870 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Familie und Jugend

über den Antrag 770/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „einen bundeseinheitlichen Rahmen und einheitlich geregelte Finanzierung der Kinderschutzzentren“

Die Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 08. Juli 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Derzeit sind für das wichtige und komplexe Thema „Kinderschutz“ verschiedene Ministerien, die Bundesländer sowie die nachgelagerten Behörden zuständig. In der Praxis wird die Querschnittsverantwortung jedoch nur in sehr geringem Ausmaß wahrgenommen. Aus diesem Grund haben die Abgeordneten Petra Wimmer und Eva-Maria Holzleitner Anfragen zum Thema „Wo bleibt der Kinderschutz in Österreich?“ gestellt. Die Anfragebeantwortungen 1750/AB, 1573/AB sowie 1593/AB zeigen, dass die Verantwortlichkeiten zwischen dem Bundesministerium für Inneres, dem Bundesministerium für Justiz und dem Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend hin und her geschoben werden. In den Anfragen wird zusätzlich auf das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz verwiesen. Die Anfragebeantwortungen spiegeln wider, dass die Ministerien jeweils Teilaspekte der komplexen Materie Kinderschutz auf ihrer Agenda haben und machen deutlich, wie sehr hier ein bundesweiter Rahmen fehlt. Hinzu kommt, dass der Kinderschutz hoheitliche Aufgabe des länderorganisierten Kinder- und Jugendhilfeträgers ist. Die Beantwortung des Familienressorts offenbart, dass mit der „Veränderung“ jedwede Zuständigkeit und Verantwortung an Kinderschutzagenden verloren gegangen sind, wenngleich angemerkt werden muss, dass die Verantwortung auch schon vor der „Veränderung“ nur eingeschränkt wahrgenommen wurde war.

Dieser „Fleckerlteppich“ an Zuständigkeiten führt dazu, dass es schwierig bis unmöglich ist, Initiativen zur Verbesserung des Kinderschutzes in Österreich zu setzen. Für Akteure wie die Kinderschutzzentren ist es mit einem enormen Aufwand verbunden, die zuständigen Ansprechpartner für die verschiedensten Themen und Problemstellungen zu finden. Kinderschutz zeigt sich als Querschnittsmaterien zwischen Beratung (Elternberatung, Familienberatung) / Clearingstelle (Expertisen zur Kindeswohlgefährdung), Sozialer Arbeit, Behandlungen durch Gesundheitsberufe (Psychotherapie, Klinisch-Psychologische Behandlung, Psychiatrie/Medizin) und Justiz (Familienrecht, Strafrecht) und bedarf einer Koordination. Was vor Ort in der Praxis der Fallarbeit gut funktioniert, nämlich zwischen dem Kinder- und Jugendhilfeträger, privaten Beratungs- und Therapieangeboten, den Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens, Polizei, Familien- und Strafgerichten, fehlt auf Bundesebene.

Diese fehlende Koordination hat zur Folge, dass es für den Kinderschutz kaum finanzielle Ressourcen für Evaluation, Forschung und Entwicklung gibt und keine ausreichenden Mittel für die Arbeit mit den Familien oder die kinderschutzorientierte Beratung von Fachkräften (Fachberatung Kinderschutz).

Die Covid-19-Krise hat verdeutlicht, wie wichtig die Beratung von Familien, Kinder und Jugendlichen ist. In den nun vorliegenden Anfragebeantwortungen wird jedoch darauf verwiesen, dass aufgrund dieser Krisensituation keine der im Regierungsprogramm festgehalten Ziele wie der „Ausbau und Absicherung von Kinderschutzzentren“ in absehbarer Zeit erreicht werden. Dabei ist mit einem vermehrten Bedarf an psychosozialer Unterstützung für Familien zu rechnen. Die Kinderschutzzentren sind hier ein wichtiges Angebot zur Sicherung des Kindeswohls. Es ist bereits jetzt ein deutlich steigender Bedarf feststellbar.“

 

Der Ausschuss für Familie und Jugend hat den gegenständlichen Entschließungsantrag erstmals in seiner Sitzung am 22. Oktober 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Petra Wimmer die Abgeordneten Claudia Plakolm, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Barbara Neßler und Rosa Ecker, MBA. Anschließend wurden die Verhandlungen vertagt.

In seiner Sitzung am 02. Juni 2021 hat der Ausschuss für Familie und Jugend die Verhandlungen wieder aufgenommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Petra Wimmer, Fiona Fiedler, BEd, Rosa Ecker, MBA und Claudia Plakolm.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: S, F, N, dagegen: V, G).

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Claudia Plakolm gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Familie und Jugend somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2021 06 02

                               Claudia Plakolm                                                                Norbert Sieber

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann