Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozeßordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz und das Gerichtsorganisationsgesetz zur Bekämpfung von Terror geändert werden (Terror-Bekämpfungs-Gesetz – TeBG)

 

Vereinfachte wirkungsorientierte Folgenabschätzung

 

Einbringende Stelle:

Bundesministerium für Justiz

Vorhabensart:

Bundesgesetz

Laufendes Finanzjahr:

2021

 

Inkrafttreten/

Wirksamwerden:

2021

 

Vorblatt

 

Problemanalyse

Der Terroranschlag vom 2. November 2020 in Wien hat unsere Republik zutiefst erschüttert. Das Ziel von Hass und Terror ist es, die Gesellschaft zu spalten. Doch diesem Versuch soll entschieden entgegengetreten werden. Freiheit und Demokratie sind entschlossen zu verteidigen. Denn dieser Zusammenhalt ist die stärkste Absage an Extremismus und Terror. Die Gesellschaft darf sich nicht spalten lassen und muss ihr Bekenntnis zu den Menschenrechten, zur Demokratie und zum liberalen Rechtsstaat leben.

Die Bundesregierung hat sich daher im Ministerratsvortrag vom 11. November 2020 zu einer Reihe von Maßnahmen zur verbesserten Prävention und Bekämpfung des Terrorismus bekannt und angekündigt, Anfang Dezember ein erstes Gesetzespaket zur Begutachtung zu versenden. Mit Ministerratsvortrag vom 16. Dezember 2020 hat die Bundesregierung die Vorlage eines ersten Gesetzespakets und dessen Versendung zur allgemeinen Begutachtung beschlossen.

 

Ziel(e)

Im Bereich der Justiz konzentriert sich dieser Entwurf insbesondere darauf, die Überwachung des Verhaltens terroristischer Straftäter während des Vollzugs und nach bedingter Entlassung zu intensivieren und Deradikalisierungsmaßnahmen zu verbessern. Das ist auch deshalb binnen kurzem notwendig, weil künftig terroristische Straftäter nur bei gesichertem Wissen über ihr Gefährdungspotenzial bedingt entlassen werden sollen.

 

Darüber hinaus sollen durch eine Verschärfung der Bestimmung über den erweiterten Verfall Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung effizienter bekämpft werden können.

 

Zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/1673 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche (im Folgenden: Strafrechtliche GW-Richtlinie) ABl. Nr. L 284 vom 12.11.2018 S 22, soll der Tatbestand der Geldwäscherei (§ 165 StGB) neu gefasst und ein neuer Erschwerungsgrund in das StGB eingeführt werden (§ 33 Abs. 3 StGB, siehe dazu Entwurf eines Bundesgesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche, 57/ME XXVII. GP).

 

Schließlich soll religiös motivierter Extremismus mit einer auf diesen Bereich fokussierten Strafbestimmung bekämpft werden können.

 

Inhalt

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahme(n):

- Schaffung eines neuen Unterfalls beim erweiterten Verfall (§ 20b Abs. 2a StGB);

- Einführung eines neuen Erschwerungsgrundes der religiös motivierten extremistischen Begehung (§ 33 Abs. 1 Z 5a StGB);

- Einführung eines neuen Erschwerungsgrundes bei der Geldwäscherei (§ 33 Abs. 3 StGB);

- Gerichtliche Aufsicht über terroristische Straftäter mit Fallkonferenz und elektronischer Überwachung (§ 52b StGB) samt Möglichkeit der erweiterten, auch wiederholten Verlängerung der Probezeit (§ 53 Abs. 5 StGB);

- Überarbeitung der Geldwäschebestimmung (§ 165 StGB);

- Einführung des neuen Straftatbestandes gegen religiös motivierte extremistische Bewegungen (§ 247b StGB);

- Zuständigkeit des Landesgerichtes als Einzelrichter für Vergehen der religiös motivierten extremistischen Verbindung (§ 247b Abs. 2 StGB);

- Sicherstellung, dass die Staatsanwaltschaften schon vom Anfangsverdacht einer terroristischen Straftat informiert werden (§ 100 Abs. 2 Z 1 StPO);

- Schaffung der Befugnis, einen Rechtsbrecher, der ihm erteilte Weisungen nicht befolgt oder sich der Bewährungshilfe entzieht, zur Erteilung einer förmlichen Mahnung vorzuführen (§ 496 Abs. 2 StPO);

