981 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (950 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem zur Umsetzung der Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz ein Bundesgesetz über die Restrukturierung von Unternehmen geschaffen wird sowie die Insolvenzordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz und die Exekutionsordnung geändert werden (Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – RIRUG)

Es besteht ein europaweit harmonisierter präventiver Restrukturierungsrahmen der es Schuldnern ermöglicht, sich zu restrukturieren, um so die unnötige Liquidation bestandfähiger Unternehmen zu begrenzen. Bestandfähigen Unternehmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, steht ein gerichtliches vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren zur Verfügung.

Redliche Schuldner erhalten durch die Möglichkeit einer vollen Entschuldung nach drei Jahren eine zweite Chance.

Das gegenständliche Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahmen:

Es wird ein Verfahren für die präventive Restrukturierung von Unternehmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, eingeführt (Restrukturierungsverfahren). Damit können Schuldner geeignete Maßnahmen treffen, um eine Insolvenz abzuwenden und die Bestandfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen. Durch die Änderung der Zusammensetzung, der Bedingungen oder der Struktur ihrer Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten oder anderer Teile ihrer Kapitalstruktur, einschließlich des Verkaufs von Vermögenswerten oder des Unternehmens als Ganzem, sowie durch operative Maßnahmen sollte die Restrukturierung Schuldnern in finanziellen Schwierigkeiten in die Lage versetzen, ihre Geschäftstätigkeit ganz oder teilweise fortzusetzen.

 

Die derzeitigen Bestimmungen des Abschöpfungsverfahrens mit einer Dauer von fünf Jahren – als Abschöpfungsplan bezeichnet – werden um die zur Umsetzung der RIRL erforderlichen Regelungen – wie in der RIRL als Tilgungsplan bezeichnet – ergänzt. Der Tilgungsplan, der eine Laufzeit von drei Jahren hat, steht Einzelunternehmern und aufgrund der COVID-Pandemie auch Konsumenten (diesen jedoch nur bis Mitte 2026) zur Entschuldung zur Verfügung. Aufgrund dieser Änderungen ist auch der Zeitrahmen für den Zahlungsplan anzupassen.

 

Es liegen keine verlässlichen Schätzungen vor, wieviele Unternehmen die Möglichkeit einer frühzeitigen Restrukturierung im Rahmen eines Restrukturierungsverfahrens nach der ReO in Anspruch nehmen werden, die sonst später eine Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens angestrebt hätten. Da die Kosten- und Erlösstruktur der beiden Verfahren in etwa gleich sind, ergeben sich daraus keine wesentlichen Einsparungen oder Belastungen für Unternehmen. Aufgrund der insgesamt gleichbleibenden Anzahl an Gerichtsverfahren entsteht auch weder ein besonderer zusätzlicher Aufwand noch eine Entlastung für die Gerichte.

 

Künftig ist jährlich in etwa 500 Verfahren mit einer verkürzten Dauer des Abschöpfungsverfahrens von drei Jahren, statt bisher fünf Jahren, zu rechnen (siehe § 199 idF dieses Entwurfs, sowie die Erläuterungen zu „Konsumentenschutzpolitische Auswirkungen“ unten). Es wird daher zu Lasten der Gläubiger im Abschöpfungsverfahren – die zu einer überwiegenden Mehrheit Unternehmer sind – zu einer Verringerung der erreichten Quote kommen.

 

Das Restrukturierungsverfahren nach der ReO steht als „vorinsolvenzliches“ Verfahren Unternehmen im Fall einer wahrscheinlichen Insolvenz zur Verfügung. Es ist ein Instrument, das dem Schuldner ermöglicht, eine Insolvenz abzuwenden und die Bestandfähigkeit seines Unternehmens sicherzustellen. Je früher ein Schuldner seine finanziellen Schwierigkeiten erkennen und geeignete Maßnahmen treffen kann, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Insolvenz abgewendet wird oder – im Fall eines Unternehmens mit dauerhaft verminderter Bestandfähigkeit – desto geordneter und effizienter würde der Abwicklungsprozess sein

 

Es ist zu erwarten, dass das Restrukturierungsverfahren nach der ReO dem Aufbau notleidender Kredite vorbeugt, weil Maßnahmen ergriffen werden können, bevor Unternehmen ihre Kredite nicht mehr bedienen können. Dies verringert das Risiko, dass Kredite bei Konjunkturabschwüngen zu notleidenden Krediten werden. Durch präventive Restrukturierung könnte ein erheblicher Prozentsatz von Unternehmen und Arbeitsplätzen bewahrt werden. Es liegen keine belastbaren Daten vor, die eine Abschätzung dieser Entwicklungen ermöglichen würden.

 

Derzeit kommt es jährlich zu etwa 2000 Abschöpfungsverfahren mit einer Dauer von fünf Jahren. Künftig ist in etwa 25% der Fälle – somit in etwa 500 Verfahren – mit einer verkürzten Dauer des Abschöpfungsverfahrens von drei Jahren zu rechnen (Quelle: Schätzung von Experten; eigene Berechnungen). Durch die Verkürzung kommt es zu einer Verringerung der von diesen Schuldnern im Abschöpfungsverfahren zu leistenden Quote; dieser Ausfall geht zu Lasten der Gläubiger, die weit überwiegend Unternehmer sind. Es liegen keine belastbaren Daten vor, die eine Darstellung der Verringerung der bis zur Restschuldbefreiung zu leistenden Beträge ermöglichen würden. Erst mit dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2017 – IRÄG 2017 (BGBl. I Nr. 122/2017) kam es – bei gleichzeitigem Entfall der Mindestquote – zur Verkürzung des Abschöpfungsverfahrens von sieben auf fünf Jahre, sodass aufgrund der seither verstrichenen Zeit noch keine Evaluierung möglich war. Zuvor war zur Restschuldbefreiung eine Mindestquote von 10% zu erreichen, sodass die Daten nicht vergleichbar sind.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 29. Juni 2021 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Ulrike Fischer die Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Dr. Johannes Margreiter, Mag. Klaus Fürlinger, Mag. Christian Drobits, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Mag. Agnes Sirkka Prammer und Mag. Harald Stefan sowie die Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker und Mag. Agnes Sirkka Prammer einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Die Änderungen in Artikel 1 (Restrukturierungsordnung – ReO) und Artikel 3 (Änderung des Gerichtsgebührengesetzes – GGG) dienen der Korrektur von Redaktionsversehen.

Die Änderungen in Artikel 6 (Änderung der Exekutionsordnung – EO) dienen sowohl der Korrektur eines Redaktionsversehens als auch der Beseitigung der veralteten Rechtschreibung in der EO. Außerdem wird die Vollziehungsklausel in der EO ergänzt.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, G, N, dagegen: F) beschlossen.

 


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2021 06 29

                            Mag. Ulrike Fischer                                                  Mag. Michaela Steinacker

                                  Berichterstatterin                                                                           Obfrau