energieeffizienz insgesamt. Wir brauchen derzeit einfach noch zu viel Energie, und zwar nicht in der Industrie, dort werden wir sie weiter brauchen, aber hinsichtlich Raumwärme und Mobilität verbrauchen wir zu viel.

Zweiter Punkt war die Gestaltung der Ausgaben. Wenn ich mir die Beispielländer anschaue, die erfolgreich sind: Alberta, British Columbia, Norwegen, Schweden, die Schweiz – alle die haben jedenfalls zwei Elemente, und zwar ist das die Refundierung an die Industrie und Unternehmen und an die Haushalte. Einige sehen auch eine Nutzung des Budgetüberschusses vor.

Und zu Frau Herr: Die Ärmeren haben insgesamt zwar einen größeren Anteil an Ausgaben für fossile Energie in ihrem Budget, aber von der Höhe her haben sie weniger Ausgaben für fossile Energie und weniger Steuern zu zahlen, und wenn sie es pro Kopf zurückbekommen, dann werden de facto die Ärmeren gefördert. Also man kann das wirklich zur Umverteilung verwenden.

In Deutschland – 25 Euro pro Tonne sind seit 1.1. dieses Jahres dort gültig – hat man im November eine Befragung gemacht, und eine überwiegende Mehrheit war für diese Pro-Kopf-Rückverteilung, dies ist breit gewollt worden. Weniger Zustimmung gab es für den Ansatz, man solle es nach Einkommensklassen rückverteilen, also mehr den Ärmeren geben, und fast gar keine Zustimmung gab es dafür, man solle es denen geben, die die weitesten Entfernungen zurückzulegen haben. Also diese vertikale Verteilung war am wenigsten gewünscht.

Der letzte Punkt: Ausweitung des Zertifikatehandels versus Steuer. Da ist, glaube ich, wichtig, dass man zu Beginn einen Fixpreis hat, weil wir zu wenig wissen, wie das reagiert – wenn wir gleich nur eine Zertifikatemenge festlegen, wissen wir nicht, welche sozialen Effekte das hat –, dann kann man das so machen, aber ohne Bindung an das europäische ETS, weil man dann national die Höhe nicht steuern kann. Es wirklich als eigenes Zertifikatesystem zu machen kann eine gute Lösung sein. Fixpreis einführen und dann in den Markt übergehen, das wäre meine Empfehlung.

Sie sehen, in vielen Details müsste man noch einmal mindestens sieben Runden machen. – Danke.

Dr. Angela Köppl: Die erste Frage, die auch an mich gegangen ist, war, ob Österreich eine ökosoziale Steuerreform machen kann oder ob wir überhaupt Lenkungseffekte lukrieren können, wenn wir das alleine machen.

Es ist tatsächlich mittlerweile so, dass wir nicht mehr alleine sind, wenn wir eine ökologische Steuerreform umsetzen würden, es gibt da auch schon andere Länder, und es zeigt sich insbesondere in der wissenschaftlichen Literatur, dass diese Steuern tatsächlich auch wirken und dass negative ökonomische Effekte oder, sagen wir einmal so, Verluste von Wettbewerbsfähigkeit nicht gegeben sind.

Ich glaube, das ist wichtig zu sehen: Selbst Länder wie Schweden, die eine hohe CO2-Steuer haben, haben das auch alleine angefangen, nämlich schon Anfang der Neunzigerjahre, umzusetzen und haben den Steuersatz dann immer wieder erhöht.

Die soziale Dimension, die von Frau Herr angesprochen wurde, ist natürlich eine ganz wichtige, Herr Soder hat das ja zum Teil auch schon beantwortet. Ich glaube, was da herauskommt, ist die Problematik der kurzfristigen versus der längerfristigen Perspektive. Letztendlich muss uns schon auch eines klar sein: Wenn man gleichzeitig auch die Infrastruktur verbessert, sodass längerfristig die Energieausgaben tatsächlich zurückgehen, dann ist das die beste Absicherung gegen soziale Betroffenheit, gegen eine soziale Schieflage, die sich manifestieren könnte. Also wenn man eine gute Gebäudeinfrastruktur hat, dann hat man auch geringere Energieausgaben, aber das braucht – Herr Soder hat es auch noch einmal gesagt – unbedingt die Einbindung einer ökologischen Steuerreform in einen breiteren Instrumentenmix.

Betreffend die Frage: Wie kann man die Akzeptanz einer ökologischen Steuerreform erhöhen?, zeigt sich in der wissenschaftlichen Literatur, dass ein ganz wichtiger Aspekt die Kommunikation ist, ein klares politisches Commitment, eine klare Kommunikation und insbesondere eine klare Kommunikation, was mit den Steuermitteln passiert. Ein Killer ist immer – das zeigen zumindest die Analysen –, wenn die Menschen befürchten, dass das Ganze im allgemeinen Budget verschwindet, dann wird es schwieriger mit der Akzeptanz.

Am Schluss zur Frage von Herrn Bernhard: Warum ist es also so schwierig, die umweltkontraproduktiven Subventionen zu beziffern? Der erste Punkt ist: Es gibt keine trennscharfe Definition. Ich habe ein Beispiel von der OECD gebracht, das für uns immer gut umsetzbar war. Das ist, glaube ich, einer der wichtigsten Punkte. Und das Zweite ist: Deswegen sind sie auch nicht gut in öffentlichen Datenbanken verfügbar und abgebildet. Die umweltkontraproduktiven Subventionen sind auch aus anderen Gründen als – sagen wir einmal – umweltschädliche Subventionen eingeführt worden. Das heißt, so wie Herr Soder gesagt hat, man muss sich das im Detail anschauen und man kommt nicht darum herum, dass man in manchen Fällen auch Annahmen trifft und Schätzungen macht. – Danke.

Zweite Fragerunde der Abgeordneten

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Hoher Ausschuss! In gebotener Kürze eine Frage an die Experten, vor allem an Herrn Steininger: Sie haben in Ihren Ausführungen die Begriffe Pendlerpauschale, Raumordnung und jetzt, in der Antwortrunde, Stadtflucht angesprochen. Ich persönlich bin einer, der am Land lebt. Meine Angst in Richtung Zukunft ist eher die Landflucht, und daher die Frage: Wenn man in der Zukunft auch für den ländlichen Raum eine Chancengerechtigkeit, oder sagen wir, eine möglichst gleichwertige Entwicklung für den ländlichen Raum und den städtischen Raum – und da nehme ich durchaus auch Speckgürtelgemeinden dazu – haben will, welche Maßnahmen braucht es in Richtung Raumordnung auf der einen Seite, aber vor allem auch in Richtung Pendler? Das Pendeln ist einfach notwendig. Ich komme aus einer Region, in der Leute zum Teil 60, 70 Kilometer in eine Richtung pendeln, und wir sind froh – in Bezug auf die Erhaltung örtlicher Strukturen –, dass die Leute auch tatsächlich pendeln.

Was aber brauchen wir, wenn wir jetzt, gerade in CO2-Zusammenhängen, nach vorne denken? Was sind aus Ihrer Sicht Maßnahmen, die auch junge Menschen mit einem guten Bildungsniveau möglichst im ländlichen Raum halten, damit nicht – unter Anführungszeichen, überspitzt gesagt – in 20 Jahren nur mehr „die Alten“ dort wohnen?

Obmann Lukas Hammer verweist darauf, dass mit Herrn Dr. Frey ein ausgewiesener Experte für Verkehrs- und Siedlungsplanung anwesend ist und regt an, einige Fragen aus diesem Themenblock in den nächsten Themenblock mitzunehmen, um die volle Expertise, die zur Verfügung steht, zu nutzen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr: Danke für die bisherigen Antworten. Ich denke auch, dass tatsächlich immer ein Maßnahmenmix benötigt wird, um die soziale Gerechtigkeit bei diesen Maßnahmen herzustellen.

Es braucht aber auch dringend eine Ökologisierung unseres Steuersystems, ganz klar: Wir müssen Subventionen – also staatliche Zuschüsse –, die nach wie vor in umweltschädlichen Bereichen ausbezahlt werden, beenden, das muss der Vergangenheit angehören. Die Liste dieser Maßnahmen hätte ja eigentlich schon letztes Jahr vorliegen sollen beziehungsweise eigentlich schon 2019 in den nationalen Energie- und Klimaplan eingearbeitet werden sollen.

Eine Frage auch an die Ministerin: Was hat da die Verzögerung veranlasst, und wann wird es diese Liste tatsächlich geben? Denn nur, wenn es die Liste einmal gibt, können wir beginnen, die Maßnahmen umzugestalten. Ich denke, auch da geht es nicht darum, all diese Förderungen abzuschaffen, sondern es geht darum, sie so umzugestalten, dass sie sowohl umweltfreundlich als auch sozial gerecht sind. Wir haben schon gehört, dass beispielsweise auch eine Pendlerpauschale so reformiert sein kann, dass sie nicht mehr den Gutverdienenden mehr bringt als den Wenigergutverdienenden. Auch da müssen wir die soziale Gerechtigkeit mitnehmen.

Anschließend an meinen Kollegen Bernhard, der gemeint hat, man soll revolutionär sein und sich nicht immer mit diesem: Ist es denn wirklich sozial gerecht?, stoppen lassen: Ich glaube, wirklich revolutionär zu sein, bedeutet, man fordert ein, dass der Klimaschutz mehr soziale Gerechtigkeit bringt und besser für die Umwelt ist. Ich glaube, das ist möglich.

Dahin gehend noch abschließende Fragen bezüglich Arbeitsplätze – gerade jetzt in der Situation, Experte Soder hat es angesprochen –: Die Schaffung wie vieler Arbeitsplätze wäre denn in Österreich möglich, wenn man da mutig vorangeht? Es gibt Studien, dass allein im Bereich der Fotovoltaik in den nächsten Jahren in Österreich die Schaffung von bis zu 100 000 Arbeitsplätzen möglich ist. Wie kann man das beziffern?

Eine an die Frau Ministerin gerichtete Frage: Wie viele Arbeitsplätze im Bereich Klimaschutz wollen Sie schaffen? Da ist ja die Zahl, die derzeit im Budget verankert ist, nicht die, auf die Sie sich tatsächlich – haben Sie gesagt – einigen wollen, weil das sehr, sehr wenige Arbeitsplätze sind. Wie viele Arbeitsplätze wollen wir denn durch den Klimaschutz in den nächsten Jahren schaffen?

Die letzte Frage zum Thema Heizen: Auch da wurde schon angesprochen, dass ein Heizungstausch eben bis zu mehrere Tausend Euro kosten kann. Was wären es denn da für Maßnahmen, die wir brauchen, um für alle möglich zu machen, dass man alte Heizsysteme austauschen kann, dass man sanieren kann, dass man auch Energiekosten einsparen kann, und auch diesen Punkt sozial gerecht erledigen kann?

Entschuldigung! Einen letzten Satz – ich hoffe, der Ausschussvorsitzende gönnt ihn mir noch –: Ich denke, dass all diese Punkte natürlich auch in einen gemeinsamen Antrag fließen müssen. Das war mir noch wichtig, das beispielsweise bei der Liste betreffend Subventionen zu betonen: Die sind ja jetzt doch schon über ein Jahr ausständig. Ich denke, solche Punkte sollten wir dann auch aus Wertschätzung gegenüber dem Volksbegehren quasi gleich in den Boden rammen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Hoher Ausschuss! Geschätzte Experten! Frau Minister! Geschätzte Damen und Herren! Die Initiatoren des Klimavolksbegehrens haben gesagt, es braucht eine langfristige Strategie für die entsprechenden Maßnahmen, die gesetzt werden. Ich glaube, es bräuchte auch für die Bürger und Bürgerinnen in unserem Land eine möglichst langfristige Strategie, zumindest um planen zu können, oder Information, um planen zu können, um sich darauf einstellen zu können, was auf sie zukommt.

Deshalb habe ich an Frau Minister Gewessler zwei Fragen, die die ökologische Steuerreform betreffen: Was erwarten Sie sich klimapolitisch von der Erhöhung der NoVA, was wird die aus klimapolitischer Sicht bringen? Und, damit sich die Menschen darauf einstellen können: Welche weiteren ökologischen Steuermaßnahmen haben Sie in nächster Zeit geplant?

Dann geht es noch um das Thema Abbau klimaschädigender Subventionen. Ich gehe davon aus, dass beispielsweise das Dieselprivileg aus Ihrer Sicht eines ist, das Sie abschaffen wollen. Was kommt da als Nächstes, was haben Sie da geplant?

Experte Soder hat in seinen Ausführungen von der Ausbeutung natürlicher Ressourcen und Lebensräumen vor allem für fossile Treibstoffe und fossile Energie gesprochen. Wie sehen Sie das Thema in Bezug auf die verwendeten Akkus bei Elektroautos und sonstigen E-Fahrzeugen, auf den Lithium- und Kobaltabbau und die menschenrechtlichen Bedingungen, unter denen diese Rohstoffe teilweise abgebaut werden, auf die umweltschädlichen Folgen, die dies hat? Der Recyclingstand bei diesen Produkten ist derzeit bei 10 Prozent, also: Wie sehen Sie dieses Thema E-Mobilität?

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Aus meiner Sicht ist dieses Thema eine der wichtigsten Herausforderungen, die wir in der Klimaschutzpolitik haben, und die in den letzten Jahrzehnten – das wurde von Frau Dr. Köppl angesprochen –, obwohl im Prinzip die Forschungslage dazu sehr klar ist, politisch einfach nicht behandelt wurde.

Ich glaube aber auch, dass wir da ein absurdes System haben, in dem das, was wir eigentlich wollen – Arbeit –, sehr hoch besteuert wird, und das, was wir eigentlich nicht wollen – Umweltverschmutzung, Energieverbrauch –, sehr niedrig besteuert wird. Das heißt, ich glaube, wir brauchen da ganz eindeutig eine Strukturreform, und bei der Wortmeldung von Frau Kollegin Herr war das irgendwie auch zu hören. Bis jetzt hat sich die Katze immer in den Schwanz gebissen. Wir haben immer gesagt: Die Menschen am Land sind in vielen Fällen die Sklaven ihrer Autos, sie können nicht umsteigen, deswegen können wir diese Reformen nicht machen. Ich glaube, wir müssen das durchbrechen, indem wir versuchen, diese Dinge eben gleichzeitig zu machen. Wir können nicht warten, bis sozusagen das ideale öffentliche Verkehrssystem da ist, bis wir dann endlich umsteuern, weil wir ja jetzt schon falsche Anreize haben.

Jetzt komme ich zu meinen Fragen. Die eine ist an Herrn Prof. Steininger gerichtet: Was mir in der Diskussion ein bisschen zu kurz gekommen ist – wenn wir auch über die wirtschaftlichen Folgen sprechen –: Wir sind derzeit auf einem weltweiten Klimapfad zu einer Erderhitzung von über 4 Grad. Wenn Sie vielleicht ganz kurz umreißen könnten, welche volkswirtschaftlichen Folgen – auch im Sinne des BIP-Negativwachstums – dieser aktuelle Klimapfad, den wir gerade beschreiten, für Österreich hätte, wenn wir nicht radikal etwas ändern?

Sie, Herr Prof. Steininger, haben BürgerInnenräte angesprochen, die ja auch ein sehr interessantes Instrument für die Erhöhung der Akzeptanz sind.

Das gibt es zum Beispiel in Frankreich. Da ist die Frage, was von den derzeitigen, weltweit bereits durchgeführten BürgerInnenräten und Klimaräten die Take-aways, die Dos und die Don’ts, sind, die Sie uns mitgeben würden.

Abgeordneter Yannick Shetty (NEOS): Sehr geehrte Expertinnen und Experten! Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter des Klimavolksbegehrens! Herr Schlederer, Sie haben es zu Beginn in Ihrer Wortmeldung gesagt: Es ist eigentlich ganz einfach: Man muss das Richtige tun und das Falsche unterlassen. Wir haben es heute mehrfach gehört, was aus Sicht der Expertinnen und Experten das Richtige ist. Ich glaube, die Wissenschaft macht da sehr, sehr klar, was zu tun wäre, und insofern liegt es an uns Politikern und Politikerinnen, das Richtige zu tun und eben das Falsche zu unterlassen.

Wenn die Klimapolitik in Österreich ein Auto wäre, dann würde dieses Auto derzeit stillstehen. Stillstehen nicht, weil sich nichts bewegt: So polemisch möchte ich nicht sein. Ich glaube, da gibt es einige – unter anderem Ihr Ministerium, Sie, Frau Bundesministerin –, die da leicht aufs Gaspedal steigen. Es stehen aber eben auch viele gewaltig auf der Bremse, und was dieser Bremsklotz ist, das haben wir heute mehrfach gehört. Das sind unter anderem mindestens 4 Milliarden Euro an klimaschädlichen Subventionen, die wir weiterhin auszahlen. Da bringt es wenig, wenn wir leichte positive Impulse setzen, wenn wir gleichzeitig so massive Bremseffekte haben. Und was passiert, wenn man gleichzeitig leicht auf dem Gaspedal steht und das Bremspedal betätigt? – Dieses Auto bewegt sich nicht. Deswegen ist es notwendig, dass wir einerseits den Gang hochschalten und andererseits eben diesen Bremsklotz abwerfen, diese klimaschädlichen Subventionen beenden, indem wir unter anderem unser Steuersystem – ja, ich würde sagen – grundlegend revolutionieren.

Deswegen möchte ich dahin gehend auch zwei Fragen an die Expertinnen und Experten stellen – einerseits an Frau Dr. Köppl, was die Ökologisierung des Steuersystems betrifft –: Wir haben als NEOS ja schon vor einem Jahr ein konkretes CO2-Steuermodell vorgelegt, das eine schrittweise Einführung und einen CO2-Preis von 350 Euro die Tonne vorsieht. Ich weiß, dass Sie gesagt haben, es ist sehr schwierig, da einen Preis zu definieren, aber vielleicht können Sie oder gerne auch Herr Steininger – Sie haben es ja auch kurz angesprochen – einen Anhaltspunkt geben, über welchen Preis wir denn da konkret reden oder was dann da wirklich konkrete Preisvorstellungen sein können.

Meine zweite Frage geht an Sie, Herr Prof. Steininger: Ich bin Idealist, aber auch Realist, und wenn wir über diese umweltschädlichen Subventionen reden, dann wissen wir, das wird nicht von heute auf morgen alles abzustellen sein. Wenn Sie zwei, drei umweltschädliche Subventionen, bei denen Sie den größten Handlungsbedarf, das größte Potenzial sehen, herausgreifen müssten, welche wären das?

Zweite Antwortrunde der ExpertInnen

Michael Soder, MSc PhD: Ich versuche jetzt, in 2 Minuten das alles irgendwie unterzubringen. Zur angesprochenen Stadt-Land-Thematik: Natürlich, es braucht eine Reform der Pendlerpauschale über positive Anreize zur Ökologisierung.

Ein wesentlicher Aspekt aber, gerade für den ländlichen Raum – das kennen wir aus der Forschung und das hat auch Kollege Steininger schon in seinem Statement angeführt –, sind Investitionen in den öffentlichen Verkehr, in Mikro-ÖV-Systeme zu zentralen Punkten, Investitionen in Rad- und Fußverkehr, die die Mobilität für diesen Bereich bis zu einem gewissen Grad neu denken. Das heißt, es geht um das Bedürfnis Mobilität, und das kann auch anders organisiert werden, aber dazu braucht es mehr als eine Reform der Pendlerpauschale, sondern zusätzlich auch noch diese investitativen Maßnahmen in die Strukturen.

Beim Thema Mobilität schließt gleich die Elektromobilitätsfrage an: Ja, es ist vollkommen richtig, dass auch die Erzeugung von Batterien Umweltbelastungen erzeugt. Durch Kobaltproduktion entstehen Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden, das ist richtig. Wir sehen aber auch derzeit schon Entwicklungen – innovative Entwicklungen, gerade auch zum Beispiel in einem Unternehmen in der Steiermark –, die eben diese Recyclingquoten heben, und andererseits versuchen, die Menge dieser seltenen Erden, die in der Batterieproduktion auch verbaut werden, sukzessive zu reduzieren. Das heißt, wir werden dort in Zukunft auch einen Technologieschub sehen.

Weitergehend wäre das dann eine Frage der fairen Ausgestaltung des Welthandels und der ILO-Standards et cetera, die da natürlich auch noch eine Rolle spielen. In einer Lebenszyklusbetrachtung schneidet das Elektroauto immer noch besser als der Verbrenner ab. Da gibt es viele, viele Studien dazu, aber natürlich ist das eine Problematik.

Die Zahl der Arbeitsplätze ist ganz schwer abzuschätzen. Es gibt da Studien, die reichen von x bis y, und große Spannbreiten. Es sind aber sicherlich mehrere Tausend, im fünfstelligen Bereich oder höher. Das hängt natürlich dann auch vom Tempo des Umstiegs und von den Bereichen ab. Exakte Bezifferungen sind da schwer zu treffen.

Öl- und Kohleheizungen: Wir sehen zum Beispiel aus einer Studie des INEQ-Instituts der Wirtschaftsuniversität Wien, dass gerade in den untersten 10 Einkommensprozent noch viele Ölheizungen, Kohleheizungen vorherrschen. Dort wird man mit einem finanziellen Anreiz nicht genug erreichen können, dort braucht es tatsächlich die Finanzierung eines Tauschs. Zusätzlich spielt dort die Mieter-Vermieter-Thematik auch noch eine Rolle: Wer entscheidet über das Heizsystem? Das hängt dann auch mit der Betroffenheit von einer CO2-Besteuerung zusammen: ob man überhaupt die Wahl hat, aus einem System rauszuoptieren.

Ein Satz noch zum CO2-Preis: Das hängt natürlich sehr stark vom Maßnahmenmix, in den dieser eingebettet ist, und vor allem vom Rückverteilungsmechanismus ab. Da würde ich meinen, braucht es die direkte und indirekte Abgeltung der Belastungen plus – und um das Plus geht es eben – diesen Maßnahmenmix, diesen investitativen Charakter, um diese besonderen Härtefälle abzufedern. – Danke.

Univ.-Prof. Mag. Dr. Karl Steininger: Lenkungseffekt bei CO2-Steuern – noch ein Thema von Ihnen aus der vorigen Runde –: Ich denke, da ist auch die Akzeptanz ganz wichtig. Die Menschen unterschätzen diese Lenkungswirkungen, an die denken wir nicht. Die Akzeptanz können wir dann erhöhen – Frau Köppl hat es schon gesagt –, wenn wir die Verwendung der Einnahmen klar kommunizieren. Das ist da wirklich die Chance. In der Höhe beispielsweise: Wenn wir die Haushalte beim Umstieg des Heizsystems unterstützen wollen, wenn wir da zum Beispiel pro Jahr 700 Millionen Euro für die Wärmestrategie, für diese Umstellung, aufwenden wollen, dann wären das 0,02 Cent pro Kilowattstunde, pro Haushalt wären das 3 bis 4 Euro im Jahr. Das wäre also jetzt von der Investitionsförderungsseite und von der sozialen Seite her nicht so viel. Von der Lenkungswirkung her brauchen wir natürlich einen höheren Preis – wenn wir den höheren dann auch wieder refundieren.

Landflucht war ein zentrales Thema. Da ist ganz wichtig, denke ich, dass es nicht darum geht, die Pendlerpauschale, die Refundierung insgesamt aufzuheben, sondern darum, wie sie gestaltet ist, sie umzugestalten, sodass sie nicht bevorzugt für fossile, sondern gleichmäßig für alle Verkehrsmittel gewährt wird. Ich glaube also, wir brauchen durchaus Fördermittel, aber nicht mehr in einer Weise, dass sie verstärkt hin zu fossilen oder verstärkt zu klimaschädlichen Verkehrsmitteln gehen. Wir brauchen den Mikro-ÖV, wir brauchen dort eine super Qualität. Ich denke, auch sozial profitieren gerade am Land die Leute dann stärker, geht auch mehr in diese Richtung, wenn wir die Fördermittel sozial gerecht machen.

Dann war noch die Frage zu den BürgerInnenräten-Take-aways: Irland, denke ich, ist ein gutes Beispiel, wo sie es geschafft haben, wo das gelungen ist, mit den BürgerInnenräten für wirklich heiße Eisen – ich glaube, es war entweder Abtreibung oder gleichgeschlechtliche Ehe – aus der heißen Diskussion heraus eine Lösung zu finden. Ich sehe es hier als Beginn eines Dialogs. Ich glaube – ich habe es jetzt zum Beispiel bei der Pendlerpauschale gesehen –, dass wir da oft noch alle miteinander aneinander vorbeireden, dass wir da wirklich im Detail schauen müssen, weil wir an gleicher Verteilung und an einem wirklich guten Leben an all diesen Plätzen interessiert sind. Ich glaube schon, dass es betreffend die Verteilung in Zukunft wahrscheinlich tendenziell stärker in Richtung Städte gehen wird, in Österreich aber möglicherweise auch nicht. Wir brauchen ganz sicher weiter die Bewirtschaftung der Almen et cetera auf dem Land. Vielleicht wird es sogar dann wieder attraktiv. Wenn man einen besseren öffentlichen – wirklich diesen Mikro-ÖV – auch dorthin hat, wird das auch wieder attraktiv werden.

Zur Höhe noch: Wir sehen interessanterweise, dass wir da sogar einen Effekt haben, wenn ich eine Steuer benenne. Wie ich sie nenne, ist wichtig. Ich darf sie nicht Steuer oder Abgabe nennen, sondern Klimabeitrag zum Beispiel, Tierwohlbeitrag et cetera. Das kommt an, und wenn ich das tue, wirkt sie sogar stärker, als wenn ich nur den fossilen Energiepreis, die MÖSt, erhöhe. Wenn ich weiß, es ist ein Klimabeitrag, gehen die Leute plötzlich viel stärker aus diesem anderen, nicht gewünschten Verhalten weg. Das ist psychologisch ganz spannend – Moral Economics –, wir sehen es in der empirischen Forschung. – Danke.

Dr. Angela Köppl: Zur Höhe der Steuer hat ja jetzt schon Karl Steininger einiges gesagt.

Ich habe in meinem Statement gesagt, sie sollte mindestens so hoch sein, dass sie idealerweise – also zumindest sagt uns das auch die Literatur – das Verhalten von Konsumenten und Produzenten tatsächlich beeinflusst. In diesem Sinne, wenn wir also jetzt das Beispiel von Deutschland mit den 25 Euro hernehmen, dann würde ich einmal sagen: Das ist relativ schwierig, denn wenn Sie jetzt etwa an die Mobilität und ans Tanken denken, dann sind das nicht wirklich mehr als die Schwankungen des Preises für Treibstoffe.

Ich glaube also, es ist wichtig, dass ich sage, ich kann von mir aus schon einmal mit einem geringeren Preis anfangen. Wenn ich aber wirklich etwas bewirken will, ist es aus meiner Sicht sinnvoll, dass ich mir überlege, welcher Pfad einer Entwicklung des Steuersatzes auch sinnvoll ist – immer – und das ist, glaube ich, wirklich etwas, was ich immer dazusage: eingebunden in ein breiteres Paket an Maßnahmen. Das ist wichtig.

Zur Frage: Welche umweltschädlichen Subventionen sollten wir als Erstes abschaffen? Von unserer Seite her hören Sie sehr häufig – und dazu stehe ich auch –: das Dieselprivileg. Das ist etwas, was man sicherlich ganz rasch ändern könnte. Ich möchte da auch noch ein zweites Beispiel nehmen, um auch die Dimension anzusprechen, dass das eine leichter auf der nationalen Ebene und das andere eher auf einer internationalen oder gemeinsamen Ebene von Ländern umzusetzen ist: Das wäre die Kerosinbesteuerung. Es ist auch schwer zu verteidigen, dass Treibstoffe für Flugzeuge nicht besteuert werden.

Eine Frage, die nicht direkt an mich gerichtet war, deren Thema ich aber auch noch ansprechen möchte, war die Frage zum Ressourcenverbrauch bei E-Mobilität. Ich möchte jetzt nicht im Detail auf die E-Mobilität eingehen, aber ich glaube, es ist auch auf der EU-Ebene ein ausgesprochenes Ziel, dass wir in veränderten wirtschaftlichen Strukturen deutlich höhere Ressourceneffizienz brauchen. Wie kann man das versuchen zu erreichen? Da möchte ich nur noch ein Stichwort nennen: Das sind Wirtschaftsstrukturen, die sich in Richtung Kreislaufwirtschaft verändern. – Danke.

Statement der Vertreterin des Klimavolksbegehrens

Katharina Rogenhofer, MSc: Danke für all Ihre Wortmeldungen. Ich finde die Diskussion wirklich sehr spannend und sehr gut. Zu Herrn Schmuckenschlager will ich noch sagen, diese Zitate zu bringen, war keinesfalls despektierlich gemeint. Wir waren dazu in sehr regem Austausch mit Herrn Josef Riegler, dem ehemaligen Vizekanzler. Er war ja einer der Vordenker.

Wir müssen uns aber schon auf der Seite der Bürgerinnen und Bürger auch die Frage stellen: Reicht das, was wir gerade tun? Reicht das, was die Politik gerade tut? Wenn man sich die Emissionen anschaut, reicht das noch nicht. Was nicht heißt, dass es keine Schritte in die richtige Richtung gibt – überhaupt nicht. Es gibt das erste Mal ein Regierungsprogramm, das einen Klimaschwerpunkt hat. Es sind Investitionen in diese Richtung geplant, aber: Es reicht noch nicht, und wir müssen von der Frage ausgehen: Was würde reichen, um das Pariser Klimaziel einzuhalten? Weil eben – vorher wurde es schon angesprochen – eine der Fragen war: Was wird eine 3 bis 4 Grad wärmere Welt kosten? Das wird nämlich nicht nur ökonomische Kosten, sondern gesundheitliche Kosten, massiv soziale Kosten, aber auch wirtschaftliche Kosten mit sich bringen.

Insofern müssen wir alle Instrumente in die Hand nehmen, um da umzusteuern. Alle Instrumente heißt auch, eine ökologische und soziale Umsteuerung vorzunehmen, also unser Steuersystem nochmals zu überdenken. Norwegen hat vor Kurzem einen CO2-Preis von 240 US-Dollar die Tonne beschlossen. Schweden hat einen sehr, sehr hohen CO2-Preis. Ich glaube, wir können uns in diese Länder, die da vorangehen, einreihen. Natürlich muss auch gesagt werden, dass dieser Lenkungseffekt zwar wirksam sein soll, aber nicht diejenigen treffen sollte, die jetzt schon einkommensschwach sind. Dafür gibt es aber schon wirklich, wirklich gute Konzepte. Angela Köppl hat vorhin angesprochen, dass diese ökosoziale Steuerreform eines der am meisten recherchierten ökonomischen Konzepte ist. Ich glaube, da kann man sehr gute, gemeinsame Linien finden, um das umzusetzen.

Eine zweite Sache ist – und die leitet schon in den nächsten Teil, auf den ich mich sehr freue, über –: Das Ganze muss in viel mehr Maßnahmen eingebettet sein. Gerade ein Umbau des Mobilitäts- und Verkehrssystems ist auch eine soziale Maßnahme. 40 Prozent der geringstverdienenden Haushalte haben gar kein Auto. Insofern sind sie auf den öffentlichen Verkehr angewiesen. Da Möglichkeiten – auch Möglichkeiten für die letzte Meile für den ländlichen Raum – zu schaffen ist eigentlich unsere grundlegende Aufgabe.

Und, das ist ein ganz wichtiger Punkt: die Raumplanung – sie wurde ganz kurz schon einmal angesprochen –: Auf dieser Raumplanung basieren eigentlich die Zersiedelung, die wir jetzt sehen, aber eben auch die falschen Anreize, die gesetzt werden. Warum haben wir Einkaufszentren am Rande von irgendwelchen Orten, wenn wir im Ortskern doch Belebung brauchen? Sie haben das teilweise in Ihren Wortmeldungen angesprochen. Wir brauchen wieder Belebung von Ortskernen, da muss wieder etwas passieren. Wir können nicht die Natur zupflastern und quasi die falschen Anreize setzen, nur um mit dem Auto irgendwohin in ein Einkaufszentrum zu fahren. – Danke schön.

Beantwortung durch die Bundesministerin

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Ich hoffe, Sie erlauben mir eine kurze Runde Antworten auf die Fragen, die an mich gegangen sind. Ich beginne mit der NoVA. Was ist die Erwartung an die NoVA? – Die Erwartung an die NoVA ist eine Umsteuerung im Moment der Kaufentscheidung. Wir haben gesehen, in den letzten Jahren sind die durchschnittlichen CO2-Emissionen bei den Neuwagenzulassungen in Österreich gestiegen. – Falsche Richtung! Sie sind gestiegen. Sie müssten stark sinken. Die NoVA ist eine Steuer, die im Moment der Kaufentscheidung einen Ausschlag gibt, einen Lenkungseffekt hat, und dementsprechend soll sie diesen Lenkungseffekt auch ausspielen. Ich möchte auch hier noch einmal darauf hinweisen, es gibt in jeder Fahrzeugkategorie Alternativen mit geringerem und mit höherem CO2-Ausstoß. Das heißt, wir lenken hin zu den Alternativen mit geringerem Ausstoß.

Zweiter Punkt: Es tut sich enorm viel in der Fahrzeugindustrie. Es kommen immer mehr Modelle einerseits mit geringerem Ausstoß, aber auch immer mehr Elektromobilitätsmodelle – auch da in allen Fahrzeugkategorien – auf den Markt. Ich möchte das unterstreichen, was auch Herr Soder gesagt hat: Im Hinblick auf den Lebenszyklus betrachtet – mit all den Herausforderungen, die jede – jede! – Pkw-Produktion mit sich bringt – ist das E-Auto in der Pkw-Mobilität eindeutig die bessere Wahl – eindeutig!

Daher gehen wir auch in diese Richtung, aber klar: Auch das kann nur in eine Mobilitätswende eingebettet sein; in eine Mobilitätswende, die mehr an Maßnahmen, an Umsteuerung, an smarter Befriedigung von Mobilitätsbedürfnissen – Mikro-ÖV ist heute schon mehrmals genannt worden – umsetzt, als ein Auto mit Dieselantrieb durch ein E-Auto zu ersetzen. Mobilitätswende heißt mehr.

Das heißt – weil diese Frage an mich gegangen ist –, wir werden natürlich auch im Steuersystem die nächsten Schritte setzen. Wir haben uns im Regierungsprogramm ja schon sehr deutlich einige Maßnahmen vorgenommen. Der größte Schritt in diesem Sinn geht dann bis hin zur CO2-Bepreisung 2022.

