831 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (663 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 2018, das Finalitätsgesetz, das Finanzmarkt-Geldwäsche-Gesetz, das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 und das Zentrale Gegenparteien-Vollzugsgesetz geändert werden

Grundlagen des Gesetzentwurfs:

Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/878 vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Richtlinie 2013/36/EU im Hinblick auf von der Anwendung ausgenommene Unternehmen, Finanzholdinggesellschaften, gemischte Finanzholdinggesellschaften, Vergütung, Aufsichtsmaßnahmen und -befugnisse und Kapitalerhaltungsmaßnahmen, ABl. Nr. L 150 vom 07.06.2019 S. 253, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. 212 vom 3.7.2020 S. 20, und der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/879 vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Richtlinie 2014/59/EU in Bezug auf die Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungskapazität von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und der Richtlinie 98/26/EG zur Änderung der Richtlinie 2014/59/EU, ABl. Nr. L 150 vom 07.06.2019 S. 296. Der Gesetzentwurf enthält weiters gesetzliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Verordnung (EU) 2019/2115 zur Änderung der Richtlinie 2014/65/EU und der Verordnungen (EU) Nr. 596/2014 und (EU) 2017/1129 zur Förderung der Nutzung von KMU-Wachstumsmärkten, ABl. Nr. L 320 vom 11.12.2019 S. 1 und der Verordnung (EU) 2019/876 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in Bezug auf die Verschuldungsquote, die strukturelle Liquiditätsquote, Anforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, das Gegenparteiausfallsrisiko, das Marktrisiko, Risikopositionen gegenüber zentralen Gegenparteien, Risikopositionen gegenüber Organismen für gemeinsame Anlagen, Großkredite, Melde- und Offenlegungspflichten und der Verordnung (EU) Nr. 648/2012, ABl. Nr. L 150 vom 07.06.2019 S. 1. Daneben wird die Richtlinie (EU) 2019/879 zur Änderung der Richtlinie 98/26/EG durch Novellierung des Finalitätsgesetzes umgesetzt. Letztlich werden auch bereits, soweit dies aufgrund der vorgegebenen Umsetzungszeitpunkte notwendig ist, einige Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2019/2034 über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinien 2002/87/EG, 2009/65/EG, 2011/61/EU, 2013/36/EU, 2014/59/EU und 2014/65/EU, ABl. Nr. L 314 vom 05.12.2019 S. 64, umgesetzt.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Konzessionierung von Finanzholdinggesellschaften und gemischten Finanzholdinggesellschaften

Um sicherzustellen, dass die aufsichtsrechtlichen Anforderungen auf konsolidierter Basis innerhalb der gesamten Gruppe eingehalten werden, sollen künftig bestimmte Finanzholdinggesellschaften und gemischte Finanzholdinggesellschaften einer Konzessionspflicht unterliegen. Diese Finanzholdinggesellschaften und gemischte Finanzholdinggesellschaften sollen in weiterer Folge für die Einhaltung der auf konsolidierter Basis anzuwendenden Aufsichtsanforderungen gemäß der Richtlinie 2013/36/EU, sohin des BWG, und der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 verantwortlich sein, wobei jedoch keine zusätzlichen Aufsichtsanforderungen für Finanzholdinggesellschaften oder gemischte Finanzholdinggesellschaften auf Einzelebene eingeführt werden. Um die Durchsetzung dieser neuen Systematik gewährleisten zu können, sollen der FMA gleichzeitig die notwendigen Aufsichtsbefugnisse gegenüber Finanzholdinggesellschaften und gemischten Finanzholdinggesellschaften eingeräumt werden.

Konkretisierung des aufsichtlichen Säule 2-Rahmenwerks („Supervisory Review and Evaluation Process (SREP)“, „Pillar 2-Requirement (P2R)“ und „Pillar 2 Guidance (P2G)“)

Schon bisher war es möglich, zusätzliche Eigenmittelanforderungen vorzuschreiben. Nunmehr werden Präzisierungen vorgenommen und in der Säule 2 zwischen der zusätzlichen Eigenmittelanforderung (§ 70b BWG „Pillar-2-Requirement (P2R)“) und der aufsichtlichen Erwartung (§ 70c BWG, „Pillar 2-Guidance (P2G)“) unterschieden, wobei P2R und P2G in Summe der bisher in § 70 Abs. 4a Z 1 BWG geregelten zusätzlichen Eigenmittelanforderung entsprechen sollte. Zudem wird die Zusammensetzung der Säule 2-Anforderungen klargestellt, um die Transparenz gegenüber den aufsichtsunterworfenen Kreditinstituten zu verbessern und zur Harmonisierung der EU-weiten Aufsichtspraxis beizutragen. weiters werden die Voraussetzungen für die Vorschreibung einer aufsichtlichen Anforderung und Erwartung und die Folgen einer Nichteinhaltung dieser Vorgaben geklärt.

Adaptierung des Rahmenwerks für Kapitalerhaltungspuffer, Kapitalerhaltungsmaßnahmen und makroprudenzielle Instrumente

Der V. Abschnitt des BWG (Kapitalerhaltungspuffer, Kapitalerhaltungsmaßnahmen und makroprudenzielle Instrumente) wird neu gefasst, dabei werden insbesondere auch Aspekte, deren nähere Ausgestaltung bisher im Rahmen einer FMA-Verordnung erfolgte, in das BWG überführt. Es wird weiters klargestellt, dass Maßnahmen im Rahmen der „Säule 2“ künftig nicht mehr zur Bedeckung systemischer Risiken verwendet werden dürfen und eine Doppelbelegung von Risiken nicht zulässig ist, insbesondere auch durch eine Präzisierung der bei der Kapitalanforderung für den Systemrisikopuffer anzuwendenden Methode, die die bisher in Österreich angewandte Methode überlagert. In jenen Bereichen, in denen die anzuwendenden Methoden zur Adressierung makroprudenzieller Risiken schon hinreichend durch EU-Vorgaben präzisiert wurden, sollen bisher bestehende Verordnungsermächtigungen der FMA zur Festlegung der Methode entfallen. Bei der Höhe der makroprudenziellen Kapitalpufferanforderungen entsteht zudem mehr Flexibilität: Einerseits wird klargestellt, dass die diversen Kapitalpufferanforderungen ergänzend zueinander vorgeschrieben werden können (Additivität), andererseits wird die Höhe, ab der die Europäische Kommission einzubeziehen ist, nach oben geschraubt, was letztlich den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität bei der Festlegung von Kapitalpuffern zur Adressierung systemischer Risiken ermöglicht.

Die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der Fassung der Verordnung (EU) 2019/876 (CRR II) legt nunmehr fest, dass eine bestimmte Verschuldungsquote (Leverage Ratio) nicht überschritten werden darf und führt sohin eine weitere Säule 1-Anforderung ein. Bei den Kapitalerhaltungsmaßnahmen, die den §§ 24ff. BWG zu entnehmen sind, wird zudem ergänzt, dass auch die Nichterfüllung der Anforderung an den Puffer der Verschuldungsquote zu Ausschüttungsbeschränkungen führt.

Stärkung der behördlichen Zusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

Da die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung von entscheidender Bedeutung für den Erhalt der Stabilität und Integrität des Finanzsystems ist, soll das Präventionssystem noch weiter verbessert werden, indem zwischen den zuständigen Bankenaufsichtsbehörden, den zentralen Meldestellen sowie den Behörden, die im öffentlichen Auftrag mit der Beaufsichtigung der in Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 der Richtlinie (EU) 2015/849 angeführten Verpflichteten bezüglich der Einhaltung der Richtlinie (EU) 2015/849 betraut sind, die Zusammenarbeit intensiviert und der gegenseitige Informationsaustausch weiter verstärkt werden.