- Schaffung einer Grundlage für Entlassungskonferenzen (§ 144a StVG);

- Verpflichtung des Gerichts vor einer bedingten Entlassung eines wegen terroristischer Straftaten Verurteilten eine Fallkonferenz unter Beiziehung der Organisationseinheiten des polizeilichen Staatsschutzes sowie der Koordinationsstelle für Extremismusprävention und Deradikalisierung im Straf- und Maßnahmenvollzug einzuberufen (§ 152 Abs. 2a StVG);

- Schaffung von Sonderabteilungen für Verfahren wegen terroristischer Straftaten (§ 32 Abs. 5 GOG).

 

Beitrag zu Wirkungsziel oder Maßnahme im Bundesvoranschlag

 

Das Vorhaben trägt dem Wirkungsziel "Gewährleistung der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens, insbesondere durch Vorschläge zur Anpassung und Weiterentwicklung des Rechtssystems im Hinblick auf die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnisse" der Untergliederung 13 Justiz im Bundesvoranschlag des Jahres 2021 bei.

 

Finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und andere öffentliche Haushalte:

 

Durch die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Umsetzung der strafrechtlichen Geldwäsche-RL sind im Vergleich zum geltenden Rechtsbestand keine zusätzlichen finanziellen Auswirkungen iHa die Belastung der Staatsanwaltschaften und Gerichte durch die Anfallszahlen zu erwarten. Sollte sich ein Mehraufwand für die erwähnten Einrichtungen durch die Erweiterung in § 20b Abs. 2a StGB ergeben, so ist davon auszugehen, dass sich dieser durch die daraus prognostizierten Mehreinnahmen zumindest die Waage hält.

 

Auch für die übrigen Änderungen des StGB ist mit Ausnahme des § 52b StGB (dazu sogleich) im Bereich der Gerichte und Staatsanwaltschaften für sich genommen von keinem finanziellen Mehraufwand auszugehen, denn die in Frage kommenden Delikte machen nach der gerichtlichen Kriminalstatistik 2019 nicht einmal 0,4% aller Verurteilungen aus (187 von 47980).

 

Gewisse Mehrkosten ergeben sich im Zuge der Einführung von § 52b StGB:

- Zunächst entsteht durch die Einführung der Fallkonferenzen nach § 52 Abs. 3 StGB ein gewisser Mehraufwand im Bereich der Gerichte.

- Des Weiteren ergeben sich finanzielle Aufwendungen im Rahmen des vorgeschlagenen § 52b StGB durch die Kosten von Neustart und des Vereins DERAD für die Mitwirkung an Fallkonferenzen sowie für Neustart für Intensivbetreuung im Rahmen der gerichtlichen Aufsicht.

- Schließlich führt die elektronische Aufsicht gemäß § 52b StGB im Bereich der Überwachungszentrale zu zusätzlichen Kosten.

 

Ein finanzieller Mehraufwand entsteht weiters durch die Einrichtung der Koordinationsstelle für Extremismusprävention und Deradikalisierung im Straf- und Maßnahmenvollzug.

 

Auch für die Entlassungskonferenzen nach § 144a StVG sind Kosten von Neustart und DERAD zu veranschlagen.

 

Schließlich entsteht ein Mehraufwand der Gerichte auch durch die in § 152 Abs. 2a StVG vorgesehene Einführung von Fallkonferenzen vor jeder Entscheidung über die bedingte Entlassung eines wegen einer dort angeführten strafbaren Handlung Verurteilten.

 

Mit den vorgeschlagenen Änderungen im Bereich des Gerichtsorganisationsgesetzes sind im Vergleich zur jetzigen Situation keine Mehrausgaben für die öffentlichen Haushalte verbunden, da die Regelungen ein bloßes Verschieben bereits bestehender Kompetenzen vorsehen.

 

Aus den Änderungen der StPO ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen.

 

Finanzierungshaushalt für die ersten fünf Jahre

in Tsd. €

2021

2022

2023

2024

2025

Nettofinanzierung Bund

‑1 579

‑3 167

‑3 189

‑3 199

‑3 210

 

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Artikel 1 Z 4 und 7 dieses Bundesgesetzes dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/1673 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche, ABl. Nr. L 284 vom 12.11.2018 S 22; im Übrigen wird das Recht der Europäischen Union durch diesen Entwurf nicht berührt.

 

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine


Anhang

 

Detaillierte Darstellung der finanziellen Auswirkungen

 

Bedeckung

 

in Tsd. €

2021

2022

2023

2024

2025

Auszahlungen/ zu bedeckender Betrag

1 579

3 167

3 189

3 199

3 210

 

in Tsd. €

Betroffenes Detailbudget

Aus Detailbudget

2021

2022

2023

2024

2025

gem. BFRG/BFG

13.03.02 Bewährungshilfe

 

305

610

610

610

610

gem. BFRG/BFG

13.

 

1 274

2 557

2 579

2 589

2 600

 

Erläuterung der Bedeckung

Für die Bedeckung der aus diesem Vorhaben resultierenden Mehrkosten werden zusätzliche Budgetmittel benötigt, die im Rahmen der Budgetverhandlungen für das Finanzjahr 2022 zu berücksichtigen sein werden. Die Bedeckung der bereits im Finanzjahr 2021 budgetwirksamen Kosten wird durch die Priorisierung von Vorhaben sichergestellt werden.

 

Laufende Auswirkungen – Personalaufwand

 

 

2021

2022

2023

2024

2025

Körperschaft

Aufw.

(Tsd. €)

VBÄ

Aufw.

(Tsd. €)

VBÄ

Aufw.

(Tsd. €)

VBÄ

Aufw.

(Tsd. €)

VBÄ

Aufw.

(Tsd. €)

VBÄ

Bund

920,88

1,63

1 848,18

3,25

1 855,94

3,25

1 863,84

3,25

1 871,91

3,25

 

Es wird darauf hingewiesen, dass der Personalaufwand gem. der WFA-Finanziellen Auswirkungen-VO valorisiert wird.

 

 

 

 

2021

2022

2023

2024

2025

Maßnahme / Leistung

Körpersch.

Verwgr.

VBÄ

VBÄ

VBÄ

VBÄ

VBÄ

§ 52b StGB

Bund

RS-Höh. Dienst 3 R 1a, R 1b, St 1; Ri I, Sta I; Richter d.BG/GH1; Staatsanw.

0,63

1,25

1,25

1,25

1,25

152 Abs. 2a StVG

Bund

RS-Höh. Dienst 3 R 1a, R 1b, St 1; Ri I, Sta I; Richter d.BG/GH1; Staatsanw.

1,00

2,00

2,00

2,00

2,00

 

 

 

2021

2022

2023

2024

2025

Maßnahme / Leistung

Körpersch.

Anzahl

Aufw. €

Anzahl

Aufw. €

Anzahl

Aufw. €

Anzahl

Aufw. €

Anzahl

Aufw. €

Leiter der Koordinationsstelle – A1/5

Bund

1

70 000,00

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bund

 

 

1

140 000,00

1

140 000,00

1

140 000,00

1

140 000,00

stv. Leiter*in der Koordinationsstelle – E1

Bund

1

60 000,00

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bund

 

 

1

120 000,00

1

120 000,00

1

120 000,00

1

120 000,00

Gutachter*innen: A1/GL – A1/4

Bund

3

57 500,00

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bund

 

 

3

115 000,00

3

115 000,00

3

115 000,00

3

115 000,00

Sozialarbeiterin – A2

Bund

1

35 000,00

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bund

 

 

1

70 000,00

1

70 000,00

1

70 000,00

1

70 000,00

Schnittstelle zu den Justizanstalten, operative Umsetzung und Kontrolle der Umsetzung – E2a

Bund

1

40 000,00

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bund

 

 

1

80 000,00

1

80 000,00

1

80 000,00

1

80 000,00

Aktenführung, Dokumentation – v3

Bund

3

25 000,00

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bund

 

 

3

50 000,00

3

50 000,00

3

50 000,00

3

50 000,00

Justizwachebeamte E2a/4

Bund

7

39 687,00

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bund

 

 

7

79 374,00

7

79 374,00

7

79 374,00

7

79 374,00

 

Zum Personalaufwand im Bereich der Gerichte:

Zu § 52b StBG: Prognostiziert werden 40 Fallkonferenzen nach § 52b Abs. 3 StGB pro Jahr. Überdies entstehen für die Gerichte Mehrbelastungen durch die Anordnung der gerichtlichen Aufsicht sowie von Weisungen (zB der elektronischen Überwachung und der regelmäßigen Überprüfung der Voraussetzungen). Es wird ein Personalmehraufwand an Richterplanstellen iHv 1,25 VZK geschätzt.

 

Zu § 152 Abs. 2a StVG: Im Bereich des § 152 Abs. 2a StVG werden 80 Fallkonferenzen pro Jahr und ein damit verbundener Personalmehraufwand an Richterplanstellen iHv 2 VZK geschätzt.

 

Zum Personalaufwand der Überwachungszentrale:

Die Überwachung nach § 52b Abs. 4 StGB kann nicht mit der Überwachung von im elektronisch überwachten Hausarrest angehaltenen Insass*innen verglichen bzw. diese höchstsensible Aufgabe im Nachtdienst mit der Überwachung von Insass*innen vermischt werden. Es muss eine ständige Erreichbarkeit bzw. unverzügliche Reaktion – auch bei zeitgleich auftretenden Vorfällen – gegeben sein. Um einen zusätzlichen Nachtdienstposten im 24/7 Dienstbetrieb (Samstagen, Sonn- und Feiertagen) einzurichten, ist erfahrungsgemäß die Einrichtung von sechs zusätzlichen Arbeitsplätzen notwendig. Ein zusätzlicher Nachtdienstposten für "Gefährder" würde sich demzufolge mit 6x E2a/4 niederschlagen. Neben der Überwachung wird in diesem Zusammenhang auch die jederzeitige Behebung von technischen Störungen am Überwachungsgerät bei "Gefährdern" zu beachten sein. Hier führt bereits eine Einschränkung der elektronischen Überwachung zur Notwendigkeit eines unverzüglichen Austauschs der Fußfessel (vor Ort), da sonst eine Überwachung nicht mehr gegeben ist bzw. ein Widerruf und Abbruch der elektronischen Überwachung od. sonstige Alternativen mit dem zuständigen (Journal-) Richter abgestimmt werden müsste. Insgesamt wird ein zusätzlicher Personalbedarf der ÜWZ an 7 Justizwachebeamten (E2a/4) angenommen.

 

Zu den zusätzlichen Aufwendungen der Koordinationsstelle für Extremismusprävention und Deradikalisierung im Straf- und Maßnahmenvollzug:

 

Die Koordinationsstelle für Extremismusprävention und Deradikalisierung im Straf- und Maßnahmenvollzug ("Koordinationsstelle") wird zur fokussierten Wahrnehmung nachfolgender Aufgaben eingerichtet: Für jeden Einzelfall aber auch gesamtheitlich soll ein zentraler Informations- und Erkenntnisgewinn (ganzheitliche Akteninformation) durch enge Zusammenarbeit mit den Justizanstalten sowie Gerichten, Staatsanwaltschaften, Sicherheitsbehörden und der Bewährungshilfe sichergestellt werden. Die Koordinationsstelle soll dabei bereits ab Einlieferung als bundesweite Schnittstelle- und Informationsplattform dienen, die eine professionelle Risiko- und Ressourceneinschätzung trifft, das Monitoring der Überwachung jeglicher Außenkontakte in den Justizanstalten übernimmt und im dauernden Austausch mit den jeweiligen Anstaltsleitungen und den Fachteams steht.

Sie soll künftig auch die Erstellung einheitlicher Schulungs- und Fortbildungsinhalte für Bedienstete übernehmen und deren Umsetzung betreuen. Gleiches gilt für die grundsätzliche Festlegung von Bildungs- und Betreuungsangeboten für Insassen.

Der Koordinationsstelle wird die Verantwortung für die regelmäßige Durchführung von behördenübergreifenden Fallbesprechungen auf Ebene der jeweiligen Justizanstalten, wie auch bundesweit in der Zentralstelle, zukommen. Zudem obliegt ihr die Mitwirkung bei Klassifizierung, die Kontrolle und Vernetzung im Vorfeld der Gewährung freiheitsbezogener Lockerungen/Entlassungsvorbereitungen, die Vereinheitlichung und Kontrolle der Maßnahmen und Strukturen auf Ebene der Justizanstalten sowie das Übergangsmanagement. Schließlich sollen Vorschläge für besondere gerichtliche Auflagen und Weisungen bzw. sonstige flankierende Maßnahmen für die Entlassung extremistischer Insassen erarbeitet werden.

Die Strukturen in den Justizanstalten für Insassen mit extremistischem Hintergrund sind im Hinblick auf Vollzugsgestaltung sowie Sicherheit nach außen und innen zu vereinheitlichen, wobei auf Diversität bei der Unterbringung und Betreuung im Hinblick auf eine zielgerichtete Deradikalisierung und Resozialisierung zu achten ist. Die Umsetzung der zentralen Vorgaben im Einzelfall ist durch regelmäßige Intervention und Kontrolle vor Ort in den Justizanstalten sicherzustellen.

Primäre Zielsetzung der geplanten Maßnahmen ist die Abwehr weiterer Aktivitäten innerhalb und außerhalb der Justizanstalten (iSd § 102 Abs 1 StVG). Sekundäres Ziel ist Disengagement (Sozialer und psychologischer Prozess, durch den die Bereitschaft einer Person zum gewalttätigen Extremismus und ihrer Mitwirkung daran so weit reduziert wird, dass nicht mehr die Gefahr besteht, dass sie Gewalthandlungen begeht oder sich daran beteiligt. Die Loslösung einer Person von Gewalt oder von der Unterstützung von Gewalt bedeutet nicht unbedingt eine Veränderung im Engagement dieser Person für eine radikale oder extremistische Sache. Es handelt sich weniger um eine Änderung der grundlegenden Überzeugungen als vielmehr um eine Änderung des Verhaltens (Verzicht auf die Anwendung von Gewalt) (S 160 Handbuch über den Umgang mit gewaltbereiten extremistischen Gefangenen und die Prävention der Radikalisierung zur Gewaltbereitschaft in Haftanstalten, kurz: HB UNODC)). Bestenfalls wird eine Deradikalisierung (Prozess der Änderung des Glaubens- und Überzeugungssystems, der Abkehr von der extremistischen Ideologie und der Annahme zentraler gesellschaftlicher Werte. Deradikalisierung bezieht sich in erster Linie auf eine kognitive Zurückweisung bestimmter Werte, Einstellungen und Auffassungen, also auf einen Sinneswandel. Sie bedeutet eine kognitive Verlagerung, d.h. einen grundlegenden Wandel im Verständnis, der aus Aktivitäten resultiert, die dem Einzelnen zur Abkehr von radikalen oder extremen Idee, Überzeugungen und Gruppen verhelfen sollen. (S 156 HB UNODC)) erreicht.

 

Da frühestens mit einem Inkrafttreten mit 1. Juli 2021 auszugehen ist, werden für das Jahr 2021 Kosten in der halben Höhe der Folgejahre ausgewiesen.

 

Laufende Auswirkungen – Arbeitsplatzbezogener betrieblicher Sachaufwand

 

Körperschaft (Angaben in €)

2021

2022

2023

2024

2025

Bund

322 306,94

646 864,46

649 577,42

652 344,64

655 167,21

 

Laufende Auswirkungen – Werkleistungen

 

Körperschaft (Angaben in €)

2021

2022

2023

2024

2025

Bund

335 940,40

671 880,00

683 101,20

683 101,20

683 101,20

 

 

 

2021

2022

2023

2024

2025

Bezeichnung

Körpersch.

Menge

Aufw. (€)

Menge

Aufw. (€)

Menge

Aufw. (€)

Menge

Aufw. (€)

Menge

Aufw. (€)

Kosten Neustart iZm Fallkonferenz nach § 52b Abs. 3 StGB

Bund

20

1 000,00

40

1 000,00

40

1 000,00

40

1 000,00

40

1 000,00

Kosten DERAD Teilnahme an Fallkonferenz nach § 52b Abs. 3 StGB

Bund

120

70,00

 

 

 

 

 

 

 

 

Mehrkosten Neustart bei gerichtlicher Aufsicht nach § 52b StGB

Bund

30

7 000,00

60

7 000,00

60

7 000,00

60

7 000,00

60

7 000,00

Kosten Neustart Entlassungskonferenzen nach § 144a Abs. 1 StVG

Bund

50

1 500,00

100

1 500,00

100

1 500,00

100

1 500,00

100

1 500,00

Kosten DERAD Teilnahme an Entlassungskonferenzen nach§ 144a Abs. 1StVG

Bund

160

70,00

320

70,00

320

70,00

320

70,00

320

70,00

Erhöhter Sachaufwand der Überwachungszentrale

Bund

1

11 340,40

1

22 680,00

1

33 901,20

1

33 901,20

1

33 901,20

Kosten DERAD Teilnahme an Sozialnetzkonferenz nach § 52b Abs. 3 StGB

Bund

 

 

240

70,00

240

70,00

240

70,00

240

70,00

 

Ausgewertet wurden alle zwischen 1.1.2015 und 1.12.2020 nach den im Gesetzesentwurf aufgelisteten Delikten verurteilten Insassen und zwar: Verbotsgesetz, §§ 246, 247a, 248 StGB, §§ 278b bis g, 282a StGB und §§ 321, 321a bis k StGB. In diesem Zeitraum wurden durchschnittlich 21,5 Personen pro Jahr bedingt aus der Haft entlassen. Zum Stichtag 1.12.2020 befanden sich 64 Personen aufgrund von Verurteilungen nach dieser Deliktsliste, davon 33 nach dem Verbotsgesetz, 15 nach § 278b StGB und 16 nach den anderen Delikten, in Strafhaft.

 

I. Kosten für Fallkonferenzen nach § 52b Abs. 3 StGB

 

Prognostiziert werden 40 Fallkonferenzen nach § 52b Abs. 2 StGB pro Jahr mit Kosten für Neustart à EUR 1.000,--. Es wird davon ausgegangen, dass 30 (der 40) Fallkonferenzen auf Verurteilungen wegen §§ 278b ff StGB entfallen, sodass für 30 Konferenzen auch die Kosten des Vereins DERAD für dessen Teilnahme anzusetzen sind (in Höhe von 30 x 8 Stunden à EUR 70,--).

 

II. Mehrkosten von Neustart bei gerichtlicher Aufsicht nach § 52b StGB

 

Bedingt Entlassene Rechtsbrecher in Zusammenhang mit § 278 b ff werden derzeit vom Verein Neustart auf Grund von Intensivbetreuung mit einem Kostenaufwand von € 5.060 pro Klient/Jahr betreut. Auf Grund eines von Neustart vorgelegten speziellen Betreuungskonzepts zur Gerichtlichen Aufsicht bei § 278 b ff ergäbe sich für diese Zielgruppe ein Kostenaufwand von € 12.060,-- pro Klient/Jahr. Das würde für 60 Fälle pro Jahr einen Mehraufwand von € 420.000,-- bedeuten.

 

III. Kosten für Entlassungskonferenzen nach § 144a StVG

 

Prognostiziert werden 100 Entlassungskonferenzen nach § 144a Abs. 1 StVG pro Jahr mit Kosten für Neustart à EUR 1.500,--. Es wird davon ausgegangen, dass 40 (der 100) Entlassungskonferenzen auf Verurteilungen wegen §§ 278b ff StGB entfallen, sodass für 40 Konferenzen auch die Kosten des Vereins DERAD für dessen Teilnahme anzusetzen sind (in Höhe von 40 x 8 Stunden à EUR 70,--).

 

IV. Erhöhter Sachaufwand der Überwachungszentrale (ÜWZ)

 

Für die GPS-Überwachung der Elektronischen Aufsicht werden im 1. Jahr 11.340,40 EUR, im 2. Jahr 22.600,80 EUR und in den Folgejahren 33.901,20 EUR an zusätzlichem Sachaufwand erforderlich werden, wobei pro Überwachungstag und Person mit durchschnittlich 1,44 EUR (Kalkulationsbasis ist ein Staffelpreismodell) kalkuliert wurde.

 

Mit Ausnahme der Kosten für die Überwachungszentrale, die bereits zeitlich gestaffelt ausgewiesen sind, werden für das Jahr 2021 – da frühestens mit einem Inkrafttreten mit 1. Juli 2021 auszugehen ist – Kosten in der halben Höhe der Folgejahre ausgewiesen.

 

Diese Folgenabschätzung wurde mit der Version 5.9 des WFA – Tools erstellt (Hash-ID: 1733553638).