Ich möchte jetzt aber an zwei Beispielen, die auch auf die Frage von Julia Herr eingehen, noch einmal darlegen, warum all diese Maßnahmen wirklich diesen doppelten und dreifachen Nutzen haben. Wir haben die Frage nach den Klimajobs: Wie viele Jobs schafft diese Wende? Wir haben jetzt gerade eine Studie im Ministerium laufen, die dieses Potenzial in Bezug auf die österreichische Realität noch einmal aktualisiert erheben soll. Wir haben Zahlen aus einzelnen Sektoren, von der Sanierungsoffensive. Es läuft auch eine Studie zum Automobilsektor, aber wir haben eine Gesamterhebung in Arbeit, die das Potenzial da auch noch einmal darstellen soll. Diese soll in den nächsten Wochen fertig werden und wird dann natürlich auch dem Parlament zugehen.

Das aber, was den großen Unterschied macht: An Stelle von Milliarden Kaufkraftabfluss für fossile Energien – ich glaube, Yannick Shetty hat es in seiner Rede auch erwähnt – geschieht jede Investition in Erneuerbare vor Ort, jede Investition in die Sanierung vor Ort und schafft daher Wertschöpfung in der Region. Das sind also Jobs, die in Österreich entstehen und die in Österreich Wertschöpfung erzeugen.

Es gibt eine ganz spannende Studie aus der Ökoregion Kaindorf, einen Vergleich zwischen fossilen Heizsystemen und Biomasse-Heizsystemen. Sowohl die Wertschöpfung als auch das Jobpotenzial ist zwischen fossil und erneuerbar indirekt proportional. Wir haben in den Erneuerbaren einfach das größere Potenzial in Österreich, das heißt, gerade das größere Potenzial für die regionale Entwicklung.

Ein zweites Beispiel möchte ich noch bringen, weil das, glaube ich, auch schön zum zweiten Teil überleitet, nämlich die Frage der Mobilität: Das Waldviertel wurde heute schon erwähnt. Da stellt sich die Frage: Wie gestalten wir Mobilität ökologisch vernünftig, sozial gerecht, angepasst und im Wissen um die unterschiedlichen Siedlungsstrukturen, um die unterschiedlichen Gegebenheiten zwischen Stadt und Land in Österreich?

Wir haben uns das im Waldviertel angeschaut, und die Entscheidung, die vor Weihnachten gefallen ist, lautet: Nein, Regionalentwicklung im Waldviertel bedeutet nicht, eine Autobahn zu bauen. Ein Autobahnbau bedeutet einen Mehrwert für den Transitbereich, bedeutet einen Mehrwert überregional, aber ein Autobahnbau bringt sicher keinen Mehrwert in die Region. Genau deswegen ist diese Entscheidung gefallen: Keine Autobahn, sondern große Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr, Verbesserungen des bestehenden Netzes, denn das bringt flächendeckend Mobilität und flächendeckend Mehrwert für die Region!

Ich glaube, wenn man mit diesem Blick an Klimapolitik herangeht, dann schaffen wir diese Win-win-Situation für die Stadt und für das Land, und dann schaffen wir auch diese Brücke, denn diese Brücke brauchen wir: Wir wollen lebendige ländliche Regionen und wir wollen lebendige Städte, und beides wird 2040 klimaneutral sein. Das ist unser Auftrag.

IV. Zukunft gestalten: Mobilität und Energie nachhaltig machen

Statements der ExpertInnen

Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Bergthaler: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Umweltbewegte im Saal und zu Hause vor den Bildschirmen! Mobilität und Energie sprechen wir heute zu Recht im Paket an, denn diese beiden Bereiche haben ganz Entscheidendes gemeinsam.

Das Erste ist, sie sind ganz stark infrastrukturabhängig; das heißt, wir brauchen Infrastrukturen, die klimafreundlich ausgerichtet und auch ausgebaut werden. Zum Zweiten sind beide sehr technologieaffin; ich würde sagen, es braucht einen Innovationsschub – Stichwort Wasserstoff –, damit wir diese Umrüstung auch zeitgerecht zustande bringen. Ich möchte bei diesen beiden Aspekten beginnen und in den mir eingeräumten 8 Minuten Redezeit sieben juristische Vorschläge bringen, wie wir das bewältigen können.

Das Erste betrifft das Stichwort Innovation. Wir haben in Österreich ein sehr gutes Rechtssystem, was Freiräume für Forschung und Entwicklung betrifft, aber das geht nur bis zu einem gewissen Punkt, nämlich bis zum Technikumsmaßstab. Das heißt, kleinteilig forschen ist in Österreich sehr gut möglich, ist von Restriktionen weitgehend befreit. Worum es aber hier bei der Technologiewende, bei dem Innovationsschub, den wir brauchen, geht, ist deutlich mehr, es geht hier um das Upscaling.

Mit den kleinen Maßstäben kommen wir nicht zum Ziel. Wir müssen auf den großtechnischen Maßstab gehen können, und da sind wir derzeit noch im normalen Genehmigungsrecht. Das heißt, die Behörden müssen die Frage, ob neue Technologien erprobt werden, nach Maßstäben prüfen, die auf dem bestehenden Stand der Technik basieren. Ein neuer Stand der Technik wird also nach Maßstäben des bestehenden Standes der Technik geprüft. Sie sehen, das ist zu eng.

Hier brauchen wir Freiräume. Solche Freiräume gibt es, solche Konzepte gibt es; sie heißen Reallabore, sie heißen Innovationsrahmen. Hier braucht die Industrie, begleitet durch die Forschung, einen Freiraum, um diesen Innovationsschub tatsächlich auch auf die Straße zu bringen.

Der zweite Bereich: Es braucht auch den Ausbau der Infrastrukturen, sowohl im Verkehrs- als auch im Energiebereich. Derzeit – Stichwort Verfahrensbeschleunigung – finden wir uns immer wieder in denselben Schützengräben, wo wir vermeintlich das eine gegen das andere abtauschen. Aus meiner Sicht – und da möchte ich anknüpfen an ein Beispiel, das die Frau Bundesministerin jetzt gebracht hat – ginge es vor allem darum, dass wir uns einigen, wann wir was in welcher Prüftiefe prüfen.

Derzeit haben wir die Situation, dass wir uns ganz am Ende eines Verfahrens über ein Wasserkraftwerk die Frage stellen, ob nicht die Alternative einer Windkraftanlage besser gewesen wäre. Die Frage kann man sich stellen, aber sie gehört zuvor gestellt. Sie gehört, wie die Frau Bundesministerin zu Recht gesagt hat, gestellt, bevor das Verfahren beginnt. Hier bietet die Strategische Umweltprüfung ein Instrument, bei dem wir sagen: Die Grundsatzfragen vorweg prüfen!, und ich sage auch dazu: ohne Partizipationsverlust. Wir brauchen die Partizipation ganz zu Beginn, nicht erst am Ende, sonst kommen auch die kritischen Fragen am Ende. Ich glaube, dass es zwischen den verschiedenen Proponenten der Interessen möglich sein müsste, dass wir sagen, wir wollen alle Fragen partizipativ behandeln, aber in einer bestimmten Reihenfolge, die Sinn macht und die uns solche Prüfschleifen erspart.

Dritter Punkt: Die öffentliche Hand muss als Vorreiter vorangehen. Wir haben im öffentlichen Beschaffungswesen sehr gute Bestimmungen, was die Beschaffung von Straßenfahrzeugen betrifft. Dort geht es um die CO2-Emissionen, dort geht es um die Klimafrage. Gleichartiges haben wir bei den Bauaufträgen nicht. Die Instrumente gibt es aber. Es gibt die Möglichkeit der Ökobilanzierung von Gebäuden, es gibt die Möglichkeit, zu sagen, wir geben hier dem Klimaschutz mehr als eine bloße Bedachtnahme. Die verschiedenen Technischen Universitäten haben dafür schon die Instrumente entwickelt, und wir Juristen wären gefordert, das in entsprechende schärfere gesetzliche Bestimmungen umzusetzen.

Der ganz wichtige Punkt Raumordnung ist bereits genannt worden. Damit ist die Länderebene angesprochen. Ich weiß schon, wir sind hier nicht in einem Landesparlament, sondern im Bundesparlament, aber vielleicht braucht es ein paar Richtlinien. Ich möchte nur ein Beispiel bringen. Ich ärgere mich schon, wenn ich mir bei einer PV-Anlage, die auf einer Deponie zu liegen kommt, plötzlich die Frage stellen muss: Ist das mit dem Landschaftsbild verträglich oder ist das eine Verschlechterung gegenüber dem bisherigen Ausblick auf eine Deponie? Ich glaube, da braucht es schon invasive Maßnahmen auch vonseiten des Bundes, bei denen wir sagen, wir wollen ganz bestimmte Bereiche fördern und wir können das jetzt nicht überregulieren und eine Art verkehrten Landschafts- oder Ortsbildschutz erfinden.

Effizienz und Verbrauch sind ganz entscheidend. Dazu ist schon angesprochen worden, und das ist auch meine Ansicht, dass wir im Bereich Fernwärme und Fernkälte noch Potenziale haben, die wir nicht gehoben haben. Wir müssen die Potentiale im Zusammenspiel zwischen Industrie, Kommunen und Energiewirtschaft heben. Es gibt x thermische Anlagen in Österreich, die noch keine Abwärmenutzung haben, obwohl sie siedlungsnah errichtet und betrieben werden. Dieses Potenzial sollten wir nicht herschenken. Dazu gibt es im EAG viele gute Ansätze, möchte ich ausdrücklich sagen. Das heißt, dieser erste Aufschlag ist sehr gut ins Feld gespielt und ich hoffe, dass man das Game, Set and Match auch in dieser Weise beenden kann.

Abgaben sind nicht mein Thema. Nur eines aus juristischer Sicht: Eine Zweckbindung der Mittel ist hier vorteilhaft, trägt zur Akzeptanz bei. Und wenn wir über die Sozialverträglichkeit sprechen, muss es nicht nur um die Refundierung gehen, sondern möglicherweise um die Abgabenbefreiung von vornherein für bestimmte einkommensschwächere Haushalte.

Letzter Aspekt: Ich glaube, dass wir auch auf das Zusammenspiel der Instrumente achten müssen. Wir haben hier ein paar Lektionen etwa im Bereich der lärmarmen Lkws gelernt. Wenn Sie das Beispiel Loferer Bundesstraße und das Nachtfahrverbot noch in Erinnerung haben, so gab es da zunächst eine Fördermaßnahme für Umrüstung auf lärmarme Lkws und dann ein Nachtfahrverbot für solche Lkws, das vor dem Verfassungsgerichtshof wegen Verstoßes gegen den Vertrauensschutz nicht halten konnte.

Das heißt, wenn wir auf verschiedenen Ebenen kalibrieren, wenn wir Flottenzielwerte einführen, dann können wir dem natürlich nicht mit einem Schuss ins Knie begegnen, indem wir sagen: Wir haben dich zwar zur Umrüstung gezwungen, aber fahren darfst du damit nicht! Das muss aufeinander abgestimmt sein und muss ein Gesamtkonzept ergeben, das in sich stimmig ist.

Weitere Potenziale – wenn sich das zeitlich noch ausgeht –: Ein weiterer Bereich, den ich aus dem EAG positiv herausgreifen möchte, ist diese Situation des netzdienlichen Verhaltens, die Idee, dass wir nicht nur erzeugungsseitig, sondern auch verbrauchsseitig denken. Viele Industrien haben Spielräume, um ihren Abruf netzdienlich zu steuern. Wenn hier der Gesetzgeber, der Regulator eingreift und sagt, dieses Verhalten fördere ich, auch dafür gibt es etwas, ist das eine der besten Speichertechnologien, die wir haben, weil dann der Abruf zu dem Zeitpunkt kommt, da er am netzverträglichsten ist. Das heißt aber auch, das wir intelligente Systeme, intelligente Netze brauchen, die das zustande bringen.

Alles in allem sehen Sie, der juristische oder legistische Werkzeugkoffer ist eigentlich prall gefüllt. Er muss ausgepackt werden. Er muss in diesem Haus ausgepackt werden. Vieles davon ist auf gutem Wege. Zu vielem kann ich gratulieren, zu vielen Vorschlägen, die auch hier gebracht wurden. Viele der Referenten vor mir und nach mir haben Beispiele aus der Schweiz, aus Kanada gebracht, die mit relativ geringem Aufwand für Österreich austrifizierbar wären. Ich wünsche Ihnen bei diesem Vorhaben viel Erfolg.

Unterschätzen Sie den Gestaltungswillen, die Gestaltungsfreude der Bevölkerung nicht! Das betrifft diese Energiegemeinschaften, die jetzt ja möglich werden, die Prosumers, an die gedacht wird, die Mikro-ÖV-Fahrdienste. Es steckt viel Kreativität in den Leuten, auch am Land. Nützen Sie diese! – Vielen Dank.

Dipl.-Ing. Dr. Dietrich Wertz: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir bitte, zum Einstieg einen Gedanken anzubringen beziehungsweise etwas Grundsätzliches in Erinnerung zu rufen, und zwar, dass wirkungsvoller Klimaschutz nur dann möglich ist, wenn es auch eine wirkungsvolle Energie- und Mobilitätswende in Österreich gibt.

Wenn man nämlich auf dieses Energieflussbild Österreichs blickt (der Redner unterstützt in der Folge seine Ausführungen mittels einer Powerpoint-Präsentation) – ich möchte nur ganz kurz die wesentlichen Aspekte zusammenfassen –, dann sieht man, dass im Bereich der Primärenergie ungefähr ein Viertel unserer Energiemengen aus heimischer Erzeugung kommt. Dazu muss man gleich sagen, dass diese heimische Erzeugung ungefähr 90 Prozent erneuerbare Energie ist. Demgegenüber ist die importierte Energie im Wesentlichen, und zwar zu über 90 Prozent, fossil-atomar. Das heißt, wir importieren sehr viel Öl, sehr viel Erdgas, auch Kohle noch, und natürlich letztlich auch versteckten Atomstrom.

Wie man sieht, ist das umso wesentlicher, wenn man in den Mobilitätsbereich hineinblickt, denn da kreuzt sich sozusagen eine sehr CO2-intensive Energieversorgung über Diesel und Benzin, die natürlich den dominanten Lkw- und Pkw-Bereich beherrschen, mit der Steigerung der Verkehrsleistung, wie wir sie in den letzten Jahrzehnten einfach erlebt haben. Die Entwicklung der CO2-Emissionen nach Sektoren ist ja wahrscheinlich allgemein bekannt. Die Emissionen aus dem Verkehrssektor, hier in Millionen Tonnen CO2-Äquivalent, sind drastisch gestiegen, während sie in den anderen Sektoren im Wesentlichen zurückgegangen sind.

Natürlich braucht es da eine Lösung. Aus meiner Sicht ist dieses Energieproblem vor allem dann in den Griff zu bekommen, wenn man auf die Nutzung von Solarenergie setzt. Das wurde ja heute schon mehrfach gesagt. Ich darf da das geflügelte Wort wiederholen: Die Sonne schickt uns keine Rechnung, global aber jedes Jahr 10 000-mal so viel Energie, wie die Menschheit tatsächlich beansprucht. Das darf man, glaube ich, nie vergessen. Es gibt auch Leute, die sagen, 16 000-mal so viel  wie auch immer, das entwickelt sich natürlich auch in Abhängigkeit davon, wie der Primärenergieverbrauch weltweit steigt oder fällt.

Dazu muss man wissen, dass Solarenergie ja grundsätzlich CO2-neutral ist. Deshalb sehe ich das als Techniker schon so, dass das Match technisch auf jeden Fall gewonnen ist – die technologischen Fortschritte der letzten Jahre, Stichwort Fotovoltaik, wurden ja heute schon mehrfach genannt –, dass aber umgekehrt auch wirtschaftlich das Match für die Erneuerbaren gewonnen ist und dass man deswegen sehr stark darauf setzen sollte.

Die Klima- und Energie- beziehungsweise die Verkehrswende wird aber leider Gottes auch gehemmt. Man muss offen aussprechen, dass logischerweise – das ist auch gar niemandem zu verübeln – die fossil-atomaren Energiebereitstellungsstrukturen, die Konzerne et cetera, gegen eine konsequente Energiewende massiv lobbyieren. Das ergibt sich ja aus den Eckdaten ganz logisch.

Ich glaube aber, dass demgegenüber das Wahlvolk in seinen Vorhaben und Plänen schon wesentlich weiter ist. Deswegen unterstütze ich diese grundsätzliche Idee, egal, ob das jetzt Bürgerräte oder sonst irgendwie heißt, dass man ein Gremium bildet, bestehend aus einer Mischung aus Nationalräten, Bundesräten, der Wissenschaft, der Wirtschaft und anderen Stakeholdergruppen wie eben den NGOs zum Beispiel in Form der Klimavolksbegehreninitiative, und dass man dieses Gremium dann tagen lässt. Bürger, die, ähnlich wie bei einem Schöffensenat, per Los ausgewählt wurden, können da mitdiskutieren, und dann sollte man ein Maßnahmenpaket, zum Beispiel ein einfaches Zehnpunkteprogramm, das entsprechend gesetzlich herunterzudeklinieren wäre, formen und dieses über das Parlament einer Volksabstimmung zuführen.

Ich darf vielleicht nur in Erinnerung rufen – ich habe es selbst noch nicht erlebt, weder als Wähler noch sozusagen als Ehrenbürger –: 1978 hat es ja schon einmal die Möglichkeit gegeben, dass die österreichische Bevölkerung eine sehr, sehr richtungsweisende Entscheidung im Energiebereich fällt. Die Bevölkerung hat aus heutiger Perspektive, wie ich glaube, diese Entscheidung ganz richtig getroffen. Wenn man damals die Entscheidung nur einigen Lobbyisten und ausgewählten Experten oder mutmaßlichen Experten der Energiewirtschaft überlassen hätte und – das muss man, glaube ich, ehrlicherweise auch sagen – dem Parlament, dann wäre das ganz anders ausgegangen.

Konkrete Maßnahmen empfehle ich auf drei Ebenen, zum Beispiel auf Ebene der ökologischen Steuerreform. Da geht es natürlich im Kern, wie schon mehrmals erwähnt, um die Entlastung der Besteuerung von Arbeit bei gleichzeitiger Belastung von fossil-nuklearer Energie. Neben der schon erwähnten direkten Demokratie plädiere ich sehr dafür, dass man diesen Prozess mit einer ganz konsequenten Entbürokratisierung begleitet, weil auch der Ausbau erneuerbarer Energie oder die Verkehrswende natürlich sehr stark durch Verfahren und durch anachronistische Gesetze, wie wir sie in Österreich zum Teil haben, gehemmt wird.

Zu meinen Vorschlägen: Das Wie und das Warum wurden meines Erachtens heute schon sehr stark beleuchtet, und es gibt ja unendlich viele Konzepte, in welchen Sektoren welche Maßnahmen volkswirtschaftlich, aber auch ökologisch wertvoll und umsetzbar wären. Ich möchte nur zwei, drei Punkte herausgreifen.

Im Verkehrsbereich wäre die Neukodifizierung des Eisenbahngesetzes aus meiner Sicht sehr dringend notwendig. Wir haben ein sehr altes Eisenbahngesetz aus 1957, das schon Dutzende Male novelliert wurde und das überbürokratisch sowie einfach nicht mehr zweckmäßig und zeitgemäß ist. Es gibt diverse unsinnige Behördenzuständigkeitsdivergenzen et cetera, außerdem ist das Eisenbahngesetz aus meiner Sicht viel zu streckenauflassungsfreundlich. Da müsste man schon auf gesetzlicher Ebene wesentlich mehr tun, um das Eisenbahnsystem als Flächensystem, als Kapillarsystem in Zukunft wieder besser über ganz Österreich spannen zu können. Und es geht natürlich auch darum, dass in der Straßenverkehrsordnung ähnliche Mechanismen vorhanden sind, die – ich kenne das als Gemeindevorstand aus der täglichen Arbeit – auch fortschrittliche Konzepte in der Umsetzung hemmen.

Das führt auch gleich zum nächsten Thema: Last Mile. Da geht es auch darum, dass man sowohl auf der Schiene als auch auf der Straße die entsprechenden zeitgemäßen Rahmenbedingungen setzt. Ich finde zum Beispiel als Konsument, dass auch das Paketwesen – oder man muss fast sagen, das Paketunwesen –, das in Österreich herrscht, weder arbeitnehmerfreundlich noch kundenfreundlich noch zweckmäßig ist und dass es ökonomisch und ökologisch wahrscheinlich auch nicht der Weisheit letzter Schluss ist.

Ich persönlich bin schon ein großer Freund des freien Marktes. Ich glaube aber, man könnte ihn auf der letzten Meile intelligenter regeln und sollte das auch dringend tun. Das gilt genauso für den Bereich des Güterverkehrs. Es muss entsprechende Containersysteme, entsprechende Förderungen, aber nicht nur Förderungen, sondern eben auch strukturelle Maßnahmen für die letzte Meile geben, speziell im Bereich der Anschlussbahnen. Da sind wir zwar in Europa eh noch relativ weit vorne, doch langsam, aber sicher fallen wir zurück.

Es werden aktuell, auch in diesen Wochen und Monaten, leider noch immer quer durch Österreich Eisenbahnlinien abgebaut. Das ist aus meiner Sicht angesichts der drohenden Klimakrise einfach der vollkommen falsche Weg.

Ähnliche Maßnahmen empfehle ich im Bereich des Wärmemarktes, der Bestandssanierung. Auch dort könnte man durch eine Entbürokratisierung und eine Entrümpelung der Bauordnungen sehr viel tun, weil sich auch da – es wurde vorhin ja schon erwähnt – diese Regularien im Wesentlichen an Neubauten orientieren und auf die ökologisch wünschenswerten thermischen und sonstigen Sanierungen oft einfach schwer oder gar nicht anwendbar sind.

Ich darf noch einmal meinen Appell zur Volksabstimmung wiederholen. Dass man das juristisch entsprechend umsetzen müsste, um es dann einer Volksabstimmung zuzuführen, ist klar.

Abschließen darf ich, indem ich zusammenfasse, was wir heute schon mehrfach gehört haben, nämlich dass wir stärker das belasten, was uns belastet, und dass wir aus diesen Töpfen heraus das entlasten und fördern, was uns hilft. Aus Umweltschutzperspektive muss man es vielleicht so sehen: Eine Windkraftanlage per se nützt der Umwelt nichts, wenn gleichzeitig Atomkraftwerke und Kohlekraftwerke im gleichen Ausmaß weiterlaufen. Das kann man leider in Europa teilweise so beobachten. Das kommt aber eben teilweise daher, dass wir viel zu stark aus dem Steuersystem, das sich eben vor allem aus arbeitsbezogenen Steuern speist, zum Beispiel in diesen ganzen Energiebereich hinein umverteilt haben. Aus meiner Sicht wäre es neben der direkten Demokratie eines der Schlüsselelemente, so etwas auf den Weg zu bringen. Ich glaube, wir stehen da wirklich vor einer spannenden und richtungsweisenden Entscheidung, und ich wünsche allen Beteiligten, die in diesem Sinne mitwirken, alles, alles Gute. – Danke schön.

Dipl.-Ing. Dr. Harald Frey: Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Vorsitzende! Sehr geehrte Mitglieder des Umweltausschusses! Sehr geehrte Damen und Herren! Kommen wir zum letzten Punkt der heißen Kartoffel, dem angesprochenen Sorgenkind – und das ist ja in den Fragen schon oftmals aufgetaucht –, dem Verkehrs- und Mobilitätsbereich. (Der Redner unterstützt in der Folge seine Ausführungen mittels einer Powerpoint-Präsentation.)

Wir haben natürlich einen Sektor, wo wir eine Riesenkluft zwischen dem haben, wo wir uns heute befinden, auch so wie wir Alltagshandeln betreiben, und dort, wo wir eigentlich hinmüssten, was die Klimaziele betrifft, und das ist der Verkehrssektor. Er ist bereits öfters angesprochen worden: 24 Millionen Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr. Was bedeutet das? Ist das eine große Zahl? Damit man ein Gefühl dafür bekommt, 1 Tonne CO2 sind 6 000 Kilometer mit dem Auto. Jetzt können wir es uns ausrechnen: 6 000 mal 24 Millionen Tonnen pro Jahr, dort sind wir heute, und eigentlich müssten wir de facto auf null hinunter.

Also man sieht schon, dass wir eigentlich Lichtjahre von dem entfernt sind, wo wir hinmüssten und wo wir uns heute befinden. Und dieses Alltagshandeln ist ja nicht vom Himmel gefallen, sondern das sind einfach Strukturen, die wir alle gemeinsam in den letzten Jahrzehnten, seit den 1950er-Jahren, aber natürlich auch davor, beschlossen, gemeinsam aufgebaut haben, und zum Großteil – muss man leider Gottes heute noch sagen – fortführen.

Ich bin jetzt seit 15 Jahren in der Verkehrsplanung, sowohl in der Forschung als auch in der Praxis tätig. Es geht heute viel weniger darum, über die Maßnahmen zu diskutieren – die sind im Grunde genommen vom Umweltbundesamt jetzt wieder aktualisiert worden und werden auch gerade aktualisiert im Hinblick auf das Klimaziel 2040 –, aber sie zeigen eigentlich ganz klar, dass es nicht um ein Entweder-oder geht, sondern um ein Sowohl-als-auch. Das heißt, wir brauchen nicht zu diskutieren, ob die eine Maßnahme unsozial oder weniger sinnvoll ist, sondern wir werden alle Maßnahmen brauchen, von der Tempobeschränkung auf 80, 100 km/h – und hinunter – auf den Autobahnen und Landstraßen, bis zu den Pricing-Maßnahmen der CO2-Steuer. Anders wird es nicht gehen.

Die Modellierung des Umweltbundesamtes zeigt auch eindrucksvoll, dass die technologischen Maßnahmen und Komponenten eben nicht ausreichen werden. Nicht einmal 50 Prozent – annähernd die Hälfte der Klimaschutzziele 2030 ist noch die einfachere Übung, aber 2040 wird es dann schon spannend und 2050 klarerweise auch – können wir mit technologischen Maßnahmen, Stichwort Antriebstechnologie verändern. 50 Prozent bleiben übrig. Das heißt, über diese Maßnahmen müssen wir diskutieren. Das sind die schmerzhaften Maßnahmen, das sind die schwierigen Maßnahmen, die greifen die Struktur Österreichs bis hin zum Föderalismus an.

Die bekannten Maßnahmen können wir relativ schnell durchgehen. Das geht, wie gesagt, von der Mineralölsteuer, der motorbezogenen Versicherungssteuer über die Höchstgeschwindigkeiten, Temporeduktion auf Autobahnen und Schnellstraßen auf 80, 100 km/h – ein altes Thema, seit den Neunzigerjahren diskutiert. Die Länder könnten sich viel Geld ersparen, würden sie das umsetzen. Es gibt ein West-Ost-Gefälle in Österreich, die westlichen Bundesländer wollen es, die östlichen wollen es eher nicht. Es gibt immer wieder die Diskussionen mit den Straßenbaureferenten und so weiter und so fort. Also Sie sehen, dass wir so, wie wir zum Teil diskutieren, so wie wir aufgestellt sind, diese ganze Föderalismusgeschichte – die wir uns anschauen oder diskutieren müssen –, wenig und bedingt weiterkommen.

Das Thema Raumplanung, überörtliche Raumplanung und Verantwortungspflicht der Länder ist ja heute schon implizit angesprochen worden. Was bei all den Maßnahmen eher zu kurz kommt, das ist das, worum es wirklich geht, nämlich die Senkung des Verkehrsaufwandes, den wir betreiben. Ich habe es Ihnen ja vorher vorgerechnet, die 6 000 Kilometer mal 24 Millionen, die wir sozusagen pro Jahr durch Klimaemissionen abspulen, über die spricht keiner. Verkehr vermeiden: Wir sprechen darüber, ob wir ihn ein bisschen verlagern, wir können vielleicht ein bisschen etwas ausbauen – wieder als Reflex. Das sind wir ja gewohnt in der Zweiten Republik, dass wir sozusagen immer mit Bauen reagieren, aber nicht einmal fragen, was wir überhaupt wollen, also uns das Ziel anzuschauen, auch zu fragen: Ist es sinnvoll, dass wir so viele Kilometer in der Gegend herumfahren und damit die Landschaft zerstören, die Umwelt zerstören und letztendlich die Gemeinden – das ist ja bereits angesprochen worden – entleeren?

Was sind eigentlich die Barrieren für diese große Nachhaltigkeitstransformation im Verkehr, die unbedingt notwendig ist, wenn wir über die Klimaziele sprechen und diese erreichen wollen? Im Grunde genommen, ich habe es bereits erwähnt, wir richten – die letzten Jahrzehnte auch noch verstärkt – alle baulichen, finanziellen und organisatorischen Strukturen auf den Pkw aus. Wir stellen zuerst einmal gar keine andere Frage, sondern das läuft im Alltagsgeschehen mit. Zum Teil haben wir ja auch Entscheidungen getroffen, die die Schwächung von Akteuren noch einmal impliziert. Ich habe diesen Entfall der Stellungnahme des Bundesumweltamtes vor Einleitung einer UVP hier explizit angesprochen.

Im Grunde genommen gibt es eine Tendenz zu eher kurzfristigen Scheinlösungen, die das Problem zum Teil eher noch verstärken als lösen. Das ist in etwa so, wie wenn ich mir überlege, na ja, jetzt investiere ich halt wieder die nächsten fünf Jahre 8 Milliarden Euro in den Straßenausbau. Ich könnte auch die Österreicherinnen und Österreicher fragen, ob sie die nächsten fünf Jahre 1 000 Euro aufs Konto haben wollen oder ob wir das Geld für eine Autobahn unter dem Nationalpark verwenden wollen. Ich bin neugierig, was passiert. Also wir könnten uns durchaus überlegen, wie wir mit diesen Dingen umgehen, zum Beispiel Arbeitsplätze in den Gemeinden schaffen, das ist zwar schwieriger, aber wahrscheinlich viel nachhaltiger.

Das heißt, wir haben ein beharrliches Verfolgen dieser falschen Zielsetzungen implementiert – da braucht man niemanden auszunehmen – und damit natürlich Abhängigkeiten geschaffen, wo wir nicht mit dem Finger auf den Einzelnen zeigen können, auch nicht brauchen, was das Thema Energieverbrauch betrifft. Aber wir müssen die Verantwortungsebene adressieren, und verantwortlich sind wir alle mit, indem wir die Strukturen in die eine oder in die andere Richtung errichten, finanzieren, unterstützen, in welchem Ausmaß auch immer.

Wir fördern zwar Nischeninnovationen durch Forschung, aber im Grunde genommen schaffen wir auch gleichzeitig die Rahmenbedingungen, dass diese Nischeninnovationen eher in der Nische bleiben. Wenn es technologische Nischen sind und wir einen starken Industriepartner haben, funktioniert das eher, wenn es auf der sozialen Ebene stattfindet, wird es schon schwieriger. Aber im Grunde genommen – und das Thema Nischenförderung ist ja in der Forschung eines seit den Siebziger-, Achtzigerjahren – bleibt das auf der Ebene der Nische.

Was könnten Möglichkeiten von Maßnahmen sein, die über das bisherige hinausgehen, auch im Denken? Wir haben ja in Österreich auch ein bisschen die Tradition, wir investieren einen Euro in die Straße, und weil wir nicht so sind, geben wir halt 50 Cent in den öffentlichen Verkehr. In den letzten Jahrzehnten oder in den letzten Jahren mehr, Gott sei Dank, aber im Prinzip bleibt dieses permanente Ungleichgewicht zwischen Straße und Schiene bestehen, es wird halt nach oben weiterverschoben, wenn man so will. Wieso machen wir keine Infrastrukturförderung, also einen Fonds, der anstatt der Sektorfinanzierung hinterfragt, wenn ich einen Euro habe, investiere ich ihn in die Straße oder in die Schiene oder beispielsweise in Breitband, denn das ist alles Verkehrsinfrastruktur?

Die Frage des Finanzausgleichs, der sich meiner Meinung nach viel stärker an den ökologischen Zielsetzungen orientieren muss: Wieso sagen wir nicht Zweckbindung von Mitteln für den Straßenneubau und -erhaltung der Länder zu einem gewissen Anteil für die Radinfrastruktur oder aktive Mobilität? Wir werden Bonus-Malus-Systeme brauchen. Denken Sie an die Zersiedelung und an die Ressource, die wir nicht erneuern können, nämlich Boden! Eine ganz entscheidende Geschichte: Bodenschutz ist auch gleichzeitig Klimaschutz. So, wie wir mit dem Boden umgehen, wird uns die Komponente noch massiv auf den Kopf fallen. Natürlich spielt die Verkehrsinfrastruktur in der Flächenversiegelung eine zentrale, eine wesentliche Rolle, direkt und indirekt.

Zwei Sätze noch zu Finanz- und Fördersystemen: Ökologisierung der Wohnbauförderung, Versiegelungsabgabe. Wir müssen im Grunde genommen weg von der Zurufplanung, dass irgendjemand irgendwen findet, von dem er sich etwas wünschen kann, und der zahlt dann dafür. Die Länder pilgern zum Bund und das Ministerium soll dann eine Infrastruktur errichten und gleichzeitig dafür zahlen. Das wird es also in dieser Art und Weise, ich sage nicht, nicht mehr geben, aber man muss es zumindest kritisch hinterfragen, insbesondere, wenn es nicht die Zielsetzungen der Klimaziele erreicht. Wir brauchen im Grunde genommen damit auch bei allen Instrumenten eine gewisse neue Wertehierarchie, die sich zwangsläufig ohnehin aus den Zielsetzungen ergeben wird. – Vielen Dank.

Erste Fragerunde der Abgeordneten

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Geschätzter Herr Vorsitzender! Werte Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Klimavolksbegehrens! Heute wurde sehr viel über die First and Last Mile gesagt, und ich habe hier an dieser Stelle auch im Plenum schon mehrfach drüber gesprochen. Warum? Weil ich als Regionsvorsitzender seit mittlerweile zweieinhalb Jahren ein Mikro-ÖV-System in den Bezirken Leibnitz und Deutschlandsberg implementiert habe.

Wenn das System hier als Lösung angepriesen wird, dann unterstütze ich das voll, aber ich muss Sie leider schon auch nach zweieinhalb Erfahrungsjahren irgendwie auf den Boden der Realität zurückholen. Für eine Bevölkerungszahl von circa 130 000 Menschen haben wir eine durchschnittliche Fahrtbuchung von 100 am Tag und auf der Pyhrn-Autobahn eine DTV von 70 000 Fahrten pro Tag. Dieses Verhältnis zwischen der Annahme eines Mikro-ÖV-Systems für die First and Last Mile im Verhältnis zum Pkw ist also ambivalent anders. Wir brauchen hier eine starke Integration dieses Systems, wenn es wirklich quantitativ mehr genutzt werden soll, damit es die Menschen auch annehmen. Auch wenn der Preis jetzt niedrig ist – 2 Euro pro Fahrt –, es nützt niemand, wenn es nicht im Sinne eines 1-2-3-4-Tickets, wie ich es einmal genannt habe, integriert wird. Und 4 ist vielleicht noch falsch im Sinne der Hochqualifizierung des Preises, weil es zu teuer wäre, es muss wirklich im 1er- oder 2er-Ticket integriert sein, damit dieser Lückenschluss passiert.

Meine Frage an Herrn Univ.-Prof. Dr. Bergthaler, da im Klimavolksbegehren das Schweizer Modell genannt wurde: Wie ist dieses Schweizer Tarifsystemmodell? Ist das ähnlich unserem geplanten 1-2-3-Ticket oder gibt es da andere Anreize?

Dann eine kurze Frage an Herrn Dr. Steininger, der eine Wertschöpfungskette genannt hat, diese E-Mobilität. Wir hatten im November 10 Prozent Neuzulassungen von Kraftfahrzeugen, also man sieht schon, dass etwas möglich ist. Nichtsdestotrotz gibt es ja auch andere Antriebe, also synthetisch hergestellte Treibstoffe, Beimischungen und so weiter. Was ist mit Wasserstoff und den Brennstoffzellen? Wäre nicht in Summe eine höhere Wertschöpfung in der Republik Österreich zu erzielen, wenn wir auch diese Technologien nachhaltig fördern?

Zum Abschluss noch eine andere Frage den CO2-Preis betreffend: Deutschland hat diesen national mit 25 Euro festgelegt, Herr Shetty hat gesagt, 250 Euro. Was wäre ein realer Preis? Sollte der wirklich national festgelegt oder sollte das mit Fixpreisen auf europäischer Ebene definiert werden, oder in Abhängigkeit vom Bruttoinlandsprodukt oder anderen Komponenten, an die man sich halten könnte?

Die letzte Frage betrifft noch einmal die E-Mobilität, da wir in letzter Zeit ganz stark von der Blackout-Gefahr gelesen haben. Es gibt in Deutschland den Vorstand eines Automobilherstellers, der vorgeprescht ist und gesagt hat, es bestehe die Gefahr, dass der Strom nicht zur Verfügung gestellt werden kann. Wie rüsten wir uns, damit wir diese E-Mobilität auch dauerhaft und nachhaltig und im Sinne einer Versorgungssicherheit mit Strom versorgen können?

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Herr Vorsitzender! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Eingangs möchte ich betonen, dass wir als Sozialdemokratie die Verkehrs- und Energiewende, die im Volksbegehren gefordert werden, natürlich unterstützen.

Weiters zu ein paar Energiefragen: Die Bundesregierung hat ja bisher noch keinen Plan vorgelegt, was Klimaneutralität bis 2040 für die einzelnen Sektoren außerhalb der Stromerzeugung überhaupt bedeutet. Für eine dermaßen groß angelegte Umgestaltung, Frau Ministerin, sind aber verlässliche Planungsleitlinien vor allem für die Unternehmen unerlässlich. Hier werden neben Ihnen als Klimaschutzministerin natürlich auch die Wirtschaftsministerin und vor allem auch der Arbeitsminister gefordert sein, um Szenarien zu entwickeln, wie sich die Transformation wirkungsvoll und vor allem sozial treffsicher gestalten lässt.

Es steht ganz klar fest, dass die Deindustrialisierung keinesfalls ein brauchbares Klimaschutzkonzept ist, ganz im Gegenteil: Es braucht einen ordentlich ausgestalteten Transformationsfonds, der den klimafreundlichen Umbau der Industrie aktiv begleitet, unterstützt und dafür sorgt, dass die dort Beschäftigten auf keinen Fall zu den Leidtragenden fehlender Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik werden.

Deshalb eine Frage an die ExpertInnen: Sind Ihnen außerhalb der Stromerzeugung konkrete Dekarbonisierungspfade bekannt?

Zwei Fragen an die Frau Bundesministerin: Wann wird ein Szenario für das Ziel Klimaneutralität 2040 vorgelegt? Und, Frau Ministerin, unterstützen Sie die Forderung nach einem breit aufgesetzten Transformationsfonds?

Das Klimavolksbegehren spricht auch die zentrale Rolle der Energieeffizienz für den Klimaschutz an, seit 1. Jänner dieses Jahres, also seit 1.1.21 hat Österreich aber kein gesetzliches Energieeffizienzziel mehr. Ohne Reduktion der Energieverschwendung sind aber weder die Ziele von 100 Prozent Ökostrom bis 2030 noch die Klimaneutralität bis 2040 erreichbar.

Abschließend eine Frage an die Frau Bundesministerin: Wann wird das längst überfällige Energieeffizienzgesetz endlich vorgelegt?

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Meine Fragen beziehen sich mit einem gewissen Hintergrund auch auf meinen Wahlkreis, der im Prinzip aus drei Tallandschaften besteht, wobei die südlichsten Gegenden wirklich Remote Areas sind. Ich bin stolz, dass wir in Oberösterreich eine neue Raumplanung haben, die wirklich gut ist und viele Punkte, die heute besprochen worden sind, erledigt. Wir werden es aber nicht schaffen, beziehungsweise ist es auch, glaube ich, gar nicht das Ziel, alte Siedlungen, die teilweise älter sind als irgendwelche Siedlungen im Norden in der Industriegegend, abzusiedeln, weil diese Landflucht und vor allem auch diese ganze Absiedelung nicht sinnvoll für unser Bundesland und für ganz Österreich ist.

Ich frage daher ganz konkret zum Beispiel einmal Dr. Wertz: Bringt Bürokratieabbau wirklich so viel? Und die schon oft zitierte Last Mile im Güter- und Personenverkehr haben wir dort natürlich bei allem, alles – von den Nahrungsmitteln, über die Pakete bis zu allen Produkten – braucht die erste beziehungsweise letzte Meile. Wie kriegt man das am vernünftigsten hin?

An Prof. Frey: Bei den bekannten Maßnahmen sehe ich sehr viel, aber mit der Raumplanung werden wir nicht Siedlungen wie Weyer oder Bad Goisern wegschaffen können. Wie machen wir das wirklich? Wie lösen wir das Problem in Remote Areas, die ich nicht absiedeln will? Reicht es mit den Automaßnahmen beziehungsweise reicht es mit der E-Mobilität, denn da habe ich genau wie einer der Vorredner das Problemverständnis, wie erzeugen wir diese Unmenge an elektrischer Energie? Wären da nicht andere technologische Maßnahmen, die ich von BMW und anderen Autoherstellern höre – eben wie H2 und Ähnliches –, sinnvoller?

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte InitiatorInnen! Geschätztes Hohes Haus und Experten, die heute da sind! Ich möchte mit dem Dank beginnen, dass es möglich ist, eine so gehaltvolle, konzentrierte Debatte über dieses unglaublich wichtige Thema zu führen. Es ist Ihnen als InitiatorInnen zu verdanken, dass wir uns zwei Termine Zeit genommen haben, um das heute hier auf so hochstehender fachlicher Ebene zu erörtern.

Klimawandel hat doch wesentlich komplexere Ursachen, als wir vielleicht manchmal so leichtfertig vermuten. Es ist aber auch eine Chance, weil wir uns mit ganz vielen Lösungen, mit ganz vielen Ansätzen, und vor allem auch mit vielen kleinen Schritten – große werden wir auch brauchen – diesem Thema nähern müssen. Dass es im Umweltausschuss stattfindet, ist löblich und ein guter Start, aber in Wahrheit ist es ein unglaublich ressortübergreifendes Thema und es wird aller Ausschüsse bedürfen, um natürlich in allen anderen Fachbereichen die Klimarelevanz dieser Entscheidungen mitzutragen.

Was bisher zu kurz gekommen ist, ist, glaube ich, die ökologische Komponente. Wenn wir über 4 Grad Erwärmung diskutieren, dann gibt es schon jetzt dramatische Indikatoren. Das ist der Artenschwund, der mit dem Temperaturwechsel, mit dem Klimawechsel als sichtbarem Zeichen nicht zurande kommt, aber auch, weil der Boden verschwindet, der unglaubliche Flächenfraß, der Bodenverbrauch. Dass Bauen und Wohnbau zu einem Anlage- und Spekulationsobjekt geworden ist, ist ein unglaublicher Treiber für den Klimaschutz, und ist auch heute schon angesprochen worden.

Wir müssen das Falsche unterlassen und das heißt, genau hier anzusetzen. Dazu richten sich meine zwei Fragen zuerst an Herrn Dr. Bergthaler: Sie haben das Thema Fachplanungskompetenz in der Raumordnung angesprochen und ich wüsste gerne, wie wir die Fachplanungskompetenz des Bundes mit Leben erfüllen können, um bei Infrastruktur- und Energieplanungsmaßnahmen Klimarelevanz und Bodenverbrauch besser zu berücksichtigen. Welche Möglichkeiten hat hier der Bund?

An Herrn Frey die Frage: Sie haben Zurufplanung angesprochen, wie sehen Sie aus fachlicher Sicht die Möglichkeiten des Bundes, bei der Planung von Verkehrsprojekten den Bodenverbrauch und die Klimarelevanz besser zu berücksichtigen?

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich glaube, dass wir beim Thema Mobilitäts- und Energiewende immer auch die Fakten berücksichtigen müssen. Wir reden immer über die Pendler, Pendlerinnen, die von weit entfernt in die Arbeit fahren. Es gibt eine Anfrage des Kollegen Hammer, in deren Beantwortung festgestellt worden ist, dass 85 Prozent der Mittel aus der Pendlerpauschale quasi in die urbanen Gebiete gehen, und da zum besser verdienenden Einkommenszehntel. Das heißt, diejenigen, die wir jetzt finanzieren, könnten sich, bis auf 15 Prozent, auch die Alternativen leisten. Und wir diskutieren nicht über die 15 Prozent, sondern über alles.

Jetzt ganz konkret an den Herrn Dr. Frey: Vorab danke für die radikale Evidenzbasiertheit, das war erfrischend. Sie haben angesprochen, dass alle Maßnahmen gesetzt werden müssen, und nicht nur einzelne. Jetzt wäre meine Frage dennoch: Was sind aus Ihrer Sicht die dringendsten Maßnahmen, die den größten Effekt hätten, um Emissionen zu reduzieren?

Die zweite Frage hängt auch damit zusammen. Wenn man wirklich alle Maßnahmen umsetzt, ist ja die gesellschaftliche Akzeptanz das, was uns als Politik dann auch beschäftigen wird. Sie haben das jetzt aus der Expertenperspektive heraus beantwortet. Sehen Sie auch Werkzeuge, mit denen man die Akzeptanz von relativ radikalen Maßnahmen erhöhen kann?

Die dritte und abschließende Frage geht Richtung Flächenversiegelung für Verkehrsflächen. Ich rede mir seit vielen Jahren im Nationalrat den Mund fusselig, dass wir bei der Flächenversiegelung in Summe betrachtet wirklich auf eine Nulltoleranzgrenze gehen sollten. Jetzt ist das aber ein föderales Thema, von den Kommunen über die Länder bis zum Bund, und der Bund kann aus meiner Sicht am wenigsten von allen machen. Können Sie uns hier Empfehlungen mit auf den Weg geben, wie wir diesem Thema auch Herr werden? Denn jede versiegelte Fläche ist ein Problem für die Landwirtschaft, ist ein Problem für die Klimapolitik und auch für die Umweltpolitik.

Erste Antwortrunde der ExpertInnen

Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Bergthaler: Vielen Dank für den Input zum Mikro-ÖV-System und zur Frage nach dem Schweizer Modell. Ich glaube, da sind zwei Dinge aufzuklären. Wenn ich vom Schweizer Modell gesprochen habe, habe ich das Ökobonusmodell erwähnt, das heute schon vorgestellt wurde, das sozusagen dazu führt, dass aus einem Abgabenaufkommen jeweils an Köpfe der jeweils gleiche Betrag ausgeschüttet und damit ein gewisser sozialer Ausgleich bewerkstelligt wird. Das Klimavolksbegehren stützt sich ja, glaube ich, bei dem Verweis auf das Schweizer Modell allerdings auf das Schweizer Personenbeförderungsrecht, das ganz bestimmte Grundpflichten der Unternehmen vorsieht, die im Wesentlichen darauf hinauslaufen, dass eine flächendeckende Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln überall gegeben sein muss, dass das ganz bestimmte Qualitäten haben muss, dass die Tarife in ganz bestimmter Weise gestaffelt sind. Es ist so eine Art Grundversorgungsanspruch, der in diesem Recht steckt.

Wenn ich das richtig verstanden habe – aber Frau Rogenhofer kann das sicher besser formulieren –, dann geht es darum, dass es mit diesen Qualitätsparametern, die die Schweizer hier aufstellen, so eine Grundversorgung geben muss, wo öffentlicher Verkehr zur Verfügung stehen muss. Das ist das, was sich das Klimavolksbegehren hier auf die Fahnen geheftet und, glaube ich, auch auf den Gesetzentwurf verwiesen hat.

Frau Abgeordnete Rössler, vollkommen richtig, Fachplanungskompetenz des Bundes: Wir haben derzeit nur diese sehr groben Instrumente Berücksichtigungsprinzip und Torpedierungsverbot und fechten dann die Streitereien mit der gegenbeteiligten Planung ganz am Ende im Genehmigungsverfahren aus. Das heißt, das zu genehmigende Projekt ist irgendwo in der Geiselhaft eines Planungskonflikts, übergeordnet der Planungsträger. Ich glaube, dass die Idee der Strategischen Umweltprüfung dahin gehend lauten müsste, dass diese Planungskonflikte ganz zu Beginn justiziabel sind, dass in irgendeiner Form der Konflikt ganz am Anfang aufgegriffen wird, ganz am Anfang zu einer Entscheidung geführt wird – und von mir aus zum Verfassungsgerichtshof geht, aber dann geklärt wird –, und nicht erst ganz am Ende, wenn wir riesige Unterlagen über ein Vorhaben haben und dann vor der Frage stehen, ob es jetzt ganz am Schluss an einer Grundsatzfrage scheitert, die zu Beginn hätte gelöst werden müssen. Da, glaube ich, wäre die Vorverlegung und die Justiziabilität des Planungskonflikts der richtige Lösungsansatz, was natürlich eine Kraftanstrengung verlangt, aber im Wesentlichen mehr Rechts- und Planungssicherheit böte, als wir sie derzeit haben.

Dipl.-Ing. Dr. Dietrich Wertz: Es wurden ja einige Themen angesprochen. Das erste Thema, die Industrie: Ich glaube, es ist relativ wichtig – das wäre jetzt einmal eine Grundvoraussetzung –, dass man Wettbewerbsgerechtigkeit herstellt, dass man im Bereich des CO2-Pricings zu Grenzausgleichsmaßnahmen schreitet. Das ist ein Thema, das auf EU-Ebene inzwischen sehr breit diskutiert wird und das es gleichzeitig möglich machen würde, ökologische und ökonomische Maßnahmen oder Ziele zu erreichen; das heißt, Arbeitsplätze aus Österreich oder aus der EU eben nicht in Regionen zu vertreiben, wo diese Standards nicht gelten. Das ist, glaube ich, ein relativ einfaches und transparentes Konzept.

Angesprochen wurde auch die letzte Meile. Aus meiner Sicht wäre es da wichtig, einfach die Verschränkung zwischen Schiene und Straße viel niederschwelliger und besser zu gestalten. Es gibt zahlreiche Konzepte mit Containerverlademöglichkeiten auch abseits von Terminals et cetera. Auch das ist natürlich wieder eine ökonomische Frage in der Umsetzung, wo die Rahmenbedingungen noch nicht ganz passen.

Zur letzten Meile auf der Straße, soweit das eben auch mit der Frage miterfasst war, glaube ich, dass es zum Beispiel sinnvoll wäre, bei diesen Verteilsystemen, die heute parallel im Wettbewerb stehen – was im städtischen, aber auch im ländlichen Bereich zu massiven Problemen führt, vielfach bedingt durch Fahrzeuge–, auch zu marktwirtschaftlichen Mechanismen überzugehen, aber eben mit Ausschreibungsmodellen, wo man letztlich auf der letzten Meile ein zeitlich befristetes Monopol hat, das man aber sehr wohl dem Markt unterwerfen kann.

Ähnlich auch die Frage zur Bürokratie: Ich persönlich sehe da die doppelte Wirkung, weil man einerseits langfristig, wenn man Bürokratie vermeidet, im öffentlichen Staatswesen spart. Das ist natürlich nicht von heute auf morgen möglich, aber man müsste heute schon damit beginnen. Man spart sofort im Bereich der Unternehmen, der Anbieter von bestimmten Produkten, und natürlich auch der Kunden, die diese Produkte abrufen, da eben alle Planungen und Umsetzungen komplizierter werden, wenn die Fördermechanismen zum Beispiel zu kompliziert sind, was aus meiner Sicht bei den Oemag-Förderungen im Fotovoltaikbereich in Österreich so der Fall ist. Das ist meiner Meinung im deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetz wesentlich besser geregelt gewesen, unbürokratischer als bei uns. Und es gibt ja auch einen entsprechend kritischen Rechnungshofbericht zum Thema Oemag.

Ein ähnliches Thema sind diese Bürgerenergiegemeinschaften, die aus meiner Sicht inhaltlich – Sie haben es angesprochen, Herr Dr. Bergthaler – in die richtige Richtung gehen, die aber schon irgendwie eine Symptombekämpfung dafür sind, dass wir eben die Struktur nicht viel konsequenter angreifen. Ähnlich ist auch die Geschichte – da darf ich vielleicht wieder die persönliche Ebene als Gemeindevorstand einbringen –, dass wir eben viel klarere Zuständigkeiten auch bei Infrastrukturtrassen bräuchten, das heißt, das Grundmodell, ein Straßenzug sollte auch einen verantwortlichen Eigentümer oder wie auch immer haben, für alle Einbauten bis letztlich hin zur Asphaltfläche.

Dipl.-Ing. Dr. Harald Frey: Vielleicht ganz kurz zur Schweiz und dem Verbundsystem: Die Schweiz ist ja ähnlich kleinteilig strukturiert wie Österreich, hat auch viele kleine Verbünde, hat aber die sogenannte direkte Vergabe. Also das, was man jetzt in Österreich angeht und schon lange mit dem eigentlichen Österreichverbund diskutiert wurde, den es bräuchte, den gibt es in der Schweiz schon seit Jahren. Und das war im Grunde genommen der Erfolg für das Generalabo in der Schweiz und den Schweizer Bahnverkehr, oder den öffentlichen Verkehr insgesamt. Also wir ziehen da ein bisschen nach.

Zum Thema Raumplanung und kleine Gemeinden: Ich glaube, dass die kleinen Gemeinden, ländliche Gemeinden und der suburbane Bereich eine wesentliche Rolle spielen werden. Das sind die zentralen Gemeinden, die eigentlich viel besser mit dem Klimawandel in Zukunft umgehen können, weil sie die natürlichen Ressourcen innerhalb der Gemeinde oder im Umfeld noch besitzen, viel weniger vulnerabel sind als die Städte. Deswegen schmerzt es mich sehr, wenn wir dort nicht den Fokus hinlegen – es wäre dringend notwendig –, oder diese gar schwächen.

Ein altes Konzept von mir wäre gewesen, diese kleineren und mittleren Gemeinden stärker miteinander zu verknüpfen, weil es in kleineren Gemeinden nicht immer alle Nutzungen geben kann und gibt, aber vielleicht komplementär in der nächsten Gemeinde. Wir haben sowohl die Straße als auch den öffentlichen Verkehr in der Vergangenheit immer stark an die großen Zentren orientiert, und dann passiert genau das, was beim Gravitationsgesetz passiert (ein Glas Wasser in der Hand haltend): Wenn ich das Glas fallen lasse, wird die kleine Masse von der großen Masse angezogen. Und das Gleiche gilt auch in der Verkehrsplanung, das Gravitationsgesetz wird auch tatsächlich so verwendet, das heißt, wenn Sie eine schnelle Verbindung von einer kleinen zur großen Gemeinde oder einer größeren Ortschaft machen, dann verliert proportional die kleine. Das dürfen wir in der Zukunft nicht machen, wenn wir den ländlichen Raum stärken wollen. Hätten wir das nicht gemacht, dann wären wir heute nicht vor dem Desaster, wo wir über Schrumpfung sprechen, wo wir über Entleerung des ländlichen Raums, nicht nur in der Steiermark, sondern zum Teil auch in Oberösterreich und so weiter sprechen, wenn die Maßnahmen das Ziel erreichen würden, das intendiert war.

Das Thema Zurufplanung und die Rolle des Bundes: Ich denke, dass es hier auf der einen Seite bestehende Instrumentarien gibt, die der Bund stärker heranziehen wird müssen, Stichwort strategische Prüfung, und er wird schauen müssen, welche Rolle er dabei einnehmen kann. Daneben wird es auch weitere interne Kriterien brauchen, die natürlich derzeit keine Rechtsinstrumentarien sind, Stichwort Klimacheck von Infrastrukturen. Also ich glaube, er kann sowohl auf bestehende Rechtsinstrumente zurückgreifen, als auch neue generieren.

Die Frage von dringenden Maßnahmen und welche prioritär zu behandeln wären: Natürlich gibt es Maßnahmen, die billiger und einfacher in der Umsetzung, in der Organisation sind, aber dann wieder politisch schwieriger, Stichwort auch Bevölkerung. Das heißt, da gibt es Unterschiede. Einfache Maßnahmen, weil sie einfach wenig kosten und viel bringen würden – das hat das Umweltbundesamt so dargestellt –, wären die Tempolimits. Das andere wäre in der Wirksamkeit die CO2-Steuer, bewusst, dass die CO2-Steuer – alles, was Preis ist – natürlich immer ein bisschen zu spät kommt, denn sie muss korrigierend in die Strukturen eingreifen. Das heißt, wenn die Leute einmal im Auto sitzen und abhängig gemacht worden sind – das Wort Versklavung ist ja heute schon angesprochen worden, nicht von mir –, wird es natürlich schwierig. Also da muss man auch vorsichtig sein.

Ein Satz noch: Was ich spannend finde, wenn 85 Prozent der Pendlerpauschale in die großen Städte fließen, wäre es meiner Meinung zielführend, dieses Geld an die kleineren Gemeinden zurückzuführen, denn dort verlieren wir die Arbeitsplätze, dort gehören eigentlich die Leute hin. Das heißt, die Pendlerpauschale hat nichts in den Städten verloren, sondern in den kleinen Gemeinden und Kommunen.

Das Thema Flächenversiegelung wäre natürlich ganz wichtig. Das sind 2 300 Gemeinden plus, wo wir das Thema mit den Bürgermeistern diskutieren. Ich war zwischen Weihnachten und Silvester in Schladming: 1 700 Euro pro Quadratmeter Ausverkauf der restlichen Flächen, die es in der Gemeinde noch gibt, an Holländer und so weiter. Also da haben wir dann auch Probleme, da gibt es dann keine Kindergärtnerin, keine Volksschullehrerin mehr, die in der Gemeinde wohnt, weil sie es sich nicht mehr leisten kann. Wir erzeugen also mit einer Vielzahl von Mechanismen, die gleichzeitig in dem System wirken, enorme Probleme, die sich im Bereich Mobilität manifestieren. Es gibt ja das schöne Sprichwort: Verkehr entsteht dort, wo etwas verkehrt steht. – Es ist letztlich die Raumplanung und die Planung, und da müssen wir natürlich bei den Bürgermeistern Bewusstsein schaffen.

Univ.-Prof. Mag. Dr. Karl Steininger: Herr Schnabel, Sie haben zur Höhe des nationalen Preises gefragt. Ich glaube, am zentralsten ist die Planungssicherheit, dass wir wirklich im Vornhinein wissen: Wo beginnt der Preis? Wohin steigt er und wie werden die Einnahmen verwendet? Das ist viel zentraler als die Höhe.

Aber um auch zur Höhe etwas zu sagen: Das IPCC ging 2014 im letzten Sachstandsbericht davon aus, 2030 soll er so zwischen 70 und 105 US-Dollar pro Tonne CO2 sein, das war beim 2-Grad-Ziel, mittlerweile geht man von höheren Beträgen aus. Aber ich glaube, es ist wichtig, wie man einsteigt und wie viel davon von der MÖSt zum Beispiel bereits als CO2 angerechnet wird, wie viel man dort wegnimmt. Dann hat man auch Mittel – das ist jetzt der Grund dafür, warum ich eher auf nationaler Ebene argumentiere – national, man hat ja hier Produkte im Verkehr und in der Raumwärme, die keine internationale Konkurrenz haben. Das heißt, das kann man auch national steuern. Und es hängt sehr stark vom Gesamtsystem ab, also wo man die Mittel hineinnimmt.

Mikro-ÖV ist so toll, wie zum Beispiel Carsharing in Eichgraben. Man braucht am Anfang, um den Leuten die Sicherheit zu geben, dass das Auto wirklich da ist, doppelt so viele Autos, wie sie wirklich brauchen. Da gibt es zum Beispiel zurzeit keine Förderung. Man könnte also Mittel, die man hier lukriert, dann in diese Förderung geben, bis die Leute darauf vertrauen. Sie müssen sehen, dass die Autos wirklich immer da sind, dann steigt man zum Beispiel auf dieses Carsharing oder andere Mikro-ÖV-Systeme um. Da ist also totale Kreativität gefragt, wie wir das wirklich mit den Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam aufbauen.

Zur Wertschöpfungskette: Ja, das muss man sich genau anschauen. Ich würde es zuerst wieder vom Systemischen her anschauen, wie viel Strom, wie viele andere Synfuels, Wasserstoff et cetera wir haben, die wir aus der Solarenergie im Sommer zu Mittag produzieren können, und wo wir die vor allem einsetzen. Ich glaube, dass man sehr viel davon primär in der Industrie braucht, wahrscheinlich nicht in der Raumwärme, möglicherweise im Güterfernverkehr, Flugverkehr et cetera. Ob man sie im Personeneinzelverkehr, bei Bussen auch braucht, werden wir sehen, aber es braucht ein Gesamtsystem. Und dann ist zentral, vom Gesamtsystem abzuleiten.

Da von Frau Ecker auch die Frage kam, welche Szenarien es gesamthaft außerhalb von Strom gibt: Das Wirtschaftsministerium wird in den nächsten Wochen etwas vorstellen, in dem Szenarien enthalten sind, wie wir in diese Richtung gehen können. Ich werde Sie dann noch einmal kontaktieren, wenn ich Näheres weiß, wo eben außerhalb von Strom wirklich eine Zusammenschau kommen wird.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: An mich wurden ein paar direkte Fragen gestellt, ich möchte aber ein Thema noch einmal aufgreifen, weil es jetzt in der Antwortrunde – ich hoffe, ich habe es nicht überhört – nicht vorgekommen ist. Klimawende heißt in vielen Bereichen Elektrifizierung, das heißt, der Strombedarf wird durch Digitalisierung steigen, er wird durch die E-Mobilität steigen, er wird durch die Elektrifizierung in vielen Bereichen steigen. Da spielt die E-Mobilität eine Stärke aus, weil sie enorm effizient ist, deutlich effizienter als die Wasserstoffmobilität. Deswegen hat der Markt auch diese Entscheidung im Pkw-Bereich getroffen, das geht in Richtung E-Mobilität, weil es eben im Bereich E-Mobilität immer um den Faktor 1 : 3 effizienter ist.

Da, glaube ich, kommt die Kreativität ins Spiel, die halt schon ein paar Mal gefallen ist. Wenn wir über Sektorkopplung reden, dann denken wir Sektorkopplung weiter, und die Frage Stromnetz und E-Mobilität, also Power-to-Vehicle oder Vehicle-to-Grid, das heißt, die E-Mobilität als Puffer zu nehmen, denn da stehen Speicher dann im Auto. Die E-Mobilität als Puffer für die Netzstabilität zu nehmen, das sind die Dinge, auf die man in der Zukunft dann wird schauen müssen. Also keine Sorge: Wir denken da systemisch und haben auch in diesem Haus mit der Netzreserve neu unser Stromnetz, unsere Versorgungssicherheit auf gute und neue Füße gestellt.

Kurz zu den Fragen: Ich stimme vollkommen überein, auch was Kollegin Ecker gemeint hat: Die Transformation, die wir vor uns haben, das ist Wirtschaftspolitik, genauso wie Forschungspolitik, genauso wie Arbeitsmarktpolitik. In dem Sinn freue ich mich insbesondere auf die Zusammenarbeit mit unserem neuen Arbeitsminister Kocher, denn gerade im Bereich Green Jobs, gerade im Bereich der Qualifizierung, gerade im Bereich der Herausforderungen für den Arbeitsmarkt gibt es viel zu tun und viele Chancen, die im Klimaschutz liegen.

Industrie, Transformationsfonds: Ja, selbstverständlich, beziehungsweise war die Frage nach Transformationsfonds unabhängig von der Industrie. Wir haben einerseits außerhalb der Industrie mit der Umweltförderung im Inland schon ein Vehikel, das uns wirklich zur Unterstützung dient, das wir auch beständig weiterentwickeln. Wir haben im Industriebereich mit dem Ministerratsvortrag im November – das wird genauso ein Instrument für den Green Deal, für die Industrie, davon bin ich zu 100 Prozent überzeugt – diese Transformation als Standortsicherung für die Stahlindustrie in Österreich, in Europa auf den Weg gebracht. Da ist die Zukunft Klimaneutralität, die wir auf den Weg bringen, auch im ersten Halbjahr in der Entwicklung.

Wir sind gerade dabei, mit dem UBA unseren Zielpfadrechner auf das 2040-Ziel zu adaptieren, wir arbeiten mit den Bundesländern schon am Sektorpfad für den Gebäudebereich, da haben wir in der Wärmestrategie bereits den Auftrag dazu bekommen. Parallel dazu läuft auf europäischer Ebene natürlich die Diskussion zur Zielebene: Was geht in den ETS-Bereich, was geht in den Non-ETS-Bereich, was machen wir mit europäischen Instrumenten, was passiert national?

Betreffend Energieeffizienzgesetz, auch da stimme ich zu: Energieeffizienz, oft übersehen, ist ein dramatisch wichtiger Baustein für das Gelingen im Gesamtsystem. Eine Analyse des bestehenden Gesetzes haben wir daher als Ausgangsbasis genommen, wir sind legistisch im Ministerium fast fertig, wir gehen in den Dialog in der Koalition. Ja, es ist klar, dass hier die Zeit drängt, aber wir arbeiten mit Hochdruck daran.

Zweite Fragerunde der Abgeordneten

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Vorsitzender! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Werte Initiatorinnen und Initiatoren, Experten! Der Verkehr ist aufgrund steigender Emissionen leider das Sorgenkind der heimischen Klimapolitik. Gleichzeitig ist die Mobilität aber ein Grundbedürfnis und eine Notwendigkeit für alle Menschen, die arbeiten und zu ihrer Existenzsicherung nun einmal mobil sein müssen. Damit dieses Mobilitätsbedürfnis auch klimafreundlich erfüllt werden kann, braucht es einen massiven Ausbau der Öffis, insbesondere an der Peripherie, und dazu noch begleitende Maßnahmen.

Die ohnehin leidgeprüften Pendlerinnen und Pendler dürfen nicht die Klimaverlierer von morgen sein. Solange sie auf ihr Auto angewiesen sind, so lange wird es auch für sie mangels Alternative das Verkehrsmittel erster Wahl bleiben oder bleiben müssen, das muss uns klar sein.

Die Bundesregierung hätte hier viele Möglichkeiten, von einer raschen und vollständigen Umsetzung des 1-2-3-Klimatickets über Steuerbefreiung für den öffentlichen Verkehr, über die flächendeckende Lkw-Maut bis hin zur europäischen Initiative zur Einführung einer Kerosinsteuer.

Meine Fragen an die ExpertInnen: Halten Sie die bisherigen Handlungen der Bundesregierung für ausreichend? Und mit welchen konkreten Maßnahmen soll die Angebotsverdichtung des öffentlichen Verkehrs außerhalb der Städte erfolgen?

Frage an die Frau Ministerin: Wieso muss der städtische öffentliche Verkehr nach wie vor die Elektrizitätsabgabe zahlen?

Meine letzte Frage richtet sich sowohl an Experten als auch an die Regierung: Wird die flächendeckende Lkw-Maut Teil der Ökosteuerreform sein?

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Schade, dass die Frau Bundesminister gerade nicht hier ist. Aber dann haben wir das gleiche Spiel wie gestern: Passt der Herr Staatssekretär genau auf?

E-Mobilität ist das Thema. Es gibt die Versorgungssicherheit betreffend die Stromversorgung in Österreich, das wurde heute schon angesprochen. Dazu meine konkrete Frage: Gibt es in diesem Bereich eine Versorgungssicherheit in Österreich, wenn die E-Mobilität wesentlich ausgebaut werden wird? Wir haben nämlich letztes Wochenende erfahren, dass die Versorgungssicherheit in ganz Europa gefährdet war beziehungsweise dass ein Zusammenbruchs des Stromnetzes in Europa drohte. – Das war die erste Frage.

Meine zweite Frage, an die Frau Bundesminister, betrifft die NoVA, die ein Lenkungseffekt bei der Kaufentscheidung sein soll. Nun gibt es aber kleine Betriebe – Gewerbebetriebe, ein Tischler, ein Maler, ein Installateur, wer auch immer –, da ist jemand auf ein bestimmtes Fahrzeug angewiesen. Der hat 2020 zum Beispiel für einen Fiat Ducato keine NoVA bezahlt, hat aber im Jahr 2021 plötzlich um 14 553 Euro mehr Kosten und im Jahr 2024 um 21 281 Euro mehr Kosten. Das ist ein Beispiel von vielen. Wo ist hier der Lenkungseffekt? Der hat aktuell keine Alternative. Auch hier die Frage: Was ist damit genau gemeint?

Schließlich eine Frage an Herrn Dr. Frey: Föderalismus ist das Thema. Man kann drüber diskutieren, ob das gut oder schlecht ist, wir haben jedenfalls Föderalismus in Österreich.

Zum Thema Flächenversiegelung: Der wesentliche Punkt, den ich dazu anregen möchte, ist der interkommunale Finanzausgleich. Dann hätten wir – auch in den Gemeinden beziehungsweise in den Ländern – viele Probleme betreffend Flächenversiegelung nicht, weil dann zentral gesteuert werden kann, weil sich mehrere Gemeinden, Regionen, Bezirke zusammenschließen, und sich dann bei Fragen im Zusammenhang mit der Flächenwidmung – Gewerbegebiete, Industriegebiete, Einkaufszentren und, und, und – vereinen und dann darüber einen Finanzausgleich haben könnten, wobei dann natürlich niemand benachteiligt ist. Das wäre ein wesentlicher Faktor in diesem Bereich, und ich bitte Sie um eine Stellungnahme.

Obmann Lukas Hammer wirft ein, dass auch eine Ministerin einmal kurz den Saal verlassen können müsse. Sie oder der Herr Staatssekretär werden sicher auf die gestellten Fragen eingehen.

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Ich möchte mit einem Zitat von einem weiteren Experten, Herrn Prof. Knoflacher, beginnen, der mir gesagt hat: Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten. – Das macht sozusagen ein Problem sichtbar: Dort, wo wir neu bauen, werden wir auch mit mehr Umweltbelastungen und damit auch mit mehr CO2 und so weiter konfrontiert sein.

Deswegen macht es mich auch sehr stolz, dass wir heuer eine ganz wichtige Entscheidung getroffen haben. Die Frau Ministerin hat es heuer verkündet: Die Europaspange, die Waldviertel-Autobahn, wurde abgesagt, und der Ausbau der Bahn wurde angekündigt. Ich denke, genau das ist es, was wir jetzt im Jahr 2021 als richtungsweisende Entscheidungen brauchen.

Nun steht natürlich der Bahnausbau im Raum, und das ist für den öffentlichen Verkehr ganz interessant. Ich glaube, auch Herr Frey beschäftigt sich teilweise damit. Deswegen meine Frage dazu: Es ist ja gar nicht so leicht, Bund, Länder und Gemeinden so weit zu bringen, dass öffentlicher Verkehr gemeinsam entwickelt und finanziert werden kann, weil es ja dann nicht nur die Bahn braucht: Es braucht Busse beziehungsweise Zubringer.

Wie könnte man das ansetzen, dass man zum Beispiel so eine ländliche Region wie das Waldviertel so entwickelt, dass die Bahn als Rückgrat eine öffentliche Struktur bis in die letzte Ortschaft kriegt, wie wir vorhin diskutiert haben? Welche Rahmenbedingungen, welche Finanzierungskonzepte kann es da geben? Und wie könnten wir generell die Finanzierung in die Bahn staffeln, damit der Effekt da ist?

Wovon würde die Bahn mehr brauchen, um das auszugleichen, was es in den letzten Jahren für die Straße im Gegenzug gegeben hat, damit wir hier eine Art Waffengleichheit herstellen können, um mehr Effizienz zu erreichen? Ich denke, nämlich gerade im Zusammenhang mit der Bahn: Es gibt im Bereich Transport fast nichts Effizienteres, als auf der Schiene strombetrieben zu fahren.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich melde mich hier noch einmal zu einem anderen Thema zu Wort. Im Kontext der gesamten Infrastrukturprojekte fällt einem ja immer wieder das Thema UVP ein, Bürgerbeteiligungsverfahren, Konflikte, wenn es um neue Infrastrukturprojekte geht. Als Mitglied des Petitionsausschusses habe ich relativ viel mit solchen Themen zu tun, und in diese Richtung geht jetzt auch meine Frage an Herrn Bergthaler.

Ganz konkret: Haben Sie für uns Empfehlungen dazu, wie wir in Zukunft die UVP gestalten oder auch vielleicht die Aarhuskonvention besser umsetzen können? Haben Sie für uns Empfehlungen dazu, mit welchen Werkzeugen wir Bürgerinnen und Bürger oder Anrainerinnen und Anrainer früher und auch zeiteffizienter in solche Prozesse einbinden können, sodass sie sich anschließend nicht überrollt fühlen, und trotzdem in einer Zeit, in der Mobilitäts- und Energiewende im Vordergrund stehen, einerseits die Projekte rechtzeitig fertig werden und das andererseits in der jeweiligen Region mitgetragen wird?

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Hoher Ausschuss! Mein Thema ist öffentlicher Verkehr in wirklich peripheren Regionen. Jetzt rede ich unmittelbar von meiner Heimatgegend Mittelburgenland – also nicht so weit entlegen, nicht so ganz fernab in einer Talschaft – oder von Südburgenland. Das sind Regionen, die teilweise gar keinen Bahnanschluss haben, nicht einmal in der Monarchie einen gehabt haben – der Bezirk Güssing im Südburgenland hat nie einen gehabt – und wo es seit Jahrzehnten über Parteigrenzen hinweg die gemeinsame Anstrengung gibt, derartig periphere Dörfer an das öffentliche Verkehrsnetz anzuschließen.

Dort fährt sehr wohl ein Bus. Es wurden wie nach dem Vorarlberger Modell Gemeindebussysteme gemacht, Unmengen Geld verbraten. Die Gemeinden haben Geld hineingebuttert, haben das aber eingestellt, weil es nicht mehr funktioniert hat. Die jungen Leute sind weg. Dann kommt noch dazu, dass nicht mobile alte Menschen dort wohnen. Mich beschäftigt das sehr.

Sie, Herr Dr. Frey, haben ein bisschen diese Gravitation erwähnt. Natürlich geht aus einer peripheren Region, wenn keine Verkehrsverbindung da ist, der junge Mensch in die Stadt, um einfach seinen Lebensunterhalt dort zu bestreiten.

Der würde eh gerne in dem Dorf bleiben, aber wenn er keine Jobperspektive hat, überhaupt wenn er besser qualifiziert ist, geht es gar nicht anders. Also das, worum wir wirklich ringen, ist – ich meine, das klingt alles in der Theorie gut, das ist auch kein Vorwurf an Sie –, wie man es wirklich schafft, das jetzt im Zusammenschluss von Bund, Ländern und Gemeinden zu machen. Gehen wir einmal davon aus, dass die alle guten Willens sind, das auch zu machen. Es wird dann trotzdem so teuer, dass es sich oft nicht rechnet.

Unser Thema ist schon, dass in diesen burgenländischen Dörfern nicht einmal ein Nahversorger da ist; jetzt fährt – wohlgemerkt mit einem Auto – der Bäcker oder ein Bauer in der Region durch fünf Gemeinden und bringt den alten Leuten das Brot vor die Haustür. Der Punkt ist, da ist auch die Elektromobilität, auf die ich ja damals auch sehr gesetzt habe – das muss man eh kritisch sehen, und auch andere Dinge –, nicht die Antwort.

Die Frage ist vielmehr, wie man es wirklich schafft, derartig peripheren Regionen im ökologischen Sinn eine Perspektive zu geben, was ja die Leute eh alle wollen. Dass das in Wien super ist und dass man von Eisenstadt oder Mattersburg, wenn der öffentliche Verkehr ausgebaut wird, leichter mit Öffis pendeln kann, ist klar. Wenn man dann aber halt im Mittelburgenland quasi im hintersten Eck wohnt – das betrifft ja viele österreichische Regionen –, wie kommt man aus diesem Eck heraus? Das wäre eine wirklich spannende und notwendige Debatte, um eben diese Ziele auch zu erreichen. Es sind ja eh alle guten Willens, neben dem Klimaschutz auch aus vielen anderen Gründen. Das einfach deshalb, damit die Menschen eine Perspektive haben.

Zweite Antwortrunde der ExpertInnen

Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Bergthaler: Vielen Dank für die Fragen. Von den ersten Fragen bin ich, glaube ich, nur peripher betroffen. Ich möchte aber zur Frage, ob die bisherigen Maßnahmen ausreichend sind, kurz etwas sagen.

Wir haben Instrumente, die auf europäischer Ebene noch nicht ausgeschöpft sind. Ich begründe das mit einem lokalen Beispiel. Der Granit aus China ist am Linzer Hafen billiger als Mühlviertler Granit. Der Grund ist, dass zum Beispiel die Seeschifffahrt am Emissionshandelssystem überhaupt nicht teilnimmt. Es gibt also schon Bereiche, in denen man sozusagen auch solche Prozesse noch einmal angreifen kann.

Zweiter Punkt, UVP-Gesetz: Ja, aus meiner Sicht gibt es Möglichkeiten, das effektiver zu gestalten. Eine der Möglichkeiten wäre, dass wir Grundsatzfragen wie Standortalternativen, technologische Alternativen in diese strategische Prüfungsfrage vorverlagern, die wir, von mir aus, im Bereich der Widmung bindend abhandeln. Das liegt und pickt dann für das Folgeverfahren, und man stellt sich am Schluss nicht wieder die Frage: Wäre nicht ein anderer Standort besser gewesen?

Das verlangt auch ein bisschen Armdrücken mit der Europäischen Union, mit der Kommission. Wir haben derzeit im Bereich der Strategischen Umweltprüfung ohnehin Verfahren anhängig. Das wäre die Gelegenheit, mit den Zuständigen dort zu klären, dass wir sagen, wir wollen auf keine Prüfschritte verzichten, wir wollen sie aber nicht drei Mal im Verfahrensverlauf wiederholen, sondern die Grundlagenfragen vorher behandeln. Wenn es dann um den Standort geht, dann soll der Standort oder die Trasse oder was immer rechtskräftig abgesegnet sein.

Das bedingt auch – wie mit Frau Kollegin Rössler zuerst besprochen worden ist –, dass diese Vorphase auch justiziabel ist, dass es dagegen einen Rechtsschutz gibt, dass es dort eine Beteiligung gibt. Das ist dann aber noch mit einer relativ überschaubaren Unterlagenmasse abzubilden, da sind wir dann aber nicht schon in der technischen Detailplanung und scheitern möglicherweise an Grundsatzfragen. Das wäre ein echtes Beschleunigungsinstrument. Derzeit haben wir im UVP-Verfahren auf drei, vier, fünf Prüfstufen immer wieder Alternativenprüfungen, Variantenprüfungen. Da gehört eine ganze Menge ausgeräumt und vor das Verfahren vorgelagert, um da sozusagen klare Grundlagen zu schaffen. Das wäre eine Möglichkeit, dafür gibt es auch Vorschläge.

Das andere sind ganz normale AVG-Instrumente, die auszupacken wären, aber das würde hier zu weit führen. Dieses Potenzial gäbe es und darin sehe ich auch das größte Potenzial: dass man in diesem programmatischen Planungsbereich eine solide Prüfstufe schafft, die öffentliche Anerkennung hat, weil die Öffentlichkeit beteiligt ist, und die dann Bindungswirkung für das Folgeverfahren hat. Wie gesagt, das ist aber auch mit der Kommission auszuhandeln.

Dipl.-Ing. Dr. Dietrich Wertz: Vom Herrn Abgeordneten Berlakovich wurde vorhin die Frage der Eisenbahnlinie Güssing angesprochen. Das ist eine sehr spannende Frage, vor allem für mich persönlich. Es wurde nämlich seinerzeit in der Monarchie Güssing sehr wohl angebunden, allerdings sozusagen an das östliche Eisenbahnnetz, das allerdings wiederum mit Wien verbunden war; 1909 wurde nämlich die Strecke Güssing–Körmend eröffnet, leider wurden 1962 – da sieht man jetzt schon die bedauerliche Entwicklung im österreichischen Verkehrssystem der Zweiten Republik – die Gleise abgetragen.

Man hätte natürlich heute, wenn man dort noch Gleise hätte, eine hervorragende Verbindung, weil in der Zwischenzeit die östliche Strecke, die jetzt in Ungarn liegt, um 120 Millionen Euro von der EU hergerichtet und auf Tempo 120 ausgebaut wurde. Das heißt, da hätte es jetzt eine attraktive Anbindung für Güssing gegeben.

Da sieht man wieder: Wenn man in der Prioritätensetzung immer zuerst die Straße ausbaut und dann mit der Schieneninfrastruktur hinterherhinkt, tut man sich schwer, da ist ja natürlich ein Mix an Maßnahmen das Richtige. Es geht ja auch nicht um ein Gegeneinander von Straße und Schiene, sondern um ein sinnvolles gegenseitiges Verstärken der Mechanismen, das funktioniert zum Beispiel in der Schweiz sehr gut. Das heißt, wenn man die Strukturen wirklich konsequent auf der vollen Breite durchzieht, dann ist das sehr wohl auch in Österreich möglich. Viele Regionen in Österreich zeigen ja, dass das mit einem getakteten System aus öffentlichen Verkehrsmitteln – Busse, Züge –, aber natürlich dann auf der letzten Meile Pkws, durchaus funktioniert.

Dieses Grundprinzip, wie man sagt, vermeiden, verlagern und dann die Antriebe entsprechend ökologisieren, das ist ja auch bewährt, allerdings geht es halt gerade – um im Burgenland zu bleiben – oft genau in die Gegenrichtung. Das ist eben oft nicht nur aufgrund irgendwelcher unverrückbarer Randbedingungen so, sondern einfach aufgrund konkreter falscher strategischer Zielsetzungen.

Herr Landeshauptmann Doskozil hat unter seiner Schirmherrschaft kürzlich beispielsweise weitere Strecken im Burgenland sozusagen auflassen beziehungsweise abtragen lassen. Wenn man den Bezirk Oberwart mit vielen Tausenden Wienpendlern hernimmt, so ist es aus meiner Sicht nicht zeitgemäß, dort die Bahnlinie von Bad Tatzmannsdorf nach Oberwart wegzureißen, wenn man genau diese flächenhaften Bediensysteme in wenigen Jahren ganz sicher brauchen wird.

Vielleicht abschließend zu Herrn Abgeordnetem Laimer: Da hängt natürlich auch sehr viel an der Landespolitik, auch wenn der Bund aus meiner Sicht manche Kompetenzen einfach an sich ziehen sollte. Da wäre sicher auch eine Volksabstimmung hilfreich.

Es ist natürlich auch wichtig, dass auf der Landesebene eine Änderung des Bewusstseins in diesem Bereich eintritt. Ich glaube, das ganze Klimaschutzthema ist dazu angetan, auch da diesen Denkprozess auszulösen.

Dipl.-Ing. Dr. Harald Frey: Da drei Viertel der Wege beim Wohnort beginnen beziehungsweise enden, sind natürlich die Strukturen in meinem Wohnumfeld relativ zentral. Das heißt, die Gemeinde hat einen sehr, sehr großen Einfluss und Spielraum, wie die letzte Meile – und diese bestimmt halt auch entscheidend die Verkehrsmittelwahl – gestaltet wird.

Überall dort – ich arbeite ja auch viel mit Bürgermeistern in Österreich zusammen – kann man nur versuchen, auf dieser Ebene ein Bewusstsein zu schaffen, um Fehler der Vergangenheit zu vermeiden. Das gilt im Übrigen auf allen Ebenen. Der erste Schritt – weil vorhin die Maßnahmen noch einmal angesprochen worden sind – wäre natürlich, nicht die Fehler zu machen, die wir in der Vergangenheit gemacht haben, indem wir es einfach nur gewohnt sind, so zu handeln, wie wir es tun. Damit kann man eigentlich schon viele Dinge lösen und vor allem Probleme nicht verstärken, so, wie wir es derzeit wahrnehmen.

Die zweite Geschichte ist, gemeinsam mit den Kommunen Lösungen zu erarbeiten. Das ist gar nicht trivial. Ich möchte mich da gar nicht auf die Schlagwortebene begeben. Ich habe mit Bürgermeistern zu tun, die sagen: Herr Frey, da fehlt mir der politische Mut. Andere sagen: Ja, ich gebe zu, da haben wir einen Fehler gemacht, weil wir Siedlungsgebiete gewidmet haben, die 1,5 Kilometer von der ÖV-Station entfernt sind. Jetzt fahren dort naheliegenderweise alle mit dem Auto. Wir müssen für all das, was wir in Zukunft sozusagen noch gestalten können es wird vielmehr darum gehen, damit umzugehen, was schon da ist, also mit dem Bestand; das ist auch bereits implizit angesprochen worden –, Vorkehrungen treffen, dass wir nicht die Fehler der Vergangenheit machen. Das ist, wie gesagt, nicht einfach.

Ich bemühe mich auf meiner Ebene, und es braucht Rahmenbedingungen von den übergeordneten Ebenen. Länder sollten sich darum bemühen, mit den Gemeinden Rahmenbedingungen zu erarbeiten, ihnen vorzugeben, worum es geht, auch Empowerment betreiben. Der Bürgermeister, da mache ich mir nichts vor, ist natürlich auch unmittelbar Betroffener und in den politischen Prozessen involviert, aber das Neinsagen ist etwas Schwieriges für uns alle. Mir fällt es in einer Gruppe auch oft einfacher, Ja als Nein zu sagen, wenn elf von zwölf Ja sagen. Das ist in der Gemeinde sicher nicht anders. Es braucht eine Hierarchie im Netz, das ist ganz entscheidend.

Jetzt gehen wir noch kurz – weil das angesprochen worden ist – auf die Frage der Systemebene ein. Es braucht die Bundesebene, die über die ÖBB ein schlagkräftiges und starkes Schienennetz zur Verfügung stellt, die gleichzeitig die Anknüpfungspunkte ausgestaltet wo die regionalen Mobilitätsdienste bei den Stationen, bei den Haltestellen andocken können – und sich dort um die Koordination bemüht. Dann gibt es noch regionale Mobilitätsdienstleister, die mit dem Land und den Gemeinden gemeinsam koordiniert werden.

Vorarlberg ist auch kurz angesprochen worden, ein gutes Modell deshalb – Vorarlberg ist ja im ÖV in einer Vorreiterposition in Österreich –, weil sie schon in den 1990er-Jahren mit Vmobil die Gemeinden stark in die Verantwortung, in dieses Modell miteinbezogen, ihnen Mitsprache in dieser Struktur ermöglicht haben. Und damit beginnt natürlich bei den Bürgermeistern auch ein Selbstverständnis dahin gehend, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, zu wachsen.

Wir dürfen nicht vergessen: Es war jetzt 70 Jahre lang so, dass wir zu jedem Grundstück zwei Stellplätze bauen, und damit war das Thema Mobilität im Allgemeinen erledigt. Das stellt sich natürlich heute ganz anders dar, Gott sei Dank auch vonseiten vieler Nutzerinnen und Nutzer: Wenn der Benzinpreis steigt oder sonstige Volatilitäten in der Preisdynamik entstehen, werden auch die Ansprüche und Anforderungen, insbesondere von Jungfamilien und Leuten mit hohem Mobilitätsaufwand, wieder stärker, und das deponieren sie dann natürlich auch bei den Bürgermeistern. Ich kenne die Erfahrungen aus Ernstbrunn.

Das heißt, das sollte man hier mitbedenken. Es ist aber auch schwierig, da mit einzelnen Schlagwörtern zu arbeiten, sondern das Thema Arbeit und der Begriff der Arbeit spielen da wesentlich in die Thematik Abwanderung hinein. Das wäre ein eigenes philosophisches Kapitel.

Obmann Lukas Hammer ersucht Bundesministerin Gewessler um Beantwortung der von den Abgeordneten Laimer und Rauch an sie gerichteten Fragen.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Ja, bei mir sind drei Fragen gelandet. Die erste war die Frage zur Elektrizitätsabgabe und zum öffentlichen Verkehr. Wir haben jetzt in der Steuerreform in der ersten Etappe Bahnstrom von der Elektrizitätsabgabe befreit. In der zweiten Etappe werden wir diese Frage gerne noch mitnehmen und in die Diskussion aufnehmen.

Die zweite Frage war: Haben wir genug erneuerbaren Strom für die E-Mobilität? Die richtige Antwort ist: Noch nicht, und zwar für die Klimawende insgesamt noch nicht. Deswegen arbeiten wir ja daran, und gerade im Sektor Mobilität ist das besonders viel Aufwand, weil wir da zu 90 Prozent von fossilen Rohstoffen, von Diesel, Benzin, abhängig sind. Deswegen arbeiten wir am Energieeffizienzgesetz, deswegen arbeiten wir an einem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, deswegen haben wir gestern die Fotovoltaikförderung verdoppelt und tun vieles, vieles mehr auf diesem Weg, weil der Ausbau der erneuerbaren Energien der Grundstein dafür ist, dass dieser Wandel, also der Wandel im Energiesystem und damit auch die Sektorkopplung, der Wandel im Mobilitätssystem und vieles mehr, gelingen kann. Dazu haben wir im EAG auch einiges drin.

Ich habe gehört, es war auch das Thema Netzstabilität noch einmal ein Thema. Es sei also noch einmal darauf hingewiesen: Die Elektromobilität kann ein Stabilisator im Stromnetz sein – über Sektorkopplung, über smarte Netze. Da müssen wir also hin, dann können wir die Elektromobilität als Stabilisator im Stromnetz nutzen. Vehicle-to-Grid ist das Schlagwort dazu.

Auch die NoVA war noch einmal kurz Thema. Das können wir bilateral gerne auch noch länger ausführen. Wie gesagt, es kommen – auch durch die Flottenziele, die heute schon angesprochen wurden – in allen Kategorien, auch und insbesondere bei den Nutzfahrzeugen, emissionsärmere und E-Mobilitäts-Alternativen auf den Markt, und diese fördern wir, gerade auch im Bereich der betrieblichen Förderung, noch einmal extra und höher als im Bereich der privaten Förderung; und die Förderung ist noch dazu mit der Investitionsprämie gekoppelt. Also wenn jemand jetzt erneuern möchte, hat er jetzt gerade ein besonders positives Umfeld dafür.

Die Ökologisierung der Lkw-Maut ist eines der Themen, das wir uns in der Steuerreform noch anschauen müssen.

Obmann Lukas Hammer weist darauf hin, dass die Frage jedoch gewesen sei, ob das Thema flächendeckende Lkw-Maut in den zukünftigen Gesprächen über die Steuerreform dieses Jahr eine Rolle spielen werde.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Wie gesagt: Nächster Baustein – da gehört die Ökologisierung der Lkw-Maut dazu.

Abschlussstatement der Bundesministerin

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Ich überlasse das Resümee dann gerne den Initiatoren und Initiatorinnen des Volksbegehrens.

Ich freue mich, dass wir hier heute eine wirklich konstruktive, konzentrierte und sehr, sehr gehaltvolle Debatte führen konnten, die noch einmal deutlich gemacht hat, nicht nur wie groß der Auftrag ist, den wir alle gemeinsam haben, wie viel wir in diesem großen Bereich des Kampfes gegen die Klimakrise noch zu tun haben, sondern auch wie viel Rückenwind, guten Willen, wie viele wichtige und richtige Inputs und Fragen, die es auch zu bedenken gilt, es gibt: in Österreich, in der Zivilgesellschaft, in vielen befreundeten Organisationen, die sich im Zusammenhang mit dem Volksbegehren ja auch in den letzten Tagen zu Wort gemeldet haben, aber auch hier im Saal.

Ich möchte deswegen noch einmal den Expertinnen und Experten ein Danke für ihre Zeit, für ihren Input, für die wichtigen Vorschläge sagen. Diese stehen für sich. Ich glaube, im Klimaschutz die Stimme der Wissenschaft noch viel hörbarer für uns alle und noch viel stärker zu machen ist sicher ein Auftrag, den wir immer mitnehmen und den wir heute, glaube ich – danke an den Umweltausschuss und danke an alle, die zum heutigen Hearing beigetragen haben –, auch noch einmal sehr, sehr gut bewiesen haben und gezeigt haben, was der Mehrwert ist, wenn wir das tun.

Ich möchte mich noch einmal bei den MitarbeiterInnen der Parlamentsdirektion bedanken, die es uns ermöglichen, dass uns Menschen via Livestream folgen und wir dieses Hearing auch für alle zugänglich machen können, und auch bei den Initiatoren und Initiatorinnen des Volksbegehrens für das Engagement und für die Motivation für die vielen Menschen, die mit euch und mit uns allen hier im Saal gemeinsam für den Klimaschutz laufen.

Abschlussstatement der Vertreterin des Klimavolksbegehrens

Katharina Rogenhofer, MSc: Verehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Expertinnen und Experten, danke für Ihre Statements! Liebe MedienvertreterInnen und liebe Bürgerinnen und Bürger, die via Livestream zusehen! Zwei Tage lang, insgesamt über 6 Stunden, wurden nun ExpertInnen angehört. Alle waren sich einig, dass etwas getan werden muss. Alle haben genickt und sind gegangen. Schön, diese Einigkeit – doch mit dieser Sitzung muss die Zeit der reinen Beratung, des Kopfnickens, des Darüber-Redens vorbei sein. Wir müssen jetzt in die Umsetzung kommen – darüber braucht es Einigkeit!

Wir wissen, was es uns kostet, nicht gegen die Klimakrise vorzugehen: Milliarden einerseits, aber, noch grundlegender, es wird uns die Felder, Wälder, unsere Gesundheit kosten – kurz: unsere Lebensgrundlage. Das weiß nicht nur ich, das weiß nicht nur die Klimawissenschaft, das wissen vor allem die Menschen in Österreich, die heute schon betroffen sind. Für drei will ich heute stellvertretend sprechen. Ich zitiere:

Damals haben wir noch Jahreszeiten erlebt. Die sind mittlerweile verschwunden. Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden wir diese Gegend irgendwann nicht mehr bewohnen können. – Franz Seidl, Winzer.

Ich habe meinen Papa in meinem Leben drei Mal mit Tränen in den Augen gesehen: das erste Mal – da war ich ein Kind –, da ist die Oma gestorben, das zweite Mal, als er Krebs hatte. Das dritte Mal war vor einem halben Jahr, als er mir gesagt hat, was mit unserem Wald ist. – Maria Neumüller, Tochter eines Forstbesitzers.

Alle Früchte, die wir ausbringen, sind davon abhängig, wie das Jahr ist. Wir haben immer geglaubt, das wird die Generationen nach uns treffen, aber wir sind mittendrin. Und wenn wir an unsere Kinder und Enkelkinder denken, dann dürfen wir so nicht weitermachen. – Erich Stekovics, Landwirt.

Meine werten Abgeordneten! Ein Weiter-wie-bisher ist nicht mehr wünschenswert, ein Weiter-wie-bisher wäre fahrlässig. Angst vor Veränderung kann keine Entschuldigung mehr sein. Nichtstun wird nämlich die Krise verschlimmern. Ändert sich nichts, dann wird sich alles ändern.

Das Schöne ist: Wir können das aber ändern. Es ist eine Richtungsentscheidung. 2021 kann das Jahr sein, in dem wir klimamutig vorangehen, das Jahr, in dem wir umsteuern in eine Zukunft mit Energie und Strom aus Sonne und Wind, eine Zukunft, in der wir langfristige und gute Jobs schaffen, eine Zukunft, in der wir alle klimafreundlich von A nach B kommen, eine Zukunft mit Wiesen und Bäumen zum Verweilen und Abkühlen, eine Zukunft samt Kreislaufwirtschaft statt Wegwerfgesellschaft, eine Zukunft, in der wir den Kindern einen intakten Planeten hinterlassen. – Sie merken schon, ich finde das wahnsinnig gut.

Das Schöne ist, wir können uns dafür entscheiden – Sie können diese Welt gestalten –, oder wir können es versauen und unseren Kindern das Chaos hinterlassen, das wir gerade produzieren, ein Chaos, das sie nicht mehr aufräumen werden können.

Ich bitte Sie also, werte Abgeordnete, stellen Sie sich heute und hier die Frage: Auf welcher Seite der Geschichte wollen Sie stehen?

Das Klimavolksbegehren hat knapp 400 000 Menschen hinter sich versammelt. Wir haben 1,5 Jahre alles gegeben, um heute hier zu stehen, um unsere Forderungen vortragen zu dürfen. Mit vielen von Ihnen haben wir persönlich gesprochen – danke an dieser Stelle für diese konstruktiven Gespräche, auch für die konstruktiven Gespräche heute. Ich weiß, dass es in diesem Bereich viele Sorgen gibt, und die sind nicht zu unterschätzen. Es ist nicht trivial, wie wir den öffentlichen Verkehr in manchen Gemeinden ausbauen können. Es ist nicht trivial, wie wir Stadtkerne wiederbeleben und dem Bestand Vorrang geben. Das sind keine trivialen Fragen, und ich will sie auch nicht so darstellen.

Deswegen ist es wichtig, dass wir in den Dialog kommen, dass wir in einen Austausch kommen, dass wir darüber reden, was für Alternativen es gibt; auch über die Sorgen bei Elektromobilität, die in vielerlei Hinsicht eine Lösung sein wird, aber nicht die einzige, denn es geht gerade im Verkehr darum, so viele Menschen wie möglich mit so wenigen Ressourcen wie möglich zu transportieren, und natürlich ist gerade der öffentliche Verkehr ein wahnsinnig großer Bestandteil bei der Bewältigung dieser Herausforderung.

Das Wichtige ist auch, dass technologische Lösungen nicht alles stemmen können. Sie können ein Teil der Lösung sein, aber wir haben vorher in einer Grafik gesehen, sie können auch nicht alles lösen. Das heißt, es wird da auch mehrere Maßnahmen geben, die ineinandergreifen müssen. Wir haben aber auch gesehen, dass es Einigkeit gibt, und das finde ich sehr schön. Es gibt Einigkeit, dass eine ökosoziale Steuerreform passieren muss. Es gab auch letztes Mal Einigkeit darüber, dass eine CO2-Budgetierung sinnvoll ist, dass es wichtig ist, Planungssicherheit zu haben, sowohl steuerliche Planungssicherheit als auch Emissionsplanungssicherheit. Wie diese ausgestaltet sein müssen, das ist eine wichtige politische Entscheidung: dass sie eben sozial ausgeglichen und wirtschaftlich sinnvoll sind, aber auch ökologisch greifen und umlenken können.

Die Quintessenz meiner Aussagen ist: Die Wissenschaft ist sich einig, dass etwas getan werden muss. Es sind sich, glaube ich, auch fast alle in diesem Saal einig, dass etwas getan werden muss. Und die Frage ist nicht mehr eine Möglichkeit, eine Maßnahme gegen die andere auszuspielen – Herr Frey hat es heute schon gesagt: Es geht nicht mehr um ein Entweder-oder, sondern es geht großteils um ein Und sowie darum, wie wir genau und in welcher Reihenfolge wir diese Schritte setzen.

Wir vom Klimavolksbegehren haben mit weiter Einbindung von ExpertInnen Lösungen ausgearbeitet, Eckpfeiler quasi dieser Strategie, einen Fahrplan zur Klimaneutralität 2040 – mit klaren Meilensteinen, um diesen einzuhalten, einer wissenschaftlichen Budgetierung unserer Emissionen, Maßnahmen für eine Energie- und Mobilitätswende, Vorschlägen für einen ökosozialen Umbau von Steuern und Subventionen und Möglichkeiten zur BürgerInnenbeteiligung. Denn unterschätzen Sie uns BürgerInnen nicht! Wir können sehr wohl mitgestalten und wir wollen auch mitgestalten, gerade wenn es um Entscheidungen und Maßnahmen geht, die uns so sehr betreffen.

Das war unser Beitrag. Wir alle können in unseren unterschiedlichen Rollen in der Gesellschaft etwas beitragen, etwas tun, etwas verändern. Es gibt nun keine Ausreden mehr. Wer jetzt nicht dabei ist, kann weder den Medien verkaufen, gegen die Klimakrise vorzugehen, noch den BürgerInnen sagen, dass er oder sie sich für sie einsetzt.

Wir müssen uns klar darüber werden, was uns wichtig ist, was uns als Gesellschaft einmal ausmachen soll. Wie wollen wir alle erinnert werden? Wie wollen Sie erinnert werden, auch von Ihren Kindern?

Das Klimavolksbegehren ist bis hierhergekommen. Wir haben viele hinter dem Anliegen versammelt. Jetzt liegt es an Ihnen, die Zukunft zu gestalten, die Lösungsvorschläge im Zuge eines Mehrparteienantrages zu unterstützen, einen konkreten Fahrplan zur Klimaneutralität zu beschließen, denn es braucht jetzt einen Schulterschluss über alle parteipolitischen Grenzen hinweg.

Ich bitte Sie also: Gehen Sie heute aus dieser Sitzung und nicken Sie nicht nur, sondern werden Sie Teil der Lösung! – Danke schön. (Beifall.)

Obmann Lukas Hammer spricht abschließend nochmals seinen Dank aus: der Parlamentsdirektion – auch der Technik, aber auch den ParlamentsstenografInnen, die das Hearing, auch unter den aufgrund der am selben Tag abgehaltenen Sondersitzung etwas schwierigeren Voraussetzungen, begleitet haben – sowie seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die seit dem Sommer geholfen haben, auch dieses Hearing zu organisieren.

Er dankt weiters den Expertinnen und Experten, die ihre Expertise zur Verfügung gestellt haben. Er hätte sich gewünscht, so der Obmann, dass viel mehr Zeit zur Verfügung gestanden wäre, und könne sich vorstellen, wie schwierig es sei, Fragen, die man mit einem Buch beantworten müsste, in 2 Minuten zu beantworten. Er dankt daher auch für die Zeitdisziplin ebenso wie für das Erscheinen und für den Input.

Schließlich spricht er den Vertreterinnen und Vertretern des Klimavolksbegehrens seinen Dank für deren Engagement über eineinhalb Jahre – zuletzt unter extrem schwierigen Voraussetzungen einer Pandemie – sowie seine Gratulation zu diesem Volksbegehren aus, durch das sie auch diese Diskussion in den beiden ExpertInnenhearings, die sehr bereichernd und sehr sachlich gewesen sei, ermöglicht hätten. Er habe selten eine so sachliche, fokussierte und ernsthafte Diskussion über dieses Thema im Hohen Haus miterlebt und sei dafür sehr, sehr dankbar.

Nun aber gelte es, so Obmann Hammer, nicht nur wieder zur Tagesordnung überzugehen, sondern den Worten und dem stattgefundenen Dialog auch Taten folgen zu lassen. Es werde bereits an einem gemeinsamen Antrag gearbeitet – der Obmann dankt den Kolleginnen und Kollegen, die bisher einen Input geschickt haben –, über den man in den nächsten Wochen verhandeln werde. Dieser gemeinsame Antrag solle – so hofft der Obmann – in der nächsten Sitzung des Umweltausschusses beschlossen werden, die laut einer informellen Vereinbarung am 9. März 2021 von 13 bis 16 Uhr stattfinden solle und zu der auch wieder die ProponentInnen des Klimavolksbegehrens eingeladen würden.

Zu Wort sei niemand mehr gemeldet.

Abstimmung über den Antrag, die Verhandlungen zum gegenständlichen Volksbegehren zu vertagen, mit der Begründung, dass man bis zur nächsten Sitzung einen gemeinsamen Antrag verhandeln werde. – Einstimmige Annahme. Die Verhandlungen sind somit vertagt.

Die Tagesordnung sei erschöpft.

Abschließend wünscht der Obmann allen einen schönen Abend und schließt die Sitzung.

Schluss der Sitzung: 18.30 Uhr