Erhöhung der Attraktivität der KMU-Wachstumsmärkte

Ziel der Verordnung (EU) 2019/2115 ist die Erhöhung der Attraktivität der KMU-Wachstumsmärkte, einer Unterkategorie multilateraler Handelssysteme (MTFs), die im Rahmen der Richtlinie 2014/65/EU über Märkte für Finanzinstrumente 2018 eingeführt wurde, durch Senkung der Compliance Kosten, Abbau des Verwaltungsaufwands für Emittenten, deren Finanzinstrumente zum Handel an einem KMU-Wachstumsmarkt zugelassen sind, sowie Erhöhung der Liquidität der an diesen Märkten gehandelten Finanzinstrumente.

Überarbeitung der Vorgaben zum Mindestbetrag an Eigenmitteln und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten (MREL)

Die Vorgaben betreffend den Mindestbetrag an Eigenmitteln und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten (MREL) wurden konkretisiert und insbesondere der Anwendungsbereich einschließlich der Bezugsbasis, die konkrete Festlegung, das entsprechende Verfahren zur Festlegung, die Meldung und Offenlegung der MREL mit Erleichterungen für jene Unternehmen, die gemäß Abwicklungsplan im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens zu liquidieren sind, sowie das Sanktionsregime bei allfälligen Verstößen gegen die MREL überarbeitet. Neben der Änderung der Bezugsbasis von MREL, wodurch die Kennzahl nunmehr als prozentualer Anteil des Gesamtrisikobetrags („total risk exposure amount“) und der Gesamtrisikopositionsmessgröße („total exposure measure“) des betreffenden Instituts ausgedrückt ist, wurden auch die Kriterien für die Berücksichtigungsfähigkeit bail-in-fähiger Verbindlichkeiten bei der MREL eng an die in der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 für die TLAC-Mindestanforderung festgelegten Kriterien angeglichen.

Adaptierung der Regelungen betreffend Abwicklungsplanung und Abwicklungsbefugnisse

In der Abwicklungsplanung haben sich zwei mögliche Abwicklungsstrategien herausgebildet: der singuläre „Single Point of Entry (SPE)“- und der multiple „Multiple Point of Entry (MPE)“-Ansatz. Bei der singulären Abwicklungsstrategie wird nur ein Unternehmen der Gruppe – regelmäßig das Mutterunternehmen – abgewickelt, während andere Unternehmen der Gruppe – in der Regel operative Tochterunternehmen – nicht abgewickelt werden, dafür aber ihre Verluste und ihren Rekapitalisierungsbedarf auf das abzuwickelnde Unternehmen übertragen. Bei der multiplen Abwicklungsstrategie kann mehr als ein Unternehmen der Gruppe abgewickelt werden. Um die wirksame Anwendung der jeweiligen Abwicklungsstrategie sicherzustellen, wird das Konzept der „Abwicklungseinheit“ und „Abwicklungsgruppe“ eingeführt und sonstige, auf die jeweilige Abwicklungsstrategie ausgerichtete Vorgaben konkretisiert. Darüber hinaus wird klargestellt, dass die Abwicklungsbehörde nicht nur Abwicklungshindernisse bei Instituten, sondern auch bei sonstigen Unternehmen im Anwendungsbereich des BaSAG adressieren kann. Die Befugnisse zum Abbau und zur Beseitigung von Hindernissen für die Abwicklungsfähigkeit durch die Abwicklungsbehörde werden durch zwei weitere alternative Maßnahmen erweitert. Zudem kann die Abwicklungsbehörde nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen anordnen, dass vertragliche Zahlungs- und Lieferverpflichtungen für einen gewissen Zeitraum auszusetzen sind, sowie Maßnahmen ergreifen, die es einem Unternehmen untersagen, diskretionäre Ausschüttungen vorzunehmen.

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 11. Mai 2021 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Peter Haubner der Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer sowie der Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (663 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2021 05 11

                                 Peter Haubner                                                                 Karlheinz Kopf

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann