1145 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (1029 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Pfandbriefe (Pfandbriefgesetz – PfandBG) erlassen wird und das Bankwesengesetz, das Bausparkassengesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz, die Insolvenzordnung, das Insolvenzrechtseinführungsgesetz, das Investmentfondsgesetz 2011 und das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz geändert werden

Grundlagen des Gesetzentwurfes:

Die Europäische Kommission hat am 12. März 2018 im Rahmen der Umsetzung des Aktionsplans zur Europäischen Kapitalmarktunion ein Legislativpaket, das eine Richtlinie und eine Verordnung umfasst, zur einheitlichen Regulierung von gedeckten Schuldverschreibungen („Covered Bonds“) vorgelegt. Das Legislativpaket orientiert sich an dem im Dezember 2016 veröffentlichten Bericht zur Harmonisierung der europäischen Covered Bond Märkte von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA-Op-2016-23). Die Verordnung (EU) 2019/2160 statuiert strengere Voraussetzungen hinsichtlich der regulatorischen Privilegierung der gedeckten Schuldverschreibung in Art. 129 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012, ABl. Nr. L 176 vom 27.06.2013 S. 1 („CRR“). Ziel der Richtlinie (EU) 2019/2162 ist die Stärkung der europäischen Märkte durch die Harmonisierung der Definitionen und strukturellen Merkmale von gedeckten Schulverschreibungen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die Richtlinie (EU) 2019/2162 über die Emission gedeckter Schuldverschreibungen und die öffentliche Aufsicht über gedeckte Schuldverschreibungen und zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG und 2014/59/EU, ABl. Nr. L 328 vom 18.12.2019 S. 29, umgesetzt.

Hauptgesichtspunkte des Gesetzentwurfes:

Die prinzipienbasierte Mindestharmonisierung in der Richtlinie (EU) 2019/2162 soll sicherstellen, dass gedeckte Schuldverschreibungen in der gesamten Europäischen Union identische strukturelle Merkmale aufweisen, sowie den einschlägigen Aufsichtsanforderungen entsprechen, gleichzeitig wird ermöglicht, auf existierende nationale Regelungen Bedacht zu nehmen. Im unionsrechtlichen Sprachgebrauch wird der Begriff „Covered Bonds“ verwendet, welcher als gedeckte Schuldverschreibung übersetzt wird. Innerhalb der Europäischen Union existieren in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedliche Regelungen über gedeckte Schuldverschreibungen. In Österreich haben sich die Hypotheken- bzw. öffentliche Pfandbriefe und fundierte Bankschuldverschreibungen etabliert und verfügen über eine sehr lange Tradition. Historisch bedingt besteht das österreichische Rahmenwerkt derzeit aus drei separaten Rechtsgrundlagen: das Hypothekenbankgesetz – HypBG, dRGBl. S. 375/1899 idF BGBl. I Nr. 107/2017, das Gesetz über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten – PfandbriefG, dRGBl. I S. 492/1927 idF BGBl. I Nr. 107/2017 und das Gesetz betreffend fundierte Bankschuldverschreibungen – FBSchVG, RGBl. Nr. 213/1905 idF BGBl. I Nr. 29/2010. Auf Basis dieser Materiengesetze werden in Österreich die Pfandbriefe und fundierte Bankschuldverschreibungen emittiert. Alle diese bestehenden Materiengesetze enthalten historisch bedingt teilweise uneinheitliche Regelungen.

Der vorliegende Gesetzentwurf umfasst nicht nur die reine Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/2162, sondern hat die Schaffung einer modernen und einheitlichen Rechtsgrundlage für gedeckte Schuldverschreibungen zum Ziel, indem die drei bestehenden nationalen Rechtsgrundlagen inhaltlich harmonisiert und durch ein einheitliches Bundesgesetz für sämtliche Arten von gedeckten Schuldverschreibungen ersetzt werden. Mit der Schaffung des neuen Pfandbriefgesetzes (PfandBG) soll sichergestellt werden, dass zukünftig sämtliche Arten von gedeckten Schuldverschreibungen emittiert werden können. Der Begriff der gedeckten Schuldverschreibungen umfasst die in Österreich geltenden Pfandbriefe, Kommunalschuldverschreibungen, etc. und fundierten Bankschuldverschreibungen. Durch die Einbettung der einheitlichen österreichischen Rechtsgrundlage in den vorgegeben unionsrechtlichen Rechtsrahmen soll die Attraktivität des österreichischen Marktes für gedeckte Schuldverschreibungen erhöht, eine wichtige und effiziente Finanzierungsquelle für die Banken geschaffen und mögliche Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der Europäischen Union beseitigt werden. Der Entwurf sieht im Wesentlichen folgende Regelungen vor:

Die Etablierung einer einheitlichen Definition von gedeckten Schuldverschreibungen soll für eine hohe Qualität und Sicherheit beitragen.

Alle Kreditinstitute können eine Berechtigung zur Emission gedeckter Schuldverschreibungen erlangen.

Anforderungen an die Emission von gedeckten Schuldverschreibungen.

Durch die explizite Verankerung des doppelten Rückgriffs wird ein wichtiger Beitrag zur Finanzstabilität geleistet. Anleger und Gegenparteien von Derivatekontrakten können Forderungen sowohl gegenüber dem Emittenten von gedeckten Schuldverschreibungen als auch gegenüber den Deckungswerten geltend machen.

Die Regelung der Insolvenzferne steht in direktem Zusammenhang mit dem Konzept des doppelten Rückgriffs. Anleger werden insofern geschützt, als dass die Rückzahlung der Anleihe nicht gefährdet wird, da sie nicht in die Insolvenz- oder Abwicklungsmasse des Kreditinstituts fällt und damit zur Befriedigung der Ansprüche der Anleger zur Verfügung steht.

Es werden Mindestanforderungen für die Verwendung gruppeninterner Strukturen gebündelter gedeckter Schuldverschreibungen festgelegt.

Zur laufenden Überwachung des Deckungsstocks wird die verpflichtende Einrichtung eines internen oder externen Treuhänders vorgesehen. Zudem hat das Kreditinstitut verpflichtend eine eigene vom operativen Geschäft unabhängige Risikomanagementabteilung einzurichten. Diese hat die Identifizierung, Beurteilung, Steuerung und Überwachung sämtlicher mit gedeckten Schuldverschreibungen in Zusammenhang stehenden Risiken sicherzustellen und soll damit die hohe Qualität der anerkennungsfähigen Vermögenswerte gewährleisten.

Zur Minderung des produktspezifischen Liquiditätsrisikos wird ein verpflichtender Liquiditätspuffer für den Deckungsstock vorgesehen. Der Liquiditätspuffer soll zur Abdeckung der maximalen Netto-Liquiditätsabflüsse für die nächsten 180 Tage zur Verfügung stehen und die fristgerechte Rückzahlung von Verbindlichkeiten aus gedeckten Schuldverschreibungen gewährleisten.

Durch die Implementierung einer Möglichkeit zur Laufzeitverlängerung von gedeckten Schuldverschreibungen sollen potenzielle Liquiditätsrisiken verringert werden. Die kurzfristige Notverwertung der Deckungsmasse unter Zeitdruck soll aufgrund einer kurzfristigen Illiquidität bei einer erheblichen Marktstörung vermieden werden. Die Entwicklung des österreichischen Pfandbriefgesetzes soll gestärkt und mögliche Wettbewerbsnachteile innerhalb der EU abgefedert werden. Die Auslösung der Fälligkeitsverschiebung liegt nicht in der Diskretion des emittierenden Kreditinstituts, sondern vielmehr wird ein objektives und klar definiertes auslösendes Ereignis statuiert. Zusätzlich sollen die Anleger ausreichende Informationen über den Fälligkeitstermin, Zinssatzvereinbarungen und die Folgen der Laufzeitverlängerungen erhalten.

Es werden Voraussetzungen für die Aufnahme von Sicherungsgeschäften in den Deckungsstock im Sinne des Anlegerschutzes geschaffen.

Die Regelung eines Bezeichnungsschutzes soll den Anlegern die Bewertung der Qualität gedeckter Schuldverschreibungen erleichtern.

Der FMA werden die nötigen Aufsichts- und Sanktionsbefugnisse zur Verfügung gestellt, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind.

Da mit den Art. 28 und 29 der Richtlinie (EU) 2019/2162 auch die Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), ABl. Nr. L 302 vom 17. November 2009 S. 32, und die Richtlinie 2014/59/EU zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012, ABl. Nr. L 173 vom 12. Juni 2014 S. 190 geändert werden, soll auch eine Anpassung der Bestimmungen im Investmentfondsgesetz 2011 und im Sanierungs- und Abwicklungsgesetz vorgenommen werden.

 

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 3. November 2021 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Peter Haubner die Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Mag. Gerald Loacker, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Mag. Nina Tomaselli, Franz Leonhard Eßl und Kai Jan Krainer.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Nina Tomaselli, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Zu Art 1 (Pfandbriefgesetz):

Z 1 dient zur Klarstellung, dass der besondere Verwalter nur bei der Insolvenz bestellt werden kann.

In der Z 2 wird im Gesetzestext der Terminus Gebietskörperschaften ergänzt. Diese Ergänzung dient zur Klarstellung der Deckungsstockfähigkeit von Kommunalleasingforderungen.

In der Z 3 wird ein Redaktionsversehen (Tippfehler) bereinigt und in Z 4 eine Verweisanpassung vorgenommen.

Die Änderung in Z 5 zielt darauf ab, dass eine Fälligkeitsverschiebung nur vom besonderen Verwalter ausgelöst werden kann.

Durch die Z 6 bis 8 werden Redaktionsversehen bereinigt.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Karlheinz Kopf und Mag. Nina Tomaselli mit Stimmenmehrheit (dafür: V, G, dagegen: S, F, N) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2021 11 03

                                 Peter Haubner                                                                 Karlheinz Kopf

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann